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Forum: "Geschichte zum Weiterschreiben. Teil 2"
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| 26 - 4. | | von: aloevera
erstellt: 13.07.2006 11:50:35 geändert: 13.07.2006 22:55:12 |
Marion war stinksauer. Jack schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein und sie wusste bald nicht mehr, was sie noch tun sollte, ihn zu finden. Sie hatte in ihrer gemeinsamen Wohnung angerufen. Statt eines Freizeichens hörte sie „Dieser Anschluss ist vorübergehend nicht erreichbar“. Typisch Jack – offenbar hatte er die Rechnung nicht bezahlt. Als sie in die Wohnung kam, stellte sie überrascht fest, dass Jacks persönliche Sachen allesamt verschwunden waren, er hatte lediglich das gesamte Mobiliar zurückgelassen. „So einfach kommst du mir nicht davon“ schimpfte sie vor sich hin. Die Wohnung musste vor der Übergabe renoviert werden und das wollte er ihr offenbar überlassen. Nachdem sie ihre restliche Bekleidung eingepackt hatte, fuhr sie mit der bereits angemahnten Telefonrechnung zur Bank, überwies den fälligen Betrag und fuhr weiter zur Telekom, um den Anschluss zu kündigen.
Zu Hause blieb ihr nichts anderes übrig, als herumzutelefonieren um herauszubekommen, wo Jack abgeblieben war. Von Frank erfuhr sie, dass er Jack vor längerer Zeit wegen seiner Mietschulden und seines unordentlichen Verhaltens vor die Tür gesetzt hatte. Simone konnte ihr auch nicht weiterhelfen und schien auch kein gesteigertes Interesse mehr an Jack zu haben. Bei Hildegunde meldete sich nur der Anrufbeantworter, auch sie war nicht zu erreichen (hätte Marion geahnt, dass sich Hildegunde ganz in ihrer Nähe im Hause Hegebrecht aufhielt, hätte sie sicher fast der Schlag getroffen). Sabine wusste natürlich auch nichts. Allerdings erfuhr Marion von Sabine, dass Freddy sich rührend um sie und Kaspar kümmerte und neuerdings regelmäßig vorbeikam. Freddy – den hatte sie ja fast vergessen! Sie rief ihn an und hörte sich ganz kleinlaut einen berechtigten Schwall von Vorwürfen an. Was sie jedoch dann von Freddy erfuhr, verschlug ihr den Atem. Jack war also nicht komplett in der Versenkung verschwunden. „Na, warte! Dir werde ich das neue Süppchen noch mächtig versalzen“ sagte sie, setzte sich auf den Balkon und schmiedete einen Plan.
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| 26 - 5. | | von: aloevera
erstellt: 13.07.2006 12:15:58 |
Auch Jack schmiedete Pläne, allerdings in eine ganz andere Richtung. Dank Delias Pflege ging es ihm schon wieder ganz gut. Das Zimmer, in dem er lag, war mit Kisten so voll gestopft, dass es ein wenig Platzangst bekam. Aber bevor er all sein Hab und Gut auspacken und in den leer geräumten Schrank einpacken konnte, hatte ihn die Grippe dahingerafft. Seine Vorstellungen von einem Zusammenleben in Delias Wohnung gingen in eine ganz andere Richtung. In einer Zweizimmerwohnung war es als Paar doch normal, ein Schlaf- und ein Wohnzimmer zu haben und nicht so, wie Delia es sich vorstellte. Jeder hatte sein Zimmer und Küche und Bad wurden gemeinsam genutzt. Sehnsüchtig dachte er an Delias französisches Bett, das ausreichend Platz für zwei (sogar für drei, wie er sich schwammig erinnerte) bot.
Delia geizte bei der Hitze nicht mit ihren Reizen und Jack ertappte sich häufig, seiner sexuellen Fantasie freien Lauf zu lassen, wenn er sie sehr leicht bekleidet durch die Wohnung laufen sah.
