Zum Sachverhalt:
Am Donnerstag, den 07.09.2006, erfolgte eine Leistungbemessung in Form eines geübten Diktats in der Klasse 4a durch die Klassenlehrerin Frau X. Am Freitag, den 08.09.2006, wurde die Leistungsbemessung in bewerteter Form den Schülern ausgehändigt. Dabei stellte die Klassenlehrerin fest, dass ein Diktatheft zur Bewertung fehlte. Der betreffene Schüler gab seine am Vortag (Donnerstag, den 07.09.2006) geschriebene Leistungsbemessung nun am Folgetag (Freitag, den 08.09.2006) zur Bewertung ab. Am Montag, den 11.09.2006, traf sich die gesamte Schulklasse am Bahnhof Nienburg (Weser), um mit dem Zug gegen 09.00 Uhr gemeinsam die geplante einwöchige Klassenfahrt nach Jever anzutreten. Bei Gesprächen kurz vor der Abfahrt teilte die Klassenlehrerin Frau X. der Mutter des betreffenden Schülers, der Elternsprecherin Frau Y., mit, dass „... sie die eigendlich die Arbeit nicht hätte bewerten dürfen, sie es aber trotzdem aus pädagogischen Gründen getan hat ...“. Nachdem die Klassenfahrt beendet war, setzte ich mich telefonisch mit Frau X. in Verbindung, um in diesem Sachverhalt nähere Erläuterungen zu erhalten, wobei darauf ein Elternabend und der Schriftwechsel mit der Schulleitung mit einem für mich bisher unbefriedigendem Resultat erfolgte.
Kommentierung meinerseits:
Unstrittig ist das Instrumentarium der „pädagogischen Freiheit“ des Lehrers im Rahmen seiner Berufsausübung insofern, dass es ihm das Recht zubilligt, im Rahmen der Gesetze und allgemeinen Richtlinien der Schulbehörden prinzipiell in eigener Verantwortung zu unterrichten, zu erziehen und Schülerleistungen zu beurteilen, jedoch handelt es sich nach meinem Kenntnisstand um keine auf den Pädagogen bezogene amts- oder statusbedingte Schutzfunktion, sondern sie unterstützt vielmehr die im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe des Lehrers, einen Unterricht im Rahmen der Vorschriften zu ermöglichen, der in der Begabung, der Lernausgangslage, den Interessen und der Entwicklung des einzelnen Schülers und der Lerngruppe gerecht wird. In diesem Zusammenhang bedeutet der Begriff „pädagogische Freiheit“ nach meinem Verständnis, dass dem Lehrer die Möglichkeit gegeben werden muss, in der Klasse entscheiden zu können, auf welcher Art und Weise er die Ziele und Inhalte des Unterrichts, die sich aus den Vorgaben von festgelegten Richtlinien und Lehrplänen, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Erlasse und Verordnungen, Konfererenzbeschlüssen, Schulleitung sowie der entsprechenden weisungsbefugten Schulaufsichtsbehörde ergeben, selbst zu gestalten gedenkt und diese Lernzielsetzung entsprechend didaktisch umsetzen kann. Zur Verwirklichung dieser Aufgaben ist der „pädagogische Freiraum“ von Nutzen, damit nicht z.B. vorgeschrieben wird, welche Beispiele oder Medien (z.B.: Tafel, Projektor, Beamer, Arbeitsblätter etc.) zur Wissensvermittlung herangezogen, erstellt und letztendlich im Unterrichtsgeschehen verwendet werden können oder sollen.
Allerdings muss auch darauf hingewiesen werden, dass die „pädagogische Freiheit“ angemessen und auch begrenzt ist– und sie nicht, wie hier in diesem Fall, als „multifunktionale Vorfahrtsberechtigung “ fungieren kann, da meines Erachtens das Grundrecht auf Gleichbehandlung aller Schüler im Rahmen einer Leistungsüberprüfung nicht verletzt werden darf.
