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Forum: "Fachfremder Unterricht, was ist möglich!"
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| Wat sacht denn dat Schuljesetz? | | von: docman
erstellt: 23.03.2009 09:37:44 geändert: 23.03.2009 09:38:57 |
Hallo kuechenuhr,
das NSchG sieht keine Höchststundenzahl für fachfremden Unterricht vor, sondern enthält einen Ermessensspielraum, den beide Seiten (Schulleitung und Lehrkraft) ausloten müssen. Ich würde das unter Mitwirkung der Personalvertretung tun.
NSchG: „§ 51 (1) 1Die Lehrkräfte erteilen Unterricht grundsätzlich in solchen Fächern und Schulformen, für die sie die Lehrbefähigung erworben haben, die Lehrkräfte mit der Lehrbefähigung für Schulformen der allgemeinbildenden Schulen auch in Gesamtschulen. 2Darüber hinaus haben die Lehrkräfte Unterricht in anderen Fächern und Schulformen zu erteilen, wenn es ihnen nach Vorbildung oder bisheriger Tätigkeit zugemutet werden kann und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist. 3Vor der Entscheidung sind sie zu hören...“
Entscheidend ist meiner Meinung nach der Satz 2. Darüber hinaus kannst du auch auf den eigenen Anspruch an Unterricht und daraus resultierende Arbeitszufriedenheit hinweisen, was für die Schule langfristig wichtiger ist als kurzfristige ‚Löcherstopferei’.
Religionsunterricht muss von keiner Lehrkraft unterrichtet werden , nicht einmal von der, die Religion studiert hat. NSchG: „§ 127 (1) Keine Lehrkraft ist verpflichtet, Religionsunterricht zu erteilen oder die Leitung von Arbeitsgemeinschaften im Fach Religion an Fachschulen zu übernehmen. ...“
Viel Erfolg bei deinen Verhandlungen und
herzliche Grüße
docman |
| Bin | | von: elefant1
erstellt: 23.03.2009 14:10:52 geändert: 23.03.2009 15:12:47 |
"Generaldilettant" und froh darüber. So kann ich Schüler unterrichten und nicht Fächer.
Das Klassleiter-Prinzip in der HS ist ein Segen. Völlig problemlos lässt sich so fächerübergreifend und projektorientiert unterrichten, ohne tausend Absprachen zu treffen; auch bleibt genug Zeit für so spannende Themen wie Zukunftswerkstätten,Stressbewältigung, Lions-Quest-Stunden, Wochenplan- und Freiarbeit, individueller Zuschnitt auf einzelne Schüler, Tutorensysteme u.v.a.
Ebenso lassen sich Praktika und sonstige Dinge viel leichter koordinieren.
Ein Fachlehrertum kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, außer in einigen wenigen Fächern wie Englisch, berufspraktische Fächer, musische Fächer
Was zu fragen wäre, ist ob das Studium in der derzeitgen Form darauf sinnvoll vorbereitet.
elefant1
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| Moment... | | von: rhauda
erstellt: 23.03.2009 15:52:06 geändert: 23.03.2009 15:57:56 |
Was du aufzählst, ist ja sehr wünschenswert. Es betrifft aber fast nur Dinge, die mit der puren Wissensvermittlung nichts zu tun haben und eigentlich nicht Hauptaufgabe von Lehrern sind, aaaaaber...
...wo bleibt da die Fachdidaktik? Wo bleiben die Unterrichtsinhalte? Wäre es nicht sinnvoller, zumindest so etwas wie Teams zu bilden, dass die Hälfte des Unterrichtsstunden auch wirklich von Leuten unterrichtet werden, die sowohl vom Fach etwas verstehen als auch von der Didaktik und Methodik desselben?
Da muss man sich fragen, ob durch diese - im Prinzip durchaus sinnvollen Dinge - die Schüler von Hauptschulen nicht schon systemisch abgehängt werden, nach dem Motto: das brauchst du alles später gar nicht!
Wie soll das zusammengehen mit einer Durchlässigkeit des Schulsystems? Mit der Möglichkeit des Erwerbs höherwertiger Abschlüsse?
Werden die Schüler da nicht eigentlich dümmer gehalten, als sie sind, damit die Leute hinterher die Geschichte von der "Restschule" verbreiten können, deren Schüler ja nix wissen und nix können?
Nachtrag: da fällt mir außerdem noch ein... sind die Schüler denn nicht entsetzlich genervt, jeden Tag in fast jeder Stunde die gleiche Figur vor sich stehen zu haben und das ganze meist auch noch für volle 3 Jahre?
Oft verschätzen sich Lehrer ja mit dem, was sie selbst für so toll erachten. Aus meiner Erfahrung sind Schüler meist ganz schön froh auch mal ein anderes Gesicht zu sehen.
Habt ihr die Schüler mal gefragt? Wir sind nämlich wieder etwas davon abgewichen, die Klassenlehrer so viel Unterricht in ihrer Klasse machen zu lassen.Die Scghüler fanden das nämlich in großer Zahl nicht gut. |
| einen Nerv getroffen? | | von: rhauda
erstellt: 24.03.2009 22:28:02 geändert: 24.03.2009 22:28:46 |
auch bleibt genug Zeit für so spannende Themen wie Zukunftswerkstätten, Stressbewältigung, Lions-Quest-Stunden, Wochenplan- und Freiarbeit, individueller Zuschnitt auf einzelne Schüler, Tutorensysteme u.v.a.
