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Forum: "Umgang mit "schwierigen" Eltern....."
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| Ich finde es... | | von: mordent
erstellt: 12.12.2018 12:34:25 |
... völlig einfach, denn: wie mit den Kindern, so mit den Eltern. Ich behandle die Eltern nur dadurch anders als meine Schüler, dass ich sie sietze! "Schwierige" Eltern haben bei mir ziemlich schnell verloren - und mit ihnen dann zwangsläufig auch ihr/ Kind/er, denn ich mache im ersten Gespräch klar, was ich als Lehrer von den Schülern verlange, was ich von den Eltern erwarte und mache ihnen klar, dass Abweichungen davon sich negativ auswirken können, und zwar in erster Linie auf die Leistungen des Kindes. Ob das Kind durch Verhaltensauffälligkeiten schlechte Kopf- und mündliche Noten bekommt oder durch eine falsche Arbeitshaltung fachlich Lücken baut statt sie zu schließen... Meine Mittel beschränken sich auf die Zeit, die das Kind in der Schule ist und die Möglichkeiten didaktischr Differenzierung. Wo das aufhört, fängt die Arbeit der Eltern an, und wenn diese ihrer Pflicht nicht nachkommen, ist das schade ums Kind, aber nicht zu ändern. Es wird dann durchgereicht oder gar ausgeschlossen. Fertig. Ich habe mir schon vor dem Studium genau überlegt, wie ich mit Eltern umgehe, die kein Verantwortungsbewusstsein durchblicken lassen. Und das setze ich - ganz meiner unbarmherzig, konsequenten Art - auch genau so um. Mittlererweile trauen sich manche Eltern schon nicht mehr zu mir ins Gespräch, da sich herumgesprochen hat, dass ich irgendwann sage: "Bevor wir uns hier beginnen im Kreis zu drehen, fass ich nochmal zusammen: Fritz (fiktiver Schülername) muss etliche, fachlice Lücken schließen und sich gegenüber Lehrern und Schülern deutlich zurücknehmen, ansonsten wird er im Unterricht bald nicht mehr mitkommen und in Arbeiten wenig erreichen, da er die nötigen Kontexte nicht mehr darlegen kann. Wir Kollegen können ihm dabei nur bedingt helfen, da wir ihn nur einmal wöchentlich für 90 Minuten sehen. Entweder es geschieht etwas von anderer Seite oder es geht sich nach hinten nicht aus." Und obauch manche Eltern dabei sind, die es einfach nicht besser können... "Gleiche Bildungschancen" sind ein geiler Wahlkampfslogan, aber de facto nicht realisierbar. |
| Na ja | | von: caldeirao
erstellt: 12.12.2018 16:19:39 geändert: 12.12.2018 16:22:02 |
zwischen weiß und schwarz gibt es noch etliche Grautöne. Ich gehöre auch nicht zu denen, die den Kindern alles hinterher tragen oder alles wegen irgendwelcher Unzulänglichkeiten entschuldigen. Aber ich würde auf einem Wandertag, bei der das Ziel die Besteigung eines Berges ist, von einem gehbehinderten Kind erwarten, dass es mit uns auf den Berg läuft. Trotzdem würde ich es schön finden, wenn es mit uns das Erlebnis des Weitblickes über die Landschaft hat. Ich würde also versuchen, das Kind mit dem Taxi oder einer Gondel hochfahren zu lassen. Hierfür bräuchte ich zusätzliche Finanzen und Personal. Bei dieser Art der Behinderung haben wir meist ein viel größeres Verständnis bis hin zu Mitleid und unterstützen mit einer anderen Einstellung. Für viele ist es hier ein Bedürfnis zu helfen. Genauso wie Kinder (eingeschlossen Jugendliche) körperliche Beeinträchtigungen haben, können Kinder auch kognitive, seelische oder emotionale Beeinträchtigungen haben. Anders als bei Körperbehinderungen, die in der ganz überwiegenden Zahl auf genetische/ biologische Defekte oder Unfälle zurückzuführen sind, gibt es bei den kognitiven, seelischen oder emotionalen Beeinträchtigungen eben biologische UND erzieherische Gründe. Und selbst wenn es erzieherische Gründe hat, kann meist das Kind auch nichts dafür. Das Kind