Das Wiedersehen mit Charlotte hatte ihm einen Schock bereitet, das musste er sich eingestehen. Allerdings konnte er sich kaum erklären, wie sie damals schwanger werden konnte. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er immer Kondome benutzt und er konnte sich diesbezüglich an keine Pannen und Pleiten erinnern. Er hatte sich fest vorgenommen, sobald er wieder fit war, mit Charlotte unter vier Augen zu sprechen , um ihr zu sagen, wie leid ihm das alles tat. Und mit seiner Mutter wollte er Klartext reden. Was hatte sie sich dabei gedacht, Charlotte einfach wegzuschicken? An Charlottes Unglück war seine Mutter ebenso schuld wie er und es war seiner Ansicht nach ihre verdammte Pflicht, ihren Teil der Wiedergutmachung dazu beizutragen.
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| 26.6 | | von: ricca
erstellt: 13.07.2006 13:49:03 geändert: 13.07.2006 13:50:58 |
Auch wenn Jack nicht unbedingt der verantwortungsbewussteste Mensch war - es war ihm absolut unklar, wie Charlotte damals hatte schwanger werden können. Wir haben immer ein Kondom benutzt...wir haben immer ein Kondom...immer... Dieser Gedanke setzte sich in seinen Hirnwindungen fest und war nicht mehr loszuwerden. "Du verantwortungsloser Schuft...deinetwegen ist Charlottes Leben versaut!", meldete sich sein Gewissen zu Wort.
Jack wusste nicht, was er getan hätte, wenn er wirklich gewusst hätte, dass Charlotte schwanger war. Aber er hatte nichts geahnt. Sie war einfach irgendwann nicht mehr bei ihm aufgetaucht und wie vom Erdboden verschwunden gewesen. Was war da nur geschehen?
Auf klappernden Absätzen nahte Delia. Sie hatte sich in ihrem Zimmer für das Gespräch mit dem Leiter der Gynäkologie umgezogen. In ihrem burgunderroten Kostüm sah sie einfach zum Anbeißen aus. Eigentlich mochte Jack diese Farbe nicht besonders, da war er einfach familiär vorbelastet. "Ciao, Jack. Meinst Du, Du bist soweit fit, dass wir nachher zum Italiener gehen können? Ich glaube, wir werden was zu feiern haben...ich bin in etwa zwei Stunden wieder da." Und weg war sie. Sie klang so verdammt fröhlich. Bei ihr hatte sich das Blatt gewendet, sie hatte ein gutes Recht darauf, gut drauf zu sein. Er dagegen...
Moment mal! Gerade kam ihm eine Idee, eine Erklärung dafür, wie das mit Charlotte gelaufen sein könnte. Was wäre, wenn seine Mutter Charlotte ohne sein Wissen abgewimmelt hatte? Zuzutrauen war es ihr. Bis zu Delias Rückkunft blieben ihm knapp zwei Stunden. Was sollte er tun? |
| 26 - 7. | | von: aloevera
erstellt: 13.07.2006 16:30:34 |
Marion routierte. Von Freddy wusste sie, dass es nun eine Frau namens Delia gab und es war anzunehmen, dass sie über diese Delia an Jack herankommen konnte. Als sie Max davon erzählte, setzte sich das Puzzle zusammen. Die Verbindung zwischen Delia und dem erkrankten Schulleiter war für Marion neu und die Tatsache, dass Delia für den Tod von Max Eltern mitverantwortlich war, auch. Max wollte sie deshalb in ihre Suche nach Jack nicht miteinbeziehen. Den entscheidenden weiteren Tipp erhielt sie von Nadine, da Max sich dunkel daran erinnerte, dass Delia mit Nadine zusammengearbeitet hatte. Sie nahm den Zettel mit der Adresse, die sie soeben per Telefon von Nadine erhalten hatte, schnappte sich ihren Autoschlüssel und ihre Handtasche.“Soll ich nicht besser mitkommen?“ bot Max ihr an.
„Nein, das ist lieb von dir. Aber das regel ich alleine. Falls ich dich brauche, rufe ich dich über Handy an.“ Als Marion in der besagten Straße einparkte, sah sie, wie Jack mit einer reizenden Blondine aus dem Haus kam, ihr zutraulich den Arm um die Hüften legte und mit ihr zu einem schwarzen Opel Korsa ging. Ohne lange zu überlegen, startete Marion ihr Auto neu und folgte dem Korsa mit ausreichendem Abstand. Sie wartete, bis beide sicher in der Pizzeria verschwunden waren, parkte ein und folgte den beiden. Sie kannte die Pizzeria gut und wenn sie Glück hatte, konnte sie sich so platzieren, dass sie die beiden beobachten, aber selbst nicht gesehen werden konnte. Bingo! Ihr Plan ging auf. Sie bestellte sich einen Thunfischsalat, einen Capucchino und ein Mineralwasser und wartete ab.
