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Forum: "Einheitsschule"
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| Bleiben wir bei dem Zitat, | | von: rfalio
erstellt: 18.05.2010 17:07:24 |
das rhauda bringt::
"Wichtig ist, was hinten rauskommt!"
und variieren es zusätzlich noch ein bisschen:
Wichtig ist, was man vorne reinsteckt!
Was meine ich damit?
Eine (anscheinend wenig bekannte ) Tatsache:
Das viel gelobte finnische System benachteiligt erst einmal wenige und bringt viele zum Abitur; leider ist dieses nur ein Papier, die Hochschulen führen Eignungsprüfungen durch.
Die Selektion findet hier einfach zu einem anderen Zeitpunkt außerhalb der Schule statt. Leider habe ich keine Daten gefunden, in wie weit der sehr geringe Migrantenanteil in Finnland dann studiert. Würde mich stark interessieren.
"Wichtig ist, was hinten rauskommt!?" Kritisiert doch nicht immer das Schulsystem, sondern sorgt für bessere Bedingungen. Spart die Milliarden für Bauten, die bei einem Systemwechsel erforderlich wären und steckt sie in die menschlichen Ressourcen:
Verpflichtende Integrations- und Sprachkurse für die Schüler aus bildungsfernen Gruppen, zusätzliche Lehrerstunden auch an weiterführenden Schulen für Förderkurse und Begabtenförderung, Sozialarbeiter, Schulpsychologen, zusätzliches Verwaltungspersonal, das die Lehrer für ihre Kernaufgaben freistellt (oft sind eben diese Vorzeigeschulen aus welchen Gründen auch immer so mit Personal ausgestattet), dann ist das System letzlich egal.
Wertet die berufliche Bildung (und da ist unser Modell eigentlich führend) endlich auf, stellt den Gesellenbrief mit der mittleren Reife gleich und den Meister mit dem Fachabitur usw.
Speziell das Fachabitur: In unserer Gegend kommen ca 50 % der fachoberschüler auf dem Weg über die Realschule und das sind meist die Spitzen an der FOS (und sehr oft Migranten, komisch?).
Die ganzen politischen Streitigkeiten um das Schulsystem sind doch nur eine Spiegelfechterei! In Wirklichkeit traut sich keine Partei zu sagen, dass man einfach zu wenig Geld in die Bildung steckt!
Und es braucht keiner meinen, dass eine andere Regierung, gleich welcher Farbe, mehr Geld investieren wird.
Im Gegenteil: "Wir haben das System gewechselt und das war teuer, jetzt ist alles besser, es ist jetzt kein Geld mehr da, das müssen jetzt die Lehrer machen!".
rfalio
Realist
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| Verschiedene Perspektiven? | | von: angel19
erstellt: 18.05.2010 17:31:17 geändert: 18.05.2010 17:31:45 |
Ich habe schon den Eindruck, dass in dieser Diskussion deutlich wird, dass die Kollegen der weiterführenden Schulen andere Ansprüche/Anforderungen als wir GS-Lehrer an "Schule an sich" stellen, also an die Kinder, deren Eltern und auch an sich selbst und die liebe Kollegenschaft.
Offensichtlich ist es so, dass ab Klasse 5 größere oder kleinere, auf jeden Fall signifikante Lücken in der Beherrschung von Lehrstoff, Kompetenzen und den Fähigkeiten zum eigenverantwortlichen Lernen auftreten. Wir GS-Lehrer sind aber genau wie die Kollegen "oben" daran interessiert, den Schülern zu helfen, diese Lücken zu füllen. Und ich bleibe dabei: was ich in Schweden erlebt habe (ähnliche Strukturen wie in Finnland) ist erstaunlich, wohltuend und wirklich nicht nur punktuell beim Besuch von Presse oder Ausland zu beobachten!
Aber was hat das Ganze mit dem bösen Wort "Einheitsschule" zu tun?
(Oder sollte das eher ein Kompliment sein...?? )
fragt sich angel |
| @angel | | von: rhauda
erstellt: 18.05.2010 18:18:03 geändert: 18.05.2010 18:18:48 |
Offensichtlich ist es so, dass ab Klasse 5 größere oder kleinere, auf jeden Fall signifikante Lücken in der Beherrschung von Lehrstoff, Kompetenzen und den Fähigkeiten zum eigenverantwortlichen Lernen auftreten.
