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Forum: "Hilfe ! Ich bin Lehrerin!"
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| Pauschal verurteilen ist ungerecht | | von: caldeirao
erstellt: 27.12.2007 17:39:13 |
Da das Forum schon sehr umfangreich ist, habe ich nicht alles gelesen und hoffe, mich hier nicht zu wiederholen oder andere zu kopieren. Falls mir es passiert, bitte ich das zu entschuldigen und mir mitzuteilen.
Ich finde es sehr traurig, wenn NichtlehrerInnen sich so negativ über den Lehrerberuf äußern. Es gibt mit Sicherheit genügend schwarze Schafe in unserer Branche. Und wenn deine Frau und dein Freundeskreis(@Lehrerfan) dazu gehört ist es bitter. Ich habe mit Sicherheit keine 40 Stundenwoche, auch wenn ich die Ferienzeit dazu zähle. Wenn ich einige meiner Bekannten aus der Wirtschaft sehe, die arbeiten auch nicht mehr als 38,5 Stunden und beim Anblick ihres Gehaltsstreifen kommen mir glatt die Tränen. Nicht das ich neidisch bin, ich gönne es ihnen, aber das nur mal zu der 60-70 Stundenwoche. Ich kenne aber durchaus auch Leute, die Lehrerfan hier beschreibt, die wirklich viel arbeiten müssen und dafür extrem wenig Lohn bekommen. Nur was kann ich dafür. Ich beklage mich nicht, aber ich wehre mich dagegen, dass der Lehrerberuf ein gut bezahlter Freizeitjob ist.
Ich bin übrigens auch für leistungsbezogenen Lohn für LehrerInnen. Das kann sich natürlich nicht am Prüfungsdurchschnitt orientieren, denn wenn ich im sozialen Brennpunkt arbeite, habe ich garantiert schlechtere Ergebnisse als in irgendeinem Nobelviertel.
Aber nun mal zum Traumjob LehrerIn.
Vorteile:
26 Pflichtstunden sind im Vergleich zu 40 Stunden wenig, daraus ergibt sich eine relativ flexible Arbeitszeit.
lange Ferienzeit
abwechslungsreiche Arbeit mit verschiedenen Anforderungen
Arbeit mit Menschen, man beeinflusst sie
Nachteile die sich aus den Vorteilen ergeben:
viele nichtabrechenbare Arbeit (Schüler- und Elterngespräche, Verhandlungen mit Kooperationspartnern, Vor- und Nachbereitung von Unterricht, Konferenzzeiten, Beratungsgespräche mit KollegInnen, Weiter- und Fortbildung, Gremienarbeit usw)
Dadurch ergeben sich auch viele unvorhergesehene Stoßzeiten, wo auch für mich eine 80 Stundenwoche zusammen kommt.
Ich darf nicht zu spät kommen, dass heißt, ich muss so zeitig losfahren, dass ich trotz Stau pünktlich bin (bei Gleitzeit ist das relativ egal)- dadurch geht mir täglich eine halbe Stunde verloren
ich habe zwar viele unterrichtsfreie Zeit (DEr Volksmund spricht von Ferien), aber dafür fahre ich immer zur teuersten Zeit in den Urlaub, ein weiterer Nachteil dieser festen Ferienzeiten ist, dass man auch keinen Urlaubstag für Behördengänge (da gibt es schon mal was zu organisieren), Reparaturen im Haus usw. nehmen kann. Auch zu großen Familienfesten kann man während der Schulzeit nicht fahren und wenn die Mutter 60 wird oder die Schwägerin heiratet, dann ist das schon bitter. Na und das ich die eine oder andere Fortbildung besuche oder Liegengebliebenes aufarbeite, Material sortiere usw. davon wollen die Meckerer auch nichts wissen.
Sicher könnte man diese Aufzählung seitenweise fortsetzen. Aber das erspare ich mir jetzt.
Übrigens kam meine Nachbarin vor meinen Einzug ins Haus auch damit an, dass ich als Lehrerin ja genug Zeit hätte usw., Sie hat ihre Meinung nach kurzer Zeit revidiert und bedauert mich heute oft, wie viel ich zu tun habe.
Warum wirst Du (Lehrerfan) nicht Lehrer. Als Mitarbeiter in der IT Branche und schon Luft geschnuppert auf verschiedenen Lehrerseiten hast Du als Quereinsteiger gute Chancen.
Lehrerfan ich finde es durchaus bemerkenswert, dass Du dich hier gegen den Strom stellst. Aber das ist derart undifferenziert und pauschal verurteilend, dass Du vielen LuL dieses Landes Unrecht tust. Ich weiß auch, dass es genug dieser Leute gibt, die Du hier beschreibst und leider müssen die von der Masse mitgeschleppt werden. Aber das ist doch nicht mehr als die Hälfte. Wenn es in meiner Macht läge, würde ich gern im Interesse der Kinder, die dann auf der Strecke bleiben, einige entlassen oder das Gehalt kürzen. Aber da tun sich die verantwortlichen Leute noch sehr schwer und so lange das Beamtentum im Lehrerberuf gibt, ist es aus meiner Sicht fast unmöglich, was dagegen zu tun.