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| 26.8 | | von: ricca
erstellt: 13.07.2006 18:43:07 geändert: 13.07.2006 18:44:44 |
Von ihrem Beobachtungsposten aus, der sich hinter einem Raumteiler mit Grünpflanzen befand, konnte Marion in der Nähe von Jack und Delia sitzen und sie beobachten. Sie fand es nebenbei gesagt sowieso eine Frechheit, dass Jack diese Delia ausgerechnet zu ihrem - Marions - Lieblingsitaliener mitgenommen hatte.
Normalerweise hätte sie die beiden sogar belauschen können, denn zu normalen Zeiten war das Ambiente bei ihrem Lieblingsitaliener gediegen und ruhig. Aber heute war kein normaler Tag. Der Gewinn der WM hatte den Inhaber der Pizzeria in einen derartigen Freudentaumel versetzt, dass in seinem Lokal noch immer Partystimmung mit lauter Musik und den besten Torszenen der italienischen Mannschaft auf Großbildschirm herrschte.
Jack und Delia schienen sich prächtig zu amüsieren und Jack interessierte sich ausnahmsweise mal nicht für die Bälle in schwarz-weiß, sondern für das, was direkt vor seinen Augen aus burgunderfarbenem Leinen quoll. Jack musste rein farbmäßig einen mittelprächtigen Mutterkomplex haben, dass er Delia nicht gebeten hatte, das Kostüm gegen eines in einer anderen Farbe umzutauschen.
Das Gespräch zwischen den beiden schien gerade eine Wendung zu nehmen. Marion konnte beobachten, wie Emotionen auf den Gesichtern der beiden zu flackern begannen. Obwohl sie immer noch kein Wort verstand, konnte sie doch interpretieren, dass zwischen Delia und Jack mächtig die Fetzen flogen. Es gipfelte darin, dass Jack wie von der Tarantel gestochen aufsprang, dabei die Weinkaraffe umstieß, die sich - Burgunder zu Burgunder - auf Delias Kostüm entleerte. Er brüllte, und nun verstand auch Marion einige Fetzen: "Das hätte ich nie von Dir gedacht...Betrügerin...nicht alle Tassen im Schrank...so schon schwer genug...!" Danach verließ er fluchtartig das Lokal. Zurück blieb Delia. Sie hob den Kopf - und blickte direkt in Marions Augen. |
| 26 - 9. | | von: aloevera
erstellt: 13.07.2006 19:15:36 geändert: 13.07.2006 22:26:35 |
Für Delias Probleme hatte Marion nun wirklich keine Zeit. Sie legte einen Zwanzigeuroschein auf den Tisch und verließ ebenso fluchtartig wie Jack die Pizzeria. Draußen vor der Tür sah sie sich nach allen Seiten um. Da sah sie ihn, gerade noch rechtzeitig, bevor er in die nächste Querstraße nach rechts einbog. Offensichtlich war er auf dem Weg in seine Stammkneipe. In ihrem Zustand konnte Marion nicht mehr so rennen, wie sie es gern getan hätte. Aber sie kannte Jack gut genug, um zu wissen, dass er seinen Kummer in seiner Stammkneipe erst einmal herunterspülen würde. Dorthin machte sie sich auf den Weg. Wie ein Häufchen Elend saß er im Biergarten vor der Kneipe, ein leeres Bierglas vor sich und starrte vor sich hin. „Hallo Jack, darf ich mich setzen?“ vernahm er plötzlich Marions Stimme. Sein Gesicht hellte sich kurz auf, als er ihre Stimme erkannte, aber mehr als ein Nicken kam nicht zurück. Er wollte einfach nur alleine sein, entweder es gab weit und breit keine Frau für ihn oder sie klebten scharenweise wie Schmeißfliegen an ihm.
„Was machst du hier?“ fragte er nach einer Weile. „Ich kam zufällig hier vorbei und sah dich hier sitzen“ entgegnete sie. „Ich denke, wir haben noch einiges zu besprechen. Es ist an der Zeit, die Wohnung aufzulösen, den Hausstand aufzuteilen und alles weitere zu regeln. Oder ist es die lieber, wenn wir das brieflich über einen Anwalt regeln?“ „Anwalt? Wieso über einen Anwalt?
