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Forum: "Pausenaufsicht Mehrarbeit"
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| zu Pausenaufsicht-Mehrarbeit | | von: histo-ranger007
erstellt: 29.10.2015 10:11:31 |
Hallo Nine,
ich bin sprachlos, mit welcher Bereitwilligkeit Lehrerinnen und Lehrer Zumutungen durch die staatlichen Arbeitgeber hinnehmen, ohne alle Formen des Widerstandes mit Personalräten auszuloten!!! Ich arbeite seit 2013 an den Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für Lehrer (bundesweites Positionspapier). Zu dem Thema "Pausenaufsichten" fordere ich, dass Lehrerinnen und Lehrer,wie es noch in meiner eigenen Schulzeit in den achtziger Jahren üblich gewesen ist, als Vollzeitarbeitskraft maximal zwei Pausenaufsichten pro Woche zu leisten haben und Teilzeitkräfte maximal eine Pausenaufsicht. Das widerliche Schulaufsichtspack und die Schulministerien haben nicht nur die Arbeitszeit in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre gegen den Widerstand der Lehrer um zwei Pflichtstunden erhöht, stillschweigend wurden im Hintergrund auch die Pausenaufsichten auf drei pro Lehrkraft erhöht, um den Ganztagsschulbetrieb und die Mittagsaufsichten stellen zu können. Diese bodenlose Frechheit der Arbeitgeber sollten sich Lehrer keinesfalls gefallen lassen und notwendigenfalls Personalräte, Rechtsanwälte und Arbeitsmediziner gegen die Schulleitungen und Schulämter einschalten. Jeder Beschäftigte in Deutschland hat ein Recht auf ausreichende Erholungszeiten! Wenn man als Lehrer eine Doppelstunde erteilt hat, hat man das Recht, erst einmal durchatmen zu können. (Dieses Recht ist ohnehin beschnitten, wenn man bedenkt, dass Lehrer auch noch andere Erholungspausen nach der intensiven Konzentrationsarbeit verlieren (z. B. Schlangestehen am Schulkopierer in der Pause, Organisationsgespräche mit fragenden Schülern an der Lehrerzimmertür in der Pause). Es ist insbesondere fragwürdig, ob Lehrer an öffentlichen Straßen Busaufsichten stellen müssen. In NRW kenne ich Schulen, an denen keine Busaufsichten gestellt werden, ebenso gibt es in BW an manchen Schulen keine Busaufsichten. Lehrer fahren ja auch nicht mit den Schülerbussen mit, um etwa am Hauptbahnhof einer Stadt weitere Aufsichten zu stellen, wenn die Schüler aller Altersgruppen von dort aus in andere Busse umsteigen, die sie dann in den umliegenden Dörfer bringen. Andererseits nehmen die Mitarbeiter in Schulämtern und in den Schulministerien auch stetige Erholungspausen für sich in Anspruch, in denen sie dann mit der dampfenden Kaffeetasse in der Hand von einem Dienstzimmer ins nächste zum Small-Talk wandern. - Kurzum: Ich empfehle, wegen der häufigen Aufsichten mit dem Personalrat zu reden und wenn sich keine Besserung einstellt oder der Personalrat sehr "eng" mit der Schulleitung ist, notwendigenfalls mit einer Anzeige zu drohen, weil aus arbeitsmedizinischen Gründen keine ausreichenden Erholungspausen eingeräumt werden. |
| Mehrarbeit Pausen | | von: histo-ranger007
erstellt: 29.10.2015 12:47:19 |
Die beiden Beiträge, die hier gepostet wurden, um die Arbeitgeberposition zu rechtfertigen, dass diese Pausenaufsichten im Rahmen der vormittäglichen Dienstzeit fast beliebig einfordern dürfen, indem etwa Bezug auf Pausenregelungen/Gesetze in anderen Berufsbereichen genommen wird, greifen hier nicht.
Hier sind die besonderen Bedingungen des Lehrerberufs zu berücksichtigen. Ein Lehrer muss häufig neunzig Minuten hochkonzentriertes Management in einem Klassenraum betreiben und Ansprechstation für Schüler mit unterschiedlichen Charakteren sein, für hochgradig verhaltensauffällige und hyperaktive Schüler, aber auch für solche, die still und introvertiert sind.