Das sind alles wichtige Dinge, die aber mit Wissensvermittlung nichts zu tun haben. Warum durch das Klassenlehrerprinzip mehr Zeit bleibt für so etwas, ist mir schleierhaft, denn die Unterrichtszeit vermehrt sich ja nicht. Man knappst halt als Viel-Fach-Unterrichter eben von 6 Fächern gleichmäßig Zeit ab, anstelle von dreien. Am Ende ist es aber so, dass die Zeit für die Unterrichtsinhalte fehlt. Mittlerweile ist der Unterricht an vielen HS so überfrachtet mit anderen Dingen, dass Hauptschule wirklich eine Einbahnstraße ist.
Das sollte man offen zugeben und auch deutlich sagen, warum das so ist, und warum man es richtig findet, dass Schule andere Prioritäten setzt, dass halt Sozialarbeit und Persönlichkeitsentwicklung nun Zentrum der Aufmerksamkeit sind.
Das heißt am Ende auch, dass Hauptschüler mehr und mehr abgehängt werden von späteren höheren Bildungsabschlüssen, weil einfach so viel an Inhalten nicht gelaufen ist.
Mir ist auch klar, dass viele der fachfremden Aktionen nötig sind, um überhaupt erst einmal Lernfähigkeit herzustellen. Da ließe sich aber fragen, ob das nicht durch Außer-Haus-Experten und/oder Sozialarbeiter besser und effektiver gelöst werden kann.
Mir stellt sich da auch die Frage nach der Henne und dem Ei. Können sie nicht, weil man sie nicht fordert, oder fordert man sie nicht, weil sie nicht können?
Warum die Einstellung, dass Fachliches wichtig ist, immer sofort mit „gnadenlosem Durchpeitschen des Lehrplanes“ gleichgesetzt wird, ist mir ein Rätsel. An vielen Gymnasien mag so gearbeitet werden, ich kenne aber Hauptschulen und Realschulen, die durchaus Wert auf die fachliche Ausbildung der Schüler setzen und damit sehr erfolgreich sind.
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| @ rhauda | | von: volleythomas
erstellt: 25.03.2009 06:49:49 |
Du fragst wie es durch das Klassleiterprinzip besser möglich sein soll, Maßnahmen durchzuführen, die mit Wissensvermittlung nichts zu tun haben.
Zum Ersten sind die genannten Maßnahmen durchaus Mittel zur Wissensvermittlung beziehungsweise zur Einübung von Arbeitstugenden, wie sie immer mehr von Seiten der Wirtschaft gefordert werden.
Dass ich durch das Klassleiterprinzip den "Vorteil" haben soll mir von sechs Stunden etwas "abzuknapsen", ist schlicht und ergreifend Nonsens. Ich habe die Möglichkeit, meine Stunden so zu legen, dass die Vorbereitung und Durchführung am Stück passieren können. Nur so sind diese Maßnahmen sinnvoll. Dass ein Fachlehrer, der nur drei Stunden pro Woche in einer Klasse ist, das so nicht leisten kann, ist klar. Daher werden solche Aktionen wohl seltener an Schulen mit Fachlehrerprinzip durchgeführt - der organisatorische Aufwand und die organisatorischen Probleme machen es hier teilweise unmöglich.
Du postulierst als nächstes, dass diese Maßnahmen wohl ergriffen werden, um Unterrichtsfähigkeit herzustellen. Auch das ist eine pauschale Abqualifizierung der Schüler, die die Hauptschulen besuchen. Nur weil sich diese Kinder kognitiv manchmal nicht auf dem gleichen Level befinden wie zum Beispiel Gymnasialkinder, heißt das nicht, dass sie nicht unterrichtsfähig seien. Im Gegenteil weisen unsere Kinder häufig mehr Integrationsbereitschaft, Motivation und Fleiß auf als Kinder anderer Schularten. Das Klassleiterprinzip ist hier förderlich, da man als KL "am Kind" bleiben kann und es genäß seiner Fähigkeiten fördert. Da hilft mir auch kein Sozialarbeiter oder Außer-Haus-Experte, weil diese wiederum nicht das Wissen über die einzelnen Kinder haben.
Zu sagen, dass in der Hauptschule Kinder nicht gefordert würden weil sie nicht könnten oder sie könnten nicht weil sie nicht gefordert würden, ist für alle in der HS unterrichtenden Kollegen und die Schüler ein Schlag ins Gesicht. Du unterstellst damit, dass es uns als Lehrern sowieso egal sei was mit den Kinder passiere - sie könnten ja eh nix, also brauchen sie auch nix lernen. Im Gegenzug baust du ein Scheinbild auf, dass unsere Schüler nichts mehr leisten wollten, weil sie nicht gefordert würden. Nach deiner Aussage müssten dann ja Proben und Abschlussprüfungen so leicht sein, dass sie von Schülern anderer Schularten locker bewältigt werder könnten. Die Anzahl an Gymnasiasten, die den Quali nicht besteht, spricht da aber eine andere Sprache...
Die Aussage, Hauptschüler würden im Bildungssystem immer mehr abgehängt, schlägt in die gleiche Kerbe wie deine Aussage vorher. Wir haben jedes Jahr Absolventen, die nach dem Quali ihren Weg weitergehen und über die (im Unterricht behandelten) Wege sich nachqualifizieren und so auch zum Beispiel studieren. Ich kenne persönlich zwei ehemalige Hauptschüler, die jetzt einen Studienabschluss haben (Elektrotechnik, Medizin)und viele andere, die den schulischen oder beruflichen Weg gegangen sind und sich so in Positionen gebracht haben, die eigentlich für Absolventen höherer Schulen "vorgesehen" sind.
Es behauptet keiner, dass eine fachliche Orientierung des Unterrichts stets "Durchpeitschen" von Stoff sei. Allerdings gibt es doch an jeder Schule Kollegen, bei denen genau das stattfindet - der Stoff wird ohne Rücksicht auf die Kinder durchgepeitscht. Das ist aber kein Phänomen von höheren Schulen, das findet überall statt.
Thomas
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