Bist du nun völlig ausgetickt? Wir sind seit zehn Jahren verheiratet. Du willst das zwar nicht mehr, aber deshalb können wir doch wie zwei Erwachsene miteinander reden oder nicht?“ entgegnete er, sichtlich getroffen. „Dann lass uns ein Stück spazieren gehen“ schlug Marion vor. Jack hatte dazu zwar absolut keine Lust, aber mit Marion zu reden, war unumgänglich und lenkte ihn ein wenig von Delia und dem eben Vorgefallenen ab.
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| 26 - 10. | | von: aloevera
erstellt: 13.07.2006 23:28:34 |
Marion hätte zu gern gewusst, wie das Verhältnis zwischen Jack und Delia war und worüber sie sich so gestritten hatten, aber sie fragte nicht. Statt dessen erzählte sie ihm von ihrem Besuch in Österreich und ihrem leiblichen Vater und dem Besuch bei ihren Eltern. Jack hatte ja nun ebenfalls einen leiblichen Vater, wenn auch nur in Form eines Schecks über fünfzigtausend Euro und er berichtete Marion stolz von seiner Arbeit. Merkwürdigerweise hatten sie sich plötzlich so viel zu erzählen, wie seit Jahren nicht mehr, fast wie zwei Freunde, die sich lange nicht gesehen hatten und nun begierig darauf waren, sich gegenseitig das Neueste mitzuteilen. Der eigentliche Gesprächsanlass war ziemlich in den Hintergrund gerückt. Man konnte zehn Jahre Ehe doch nicht so einfach ungeschehen machen.
Marion spürte die alte Vertrautheit zwischen ihnen immer noch und hatte nur noch das Bedürfnis, sich mit Jack friedlich zu einigen. Wenn das Kind erst einmal da war und Jack den Wunsch hatte, es zu sehen, sollten sie sich in die Augen blicken können und nicht wie Feinde aufeinander treffen.
Sie verabredeten sich für den nächsten Nachmittag in der gemeinsamen Wohnung , um direkt vor Ort zu klären, wer was aus dem gemeinsamen Besitz mitnimmt.
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| 26.11 | | von: keinelehrerin
erstellt: 13.07.2006 23:29:41 geändert: 13.07.2006 23:32:55 |
Hildegunde packte den Inhalt ihres Trolleys in der Waschküche aus. Die Schmutzwäsche hatte sie - zur Zeitersparnis - schon nach Farben in gleichfarbige Nylontüten vorsortiert. Und als sie nun die Teile in die Maschine und die Körbe tat, lies sie die Tage des Wochenendes Revue passieren.
Vom Bahnhof aus fuhren sie direkt zu Robert nach Hause. Er zeigte ihr das Gästezimmer und Hildegunde richtete sich provisorisch so gut es ging innerhalb von 10 Minuten ein. Schnell wechselte sie die Kleider und kam nun in einem hellbeigen Zweiteiler zu Robert auf die Terrasse. Dort hatte er einen kleinen Kaffeetisch zum 2. Frühstück gerichtet und begrüßte nun Hildegunde formvollendet mit einem Glas Prosecco. "Auf einen wundervollen, erlebnisreichen und unvergesslichen Aufenthalt in meinem Haus," prostete Robert ihr zu. Sie redeten über dieses und jenes und bemerkten nicht wie die Zeit verging. Erst als Charlotte recht flott die Einfahrt hochkam und energisch abbremste, sah Robert auf die Uhr. Schon halb eins, wo war nur die Zeit hin?! "Charlotte. Hallo. Wir haben Besuch," rief Robert seiner Tochter zu. Diese sah kurz rüber, winkte und verschwand in ihrer Wohnung. Robert war es sichtlich unangenehm, wie unfreundlich seine Tochter reagierte und er versuchte sie mit "Termindruck" zu entschuldigen. Hildegunde legte ihre Hand auf die seine und meinte: "Du brauchst dich nicht für sie zu entschuldigen. Sie mag mich halt nicht. Das ist schade, aber im Moment nicht zu ändern. Viel wichtiger ist es, dass du mich magst." Robert war gerührt und streichelte Hildegundes Hand.
