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Forum: "Aktionsforschung--warum wieso wehalb??"

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@ janne60neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: wulpius Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 25.03.2010 19:16:56

leider zu einfach, da "normale" Unterrichtstätigkeit keinen "Forschungsaspekt" beinhaltet.


@wulpiusneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: janne60 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 25.03.2010 19:46:12

o.k., bin für Schwieriges momentan auch nicht zu haben. Dann halte ich mich weiter dezent zurück und lese nur mal mit.


@janne60neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: wulpius Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 25.03.2010 20:20:14

so soll es sein - so wird es sein.


Ich habe es noch immer nicht kapiert...neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 25.03.2010 21:58:53

Aktionsforschung ist die systematische Untersuchung beruflicher Situationen die von Lehrerinnen und Lehrern selbst durchgeführt wird, in der Absicht, diese zu verbessern"

Wenn WIR nicht täglich unsere Arbeit selbst überprüfen und unsere berufliche Situation selbst verbessern würden, so gut es irgend geht,
auf wen sollten wir wohl warten, der es täte?

Ich behaupte einfach mal, dass die meisten LehrerInnen sich natürlich Gedanken machen, wie ihr Unterricht war und warum es zu bestimmten Problemen kommt, aber die wenigsten werden wohl einen "echten" Forschungsprozess durchlaufen, diesen dokumentieren und dann der Öffentlichkeit zugänglich machen, da der Zeitaufwand schon recht hoch ist.

Da frage ich mich immer noch, was ein "echter" Forschungsprozess ist und worin er sich von einem "falschen" unterscheidet?
Liegt es allein an der Dokumentation und Veröffentlichung?
Die Fragestellung dürfte die gleiche sein und ich behaupte, dass wir natürlich selbst nicht täglich empirische Untersuchungen durchführen, Fragebögen auf dem Papier oder online ausfüllen etc., dennoch aber die richtigen Fragen in unserem Kopf bewegen, Vermutungen anstellen, Neues probieren und täglich hoffen, den Nerv der Sache zu treffen.
Vieles davon wird inzwischen sogar in verschiedenen Formen der Aufzeichnung festgehalten.

Genügend von uns sind auch hier immer wieder gerne bereit, für Studien oder Umfragen Zeit zu nehmen ... und öfter sind wir enttäuscht darüber, dass die Fragen ein recht mäßiges Niveau haben.

Außerdem wage ich mal zu sagen, dass es mehr LehrerInnen gibt, die vielleicht einfach mal gefragt werden möchten - nicht allein durch Studien etc.

Was viele LehrerInnen wirklich frustiert ist, dass sie selbst natürlich die Absicht haben, die berufliche Situation, die die Schüler sowie das Lehrerhandeln mit einschließt, zu verbessern. Letztlich kostet dies aber häufig früher oder später Geld, das zur Zeit kein Land ausgeben möchte oder kann.
Statt dessen wir die Situation in vielen Aspekten verschlechtert, die Leistungsmessung bzw. -erwartung erhöht und am Ende die Schuld den LehrerInnen zugeschoben, denn "Schule" wird oft mit "Lehrer" gleichgesetzt.

Und noch etwas:
Mir geht es so, dass ich inzwischen mit Evaluationsbögen und anderen bürokratischen Akten mehr als überhäuft bin und "von oben" keine weiteren dieser Instrumente brauche, damit ich angeblich bessere Arbeit tue.
Oft genug höre ich auch von anderen: "Können wir nicht einfach mal wieder Unterricht machen?"

Palim


Forscher + Praktikerneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: sam58 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 25.03.2010 23:51:25 geändert: 25.03.2010 23:52:39

Hallo,

nachdem ich aus dem "Lamäng" meine mittlerweile zwei-Jahrzehnte-alte Erinnerung zur Aktionsforschung als Beitrag eingestellt hatte, finde ich die Diskussion recht spannend - und kann palim grinsend folgen, wenn sie meint: "Können wir nicht einfach mal wieder Unterricht machen?"

