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Forum: "Arbeitsschutz für LehrerInnen"
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| @klexel | | von: bakunix
erstellt: 11.11.2013 20:40:54 geändert: 11.11.2013 20:43:31 |
Mich ärgert hier bei diesen Diskussionen immer sehr, dass es User gibt, die nicht über ihren Tellerrand gucken und immer nur den Ist-Zustand an ihrer Schule im Blick haben.
Klar! Das ist schon ärgerlich. Ich habe ja auch geschrieben:
Im OECD-Schnitt liegt die Präsenzzeit pro Jahr je nach Schulart zwischen 1135 und 1171 Stunden. In Deutschland liegt diese bei null - theoretisch.
Natürlich sind Lehrer außerhalb ihrer Unterrichtszeit zu Konferenzterminen in der Schule. In RLP darf wg. Konferenzen auch kein Unterricht ausfallen, genau wie in NDS. Nur: Niemand zählt diese Stunden. Deshalb läuft die Diskussion darüber immer wieder ins Leere. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wenn mit dem Ende der Präsenzzeit auch die Arbeitsverpflichtung enden würde, wir Lehrer besser fahren würden, weil einem Lehrer die Arbeit nie ausgeht, wenn er seinen Job ernst nimmt. Doch das sind nicht die meisten, meine ich auch über den Tellerrand der eigenen Schule hinwegsehend, festgestellt zu haben.
Man kann doch nicht davon ausgehen, dass die Länder, in denen die Präsenzzeit praktiziert wird, nicht von dieser Schulwelt sind. |
| Lieber Kollege/Kollegin hbeilmann | | von: zac93
erstellt: 13.11.2013 20:31:04 |
Deine Rechnungen stimmen schon mal nicht, weil du dann nicht nur die 45 Minuten der Unterrichtsstunde nehmen darfst, sondern pro Stunde noch 5 Minuten Weg berücksichtigen musst, wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof geurteilt hat. Und dann ist die Berechnung nach Wochenstunden problematisch. Natürlich sind die Belastungen, die die Arbeitgeber vorgeben, nach Bundesländern und nach Schularten sehr unterschiedlich. Und die daraus resultierende individuelle Belastung ist auch von der jeweiligen Person abhängig. Das alles ist aber zunächst einmal nicht Gegenstand unserer Betrachtung unter Arbeitsschutzaspekten. Da fragen wir nur: Können LehrerInnen all die Aufgaben, die ihnen per Vorschriften vorgegeben werden, in einer angemessenen Qualität im Rahmen ihrer Arbeitszeit schaffen oder nicht. Alle anderen Fragen z.B. nach einer grundlegend anderen Organisation von LehrerInnenarbeit sind zunächst einmal nebensächlich, weil es um den Nachweis geht, dass die Arbeiten nicht zu schaffen sind und deswegen eine strukturelle, gesundheitsgefährdende Überforderung vorliegt. LehrerInnenarbeit ist eben schlicht und einfach bezahlte Lohnarbeit und arbeitsmedizinisch genau so zu behandeln.
Die Diskussionen, die wir bisher erlebt haben, zeigen aber bereits, wie sehr die KollegInnen die Schere im Kopf haben, weil sie manchmal einfach nur ihre harten Nettoarbeiten sehen. In jedem Arbeitsverhältnis, das Zeitlöhner betrifft, wird die Anwesenheit am Arbeitsplatz vergütet. Da sind denn die zu verrichtenden Tätigkeiten erfasst und auch die übrigen Gespräche, Aufsuchen der Nasszellen und dergl. Und nach der Argumentation zählen dann die Pausen in den Lehrerzimmern nicht als Arbeitszeit, obwohl man häufig froh ist, wenn man wieder in den Unterricht darf, weil so viel in den knappen Pausen zu klären ist. |
| @zac93 | | von: fruusch
erstellt: 13.11.2013 21:04:41 |
Ich glaube, da hast du mich missverstanden. Mir ging es um die Forderung nach verpflichtenden Präsenzzeiten an der Schule, um die Arbeitsbelastung von Lehrern zu senken. Diese helfen mir als Ganztagslehrer nur wenig, weil ich sowieso mehrmals in der Woche den ganzen Tag an der Schule sein muss, ohne dass ich in meinen Freistunden zB Unterricht vorbereiten kann. Trotzdem zähle ich diese Stunden nicht wirklich als Freizeit, da ich mich eigentlich auch in diesen Stunden ständig mit der Arbeit beschäftige (außer in den seltenen Fällen, wo ich es tatsächlich mal schaffe unseren Ruheraum aufzusuchen).
@bakunix:
Ich behaupte ja auch nicht, dass meine Arbeit jeden Tag so aussieht, aber es sind schon mind. 2-3 Tage pro Woche, die so ablaufen. Vor 2 Jahren waren es auch mal 4 Tage pro Woche - Freitags haben wir zum Glück immer schon um 13.00 Uhr Schluss. Wenn nicht gerade Konferenzen anstehen, oder Elterngespräche...