Die Flasche Sekt war leer und sie beschlossen abzuräumen und in die Stadt zu fahren. Zuerst bummeln und dann eine Kleinigkeit essen. Hildegunde verschwand kurz in ihrem Zimmer und Robert wollte zu Charlotte gehen. Er ging die Treppe zu ihrer Wohnung hinunter. `Warum verhielt sie sich nur so seltsam?`nicht zum erstenmal ging ihm dieser Gedanke durch den Kopf. Er klopfte an die Verbindungstür. Als sie nicht antwortete, drückte er leise den Türgriff herunter und fand die Tür verschlossen Vor! Charlotte hatte noch nie abgeschlossen! Warum jetzt?! Irgendwie war das Kind nicht mehr wiederzuerkennen. Sie mussten dringend miteinander sprechen, ein mulmiges Gefühl beschlich ihn.
Beim nachfolgenden Stadtbummel war er nicht so aufmerksam wie sonst und gab einsilbige Antworten. Hildegunde war es schließlich, die vorschlug, dass sie nach Hause fahren sollten. "Ich merke doch, wie sehr dir die Sache mit dieser verschlossenen Tür zusetzt. Du hörst mir überhaupt nicht zu und bist mit deinen Gedanken ganz weit weg. Sprich mit Charlotte und wir gehen morgen essen," entschied Hildegunde.
Leider kam es nicht mehr zu dem Gespräch, denn als sie in der Römerstraße ankamen, stand Charlottes Auto nicht mehr in der Einfahrt. Am Briefkasten klebte ein Post-It "Bin drei Tage zu einer Freundin gefahren. Charlotte" Kein Gruß, kein gezeichneter Smiley, nichts.
Robert nahm den Zettel und zog sich für eine halbe Stunde zurück. Diese Zeit nutzte Hildegunde für einen Gang durch das Haus, eine kleine Inspektionstour in den Schränken. Als Robert ins Esszimmer runterkam, staunte er nicht schlecht: Hildegunde hatte den Tisch von der Wand weggeschoben, die Yucca-Palme in den Flur gerollt, den Spiegel dort abgehängt und den Sessel vorm Kamin weggeholt. Darüber hinaus hatte sie Nudeln ins Wasser getan und Eier in die Pfanne geschlagen. "Wie du dir die Zeit vertrieben hast, brauche ich nicht zu fragen," bemerkte Robert etwas spitz. "Ach, Lieber. Ich habe vor einigen Wochen einen Kurz über fließende Energien besucht. Und bei dir waren einige Flüsse blockiert. Das hab ich nur in Reihe gebracht. Das stört dich doch nicht?" Sprachs und verschwand wieder am Herd. "Deck schon mal den Tisch. Wir können in zehn Minuten essen. Nichts großartiges, aber auf die Schnelle hab ich nichts anderes gefunden." Kopfschüttelnd begann Robert Teller, Besteck und Gläser auf den Tisch zu bringen und bemerkte nebenbei welch angenehmes Gefühl es war, wieder für zwei Personen zu decken. Eine Melodie summend kramte er die Silberleuchter heraus und stellte sie auf das Tischtuch. Dann verschwand er noch schnell in den Garten und kam mit einer kleinen rosa Heckenrose zurück, die er Hildegunde auf den Teller legte.
Hildegunde trug gerade die Schüssel mit den Nudeln auf und betrachtete Robert ganz gerührt. Sie ging zu ihm und umarmte ihn herzlich. Robert erwiderte die Umarmung.
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| 26.12 | | von: ricca
erstellt: 14.07.2006 12:48:57 geändert: 14.07.2006 12:50:50 |
Gegen 13:00h machte sich Jack an diesem Freitag vom Fitness-Studio aus per Fahrrad auf in Richtung seiner alten Wohnung. Er hatte heute schon um sieben Uhr zu arbeiten begonnen und die Berufstätigen betreut, die morgens die Ausdauergeräte bevölkerten, bevor sie sich auf den Weg ins Büro machten. Die Morgenstunden waren momentan die betriebsamsten im Studio, da aufgrund der anhaltenden Sommerhitze sonst kaum noch an Sport zu denken war. Den Nachmittag oder Abend schienen die Leute lieber im Freibad oder an einem der nahe gelegenen Seen zu verbringen.