Hinzu kommt, dass in heutigen Klassen ein ständiger Lärmpegel herrscht, der extrem nervenaufreibend ist.
Somit müssen dem Lehrer in jedem Falle in arbeitsmedizinischer Hinsicht Erholungspausen zugebilligt werden.
Dies kann nicht dadurch entkräftet werden, dass man auf Beschäftigte in anderen Berufen verweist, die etwa ein Achtstundentag mit arbeitsrechtlich festgelegten Pausen haben.
Eher ist der Beruf des Lehrers mit denen des akademischen Personals an Unis vergleichbar, wo man einem Professor auch nicht zumuten würde, ohne ausreichende Erholungspause zwischendurch zwei neunzigminütige Vorlesungen hintereinander zu halten.
Auch bei den Piloten gewährt man ja wegen des Stresses in ihrem Beruf z. B. eine vorzeitige Verrentung als besondere Schutzbedingung in diesem Beruf.
Aufgrund der hochkonzentrierten Unterrichtstätigkeit hat somit die Schulaufsicht nicht das geringste Recht, mal eben so die arbeitsmedizinisch gebotenen Pausen für die Lehrkräfte außer Kraft zu setzen, indem willkürlich gesagt wird, dass man von einem Lehrer im Rahmen seiner Wissensvermittlungstätigkeit am Vormittag noch alle möglichen sonstigen Tätigkeiten nebenbei einfordern dürfe. |
| 2 Paar Schuhe | | von: palim
erstellt: 29.10.2015 13:13:21 |
Inzwischen geht es nahezu
um 2 Paar Schuh:
Das eine ist die Anfrage, wie man damit umgehen soll, dass man besonders häufig Pausenaufsichten wahrnehmen muss, weil man zur Vertretung eingeteilt wird.
Die Aufsicht in der Pause muss ja gewährleistet sein, also muss die Schulleitung im Falle von Krankheit o.a. die fehlende Lehrkraft in irgendeiner Form ersetzen.
Bei uns wird
- auch getauscht, wenn jemand zur FoBi oder sonst wie verhindert ist, es aber vorher feststeht
- bei einer Doppel-Aufsicht nur 1 Person auf den Hof gestellt, die das aber vorab weiß
- eine Vertretung eingeteilt, bisher gab es dafür eine einfache Strichliste, für jede zusätzlich erteilte Pause gab es einen Strich
Das andere Thema ist die generelle Häufigkeit von Aufsichten und die Frage nach der Arbeitszeit von Lehrkräften bzw. deren Anspruch auf Pausen.
Und die Frage danach, wie viel man leisten muss oder welche Wege man gehen kann, um seinen Unmut zu äußern.
Für die konkrete Fragestellung würde auch ich sagen:
- beim Personalrat erkundigen, ob es eine Regelung gibt - und welche?
- dokumentieren, wie häufig Pausenaufsichten in Vertretung erfolgt sind und erfolgen
- ggf. die Unverhältnismäßigkeit darlegen
Im übrigen finde auch ich, dass man bei der Belastung, die gegeben ist, die Pausen auf eine andere Art verteilen oder andere Personen damit belasten könnte,
- weil LuL viele zusätzliche Aufgaben stemmen
- weil Pausen zwar auch zur Nahrungsaufnahme genutzt werden, immer aber auch für Fachgespräche mit Kolleginnen
- weil die Belastung im Unterricht sehr hoch ist - es gibt dazu Studien im Vergleich mit Fluglotsen
- weil über besondere Rhythmisierung des Alltags gerne LuL in Aufsichten gesetzt werden und zusätzliche Arbeit leisten, die nicht ausgeglichen wird
- weil der Arbeitgeber seit Jahren ausnutzt, dass die Arbeitszeit nicht klar festzulegen ist, dazu gehören nicht allein zusätzlich aufgebrummte Unterrichtsstunden, sondern vielfältige andere Dinge, die sehr viel Zeit benötigen (z.B Inklusion)
Palim
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| Ist ja schön, histo-ranger007 | | von: janne60
erstellt: 29.10.2015 13:22:34 geändert: 29.10.2015 13:23:01 |
dass du dich so für unsere Belange stark machst, aber es ist doch recht fern der Realität, was du da ausführst. Ich denke, Klexel hat ausreichend geschildert, was zwischen zwei Unterrichtsstunden so alles laufen kann, dem brauche ich hier nichts hinzuzufügen. Außerdem: Wie soll das denn bitte gehen, wenn ich nach einer Doppelstunde noch am Pult sitze und z.B. ins Klassenbuch eintrage und Mäxchen stürzt und schlägt sich an der Tischkante ein Loch in den Kopf, sage ich dann: Ja, Mäxchen, echt schade jetzt, aber arbeitszeittechnisch habe ich gerade eine Erholungspause, such dir nen anderen ,der dich versorgt.