Damit meine ich: Alle Schüler einer Schulklasse müssen für eine schriftliche Leistungsüberprüfung („Klassenarbeit“) den gleichen Bearbeitungszeitraum zur Verfügung gestellt bekommen! Genau dieses Faktum ist hier trotz meiner Einwände bei der Notengebung des Diktats des Schülers Z. durch die Notengebung der Klassenlehrerin Frau X. nicht berücksichtigt worden, denn eine verspätet eingereichte Leistungsbemessung (hier: Diktatabgabe am nächsten Schultag!), die eine Notengebung trotz starker Abgabeverspätung und der daraus resultierenden Möglichkeit der Schaffung einer häuslichen Fehlerkorrektur (z.B.: „Erstdiktatkorrektur“ durch Anschaffung eines neuen Heftes etc.) legalisiert, verstößt infolgedessen eindeutig gegen die Gleichbehandlung aller Schüler im Rahmen einer Leistungsüberprüfung durch die Bevorteilung des betreffenen Schülers mittels Ermöglichung der Schaffung eines erweiterten Zeitrahmens. Auch die Begründung der Bewertung der Leistungsbemessung aus „pädagogischen Gründen“ (Stichwort „Klassenfahrt“:„...seit Tagen sprachen wir viel über die bevorstehende Klassenfahrt, alle Kinder waren sehr aufgeregt ...“) kann diesen Sachverhalt der möglichen Korrektur, z.B.: „Erstdiktatkorrektur“ durch Anschaffung eines neuen Heftes etc. zwecks Erlangung eines besseren Notenspiegels durch Täuschungshandlung keineswegs entkräften, zumal, wenn auch die zum damaligen Zeitraum bevorstehende Klassenfahrt verständlicherweise für Aufregung gesorgt haben sollte, ich zu bedenken gebe, dass es sich bei der Klasse 4a nicht um eine Schulanfängerklasse handelt, die erstmalig eine Leistungsbemessung in schriftlicher Weise absolviert und diese Schüler der Klasse evtl. nicht wissen, dass diese Diktate nach dem Schreiben zwecks Bewertung an die Lehrkraft vollständig von allen Schülern der überprüften Schulklasse zurückgegeben werden müssen.
Erst nach massiver Kritik meinerseits (Elternabend am 25.09.2006, Schreiben an den Schulleiter der Nordertorschule, Herrn Q., am 28.09.2006, Antwortschreiben des Schulleiters Herrn Q. vom 13.10.2006) ist die Bewertung des Diktats in eine unwesendlich veränderte Notengebung („Klammerung“ der erteilten Zensur in den Aufzeichnungen der Lehrerin) abgeändert worden. Diese „Klammerung“ ist, soweit mir aus den Erinnerungen des am 25.09.2006 stattgefundenen Elternabends bekannt, während dieser Elternabendgesprächsgruppe nicht erwähnt worden, sondern wurde vermutlich nach Rücksprache mit der Schulleitung dahingehend „korrigiert“, nachdem meinerseits ein Schreiben an dieselbige am 28.09.2006 verfasst worden ist.
Diese „Klammerung“ dürfte sich aus meiner Sicht faktisch kaum auf die Gesamtnotengebung auswirken, da, wie aus dem Schreiben der Schulleitung vom 13.10.2006 ersichtlich, „... falls die weiteren Diktatnoten im Schuljahr ein Überdenken der Entscheidung erfordern sollten ...“, eine Verbindung mit zukünftig in diesem Schulhalbjahr absolvierten Diktaten hergerstellt werden soll. Dieses könnte bedeuten, dass z.B. im Fall deutlich schlechterer Diktatnoten die „Erstdiktatnote“ unberücksicht wird, im Fall etwa gleicher Noten das Erstdiktat den Notendurchschnitt der Folgediktate bestätigt und unter Umständen durch ihre gute Wertigkeit den Notendurchschnitt sogar verbessert, was in beiden Fällen meines Erachtens rechtlich nicht korrekt sein dürfte. In logischer Konsequenz unter Berücksichtigung der Gleichbehandlung aller Schüler in puncto Bewertungsmaßstab beantrage ich hiermit ebenfalls die „Klammerung“ oder alternativ die Bewertung der am 07.09.2006 erfolgten Leistungsbemessung als „mündliche Note“ für meinen Sohn Felix-Thomas M. und auch für die weiteren Schüler der Klasse 4a, da die Leistungsbemessung vom 07.09.2006 unter ungleichen Arbeitsbedingungen innerhalb der Klasse 4a durchgeführt worden ist, was ich als Nichtwahrung der Chancengleichheit als notwendiges Kriterium zur Leistungbemessung unter homogenen Absolvierungsbedingungen für unzumutbar erachte.
