Also ich sehe in dem Artikel drei naive junge Menschen, die ins Blaue hinein ein Lehramtsstudium angefangen haben, ohne recht zu wissen, ob das "ihr Ding" ist... Alle haben ihren Zweifeln mehr Raum gegeben als ihrer Willensstärke - ok, vielleicht ein Fremdwort für sie...
Bei mir war das - natürlich - alles anders! Meine Entscheidung Lehrer zu werden fiel im Alter von 13 Jahren. Damals sollte es noch Mathe und Latein werden... Ok, falsche Fächer, wie ich ab der 9. Klasse feststellte... Also doch lieber Physik und Chemie... Nein, doch nicht... Dann halt Englisch und Biologie.
Vor der Klasse bin ich im ganzen Studium nie gestanden. Das Praktikum war freiwillig. Ich hatte Babysitterkinder, Nachhilfeschüler und war 8 Monate Fremdsprachenassistent (FLA) in England. Als Babysitter lernte ich das Pädagogische, als Nachhilfelehrer, wie man an Schülern vorbei unterrichtet (anhand des Unterrichts, den meine Nachhilfeschüler genossen haben) und als FLA, wieviel Witz und Lockerheit dem Lernen keinen Abbruch tun. Aber im Kern war ich trotzdem der spießige, strenge Lehrer.
Im Ref. dann die große Ernüchterung: So schön lehrerzentriert, wie ich unterrichtet wurde, durfte ich nicht mehr unterrichten. Ich sollte plötzlich einen Bildimpuls einwerfen und die Sache laufen lassen, die Schüler selbstorganisiert (zwei Begriffe, die sich für mich gegenseitig ausschließen: "Schüler" und "selbstorganisiert"). Wie befürchtet, lief die Stunde überall hin, aber nicht auf mein Lernziel hinaus... Mir war aber sofort klar: Auch, wenn ich ab und zu so unterrichten muss, wie ich es überhaupt nicht gutheiße, bleibt der Lehrerberuf für mich die richtige Wahl.
Jetzt bin ich fertiger Lehrer, habe viel Spaß an meiner Arbeit und habe alle Ex-Kommilitonen und -Reffies, die sich ganz umgeschrieben haben oder nicht ins Lehramt gegangen sind, nur mit einem verständnislosen Stirnrunzeln und Kopfschütteln bedacht... Heute sitzen die wieder an der Uni oder in der Wirtschaft oder bei Verlagen in irgendeinem Büro... Da schüttelt es mich schon, wenn ich mir vorstelle, ich müsste eine Woche mit ihnen tauschen...
Klar, jedem das seine, ihr das ihre, aber mir das Wahre, und das ist in beruflicher Hinsicht das Lehramt mit allen Unannehmlichkeiten, die es sicher auch gibt - im Moment für mich schon fast existenziell...
Aber den Kontakt zu Schülern kann man mir durch nichts ersetzen, es sei denn, ich verdiente mit Babysitten auch 25 €/h...