Meiner Meinung nach sind das Tendenzen oder Moden, wobei die Frage berechtigt ist.
Rechtschreiben hatte eine eigene Note und viele meinen, dass dadurch die Sache an sich mehr Bedeutung hatte. Auch "Schrift und Form" war eine Note und hatte tatsächlich früher auch eine ausgewiesene Stunde.
Waren damals die Ergebnisse besser?
Gleichzeitig gibt es derzeit vieles, für das ALLE verantwortlich sein sollen (Lesen, sozialer Umgang, Umgang mit Medien), wofür es z.T. Curricula gibt (Mobilität, Medien), aber keine festgelegten Unterrichtsstunden, keine Fakultas und damit auch keine Notwendigkeit, dies finanziell zu stützen.
Wer mehr Übung in den Schulen wollte, müsste die Stundentafel entsprechend erweitern, was aber teuer wäre.
Für mich ist es eher ernüchternd, dass seit dem 1. Pisa-Test unendlich viel in der Leseförderung gemacht wurde, dass es schon Buch-Aktionen gleich nach der Geburt, zum 1. Geburtstag, im KiGA, zur Einschulung gibt, dass über unterschiedliche Projekte Bücher verteilt werden, dies aber dennoch zu wenig hilft oder zeitgleich andere Entwicklungen den positiven Effekt aufheben, sodass es nur nutzlos erscheint, letztlich allerding noch viel schlimmer wäre.
Andererseits verlässt sich der Staat/das Land auf die Initiativen und ist selbst nicht bereit, in die Leseförderung zu investieren:
Wenn die Förderung von Kindern mit anderer Herkunftssprache nur auf dem Papier existiert, die Stunden zusätzlich kompliziert beantragt werden müssen, dann zusammengestrichen werden und letztlich gar nicht erteilt werden, weil zu viel Vertretungsunterricht ansteht, haben diese Kinder keine gute Förderung und lernen langsamer, da sie häufiger auf sich gestellt sind.
Wenn ich in der 1. und 2. Klasse auf Lese-Paten und nachmittägliche Ehrenamtliche zur Förderung angewiesen bin, weil es keinerlei Fördermöglichkeiten am Vormittag gibt, muss ich eben auch mit den Ergebnissen leben, die diese mangelnde Bereitschaft, für ausreichend Personal zu sorgen, bewirkt.
Gleiches gilt für gut ausgebildetes Personal in den Grundschulen. Vorgestern sprach mich eine Kollegin einer weiterführenden Schule an, der an unseren Ex-SchülerInnen etwas aufgefallen war in einem bestimmten Fach. Nun weiß ich, dass diese Kinder in diesem Fach im kompletten 4. SJ Vertretung durch pädagogische MitarbeiterInnen und nicht als Lehrkräfte ausgebildete Vertretungen hatten. Dies haben wir in Zukunft weit häufiger und es wird in den nächsten Jahren sicher auch die Ergebnisse in unterschieldichen Fächern beeinflussen.
Die Eltern, die sich kümmern, brauchen die Note nicht, weil ein Hinweis auf dem Elternsprechtag ausreicht, damit sie sich mit ihrem Kind hinsetzen und üben, sie nehmen Tipps und Materialien an und nutzen sie.
Andere wird es dennoch nicht interessieren oder es ist ihnen gar nicht möglich, mit ihrem Kind lesen zu üben, weil sie selbst des Lesens nicht mächtig sind. UND DAS sind dann wieder die 20% SuS, die benachteiligt sind, die in allen Statistiken auffallen, weil das Schulsystem keinerlei Hilfen zur Verfügung stellt und die Probleme von Klasse 1 an bekannt sind, aber nur schwer aufgefangen werden können. Könnten diese SuS am Ende der Grundschulzeit durch gelungene Förderung gut lesen, könnten sie sich in den weiterführenden Schulen vermutlich viel besser bewähren, auch wenn die häusliche Hilfe weiterhin fehlt.