Hier ein Link zum Thema "Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung von Unterricht in Nordrhein-Westfalen" vom LANDESINSTITUT FÜR SCHULE UND WEITERBILDUNG NRW (vermute mal aus 1998/1999, ein Erscheinungsdatum finde ich nicht )

http://www.learn-line.nrw.de/angebote/qualitaetsentwicklung/download/g-burkard.pdf

... und deshalb haben wir nun heute z.B. Vergleichsarbeiten

Bin mir zwar nicht sicher, ob das Ergebnis nun unter dem Punkt "Aktionsforschung" so richtig passt, aber zumindest finden sich hier jede Menge Definitionen und Thesen, was qualitativen Unterricht in der "heutigen" Zeit ausmacht/ ausmachen soll .

Gruß
von Sam


Verständnisproblem?neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: missmarpel93 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 26.03.2010 07:50:40 geändert: 26.03.2010 07:53:20

Ich habe den Strang kurz überflogen und habe die Handlungsforschung für mich unter den Aspekt gestellt:

"Wird die Sau vom Wiegen fett?"

Der einzige Unterschied zwischen dem, was ich täglich tue, und einer aktionsforschenden Studie ist doch, dass ich einen Einzelfall betrachte, um konkrete Schlüsse für mich zu ziehen.

Abgesehen von der Dokumentation erfasst eine Studie eben nicht einen speziellen Einzelfall sondern eine Vielzahl von Fällen. Interessant sind dann doch die jeweiligen Parameter, die die Aktion bestimmen. Die Frage ist doch, wie müssen die Parameter verändert werden, um eine optimale Konstellation zu erhalten. Erst wenn ich diese Rahmenbedingungen untersucht habe, kann ich doch Schlüsse für das individuelle Handeln ziehen bzw. die Frage beantworten, welche Handlungsalternativen gab es in einer beliebigen Situation.

Denk ich nur zu kompliziert, weil ich aus den Ingenieurwissenschaften eine andere, prozessbezogene Systemanalyse gewohnt bin?
Ich weiß doch, was hinten rauskommen soll. Ergo muss ich doch nur den Weg dahin optimieren und an jeder Stelle des Weges einen Soll-Ist-Vergleich anstellen. Immer das gleiche Spiel, wo bin ich und wo will ich hin.

Daraus abgeleitet ergibt sich dann das Bündel der Maßnahmen, die ich zur Zielerreichung unter den bestehenden Prämissen einleite.

Erziehungswissenschaften sind mir, seit ich sie am Studienseminar im Schnelldurchgang erdulden musste, ein Buch mit sieben Siegeln. Anscheinend werden sie durch die zentrale Frage bestimmt:
"Wie kann ich durch die Analyse der alltäglichen Probleme die Forschungsgrundlage so verkomplizieren, dass die daraus resultierenden Forschungsergebnisse einen theoretischen Ballast erzeugen, der die Praxis mehr behindert als befördert."


Aktionsforschungneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: wulpius Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 26.03.2010 09:34:35

Ausgangspunkt jeder Aktionsforschung ist zwar eine Fragestellung, die unter theoretischen Aspekten entwickelt wird. Diese gipfelt jedoch nicht - wie üblich postuliert - in die Aufstellung einer Hypothesensammlung. Unterrichtsforschung in diesem Sinne wird nicht als bloße Hypothesenüberprüfung angesehen, sie ermöglicht erst deren Bildung.

Der Forscher tritt selbst in das zu untersuchende Feld ein und bietet mannigfaltige Möglichkeiten an, mit "ihm in das Gespräch zu kommen". Dieser Forschungsprozess ist somit als Dialogkonzept zu verstehen, der die Datenerhebung als gemeinsames Fragen, Antworten und Dokumentieren sieht: Dem Schüler werden verschiedene Möglichkeiten gegeben, sich zu einem bestimmten Verhalten und zum Unterricht zu äußern. Demgegenüber bemüht sich der Lehrer bzw. Forscher diese zu verstehen, und versucht dabei, ausgeprägte eigene Voreinstellungen zu überwinden. Er stellt somit sein Wissen und seine Hypothesen nicht gegen die der Schüler auf die Probe.