Jack war nervös. Was würde ihn heute mit Marion erwarten? Gestern hatte er sich das erste Mal seit langem eine längere Zeit mit ihr unterhalten, ohne dass gleich die Fetzen flogen und sich einer von beiden beleidigt zurückzog. Er wusste nun wieder, warum er Marion früher so anziehend gefunden hatte. Wenn er es genau nahm, musste er sich auch eingestehen, dass er sie eigentlich immer noch ein wenig liebte.
Wenn es nur immer so sein könnte wie gestern - dann würde er es sicher auch schaffen, seine gelegentlichen Eskapaden mit Fußball und Alkohol einzuschränken oder sogar abzustellen. Aber diese Sache mit Max schien ja ernst zu sein. "Tja, lieber Jack! Da hast Du zu spät gemerkt, welches Goldschätzchen Du aufgegeben hast!", flüsterte seine innere Stimme ihm hämisch zu.
Mittlerweile war Jack an der Wohnung angekommen. Obwohl er wieder etwas besser trainiert war, hatte ihn die Fahrt deutlich angestrengt. Die Hitze und der kleine Bierexzess vom Vorabend setzten ihm zu, auch schien die Grippe noch nicht ganz weg zu sein. Er stellte das Fahrrad an den Gartenzaun, schloss es ab und ging mit langsamen Schritten zur offenstehenden Haustür. Marion musste wohl schon da sein. Um sein Kommen anzukündigen, drückte er kurz drei Mal auf den Klingelknopf. Das war früher in verliebten Zeiten sein Signal gewesen, wenn er nach Hause kam. Der Hausflur umfing ihn mit einer angenehme Kühle. Jack schleppte sich die Treppen in den Xten Stock hoch. Die Wohnungstür öffnete sich und Marion trat heraus. "Hallo, da bist Du ja", sagte sie freundlich, doch das vernahm Jack nur verschwommen wie durch feuchte Watte. Vor seinen Augen tanzten Sternchen. Mit einem Aufstöhnen sackte er nach vorne und landete bewusstlos in Marions Armen. |
| 26.13 | | von: ricca
erstellt: 15.07.2006 09:01:52 geändert: 15.07.2006 09:02:40 |
Marion wusste nicht recht, was ihr da gerade widerfuhr. War das einer der schlechten Witze, die Jack manchmal auf Lager hatte? Aber nein, er schien wirklich unnatürlich blass zu sein. Schweiß perlte von seiner Stirn. Sie schwanke unter seinem Kampfgewicht und ging vorsichtig in die Hocke, um ihn sanft zu Boden gleiten zu lassen. Panik überkam sie. Was tun? Fieberhaft versuchte sie sich zu erinnern, was sie im Erste-Hilfe-Kurs über Bewusstlose gelernt hatte. Atmung und Puls prüfen? Ja, Jack atmete flach, aber gleichmäßig. Sein Puls ging schnell und pochte hart gegen ihre Finger, die sie an die Halsschlagader gelegt hatte. So weit, so gut. Also musste sie ihn wenigstens nicht wiederbeleben. Weiter...stabile Seitenlage, damit der Patient nicht am eigenen Erbrochenen erstickt...igitt. Marion erinnerte sich an die Technik, mit der man einen Bewusstlosen ganz leicht in die richtige Position drehen konnte. Geschafft! Jetzt nur noch den Kopf ein wenig überstrecken...
Hustend kam Jack wieder zu sich. "Hä, wo bin ich???", fragte er ganz entgeistert.
"Ich würde sagen, zur Hälfte in unserer alten Wohnung und zur Hälfte auf dem Flur..." Marion lachte erleichtert. "Aber bleib' bitte noch ein wenig liegen - ich glaube, ich werde lieber einen Arzt rufen." "Ach Quatsch, mir geht es schon viel besser.", behauptete Jack - immerhin kennt ein Indianer keinen Schmerz, und daran wollte er sich halten.
"Papperlapapp!", fuhr ihm Marion energisch in die Parade. "Wer weiß schon, vielleicht ist es ja was Ernstes..." Sie kramte das Handy aus ihrer Hosentasche und wählte die Nummer ihres Hausarztes. Jack erbrach sich derweil geräuschvoll in den Eisenkübel, er ihnen als Schirmständer gedient hatte. |
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