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Forum: "Der rote Faden der Rechtschreibung: die Einsilber als Basis"
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| Dass ich in der Rechtschreib-Förderung von i.d.R. zwei Kindern gleichzeitig | | von: halb27
erstellt: 23.11.2016 00:52:27 geändert: 23.11.2016 08:29:20 |
eher gute Lernbedingungen habe, ist unbestritten, vom zeitlichen Rahmen einmal abgesehen, der ist ziemlich knapp. Hochmotiviert sind die Kids dabei aber keineswegs, denn sie müssen die Hälfte der Förderzeit von ihrer Freizeit opfern. Und seit ich mit der beschriebenen Methode angefangen habe, müssen sie auch noch besonders viel schreiben. Im 4. Schuljahr sind die Vorteile der recht persönlichen Zuwendung auch nur noch sehr bedingt wirksam. Vor allem aber bin ich mit unwirksamen Methoden auch bei der individuellen Förderung gescheitert. Eine schlechte Didaktik ist auch im Rahmen individueller Förderung nicht wirksam. Genau so wie ich das in meiner Förderung praktiziere, lässt es sich nicht im Unterricht realisieren. Aber in anderer Form sehr wohl, das explizite Segmentieren der Wörter in ihre Morphem-Bestandteile sogar genau so. Richtig ist, dass man für die Realisierung im Rahmen des regulären Unterrichts sinnvoll einige Schwerpunktwochen Rechtschreibung freischaufeln müsste. Im Gegenzug kann man zu anderer Zeit dafür den Rechtschreibunterricht deutlich reduzieren. Das müsste doch möglich sein. Was ich bedaure ist, dass hier inhaltlich gar nicht auf meinen Ansatz eingegangen wird. Die Argumente hören sich auch für mich recht apologetisch an (auch wenn der Hinweis auf die Rechtschreibverantwortung der weiterführenden Schulen grundsätzlich richtig ist) und auch nivellierend so nach dem Motto 'das machen wir ja so'. Stimmt nicht. Wer bringt denn den Kindern die Konsonantenverdopplung gezielt für die Einsilber bei, was auch mit leistungsschwachen Kindern möglich ist? Wenn man das mal gemacht hat, erkennt man, dass das ein himmelgroßer Unterschied ist zur allgemeinen Konsonantenverdopplung. Wie man das machen kann, kann auf meiner Homepage lesen. Und wer verlangt von seinen Schülern ein markierendes Segmentieren der Wörter nach Vor- und Nachsilben und Endung, so dass der Kern unterstrichen und so herausgearbeitet wird? Genau das scheint, wenn meine bisherigen Erfahrungen nicht trügen, die Kinder zum Rechtschreib-Bewusstsein zu führen neben dem gezielten Übertragen der Einsilber-Rechtschreibung auf das Gros der deutschen Wörter. Letzlich geht es mir ums regelrechte Einschleifen dieser Dinge auf einer guten Basis. Genau das wird im regulären Unterricht nicht gemacht, man begnügt sich immer nur mit gewissen Übungen, und die Grundlagen hierfür sind stark verbesserungsfähig (siehe Konsonantenverdopplung). Die wirklich grundlegenden Dinge müssen nach meinem Verständnis in gut automatisierbarer Form vermittelt werden und auch real automatisiert werden. Letzlich wird im üblichen Unterricht das Automatisieren den Kindern überlassen, und den leistungsstarken Kindern gelingt das ja auch. Die anderen bleiben mehr oder weniger auf der Strecke, wenn man nicht aktiv gegensteuert. Ich bin lange genug an der Schule, um zu sehen, dass man als Lehrer genug Sorgen hat. Das Infragestellen einer langjährig eingefahrenen didaktischen Methodik kommt dabei sicher nicht gut an. Letztlich tue ich das, wobei es mir lieber wäre, wenn das nicht nötig wäre. Dann hätte auch ich schon lange von guter Didaktik profitieren können. Bei allem diesbezüglichen Verständnis bedaure ich, dass es so wenig Aufgeschlossenheit gegenüber neuen und viel versprechenden didaktischen Ansätzen gibt. Zumal das Bewusstsein offensichtlich da ist, dass man mit den eingefahrenen Ansätzen nicht weiter kommt (siehe Unterscheidung lange/kurze Vokale). Schade, dass das einfach so hingenommen wird. Die Möglichkeiten eines Lehrers vor allem unter ungünstigen Rahmenbedingungen sind zweifellos begrenzt, aber vorhanden sind sie. Optimierung ist möglich. |
