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Forum: "Wie wichtig ist Rechtschreibung?"
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| Hm... | | von: ysnp
erstellt: 14.08.2016 20:00:38 geändert: 14.08.2016 20:01:44 |
Bisher war ich der Meinung, dass in anderen Bundesländern ebenso auf die Überarbeitung von Geschichten großen Wert gelegt wird und die Rechtschreibung dort spätestens mit berücksichtigt wird. Bei uns in Bayern wird bei der Überarbeitung von Geschichten schon auf die Rechtschreibung und die äußere Form Wert gelegt. Es geht ja auch darum, Geschichten ansehlich zu repräsentieren. In meinen Augen gehört eine Überarbeitung von Geschichten in der Regel dazu. Beim Geschichten schreiben darf man die Adressatenbezogenheit nicht vergessen. Mit klarer Schrift und normgerechter Rechtschreibung sind sie leichter zu lesen. |
| Miss Verständnis und Miss Stand ;-) | | von: palim
erstellt: 14.08.2016 20:35:22 |
Ich habe ja nicht geschrieben, dass es generell nicht so ist, aber bei bewerteten Aufsätzen wird die Rechtschreibung nicht gezählt, sondern Kriterien der Aufsatzgestaltung sind notengebend. Ansonsten gibt es da unterschiedliche Ansätze. Es gibt KollegInnen, die jeden Aufsatz vorschreiben lassen, ihn rechtschriftlich korrigieren und erneut abschreiben lassen. (nur 1 Note) Es gibt welche, die Aufsätze schreiben (Note 1) und weglegen und überarbeiten lassen (Note 2) und beides als 2 Noten stehen lassen oder aus beidem eine Note werden lassen. Es gibt viele weitere Möglichkeiten, wie man zu Aufsatznoten kommt... aber die Rechtschreibung soll eigentlich außen vor bleiben, da hier die Noten anders ermittelt und gegeben werden. In unseren Vorgaben sind die Teilbereiche klar getrennt. Diese Vorgaben sind im Erlass nicht eindeutlich geregelt und bedürfen somit Absprachen innerhalb der Fachkonferenz. Zur Orthographie hat das Land im letzten Jahr ein dickes Werk herausgegeben, wie und was in welchen Klassenstufen unterrichtet werden sollte ... allerdings ohne die Stundenanzahl des Faches Deutsch heraufzusetzen oder andere Aufgaben zu streichen. (War doch in einem anderen Bundesland angekündigt und ich denke, der Ansatz ist richtig, allerdings wüsste ich gerne, was dafür gestrichen wurde). Meiner Meinung nach bleibt die Außenwahrnehmung so, dass die Rechtschreibung weniger gekonnt wird und in der Grundschule weniger Gewicht hätte, zum Teil mag das stimmen, zum Teil liegt es sicher auch an anderen Konzepten, zusätzlichen Aufgaben im Deutschunterricht und weniger Vorkenntnissen und Lernfähigkeit der SuS (siehe Mathe) ... und auch an Missverständnissen. Palim |
| auch in der Oberstufe... | | von: galadriel
erstellt: 15.08.2016 13:35:38 |
Zunächst einmal vorweg: ich bin beruhigt, dass die hier schreibenden Grundschullehrer die Rechtschreibung noch schätzen und fördern wollen!
Ich erleben das Drama jeden Tag in der Schule ebenso. Dabei fällt auf, dass die Rechtschreibung in den KLassen 5 und 6 bei ca. 50% der Schüler katastrophal ist und zwar fast immer dann, wenn auch die Handschrift an sich eher außerirdischen Zeichen ähnelt. Diese Kinder haben häufig haptische und feinmotorische Defizite und kein Verständnis bzw. gar kein Gefühl für ordentliches Schreiben. Ich habe im letzten Jahr bei uns ein kleines Förderkonzept aufstellen müssen, in der ich nur Linienführung (als VORSTUFE für eine bessere Handschrift) übe. Leider streiken da viele Eltern auch, weil: "in der Grundschule hat da niemand so drauf geachtet und da ging es auch!" (das bezweifle ich ehrlich gesagt).