Die Forschungsinstrumente (Beobachtungsleitlinien, Leitfragen für Gruppendiskussionsverfahren, „halbquantitative“ Methoden wie semantische Differentiale oder Mind-Map-Methodiken, usw.), die theoriegeleitet sauber konstruiert sein müssen (z. B. Was ist eine gute Frage? Pilotstudie!!) werden allen Beteiligten offen gelegt.

Alle Ergebnisse haben einen stark konstruktiven Aspekt, da sie die aktuelle Planung und Durchführung von Unterricht mitbestimmen, d.h. auch den Fortgang des Forschungsprozesses (Methoden werden fortwährend eingesetzt und nicht nur am Ende).

Die gewonnenen Daten werden nicht überbewertet. Vielmehr wird durch die Interpretation unter gemeinsamen Blickwinkeln eine intern widerspruchsfreie Analyse möglich (Methodentriangulation, Bündelung)
Die Daten werden in Hinblick auf ihre Gemeinsamkeiten interpretiert. Dabei geht es nicht darum, nur positive oder gelungene Aspekte aufzuzeigen. Gescheiterte Vorhaben werden auch dargestellt.
Die Gesamtheit der Daten erlaubt eine Bewertung und Rekonstruktion des durchgeführten Unterrichts.

Auch die Aktionsforschung muss sich der Forderung der intersubjektiven Nachprüfbarkeit stellen. Die Verlässlichkeit kann am Ende der Dokumentation und der Analyse geprüft werden, indem alle herangezogenen Daten die Ergebnisse vollständig bestätigen.
Die Methode kann als intern valide bezeichnet werden, da die angelegte Methodenvielfalt und die gemeinsame Auswertung der Untersuchungsinstrumente einen Vergleich der internen Daten voraussetzen.
Über den Gültigkeitsbereich ihrer Aussagen kann das Modell keine Aussagen machen, die Ergebnisse sind immer nur innerhalb eines abgegrenzten Systems gültig. Natürlich können auch Aussagen in Richtung auf eine Verallgemeinerung versucht werden. Wie bei quantitativen Forschungsergebnissen ist hier jedoch die "Gefahr der Trivialität" sehr groß.




@missmarpelneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 26.03.2010 12:49:45

Denk ich nur zu kompliziert, weil ich aus den Ingenieurwissenschaften eine andere, prozessbezogene Systemanalyse gewohnt bin?
Ich weiß doch, was hinten rauskommen soll. Ergo muss ich doch nur den Weg dahin optimieren und an jeder Stelle des Weges einen Soll-Ist-Vergleich anstellen. Immer das gleiche Spiel, wo bin ich und wo will ich hin.
Daraus abgeleitet ergibt sich dann das Bündel der Maßnahmen, die ich zur Zielerreichung unter den bestehenden Prämissen einleite.


Ich finde es ganz einfach gedacht,
Schule ist aber nicht so einfach.
Das Ziel ist relativ klar, der Weg aber nicht.
Da gibt es ganz viele verschiedene Möglichkeiten.
Zudem sind die Parameter mehr als vielfach und nur wenige kann ich wirklich beeinflussen.

Konkret:
- Einer meiner Schüler lernt schlecht.
Hintergrund ist eine Mutter mit psychischen Problemen, die ihn immer wieder beschäftigen.
Was auch immer ich versuche, letztlich wäre es am sinnvollsten, wenn der Mutter geholfen wäre oder sie gesunden würde. Das kann ich aber nicht beeinflussen.

- Viele Schüler lernen gerade dann schlecht, wenn sie die Eltern beginnen zu trennen oder ihre Trennung auf dem Rücken der Kinder austragen.

- Die meisten haben schon im Kindergarten ein eingenes TV-Gerät im Kinderzimmer und verbringen viele Stunden täglich vor Bildschirmen verschiedener Art.

- Schüler haben bei der Einschulung einen Entwicklungsunterschied von 3 Jahren (oder mehr). Natürlich haben sie verschiedene Bedürfnisse. Bei etlichen merke ich schon in der 1. oder 2. Klasse, dass sie Förderung, Zuwendung, Hilfe benötigen. Ohne eine einzige Förderstunde und bei mehr als 30 Kindern in Grundschulklassen kann aber eine vernünftige Förderung gar nicht stattfinden - so sehr sich LehrerInnen auch bemühen, den Unterricht zu individualisieren.