| Frage nach RS in Grundschule | | von: palim
erstellt: 23.11.2016 10:43:09 |
Nur weil ich nicht gleich "Hurra" schreie, wirfst du mir (und anderen) vor, wir seien nicht aufgeschlossen und unsere Didaktik sei nicht angemessen, ohne Einblick in die tägliche Arbeit zu haben. Gleichzeitig erkennst du an, dass die Förderung, die du leistest, im allgemeinen Unterricht nicht zu erbringen ist. Das finde ich nicht fair. Im übrigen unterbreche ich meine Unterrichtseinheit nicht spontan, um die von dir in den letzten Tagen veröffentlichte Herangehensweise auszuprobieren. DAS ist keine Ablehnung, sondern Unterrichtsplanung, die sich an mehr als nur Rechtschreibung orientieren muss. Dass man sich für Rechtschreibphänomene 3 Wochen freischaufeln muss, ist mir bewusst, und findet zumindest bei mir auch statt. Das Automatisieren selbst gelingt den guten Schülern nicht durch die Übungen. Sie können es von selbst. Sie müssen den Unterschied der Vokallängen gar nicht erlernen, weil sie ihn beherrschen, in der Regel unbewusst. Sie schreiben richtig, ohne die Regeln benennen oder anwenden zu können. Verlangt man ein Anwenden oder Erläutern, schwimmen und raten sie häufig, weil ihnen die Zusammenhänge nicht deutlich sind. Das Automatisieren bei den SuS, die sich wahrlich schwer tun mit dem Schreiben und/oder Rechtschreiben und/oder Lesen benötigt in allen diesen Bereichen erheblich mehr Zeit und Übung. Es ist vergleichbar zum Training des 1x1, das ja auch nach den Sommerferien gerne vorschollen ist und immer wieder neu gelernt werden muss. Inzwischen verlangen Eltern, dass auch das allein in der Schule zu bewältigen sei, weil sie zu Hause mit ihren Kindern nicht üben können oder wollen. amann hat gefragt, warum so viele SuS mit so wenigen RS-Kenntnissen aus der Grundschule kommen und die Grundschul-Lehrkräfte direkt angesprochen. Daraus ergibt sich, dass dieses Forum weniger die Auseinandersetzung mit deinem Ansatz angeht, sondern die allgemeine Frage nach dem Rechtschreibunterricht in der Grundschule - in verschiedenen Bundesländern und Schulen. Palim |
| zu deinem eigentlichen Ansatz | | von: palim
erstellt: 23.11.2016 11:11:52 |
Zu deiner neuen Methode: Das Segmentieren der Wörter nach Vor- und Nachsilben findet sich in diversen Übungen und Lehrwerken. Es taucht in der Regel dann auf, wenn Vorsilben (meist mit Verben) oder Nachsilben (meist bei der Substantivierung) geübt werden. Der morphematische Kern wird dann betrachtet, wenn es um Ableitungen geht (au-äu etc.) Insofern sollte dies den meisten Kindern bekannt sein. Es wird sicherlich auch geübt und die Kinder müssen beim Schreiben daran erinnert werden, auf diese Kenntnisse zurückzugreifen. DAS ist der schwieigere Teil in der Regel. DAS ist übrigens auch der Nachteil an Übungsformen.Werden Wörter innerhalb von PC-Programmen geübt, schleift sich die Schreibung womöglich ein, nicht aber die Regel, die dann niemand benennt. Werden Übungen zur Regel bearbeitet, geht es speziell um diese Kenntnisse und die Kinder denken daran, sie anzuwenden. Beim Sprechen (Logopädie) spricht man davon, dass die Inhalte der Übungen in die Spontansprache übernommen werden sollen. Beim Rechtschreiben ist es so, dass die Kenntnisse über die Rechtschreibung in das spontane Schreiben übernommen werden muss. Zunächst womöglich das Nutzen der Regeln, wenn Schreibeweisen unklar sind. Hierzu braucht es aber auch ein Bewusstsein dazu, dass man überhaupt an der eigenen Schreibweise zweifelt. Ein geübter Schreiber greift auf die Regeln nur selten zurück. Ich würde behaupten, dass die meisten Erwachsenen bei Unsicherheiten eher eine Suchmaschine befragen, als sich selbst die Regeln ins Gedächtnis zu rufen und das Wort entsprechend abzuleiten. Übungen, das Rechtschreiben beim spontanen Schreiben zu trainieren, können Stopp-Diktate sein, bei denen neben dem Schreiber eine zweite Person sitzt, die beim Schreiben "Stopp" sagt, wenn ein Fehler geschrieben wird, sodass dann über die richtige