Das Problem sieht man übrigens nicht nur im Fach Deutsch, sondern auch in den Fremdsprachen. Die Grundidee "Es geht nur um den Inhalt" setzt sich fort und wird erschreckenderweise auch vom Ministerium unterstützt. In den engl. Lernstandserhebungen ist die Scheibweise egal, es darf teilweise sogar auf Deutsch geantwortet werden. Da wundert einen nix mehr.
Die Aspekte, die ihr hier angesprochen habt zeigen sich inzwischen auch in der Oberstufe. Wenn ich Bildanalysen lese (im Bereich Kunstgeschichte) und die Rechtschreibung mit einbeziehe (so, wie es die Apogost auch vorsieht!), kann ich mit diversen drohenden Anrufen von Eltern rechnen und die Schüler fallen aus allen Wolken. Da kann man teilweise auf einer Seite ganze drei Wörter direkt entziffern. Im letzten Schuljahr wollte ein Schüler mit einem schriftl. Beitrag seine SoMi-Note noch verbessern.... heraus kam: zwei Seiten inhaltlichen Mittelmaßes und 82!!! Rechtschreib- und Grammatikfehler. [Nein, er war kein LRS-Kandidat!]
Das Thema zieht sich durch viele Jahrgänge und wird meines Erachtens jedes Jahr gravierender. Da muss die Politik mal ganz dringend ran! |
| Training und Auswirkungen ... und der Sonderfall Englisch in der Grundschule | | von: palim
erstellt: 15.08.2016 14:49:18 |
Leider streiken da viele Eltern auch, weil: "in der Grundschule hat da niemand so drauf geachtet und da ging es auch!" (das bezweifle ich ehrlich gesagt).
Es mag auch solche Lehrkräfte geben - wer weiß. Bei mir ist es so, dass ich das durchaus sehe und durchaus auch daran arbeite ... trotzdem reicht es mir in Teilen nicht: nicht das Schriftbild, nicht die Rechtschreibung ... und so manch anderes auch nicht. Meiner Beobachtung nach gibt es dann viele Möglichkeiten: - es hilft
- es hilft nicht
- dem Kind ist alles egal
- die Eltern wehren sich schon in der Grundschule
- das Kind entwickelt sich extrem positiv im Vergleich zur Einschulung und alle freuen sich darüber, aber im Vergleich zu dem, was nötig wäre, reicht es noch lange nicht.
Was stimmt ist, dass eine mangelhafte Rechtschreibung oder ein scheußliches Schriftbild bei ansonsten guten oder sehr guten Leistungen nicht dazu führen wird, dass das Kind besonders schlechte Noten erhält und/oder nicht auf das Gymnasium wechseln könnte. ENGLISCH ist dann aber doch ein Sonderfall. Da gab es ja neulich auf n4t schon einen Bericht und eine Debatte: Die Vorgaben für Englisch in der Grundschule sind wirklich so, dass der Schwerpunkt auf dem Sprechen liegt. Und die Vorgaben der Sek I. / der Gymnasien passen nicht dazu. Damit meine ich nicht die Umsetzung, sondern Vorgaben, dass in der Grundschule (so war es zu Beginn geregelt) GAR NICHT geschrieben werden sollte. In meinem Bundesland ist es jetzt so, dass ABGESCHRIEBEN werden darf ... ja, dann natürlich richtig... aber Vokabeltests, in denen die Rechtschreibfehler zu Abwertungen zählen, sind in den Erlassen nicht drin. Dann gibt es eben die Änderung, dass ab Klasse 5 darauf sehr genau geachtet wird. Es gibt auch andere Änderungen ab Klasse 5. Palim |
| "Wie wichtig ist Rechtschreibung?" | | von: marie-sophie2
erstellt: 15.08.2016 14:55:03 |