Die eigentliche Vorbereitungsarbeit fängt dann meist abends erst an und dauert nicht selten bis Mitternacht oder darüber hinaus. Ich wollte damit jedenfalls nur ausdrücken - wie oben schon gesagt - dass verpflichtende Präsenzzeiten nicht unbedingt für jeden ein Segen sein müssen. |
| @ zac93 | | von: bakunix
erstellt: 15.11.2013 18:28:28 |
Alle anderen Fragen z.B. nach einer grundlegend anderen Organisation von LehrerInnenarbeit sind zunächst einmal nebensächlich, weil es um den Nachweis geht, dass die Arbeiten nicht zu schaffen sind und deswegen eine strukturelle, gesundheitsgefährdende Überforderung vorliegt. LehrerInnenarbeit ist eben schlicht und einfach bezahlte Lohnarbeit und arbeitsmedizinisch genau so zu behandeln.
Das sehe ich auch so. Aber warum ist es mit all den Studien, die bisher zur Lehrerarbeitszeit erschienen sind, nie gelungen, auch nur ansatzweise eine reale Verbesserung herbeizuführen. Ich frage mich öfter, was die Lehrergewerkschaft GEW umtreibt, wenn sie vehement für die Inklusion und die individuelle Förderung als pädagogisches Grundprinzip eintritt und dabei mit den sozialdemokratisch regierten Bundesländern kooperiert und gleichzeitig die Lehrer im Regen stehen lässt. Denn diese können die wohlfeilen Forderungen, die aus dem Wahlfenster gesprochen werden, nicht umsetzen. Auch dann nicht, wenn die Bildungsetats um 50 Prozent erhöht würden. |
| Warum ist es bisher nicht gelungen | | von: zac93
erstellt: 16.11.2013 09:57:43 geändert: 17.11.2013 17:26:08 |
die strukturelle Situation der LehrerInnenarbeit zu verbessern, fragt bakunix völig zu recht. Nahezu 3000 wissenschaftliche Publikationen belegen doch eindeutig, dass etwas im System nicht stimmt. Die bisherigen Untersuchungen fragen fast ausschließlich die Befindlichkeit der LehrerInnen ab, und denen wird von der Politik und auch von weiten Teilen der veröffentlichten Meinung nicht geglaubt. Legendär ist diesbzüglich die "faule Säcke" Kategorisierung durch den Putinfreund Schröder. Und die politischen Entscheidungsträger haben diese von ihnen wesentlich mit verursachte Prägung dann auch geschickt gegen uns genutzt. Sie postulieren moralisch sehr hoch angesiedelte Ziele, wie z.B. Chancengleichheit oder Inklusion, gegen die eigentlich niemand etwas haben kann. Wenn dann die LehrerInnen Einwände dagegen vorbringen, haben sie in der Öffentlichkeit schon einmal die A-Karte. Sie beschließen also die hochtrabenden Ziele und machen dann eine Verordnung, dass die Schulen diese umzusetzen haben, das ist eben Beamtenrecht. Bei einer nominal gleichen Arbeitszeit von i.d.R. 40 Stunden werden so immer mehr Aufgaben angehäuft. Das ist in Niedersachsen aktuell gut zu sehen, wo die Kultusministerin die Einführung der Inklusion ausdrücklich (das sagt sie auch öffentlich) durch die Erhöhung der Unterrichtsverspflichtung der GymnasiallehrerInnen finanziert, obwohl die wöchentliche Arbeitszeit mit 40 Stunden gleich geblieben ist. Die Arbeitszeit wird de jure nicht erhöht, sie wird nur laufend mit mehr Aufgaben aufgefüllt. Das hat inzwischen eine Dimension erreicht, die eine halbwegs ordentliche Aufgabenerfüllung nicht mehr zulässt. Die von Politik in die Öffentlichkeit ausgesandten Symbole werden in den Schulen real nicht umgesetzt, weil die Kollegien auch mit höchsten Engagement das überhaupt nicht leisten können. Die Folge ist ein drastischer Qualitätsverlust, der die Kollegien - insbesondere die engagierten- auch nicht gerade zufriedener macht, sondern neben der quantitativen Belastung nun auch zu einer inhaltlichen Belastung wird, weil alles nur halbgar abgewickelt werden kann. Deswegen haben wir uns überlegt, dass wir einen anderen Ansatz wählen. Wir fragen eben nicht mehr "Wie fühlt ihr euch?" sondern wir fragen den Arbeitgeber "Was verlangst du von uns?". So brauchen wir nicht mehr zu begründen, warum wir uns möglicherweise schlecht fühlen, sondern die andere Seite muss erklären, warum sie so viel Aufgaben in so enge Zeitkontingente packt. Dabei kommt uns dann sogar das Arbeitsschutzgesetz zur Hilfe, weil wir die reale Überforderung allein schon auf der quantitativen Ebene belastbar darstellen können. Und im Zweifelsfall gibt es dann auch noch den Weg vor die Arbeitsgerichte, die für den Arbeitsschutz zuständig sind. Um diesen anderen Ansatz in einer wirksamen Auseinandersetzung einzuführen, brauchen wir eine Veränderung in unseren Köpfen, in den Kollegien und in der GEW. Daran arbeiten wir gerade. |
| Arbeitsschutz | | von: palim
erstellt: 16.11.2013 11:54:50 geändert: 16.11.2013 11:57:04 |
DANKE!
fürs Erklären,
fürs Engagement
... und auch für die Daten
Habe mir die Seiten beim DGB angeguckt und fand vor allem die Präsentation ganz übersichtlich und gelungen
Leider funktioniert das Verlinken ja nicht,
aber man findet die Seite über http://bremen.dgb.de/themen, wenn man dann den obersten Beitrag wählt.
Die genannte Präsentation trägt den Titel "ISF Präsentation neu"
Palim |
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