Um aber zur Ausgangsfrage noch etwas zu sagen. Bei diesen Pauschalverurteilungen der LehrerInnen verbessere ich die Leute immer: "Es gibt LuL, die sind...., aber doch nicht alle. Und ich bin nicht so ...." Dann gucken die mich immer blöd an und versuchen sich zu verteidigen.
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| Also: | | von: marelle
erstellt: 28.12.2007 19:27:32 |
Ich bin leider noch nicht so weit wie die meisten hier, habe gerade mein Erstes Staatsexamen bestanden und warte auf einen Referandariatsplatz, den ich wahrscheinlich zum 1. Februar noch nicht bekommen werde, weil es eben so viele von uns gibt...aber eines ist jetzt schon sicher: Egal, wem ich erzaehle, was ich da so vorhabe, sagt mir entweder "Toll, soo viele Ferien!" oder auch "Meine Grundschullehrerin war ja so ein Aas!!" - irgendwie habe ich schon jetzt oftmals keine Lust, die Katze aus dem Sack zu lassen, weil ich mir immer die traumatischen Berichte von Bekannten/Freunden etc. anhoeren muss/soll.
Fazit: Der Lehrerberuf ist wohl offensichtlich etwas wirklich Besonderes, sonst wuerden sich nicht so viele Menschen - egal, ob sie wissen, wovon sie reden oder nicht - darueber auslassen.
Vielleicht muss man das einfach geduldig ertragen?!
Und noch etwas anderes brennt mir auf der Seele:Beim Lesen der Beitraege ist mir aufgefallen, dass der ein oder andere denkt, den haertesten Job der Welt zu haben. Viele Jobs sind ziemlich hart. Ich denke an den Einzelhandel und die Ladenoeffnungszeiten, die fallen sollen. Jeder, der denkt, dass diese Leute gerecht entlohnt werden, der irrt sich. Ich weiss aus Erfahrung, dass 17 Stunden Tage hier vorkommen - ohne Bezahlung der Ueberstunden, denn man soll ja froh sein, Arbeit zu habeh - dazu muss man nicht in der freien Wirtschaft arbeiten!!
Ich lasse mich auf jeden Fall ueberraschen, was mir der Beruf "bringt" - ueber eines bin ich mir aber fast sicher: Es wird wenig Anerkennung dabei sein, sondern eher Unverstaendnis und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass man da auch des oefteren einen Kanal braucht, um damit klarzukommen - oder?
An alle einen lieben Gruss von
marelle |
| Qualität | | von: jamjam
erstellt: 31.12.2007 15:01:04 geändert: 31.12.2007 15:39:00 |
bei der diskussion (die ja auch in der Öffentlichkeit abläuft) über das MESSEN der Qualität von Unterricht frage ich mich immer was da eigentlich gemessen werden soll.
denn meine erkenntniss - auch aus eigener erfahrung - ist, dass unterrichtsinhalte zweitrangig sind, viel wichtiger ist es doch den schülern selbstbewusstsein und eigenständigkeit beizubringen und das unabhängig vom bildungsstand. doch wie messe ich das?
klar, unterrichtsinhalte sind auch von bedeutung, denn sie tragen den eigentlichen sinn von bildung an die schüler heran. aber sind wir doch mal ehrlich (vorallem diejenigen, die keine lehrer sind) wieviel von dem, was wir an inhalten in der schule gelernt haben wissen wir noch. und wieviel von dem was wir an bildung, selbstbewusstsein und eigenständigkeit in der schule gelernt haben, bringen wir noch mit der schule in verbindung. "das haben wir schüler doch ganz allein geleistet!"
was die schule an mir geleistet hat, dass habe ich erst erkannt, als ich lehrerin wurde, und selber dieses leisten muss.
meine erkenntniss: unterrichtsinhalte transportieren etwas viel wichtigeres
und es sind nicht unbedingt die "faulen Lehrer" die dieses nicht transportieren, sondern oft die lehrer, die wie ich aus der industrie kommen, aber denen diese erkenntnis versagt bleibt, weil sie sich zu sehr an wirtschaftliches denken und industrielle anforderungen richten.
ich bin jedenfalls stolz auf meinem beruf und habe kein schlechtes gewissen, wenn ich die ferien geniese, denn ich weiss, dass ich nächste woche wieder viel fingerspitzengefühl, geduld und kraft brauche, um junge erwachsene zu selbständig denkenden mitgliedern dieser gesellschft zu formen
jamjam
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