"in welcher Funktion schreibst / fragst du denn? Laut Profil bist du Erzieherin? Oder Lehrerin an einer Förderschule? Oder fragst du als Mutter? Auf welche Altersstufen bezieht sich deine Frage? Grundschule? SEKI?" Ich arbeite als Schulbegleiterin in einer integrativen Schule. Dass ich einigen Kindern zu Hause bei den Schulaufgaben helfe ist quasi ehrenamtlich. Meinem Gefühl nach, geht einiges im Deutschunterricht schief, wenn es auch dort nicht beanstandet wird, dass Wörter wie "Unval" und "Teeather" in den Heften zu finden sind. Und ich bin unschlüssig, ob es hilfreich wäre, auf eigene Faust mit den Kindern die Rechtschreibung zu trainieren. Danke für alle bisherigen Antworten! Marie-Sophie |
| Warum könnte es denn nicht hilfreich sein, ... | | von: halb27
erstellt: 15.08.2016 15:21:13 geändert: 15.08.2016 18:29:57 |
mit den Kindern die Rechtschreibung einzuüben? Unabhängig davon, wo heutzutage die schulischen Prioritäten gelegt werden, ist das doch ein Wert an sich. Ich bin auch ehrenamtlich in der Grundschule tätig und bemühe mich, den Kindern bei der Rechtschreibung weiterzuhelfen. Das Hauptproblem ist dabei, dass das ein ziemlich ausfüllendes Programm ist. In gewisser Weise leide ich darunter, dass ich das zumindest in einer Klasse nur bruchstückhaft leisten kann, einfach weil es in dieser Klasse sehr viele Kinder gibt mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Ich bin überzeugt, dass auch viele leistungsschwächere Schüler eine akzeptable Rechtschreibung aufweisen würden, wenn eine kindgerechte Rechtschreibdidaktik in der Grundschule im Vordergrund stünde. Teilweise wird das ja auch gelebt, aber de facto ist es Glückssache, an welcher Schule/bei welchem Lehrer ein Kind mit welcher guten oder fragwürdigen pädagogisch-didaktischen Grundausrichtung konfrontiert wird. Die Politik tut jedenfalls alles dafür, dass die Rechtschreibleistung schlecht ist. Sinngemäß heißt es in den NRW-Richtlinien, dass die Kinder durch den reflektierenden Umgang mit Rechtschreibregeln die Rechtschreibung lernen sollen. Das ist nach meinem Dafürhalten Schwachsinn. Die Kinder müssen rechtschreibliche Sprachstrukturen (beispielsweise die ie-Schreibung) nachvollziehen können (etwa dadurch, dass wenn bei einem deutschen Zweisilber die 1. Silbe mit einem i-Laut endet, dieser mit ie verschriftet wird), und diese Erkenntnis muss intensiv eingeübt werden, so dass sie im Schreibfluss automatisiert beherrscht wird. Das effektive Automatisieren ist meines Erachtens ein wichtiges Kriterium für guten Unterricht. Es wird wohl nur wenige Lehrer geben, die das Automatisieren in der Grundschule nicht als wichtig erachten. Automatisieren zielt auf die Beherrschung von Basisfertigkeiten, und das steht in natürlichem Gegensatz zu dem politisch gewollten alles aufweichenden Kompetenz-Gelaber. Neben zeitlichen Restriktionen ist das m.E. der Hauptgrund, dass das Automatisieren von Basisfertigkeiten de facto oft zu kurz kommt. |
| @halb | | von: ysnp
erstellt: 15.08.2016 17:58:21 geändert: 15.08.2016 18:10:26 |
"etwa dadurch, dass wenn bei einem deutschen Zweisilber die 1. Silbe mit einem i-Laut endet, dieser mit ie verschriftet wird" Ausnahmen: Ti - ger, Si - lo, Ki - no, Bi - bel, Bi -ber, Si -rup, Fi - bel, li - la, pri - ma, Ki - lo, Pri - mel ( Pi - nie , Li - nie) Hier wird die offene Silbe lang gesprochen und dennoch wird das Wort mit i geschrieben. Zu den Rechtschreibstrategien: Ich halte beides für wichtig, das Herleiten durch Rechtschreibstrategien und das Automatisieren. Das systematische Erlernen von Rechtschreibstrategien hilft den Schülern, die Wörter zu strukturieren und sie sich dadurch letztendlich besser merken zu können. Was öfter mal vergessen wird: Jedes richtige Abschreiben in allen Fächern hilft bei der Automatisierung der Rechtschreibung. Ich halte es für wichtig, in allen Fächern auf die Rechtschreibung zu achten, für mich ist das ein Unterrichtsprinzip. Da sind auch die Fachlehrer neben den Deutschlehrern gefragt. |
