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Forum: "Wollen unsere Entlassschüler nicht arbeiten?"
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 | @klexel |  | von: emiliach

erstellt: 22.04.2009 20:57:23 |
Mir erscheint es oft so, dass die WIRKLICHE Berufsvorbereitung in Schulen eigentlich viel zu kurz kommt, wobei ich damit jetzt keinesfalls sagen will, das die Lehrer etwas dafür können.
Bei uns ist es so, dass die Teilnehmer (sind ja nun keine SuS mehr) in den ersten Wochen eine gehörige Ladung "Coaching" verpasst bekommen. Danach geht es weiter mit fachspezifischen Inhalten (z.B. kfm. Rechnungswesen, Business-English, usw.) und dann kommen die Praktikumsphasen. Viele nutzen diese Praktika tatsächlich, um sich verschiedene Berufe in aller Ruhe und ohne Stress mal genauer anschauen zu können und bewerben sich anschließend viel gezielter. Mit sehr gutem Erfolg. Aber das kann Schule natürlich nicht leisten, wie sollte das gehen?
Allerdings begreifen viele den Ernst der Lage auch wirklich erst dann, wenn sie feststellen, dass sie wirklich nur noch als Hilfsarbeiter gehen können, wenn sie die allerletzte Chance bei uns nicht entsprechend nutzen.
emmi |
 | ... |  | von: frauschnabel

erstellt: 22.04.2009 21:02:47 |
Merkwürdig finde ich nur, dass den Schülern quasi drei Monate nach Schulende dann auf- bzw. einfällt, dass sie doch besser dran getan hätten, sich bezeiten um ihre Zukunft zu kümmern.
Das ist überhaupt nicht merkwürdig emmi, sie fühlen sich in der Schule "sicher", es ist eine Regelmäßigkeit da, mit etwas Glück, gibt es Lehrer, die sie mögen und sie werden gemocht! Man muss sich nicht um viel kümmern (ich spreche jetzt von meinen HS Kids)
Erst wenn sie aus der gewohnten Umgebung raus müssen, wo es niemanden gibt, der eben mal ein Taschentuch hat, der immer ein Blatt, immer einen Stift, immer ein liebes Wort hat, kommt das Hirn und die Gedankengänge in Wallung.
Vorher können wir reden und reden und sanktionieren und was noch alles. |
 | auch ......... |  | von: feul

erstellt: 22.04.2009 21:28:27 |
ich habe jetzt eine vierte klasse HS, wo von 22 kindern 5 eine höhere schule besuchen werden , einer eine fixe lehrstelle hat (der könnte mit seinem zeugnis auch richtung matura gehen, will aber nicht, kriegt natürlich dadurch schnell eine lehrstelle), acht gehen ins poly oder eine landwirtschaftsschule (weil sie noch ein jahr zur beendigung der schulpflicht brauchen).
ACHT meiner schüler haben die schulpflicht beendet und noch KEINE lehrstelle. warum?
a) vier der fünf mädchen in dieser klasse wollen friseurin werden (gibt ja keinen andren beruf)--> sie wurden wohl in diesem jahr über andre möglichkeiten informiert, aber sie kennen diese andren berufe ja nicht oder kaum!
b) hier am land in unsrem kleinen ort gibt es weniger auswahl --> ich erinnere mich, noch vor 20 jahren war es gang und gäbe am land, dass eine firma, die einen lehrling sucht, auch mal eine schlafmöglichkeit angeboten hat!! und das war kein problem, das "kind" mit 15 jahren aus dem haus gehen zu lassen, 20 oder 40 km entfernt.........
c) die zeugnisse dieser schülerInnen sind hm, unterm durchschnitt (oft mit einer "verhaltensnote" .......)
d) sie haben (wohl wegen dem geschützten rahmen, der oben angesprochen wurde)keine ahnung, wie man auftritt bei einem vorstellungsgespräch. oder, besser gesagt, sie wüssten es, aber haben zu wenig übung darin.........
e) sie erkennen den "ernst" der lage nicht, wie auch?
naja, sie werden wohl alle noch ein "freiwilliges" jahr im poly anhängen udn ich hoffe, dass sie dort (und dafür ist unser poly bekannt) bestens vorbereitet werden udn eine lehrstelle finden........ |
 | @emiliach @klexel |  | von: bger