Wir haben nunmal durchgehend Aufsichtspflicht gegenüber unseren Schutzbefohlenen. Es greift auch bei uns die o.g. Regelung: nach 6 Stunden MUSS Pause sein.
Und ich wiederhole mein Beispiel von Seite 1: Eine kleine Grundschule mit 6 Lehrkräften kommt nicht umhin, dass jeder Kollege ständig Aufsicht hat (oder zumindest doppelt soviel wie eine Schule mit viel Personal).
Ich fasse mal so zusammen: Eine Pause ist nichts anderes als unterrichtsfreie Zeit, es ist deshalb noch lange nicht Erholungszeit. Genau dasselbe gilt übrigens für die Ferien: Es ist unterrichtsfreie Zeit, es ist deshalb noch lange nicht Urlaubszeit.
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| Mehrarbeit Pausenaufsicht | | von: histo-ranger007
erstellt: 29.10.2015 13:48:26 |
Hier aus den letzten Beiträgen wird ein Grundproblem im beruflichen Selbstverständnis von Lehrern sichtbar: Lehrer lassen sich ein schlechtes Gewissen ans Knie binden, was ihre Diensttätigkeit angeht, indem sie widerspruchslos und unhinterfragt die Position der staatlichen Arbeitgeber übernehmen und sie somit als moralische Richtschnur an ihre Gedanken zur Selbstkasteiung anlegen.
Es liegt doch nicht in erster Linie in der Verantwortung des Lehrers, wenn sich Mäxchen den Kopf (unbeaufsichtigt)aufschlägt. Der Arbeitgeber hat für die Gesundheit von Mäxchen gleichermaßen Sorge zu tragen wie für die Gesundheit des dienstleistenden Lehrers!!!
Andersherum ausgedrückt: Die Gesundheit von Mäxchen ist nicht höherwertiger als die Gesundheit des Lehrers/der Lehrerin, der/die wegen Burnout möglicherweise mehrere Monate in die Psycho-Klinik muss, so dass einer Lehrerfamilie mit zwei Kindern zum Beispiel dann mehrere Monate die Mutter fehlt!
Es ist das Problem des staatlichen Arbeitgebers, dass er die Erholungszeiten so definieren muss, dass einem Lehrer auch in ausreichendem Maße Pausen im Verlauf des nervenaufreibenden Vormittags zugestanden werden.
Um noch mal meinen Vergleich mit dem Universitätspersonal zu bemühen: Meinem beruflichen Selbstverständnis nach ist ein Gymnasiallehrer in allererster Linie Wissensvermittler in bestimmten Fächern, in denen er effektiv und konzentriert Lernprozesse zu generieren hat. Und mit deutlichem berufsrelevantem Abstand ist er auch noch mit einigen erzieherischen Aufgaben betraut, die aber weder im Studium noch im Referendariat eine besondere Rolle spielen. Vielmehr sollen die wenigen erzieherischen Sachkenntnisse dazu beitragen, den Wissensvermittlungsprozess effektiv zu gestalten.
Und genau so, nämlich in erster Linie als Wissensvermittler in bestimmten fachlichen Stoffen, hat ihn das Land auch als Landesbediensteten beruflich einzusetzen. Demnach sind Lehrer ganz klar nicht als Erzieher im Bereich der Totalvergesellschaft der Erziehung in diesem Staat zu missbrauchen, indem sie etwa als Kinderbeaufsichtiger dienstlich ausufernd genötigt werden.
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