Abschließend möchte ich, bezugnehmend auf das Schreiben der „Nordertorschule“ vom 13.10.2006, erstellt durch den Schulleiter Herrn Q., darauf hinweisen, dass ich es als sehr bedenklich empfinde, wenn eine Klassenlehrerin, die in Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse im Rahmen der Unterrichtsgestaltung und unter Nutzung der „pädagogischen Freiheit“, die durch Vorgaben von festgelegten Richtlinien und Lehrplänen, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Erlasse und Verordnungen, Konfererenzbeschlüssen, Schulleitung sowie der entsprechenden weisungsbefugten Schulaufsichtsbehörde bestimmt sind, letzlich die Billigung der Elternschaft zur Stützung ihrer „pädagogischen Entscheidung“ als notwendig erachtet, zumal die Notengebung alleinige Aufgabe des Lehrers unter Berücksichtigung aller für ihn relevanten Richtlinien etc. ist. Insofern war auch die Einberufung des Elternabends, zumindest in diesem konkreten Punkt der Billigung der pädagogischen Entscheidung durch die Elternschaft, aus meiner Sicht sinnlos.
Die Behauptung in dem sehr dürftig, oberflächlich und allgemein gehaltenen, in keiner Weise bezugnehmend auf den Gesetzmäßigkeiten des „Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG)“ bzw. entsprechender Erlasse und Verordnungen, deren verbindlicher Inhalt auch der Schulleitung der „Nordertorschule“ bekannt sein sollte, Schreiben vom 13.10.2006, dass „... die Rechte ihres Kindes durch die pädagogische Entscheidung von Frau X. in keiner Weise berührt worden ist ...“, ist schlichtweg falsch, denn eine zu Unrecht erhaltende (positive) Benotung eines Mitschülers kann sich negativ auf das Lernverhalten anderer Schüler, somit auch auf das Lernverhalten meines Sohnes Felix-Thomas M., auswirken, wenn diese Mitschüler erkennen sollten, dass mit möglichen „Schummeleien“ Vorteile erwirtschaftet werden können. Somit sind die Rechte meines Sohnes zumindest indirekt berührt worden, da seine Benotung des Diktats auf „ehrliche“ Art und Weise zustande kam und der „Schummelschüler“ durch einen möglichen Täuschungsversuch eine bessere Note erhalten haben könnte. Im übrigen sehe ich es als Faktum an, dass eine Bevorzugung eines einzelnen Schülers, wie in diesem Fall bereits ausführlich geschildert, einer automatischen Benachteiligung aller weiteren Schüler dieser Klasse gleichgestellt ist, was ich, zumal selbst pädagogisch ausgebildet und im Bereich der Schülereinzelförderung im Realschul- und Gymnasialbereich erwerbstätig, weder nachvollziehen noch akzeptieren kann. Sollte diese bisherige Entscheidung der „Norderschule“ rechtens und folglich im Schulsystem als gängige Schulpraxis üblich sein, bestätigt sich mir der Aussagesatz: „Wo die Pädagogik waltet, wird das Recht verdrängt!“.
Mit freundlichem Gruß
Harald Rickmann