- Die Bilder mit verwahrlosten Schulen sind durch das Land gegangen - geschehen ist trotzdem nichts.

Endlos könnte man diese Liste fortführen.

Aber was davon können LehrerInnen wirklich beeinflussen?

Du schreibst selbst:
Wird die Sau vom Wiegen fett?

LeherInnen wird unterstellt, dass sie sich nicht genügend Gedanken machen.
Sie füllen inzwischen Bögen um Bögen aus, führen pädagogische Konferenzen, sind zu Fortbildungen gezwungen.
Wo aber wird die Qualität von Fortbildungen gewährleistet und was bringen sie wirklich?
EinE LehrerIn, die genau hinschaut und viele förderbedürftige Kinder entdeckt, bestraft sich selbst, weil sie anschließend viele Konzepte etc. verfassen darf. - Damit ist den Kindern selbst nicht geholfen, der LehrerIn auch nicht.

Wie wäre es mal mit einer Forschung, wie viel Zeit diese Konzepte binden, die effektiv der Verbesserung des Unterrichts verloren geht?

Palim


Ich weißneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: missmarpel93 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 26.03.2010 15:00:09

Wenn Du echtes Interesse hast einem Kind zu helfen, hast Du genau zwei Möglichkeiten um an Unterstützung zu kommen.

Du kannst ein AOSF-Verfahren durchziehen und zum Abschluss bringen. Dabei geht ein halber Wald drauf. Im Eneffekt ist dann der sonderpädagogische Förderbedarf festgestellt, das Kompetenzzentrum nimmt den Fall zur Kenntnis, prüft und legt als Förderort deine Schule fest. Soll heißen, der Schüler bleibt bei dir.

Zweite Möglichkeit besteht darin, den Schüler intensiv zu begleiten und bei Auffälligkeiten im Sozial- und Arbeitsverhalten die Schulsozialarbeit, die Beratungslehrer, den schulpsychologischen Dienst einzuschalten und gravierenden Verstößen gegen das Schulklima mit Ordnungs- und Erziehungsmaßnahmen zu begegnen.

Im Zuge der begleitenden Maßnahmen kannst Du erreichen, dass die Erziehungsberechtigten beim Jugendamt evtl. einen Antrag auf Erziehungshilfe oder eine Familientherapie stellen. Kostet ebenfalls einen Wald und unendlich viel Zeit, da die miteinbezogenen Personen und Dienste sich ja irgendwie auch miteinander austauschen müssen.

Zum Scluss verbringst Du mehr Zeit mit einem Schüler als mit dem Rest der Klasse. Mich wundert immer, dass von denen noch keiner gesagt hat:

"Was muss ich machen um auch so viel Förderung zu erhalten?"

Durch eine Aktionsforschung kommt dann auch nur heraus, dass ich letztendlich ein getriebener bin, also mehr reagiere als agiere. Und so wird aus Aktionsforschung Reaktionsforschung. (Bitte nicht mit Reaktorforschung verwechseln.)


.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 26.03.2010 17:20:38

... so mag es in manchen Bundesländern laufen,
in anderen sieht es so aus:

- Verfahren zum sonderpädagogischen Förderbedarf können nur zum Februar begonnen werden, die SuS bleiben bis zum Sommer in der Klasse.
Der Förderbedarf wird von den Lehrern der Förderschule ermittelt, die sich damit selbst die Klassen füllen. Wir haben in den letzten Jahren auffällige Beobachtungen getätigt, hinsichtlich dessen, dass sie viele Schüler nehmen, die Testverfahren nicht transparent oder fair sind und inzwischen so viele Schüler auf der Schule sind, dass eine Konrektorin gesucht wird.
Beim Hospitieren konnten wir in mehreren Klassen keine gute Förderung sehen.


- Schulsozialarbeit - gibt es nicht
- Beratungslehrer - gibt es nicht
- Schulpsychologen - nur sehr wenige und weit entfernt - gibt es also quasi auch nicht

Bleiben noch einige außerschulische Beratungsstellen und ein weiter entferntes Zentrum, das aber eine Wartezeit von 1 1/2 Jahren hat ... das ist im Grundschulalter ewig!

Palim


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