Ich glaube, du hast mich etwas missverstanden.
Das habe ich so nicht gesagt, auch nicht generell so gemeint. Natürlich gibt es immer Dinge, die wir uns von GS wünschen, aber generelle finde ich, leisten die GS gute Arbeit.
Was ich nur meinte ist, dass Schulen, die in der Presse hochgejubelt werden ob ihrer neuen innovativen Ansätze und allen anderen Schulen als Paradabeispiel hingestellt werden, sehr sehr häufig auch nur mit Wasser kochen und im Gegenteil auch oft bezüglich des Könnens und Wissens der Schüler wenig Nachhaltiges vorzeigen können
(Die beiden Schulen in meiner Gegend, die ich genannt habe, sind ein Beispiel, ein populäreres Beispiel ist die Helene-Lange-Schule, deren Schulleiterin auch überall herumgereicht wurde und deren PISA-Ergebnisse und auch deren Auswahlgebaren bezüglich der Schülerklientel auch schon viele Fragen auifgeworfen haben. Man hört komischerweise nichts mehr von dieser Schule.) |
| Das Problem | | von: janne60
erstellt: 18.05.2010 18:59:18 |
bei uns GSlern ist ja auch, wie man oben schon entnehmen konnte, dass jeder nach seiner Facon arbeitet und unterschiedliche Schwerpunkte legt. ich gehe mal davon aus, dass jeder den Lehrplan im Nacken hat, aber die einen stehen nun mal auf Gruppenarbeit oder freie Arbeitsformen, andere auf Frontalunterricht usw. Ich persönlich würde mir viel mehr Kooperation in Richtung Kl.5 wünschen (und zwar egal welcher Schulform), um zu wissen, was nachher auf die Kinder zukommt. Richtig Wert wird hier bei uns immer nur auf die Verknüpfung KiGa - GS gelegt (immerhin haben wir da ja auch Gelegenheit, bei gemeinsamen Elternabenden zu erläutern, dass wir mehr Wert darauf legen, dass die Kleinen sich die Schuhe binden können als dass sie buchstabieren können).
Nach "oben" entlässt man die Kinder aber eigentlich nur mit schwammigen Vorstellungen, wie es wohl sein wird (oder mit Infos, die man von den eigenen Kids weiß, sofern vorhanden) |
| . | | von: palim
erstellt: 18.05.2010 23:24:36 |
Ich benutze auch solche Sätze, dass GS keine Zulieferbetriebe sind.
Wir tun unser möglichstes, die Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten. Wir holen sie ab und geben sie weiter ... aber auch wir können uns nicht verbiegen.
An verschiedene Schulen und Kollegen abzugeben bedeutet auch, verschiedene Forderungen zu hören.
An einem Beispiel:
Die Gym-Lehrer erwarten, dass die Kinder die Satzglieder samt Akk und Dat. beherrschen.
Die Hauptschullehrer möchten, dass wir dieses Thema am besten gar nicht beginnen, da die Hauptschüler dadurch nur verwirrt seien - besser sei es, in der HS dann das Thema langsam zu erarbeiten.
Der Erlass sieht zwar Satzglieder vor, nicht aber Dat und Akk für die GS - das hat sich geändert, ist nun aber so.
Eine GS-Lehrerinnen machen es nach wie vor im Unterricht ("es gehört nunmal dazu" oder "die Gym und die Eltern wollen das so"), andere lassen es weg ("steht nicht mehr im Erlass" oder "für die Hauptschüler und einen Teil der Realschüler ist es ohnehin noch nicht begreifbar")
Dazu kommt, dass die Ministerien die Vorgaben erneuert haben, letztlich aber jede Schule einzeln ihre passenden Pläne erarbeiten muss. Das ist ja inzwischen auch in den Sekundarschulen angekommen, die vor einigen Jahren gar nicht verstanden, was wir immer wollten.
Da also das Ministerium die Vielfalt unterstützt, werden wir wohl oder übel die Vielfalt leben müssen.
Abgesehen davon bekomme ich meine Erstklässler nicht nur aus mehreren Kindergärten und dort aus sehr verschieden betreuten Gruppen, sondern tatsächlich auch von über 60 Elternteilen.