Schreibweise diskutiert und das Wort berichtigt wird. Neu ist für mich der Hinweis, den Wortstamm zu nutzen, um die Konsonantenverdoppelung zu erläutern. Dies wird bisher in allen mir geläufigen Didaktiken über die Vokallänge innerhalb der betonten Silbe erläutert. Dazu müssen die SuS die Betonung innerhalb eines Wortes erkennen, sie müssen ebenfalls Vorsilben etc. außer acht lassen und sich dann in der entsprechenden Silbe auf den Vokal fokussieren, die Länge einschätzen und daraus folgern, ob der nachfolgende Konsonant zu verdoppeln ist. Das ist ziemlich komplex und im spontanen Schreiben sicherlich kaum umzusetzen - da ist der Gedanke, der eigentlich notiert werden soll, weg. Bisher habe ich diese Übungen mit Hilfe einer Wörter-Sortier-Maschine eingeübt. Ich werde mir ansehen, ob ich diese umgestalten könnte, um deinen Ansatz zu verfolgen. Wer bringt denn den Kindern die Konsonantenverdopplung gezielt für die Einsilber bei, was auch mit leistungsschwachen Kindern möglich ist? Bisher womöglich nur du. (siehe oben) Ich glaube übrigens, dass der Begriff "Einsilber" irreführend ist, auch wenn ich noch keinen anderen Begriff habe. Letztlich zielt der Ansatz darauf ab, von der Silbe, die für sehr viele Übungen genutzt wird, wegzugehen, und auf Morpheme zu achten. Kann man darüber ggf. erheblich mehr Wörter erläutern, ohne weitere Her- oder Ableitungen bedienen zu müssen? (Stichwort unregelmäßige Verben) Welche Wörter bleiben übrig und können darüber nicht erklärt werden (das sind für mich "Lernwörter", von denen es immer einige geben wird). Palim |
| Das gefällt mir jetzt, | | von: halb27
erstellt: 23.11.2016 12:11:56 geändert: 23.11.2016 15:20:46 |
so eine inhaltliche Diskussion. Also für mich ist der wesentliche Punkt, den Schülern ein handlungsorientiertes Vehikel an die Hand zu geben, das sie bei der Rechtschreibung führt. Und nicht nur für eine recht begrenzte Anzahl an Übungen, sondern über einen langen Zeitraum hinweg. Ich möchte ein solches Vehikel als das grundlegende Rechtschreibwerkzeug verstanden wissen. Beginnend mit dem 1., hauptsächlich aber im 2. Schuljahr ist das silbensynchrone Sprechschreiben für mich dieses Vehikel. Die Schüler sprechen jeweils eine Silbe, und zwar ausschließlich genau die, die sie gerade schreiben. Das führt sie zur Konzentration auf die einzelnen Laute der Silbe, und Konsonantenverdopplung und ie-Schreibung bei deutschen Zweisilbern lässt sich damit prima automatisieren. Die Begriffswelt der kurzen und langen Vokale ist dabei vollständig vermeidbar. Im Rahmen der Förderung kann das silbensynchrone Sprechschreiben auch in höheren Klassen relevant sein (war es bei mir bisher immer, aber mit meinem neuen Ansatz weiß ich noch nicht, ob ich mich dann nicht darauf konzentriere - ich habe schließlich nur begrenzt Zeit für die Kinder. Muss ich einfach ausprobieren, ob das passt). Ab dem 3. Schuljahr (nicht notwendig von Anfang an) sehe ich das automatisierte explizite morphemgemäße Segmentieren der Wörter durch abtrennende Striche als dieses Vehikel an. Es bringt die Vor- und Nachsilben in den Fokus sowie die Endungen. (Wie oft habe ich früher gesehen, dass Kinder so etwas wie 'er lebd' geschrieben haben. Das sehe ich jetzt kaum noch, weil die Kinder beim Abtrennen der Endung gewohnt sind, nach dem 't' zu fahnden. Es gibt einfach irre positive Nebenwirkungen, wenn man die Kindern zum Abtrennen der Wortbestandteile bringt. Sie konzenzentrieren sich auf die relevanten Dinge!). Das Abtrennen der Morpheme als das Vehikel der Rechtschreibung-Fokussierung ist so gesehen schon ein großer Wert an sich. Dass nach dem Abtrennen der Vor- und Nachsilben und der Endung der übrigbleibende Wortkern in aller Regel einsilbig ist, ist ein großer Zusatznutzen. Denn dann kann man all das, was man den Kindern über Einsilber beigebracht hat oder noch beibringt, für den Wortkern nutzen. Die wichtigsten Gesetzmäßigkeiten der Einsilber betreffen natürlich wieder die Konsonantenverdopplung und die