für seine Eltern zu bestrafen, ist schon hart. Der Kreis der unterstützenden Menschen ist aber für diese Kinder Kleiner und helfen ist hier meist kein Bedürfnis mehr sondern Pflicht (wenn man es denn als Pflicht sieht). Nochmal, es bringt auch nichts, wenn wir das Kind bis zu unserer Selbstaufopferung helfen und wir müssen auch immer im Blick haben, dass in der Klasse noch weitere 25 Kinder sitzen, von denen i.A. 80% etwas lernen WOLLEN. Die brauchen dazu auch unsere Aufmerksamkeit. Auch der Staat hat hier eine Verantwortung, der er aus meiner Sicht nicht in Ansätzen nachkommt. Aus meiner Sicht sollten wir uns trotzdem um die schwierigen Kinder bemühen und ihnen eine Chance geben. Wo ich Pickel bekomme, dass sind Eltern, die sowohl finanziell als auch kognitiv gute Voraussetzungen geben könnten, die aber aufgrund von Einstellungen oder ... meinen, ihr Kind müsse sich frei entfalten dürfen und keine Grenzen und Konzequenzen für ihr Verhalten erfahren. Hier wünschte ich mir mehr Unterstützung. Schwierig finde ich auch Kinder in grenzenloser Arroganz gepaart mit Impertinenz. Das sind die SuS, die ich auch abblitzen lasse und die von mir keine Unterstützung bekommen. Das sind meist Kinder aus der gutbetuchten Mittelschicht, die völlig verwöhnt sind. |
| .... | | von: ysnp
erstellt: 12.12.2018 18:52:08 geändert: 12.12.2018 19:22:05 |
Um den Blickwinkel solcher Eltern kennenzulernen, habe ich mich viel mit Gesprächsführung und Kommunikation (was nimmt der eine wahr, was der andere, wie führe ich lösungsorientierte Gespräche) über Fortbildungen und Literatur beschäftigt. Solche Themen sind auch immer wieder der Inhalt von Supervisionen. Aus meiner langjährigen Erfahrung kann ich sagen, dass bei mir solche Fälle abgenommen haben. Zufall oder das Ergebnis meiner "Professionalisierung" in diesem Bereich? Schon lange sehe ich mich nicht mehr als missionierende und dozierende Lehrkraft, die ungefragt Verbesserungsratschläge gibt. Dazu neigt man in unserem Beruf, wenn einem das nicht bewusst ist. Da vergrault man eher die Eltern. Ich arbeite mit dem, was bei den Eltern möglich ist. Den Rest gebe ich innerlich in die Verantwortung der Eltern. Außerdem habe ich das Kind nur 2 Schuljahre, da gibt es noch mehr Lehrer, die im Lauf der Schulzeit einen weiteren Schritt bewirken können. Ich versuche bei Eltern, die aus irgendwelchen Gründen wenig mitarbeiten wollen (ich erkläre mir das immer aus ihrer Sozialisation heraus) möglichst viel mit den Schülern selbst zu regeln. Ich mache aber nur so viel, wo ich noch dahinterstehe und ich das möchte und es mich nicht überfordert. Als Klassenlehrerin bin ich da in einer etwas komfortablen Situation. Mir ist grundsätzlich ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Schülern und mir wichtig (nicht falsch verstehen, ich achte dennoch auf die Einhaltung von Regeln) und das scheinen die Schüler auch zu merken. Auf jeden Fall die Ratschläge der anderen hier annehmen und sich abgrenzen! Wenn man merkt, dass man sozusagen keine Lust mehr hat, dann eben auch nichts mehr erzwingen wollen! Da verbraucht man viel zu viel Energie, die bei anderen Schülern bzw. in Zusammenarbeit mit deren Eltern sinnvoller angelegt ist. |
| Grenze | | von: palim
erstellt: 12.12.2018 19:06:48 |