Wo kann ich denn da meinen Wunschzettel abgeben?
Und das alles OHNE EINE EINZIGE Förderstunde! Die gibt es nämlich in unseren Grundschulen seit Jahren nicht mehr! Schlichtweg weggespart.
Da gebe ich rfalio Recht: WAs auch immer es ist, zur Zeit dient es nur der Einsparung - pädagogische Gründe hat es wohl alles nicht.
Palim |
| @palim, rfalio | | von: unverzagte
erstellt: 19.05.2010 12:58:16 |
d'accord - wer pleite ist, darf sparen - soweit nachvollziehbar, aaaber nicht jede schulreform, die aus der not geboren wird muss deshalb zwangsläufig automatisch unpädagogisch sein.
in hamburg heißt die "einheitsschule" demnächst "stadtteilschule bzw. primarschule" und soweit ich weiß nennen die sich in sh.-hl. "regionalschule" - sicher gibts noch viele andere bezeichnungen für strukturverändernde sparmaßnahmen und was die veränderungen der einzelnen länder betrifft, hab ich weniger infos.
ob das ganze nicht doch nur ein anderer name für "gesamtschule" ist, sei mal dahingestellt, wobei diese sicher noch sehr viel differenzierter gearbeitet hat. der vergleich ist eh hinfällig.
pädagogisch wertvoll sind in hamburg u.a. zumindest klar begrenzte klassengrößen, die abhängig vom einzugsbereich sind und entsprechend "bestückt" werden.
ich freu mich sehr, dass ich "meine" klasse nicht nach der 4.ten abgeben muss, sondern eben erst nach der 6.ten. - "länger gemeinsam lernen" heißt auch hier der slogan.
das jahrgangsübergreifende prinzip soll insbesondere in den ersten schuljahren umgesetzt werden.
fächer werden bei uns (hoffentlich) sehr viel mehr miteinander vernetzt werden durch projektarbeiten....etc.
...und wir haben (noch) eine förderstunde pro hauptfach wöchentlich.
auch ich bin skeptisch, ob und wie sich alle pläne umsetzen lassen, aber ich bin ausgesprochen neugierig und freue mich auf einen schulalltag, der meinen vorstellungen von sinnvoller arbeit zumindest theoretisch etwas näher kommt...wir bleiben am ball!
unverzagte grüßt. |
| Wo? | | von: rhauda
erstellt: 19.05.2010 17:24:39 geändert: 19.05.2010 17:29:11 |
Es würde mich interessieren, ob es irgendwo Belege gibt, dass diese neuen Unterrichtsformen und auch Schulstrukturen NACHHALTIGEN Erfolg haben.
Alles, was ich besonders in GEW-Publikationen immer lese ist, dass "alle Studien belegen, dass"...
Es wäre schön, mal einige dieser Studien zu lesen zu bekommen.
Wo gibt es wissenschaftlich abgesicherte Belege, dass beispielsweise das exzessive "Klippern" sich LANGFRISTIG positiv auf die Leistungen der Schüler auswirkt?
Was außer erhöhter Schüleraktivität hat zum Beispiel das "pädagogische Speed-Dating" (Ich liiieebe diesen despektierlichen Begriff!), das unter dem Begriff Kugellager läuft, an Erfolgen vorzuweisen? Können die Schüler den Stoff hinterher besser verstehen und anwenden? Ist das nachhaltiger als andere Methoden?
Wo sind die Belege, dass längeres gemeinsames Lernen mehr nützt als frühe Trennung? Wenn es nützt, wem nützt es, wem schadet es?
die Tatsache, dass man sich freut, die Klasse nicht abgeben zu müssen, sagt ja noch nicht, ob es zum Vorteil oder zum Nachteil der Schüler ist.
Unter der Prämisse, dass in das Bildungssystem auf keinen Fall mehr Geld investiert werden wird (ein Träumer, der etwas Anderes erwartet)- also unter der Prämisse, dass die Ausstattung so bleibt, welche didaktischen und strukturellen Organisationsformen sind die besseren?
Ich habe sehr häufig das Gefühl, dass Dinge nur gemacht werden, weil das Alte eben nicht so hunderprozentig funktionert. Ob das "Neue" dann besser ist, da suche ich immer noch belastbare Fakten.
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