ie-Schreibung. Die Begriffswelt der langen und kurzen Vokale geht hier zwar theoretisch ein, sie lässt sich aber viel kindgerechter rüberbringen, und ich vermeide diese Begriffe auch. Zunächst nähere ich mich der Problematik über das Lesen. Ich lasse sie Paare von Fantasiewörtern lesen wie 'der Tamm'/'der Tam'. Das schaffen auch leistungsschwächere Kinder recht schnell und mit nur geringer Unterstützung. Danach üben wir das Schreiben echter deutscher Wörter, und zwar der Reihe nach gezielt für jeden Vokal. Für jeden Vokal habe ich ein Merkblatt, das immer offen vor den Kindern liegt. Für das 'a' sieht das so aus (alle diese Merkblätter und Übungsbeispiele kann man von meiner Homepage herunterladen): Der dicke Chef hat eine tiefe Stimme, der dünne Chef eine hohe (die langen Vokale werden mit tieferer Stimmlage gesprochen als die kurzen). Ich spreche den Kindern beide Varianten deutlich vor und achte besonders auf die Tonlage. Verglichen mit den Zweisilbern ist das Einschleifen der Konsonantenverdopplung hier deutlich schwieriger, aber es funktioniert. Und es wird, wenn man es auf den Wortkern anwenden muss, immer wieder trainiert. Vielleicht war ich in diesem Punkt missverständlich: wenn ich von Einsilbern spreche, meine ich wirklich einsilbige Wörter. Mit den aus allgemeinen Wörtern herausgearbeiteten meist einsilbigen Wortkernen hat das zunächst nichts zu tun. Ich würde mich nicht trauen, die Konsonantenverdopplung sofort auf Wortkerne anzuwenden. Das kommt erst später. Zunächst vermittle ich die Konsonantenverdopplung für richtige einsilbige Wörter wie 'das Lamm'. Man kann weitere Gesetzmäßigkeiten der Einsilber herausarbeiten, aber man muss immer abwägen, ob das rentabel ist. Je mehr man hier fordert, desto schwieriger ist es, das alles auf den Wortkern anzuwenden. Für mich habe ich entschieden, mich an zusätzlichen Gesetzmäßigkeiten auf das Dehnungs-h zu beschränken. Für den regulären Unterricht ist ein reines Salami-Taktik-Lernwörter-Lernen der Dehnungs-h-Wörter möglicherweise geeigneter, schließlich kann man das ja auf mehrere Jahre verteilen. Man könnte auch eine Silbenfugen-h-Regel für Einsilber aufstellen: endet der Einsilber auf einen Vokal-Laut, füge ein 'h' an. Damit lässt sich die Schreibweise von 'er sieh|t' und 'sie geh|t' gut begründen. Aber das rentiert sich m.E. erst recht nicht, denn es gibt recht wenige Wörter mit Silbenfugen-h. Solche Regeln haben keine gute Wirkung während des Schreibflusses, wohl aber als Lernhilfe mit Eselsbrücken-Charakter beim Lernen entsprechender Lernwörter. Zur Frage 'unregelmäßige Verben': das hatte ich ja schon geschrieben, im Wort 'er nimm|t' ist 'nimm' der Wortkern, auf den die Regeln der Einsilber anzuwenden sind. Deshalb die Konsonantenverdopplung. Unregelmäßige Verben sind im Sinne meines Konzepts nichts besonderes (Ausnahme: Umlaut-Varianten). Es ist mir ganz wichtig, Ausflüge weg vom zu schreibenden Text zu vermeiden, denn damit haben viele leistungsschwächere Kinder Schwierigkeiten. Deshalb kein Wortstamm und kein Ableiten, sondern der Wortkern in der zu schreibenden Form. Das ist ja gerade der Vorteil. Selbstverständlich umfasst man mit all dem nicht die gesamte Spannbreite der Rechtschreibung, aber man kommt schon erstaunlich weit. Die ganz grundlegenden Dinge sind abgedeckt. Und mit dem Vehikel der Wortsegmentierung durch explizite Striche erhält man erstaunliche Nebeneffekte, die sich aus der eingeforderten Konzentration der Kinder ergeben. Themen wie Umlaut-Schreibung und Auslautverhärtung lassen sich auch m.E. am besten als Lernwort-Themen behandeln. Und beim Lernen solcher Lernwörter sind dann die Rechtschreibstrategien Ableiten und Verlängern als Eselsbrücke hilfreich, nicht aber oder zumindest weitaus weniger während des Schreibflusses. Die ß-Schreibung ist für mich ebenfalls ein Lernwort-Thema, wobei die Anzahl der mit 'ß' zu schreibenden grundschulrelevanten Wörter recht überschaubar ist. |
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