| Die Ausnahmen sind grundsätzlicher Natur,... | | von: halb27
erstellt: 15.08.2016 18:26:54 geändert: 15.08.2016 19:12:27 |
egal ob man die ie-Schreibung nach der von mir favorisierten Methode einführt oder über das manchen Schülern kaum zu vermittelnde 'lange i' oder auf welche Weise auch immer. Zu den Ausnahmen gehört auch der Igel, der auf Anlautlinealen/tabellen oft als Verschriftung für das 'lange i' dargestellt wird. So wird die Ausnahme zum Standard erklärt. Manchmal kann man sich nur wundern, womit unsere Kinder konfrontiert werden. Die Vorteile des Abschreibens kann ich bestätigen. Mit den Viertklässlern übe ich die Schreibweise fehlerträchtiger Wörter nach Signalgruppen, und dabei lasse ich die Kinder die Wörter der jeweiligen Signalgruppe zunächst intensiv lesen. |
| @marie-sophie2 | | von: hesse
erstellt: 16.08.2016 09:28:18 geändert: 16.08.2016 09:29:04 |
Ich finde auch, wir sollten jeder ehrenamtlichen Helferin dankbar sein, die auf eigene Faust die Rechtschreibung übt (übrigens: Gilt nicht fächerübergreifend das Unterrichtsprinzip Deutsch? ). Die Eltern wären mir hier daher erstmal auch egal; wichtig ist, daß von Anfang an klar ist: Auf Rechtschreibung wird Wert gelegt und entsprechend geachtet! Wer nicht einmal seine eigenen Sprache in Wort und Schrift beherrscht, ist von vornherein vieler Möglichkeiten beraubt - kann unsere Gesellschaft sich das leisten? Ich denke nicht... LG Hesse |
| Ich lese | | von: janne60
erstellt: 16.08.2016 12:23:29 |
hier interessiert mit und möchte jetzt auch mal noch meinen Senf dazugeben: Was mich ärgert, ist die stetige Unterstellung, dass die Grundschulen Schuld an der Rechtschreibmisere seien. Ich sehe es eher so, dass, wie oben auch schon ausgeführt, die politischen Systemveränderungen dazu geführt haben, dass 1. die Rechtschreibung immer mehr an Wertigkeit verliert und 2. die allgemeine Sicht auf das Thema in der Bevölkerung sich stark verändert hat. Die vielen Reformen haben zu einer großen Verunsicherung geführt, die darin geendet hat, dass heute die Tendenz zu "ist-doch-egal-wird-schon-stimmen-weiß-doch-eh-keiner-wie-man-das-schreibt" vorherrscht. Früher war man stolz auf seine guten Rechtschreibkenntnisse, mittlerweile tut die Politik so, als sei es ein Gendefekt, für den man nicht bestraft werden darf, wenn man die RS nicht beherrscht (LRS und Legasthenie natürlich ausgenommen). Warum soll ich dann also darauf noch Wert legen? Und so, wie die Anstrengungsbereitschaft sich in allen Bereichen stark nach unten verändert hat, ist es hier eben auch. Schönschrift? Richtig schreiben? Wozu, im Zeitalter des Computers und der RS-Programme? Ich lege seit Beginn meiner Dienstzeit bis zum heutigen Tage großen Wert auf korrekte Schreibweise (und mein gesamtes Kollegium auch) und zwar in allen Fächern und sehe dies als Selbstverständlichkeit an. Wir werden es jedoch nicht aufhalten, dass es Kindern und Eltern immer egaler wird, nicht mit allen Bemühungen. Die Schuld für die RS-Misere lasse ich mir deshalb nicht in die Schuhe schieben. |
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