erstellt: 22.04.2009 23:09:35 |
Ich muss klexel Recht geben, dass viele SuS die ihnen gebotenen Informations- und Hilfsmöglichkeiten nicht nutzen. Sie bekommen wirklich (fast) alles auf dem Silbertablett serviert - und es perlt an ihnen ab. Und, emiliach, nein, es liegt nicht daran, dass die wirkliche Berufsvorbereitung zu kurz käme, zumindest bei uns nicht. Die ist schon ziemlich praxisbezogen, viel von Externen. Ein Beispiel für Berufswahlvorbereitung in Klasse 9: http://www.uv-do.de/Neue%20Bruecken%20in%20den%20Beruf/Die%20Angebote
Wie viel praxisnäher können wir denn noch werden, als in der eigenen Schule eine Jobmesse mit 18 Firmen zu veranstalten, die z. T. wirklich Lehrstellenangebote "im Gepäck" haben - und nur ein geringer Prozentsatz der (anwesenheitsverpflichteten) Schüler informiert sich da wirklich und hängt nicht nur 'rum?
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 | gleiche Probleme |  | von: rhauda

erstellt: 23.04.2009 18:08:44 |
wir haben uns letztens auch darüber unterhalten und sind zu folgenden Ergebnissen gekommen:
Elternhäuser lassen die Kinder mit der Berufswahlentscheidung allein
Was Schule sagt, taugt doch oft "sowieso nix", auch wenn es die sinnvollsten Tipps zur Berufsorientierung sind
Schafherden-Effekt: ein oder zwei aus der Clique haben sich bei der BBS angemeldet, die anderen ziehen nach, weil Unbekanntes zusammen mit Bekannten eben weniger Angst macht
Die Schüler bekommen enorm viel Taschengeld und besser sich das mit Nebenjobs auf, der ökonomische Druck ist nicht da. Zimmer ist immer sauber, Klamotten sind gewaschen, Essen wird bezahlt, es ist genug Geld für Party da, warum also arbeiten, wenn man noch auf der schule rumhängen kann?
Gerade viele unserer besseren Schüler sind ohne "Ehrenrunde" durch die Schule gelaufen und sind teilweise noch 15 oder gerade erst 16, wenn sie den RS-Abschluss haben. Die Betriebe wollen aber häufig 18-Jährige, um das Jugendschutzgesetz zu unterlaufen, oder um Azubis mit FS Kl 3 zu haben,
oder man muss überhaupt erst mal 17 sein, um die Ausbildung zu machen (Beispiel Pflegeberufe) |
 | Aus einem Gespräch mit einer Mutter |  | von: heidehansi

erstellt: 24.04.2009 15:17:57 |
In den Ferien traf ich die Mutter eines früheren Schülers von mir, der jetzt in der 9. Klasse ist.
Er hat sich all die Jahre schwer getan mit dem Lernen; dass er ohne Wiederholung bis in die 9. kam, ist nur seinem Fleiß und der Unterstützung durch die Mutter zu verdanken. (Die Mutter holte sich auch immer wieder Tipps von den jeweiligen Lehrkräften.)
Als ich nachfragte, ob er eine Lehrstelle hätte, erzählte sie mir freudestrahlend, dass die Praktikas, die er machen musste, Gold wert gewesen waren. Drei seiner Chefs boten ihm von sich aus einen Ausbildungsplatz an, eine Chefin hakte sogar nach, als er sich nicht gleich für die Lehrstelle entschied.
Ein mittelprächtiges oder schlechteres Zeugnis? Nicht so wichtig: Du kannst arbeiten, du denkst mit, dich kann man brauchen. Warum hast du in Deutsch so ne schlechte Note? Du kannst dich doch gut ausdrücken und mit den Leuten reden?
Andererseits bieten seine Eltern auch Praktikumsmöglichkeiten auf ihrem Bauernhof an.
Am ersten Tag muss die Bäuerin fast alle erst mal einkleiden: Sie kommen mit Turnschuhen, in Markenjeans, ohne Regenschutz,... "Warum besorgen die sich nichts? Volksschüler werden doch selten eine Büroarbeit bekommen, also können sie die stabilen Schuhe, die Klamotten doch weiterhin brauchen?", war ihre erstaunte Frage.
Einige Namen nannte sie. Die ich kenne, sind Kinder, die 9 Jahre lang ohne häusliche Unterstützung sich durchs Leben, bzw. durch die Schule wursteln mussten. |
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