Wenn ein Arbeitnehmer oder Beamter überlastet ist, hat er die Pflicht, das seinem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn anzuzeigen.
Beispiel: Der Lastwagenfahrer, der zu viele Stunden am Stück unterwegs ist, gefährdet sich und andere. Er ist verpflichtet, seinen Arbeitgeber darauf hinzuweisen. Der Arbeitgeber sollte dann die Situation verändern - aber das geht eben nur, wenn er davon weiß.
Wir Lehrer* neigen dazu, uns immer mehr und noch mehr Arbeit aufzuhalsen. Wir wollen nicht zurückstehen oder vergleichen uns mit Kollegen*, die bei gleicher (bezahlter) Arbeitszeit mehr schaffen...
Und dann kommen noch neue Aufgaben dazu, die uns aufgebürdet werden, sei es die Inklusion oder ein neuer Vergleichstest oder was auch immer.
Wir halten das aus, denken "die anderen schaffen es doch auch; es liegt an mir; ich müsste mich nur mal zusammenreißen" - und verlieren auf Dauer die Freude am Beruf, vielleicht geht auch die Familie kaputt oder die Gesundheit leidet.
Erkennt Ihr Euch darin wieder?
Aus Angst oder Unwissenheit machen viele Lehrer immer so weiter, obwohl sie schon spüren, dass es "eigentlich nicht mehr geht".
Liebe Anneblythe, Deine Anfrage hier passt in diese Kategorie, und auch, was einige der Antwortenden schreiben.
Die Rahmenbedingungen dürften besser sein. Ich habe ein winziges Klassenzimmer, das keinerlei Platz für Lese- oder sonstige Ecken bietet, eine Vielzahl der allgemein zugänglichen Unterrichtsmaterialien fielen vor einer Weile einem Brand zum Opfer, die Hälfte unserer zwölf Rechner funktioniert nicht ordentlich, der Fernseher mal ja mal nein, der Kopierer frisst Papier ...
Wer ist dafür verantwortlich? Wer könnte daran etwas ändern? Sind wir einzelnen Lehrer* dafür zuständig?
In welchem gut funktionierenden Betrieb gibt es vergleichbare Rahmenbedingungen? Würde Frau Merkel so arbeiten? Oder ein Krankenhaus? Zahlen die Ärzte das Verbandsmaterial für ihre Patienten selber? Wieso nicht? Aber ich will nicht abschweifen...
Es ist unsere Pflicht, unserem Dienstherrn unsere Überlastung anzuzeigen! Er muss davon wissen, er hat eine Fürsorgepflicht uns gegenüber.
Das Instrument dazu heißt Überlastungsanzeige.
Informationen dazu findest Du im Internet, zum Beispiel hier.
Sprich mit Kollegen, überlegt, ob Ihr eine gemeinsame Überlastungsanzeige abgebt oder lieber individuelle, holt Euch Rat bei einer Gewerkschaft oder einer anderen Organisation oder fragt sonst einen Juristen, wenn Ihr unsicher seid.
Aber leidet nicht nur still vor Euch hin!
Es ist das System Schule, das die Überlastung erzeugt; es ist nicht Deine eigene Schwäche oder Unzulänglichkeit.
Wir Lehrer müssen darauf aufmerksam machen, dass es so nicht weitergehen kann - und so nicht weitergehen wird.
Wenn viele von uns ihre belastende Situation und ihre Unzufriedenheit zeigen, wird sich vielleicht etwas ändern. Wenn jeder für sich leidet - und sich höchstens mal Tipps in einem Internetforum holt - gibt es für die Verantwortlichen keine Notwendigkeit, etwas zu verbessern.
Und wer leidet darunter am meisten? Lehrer* und Schüler*. Schon weil wir unseren Schülern* nicht schaden wollen, müssen wir unsere Überlastung rechtzeitig anzeigen!
Liebe Grüße und alles Gute wünscht
Julia
*aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwende ich die männliche Form; gemeint sind alle entsprechenden Menschen - bitte keine Diskussionen darüber. Wir haben wichtigeres zu diskutieren.