Ich finde, die Grenze ist auch angesagt, wenn man trotz vielfältiger Gespräche und trotz Hilfen (Jugendamt ist schon mit im Boot) keine Verbesserung erzielt. Einer meiner aktuellen Fälle: Das Jugendamt ist involviert, es gibt nun endlich eine Familienhilfe. Selbst die sagt, dass man nur in kleinen Schritten voran kommt ... und dieser ist, dass das Kind überhaupt zur Schule geht. Ich sehe nach wenigen Wochen, dass das Kind das Lesen und Schreiben nicht erlernen wird, weil die Fehltage und die Umstände in der Familie das Lernen stark einschränken, zu Beginn der 1. Klasse machen sich mehr als 10 Fehltage sofort bemerkbar und ein Aufarbeiten ist schwierig. Das Schulsystem hat keinerlei Ressourcen, um solche Kinder entsprechend zu versorgen oder aufzufangen. Eine Hausaufgabenhilfe würde Wunder wirken, eine zeitweilige zusätzliche Betreuung oder Förderung auch. Aber für Prävention und Förderung sind keine Stunden von wem auch immer im Schulsystem vorgesehen. Der Aufenthalt in einer Nachmittagsgruppe wäre sinnvoll, aber das wird derzeit vom Jugendamt offenbar noch nicht unterstützt, von der Mutter abgelehnt, ggf. ist dort auch kein Platz frei. Sehr traurig! Aber wie sagt janne: Ich bin NUR die Lehrerin! |
| @ mordent | | von: hesse
erstellt: 14.12.2018 15:47:32 |
Habe ich Dich richtig verstanden, daß bei Dir Verhaltensauffälligkeiten zu schlechten mündlichen Noten führen können? Von Kopfnoten abgesehen darf Verhalten doch gar nicht bewertet werden; Noten dienen der Bewertung von erbrachten Leistungen. Für Fehlverhalten gibt es Ordnungsmaßnahmen - zumindest ist das hier in Bayern so. Bei Euch nicht? Oder habe ich da etwas mißverstanden? LG Hesse |
| Vorgaben | | von: palim
erstellt: 14.12.2018 18:04:18 |
Wie häufig ist das offenbar von BL zu BL verschieden. Bei uns steht in manchen Fachcurricula ausdrücklich, dass das Verhalten im Unterricht mit zu bewerten ist. Z.B. Musik: "Ein angemessenes Verhalten in musikalischen Prozessen, Rücksichtnahme und Ensemblefähigkeit werden mitbewertet. Sowohl die Qualität der Beiträge als auch die Bereitschaft und das Interesse, produktiv am Unterrichtsge- schehen mitzuwirken, sind von hoher Bedeutung." |
| @ palim | | von: hesse
erstellt: 15.12.2018 16:49:26 |
Interessant. Wieder "somfing nu lörnd..." LG Hesse |
| Viele Erfahrungen - ein grundlegendes Problem | | von: emily3001
erstellt: 15.12.2018 21:45:44 |
Nachdem ich nun alle Kommentare und Reaktionen gelesen und mir auch durch den Kopf hab gehen lassen, muss ich feststellen, dass es wohl (bei allen unterschiedlichen Erfahrungen und Meinungen) ein grundlegendes Problem zu geben scheint - es fehlen einfach Ressourcen um Schülern so helfen zu können, wie es mitunter nötig wäre. Das fängt an bei nicht besetzten Lehrerstellen, der zunehmenden Abschaffung der PMs an vielen Schulen und auch der fehlenden (konsequenten) Betreuung von einigen Elternteilen durch Institutionen. Oft fühle ich mich auch durch Ämter im Stich gelassen oder rechtliche Grundlagen sind mal wieder nicht eindeutig formuliert..... Momentan möchte ich noch die restlichen zwei Tage Schule bis zu den Ferien überstehen. In den Ferien werde ich mich dann noch einmal mit meiner grundlegenden Einstellung auseinandersetzen und mir für die kommenden Schulwochen Strategien zurechtlegen und mich auch zwingen diese einzuhalten. Da ich noch einige Jahrzehnte berufstätig sein möchte, kann und will ich mich nicht von irgendwelchen Geltungsbedürftigen Menschen/ Eltern verheizen lassen. Letztendlich bin ich Lehrer geworden, weil ich Kindern etwas beibringen und ihnen helfen möchte. Nicht um als Spielball zwischen Eltern und Institutionen zu enden. Natürlich möchte man/ ich so vielen Kindern wie möglich helfen, aber (traurigerweise) wird das unter den gegebenen Umständen nun mal nicht möglich sein. .... Ich wünsche Euch jetzt aber erst einmal ein wunderschönes, ruhiges und entspanntes Adventswochenende.... |
| Du hast also das getan, was wir auch getan haben: | | von: lupenrein
erstellt: 16.12.2018 16:07:32 |
Verstanden, mit der Situation umzugehen, ohne sich von ihr zerstören zu lassen. Bravo! |
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