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Forum: "Lernmethode 'Lesen durch Schreiben':"Das ist völliger Unsinn!""

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Zwischendurchneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: amann Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 10:07:38

möchte ich mal allen danken, die sich hier austauschen. Ich als Gymnasiallehrer und Nicht-Deutschlehrer lerne enorm viel durch das Mitlesen. Als ich vor 20 Jahren im Schuldienst begann, hatten wir nur selten das Phänomen, dass Kinder in der 5. Klasse viele einfache Wörter nicht schreiben konnten, aber inzwischen müssen wir uns auch um diesen Bereich der Elementarbildung kümmern. Hier kriege ich fast einen Schnellkurs in Grundschulpädagogik  



illustre anregung am rande...neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: unverzagte Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 17:32:42

monsieur fre(i)net -  rechtschaffender reformpädagoge  - zum sogenannten  "step by step" modell:

ADLER STEIGEN KEINE TREPPEN.

...gibts einen pädagogisch adequaten smiley dazu?

unverzagte grüßt.

 



Wie wahr.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 18:26:59

"ADLER STEIGEN KEINE TREPPEN."

... und es ist schön, die jungen Adler fliegen zu sehen, auch wenn es noch etwas wackelig ist.

Palim



Adler?neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: amann Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 18:36:16

ist denn auch die bei den realen Vögeln übliche Pädagogik des "aus dem Nest Stürzen" in der Grundschule üblich und erwünscht?

Naturromantik und Verhaltensbiologie zeigen zuweilen Unterschiede.



andere Erfahrungenneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 18:50:58

Meine Erfahrungen sind andere, meine Umgebung auch. Hier arbeiten sehr viele LuL mit klassischen Fibeln und streichen konsequent alles Mögliche an. Die wenigsten Sorgen um Diktate und Korrekturen machen sich in der Regel die, deren Schriftseite 1-3 Fehler hat. Viel schlimmer trifft es die, deren Seite voller Fehler ist und die keine Aussicht auf Verbesserung mehr erkennen können - egal, wie sehr sie sich auch anstrengen, sie landen immer wieder bei einer schlechten Note. Fehler hören nicht auf, weil man sie anstreicht. Und es ist nicht so, dass der Unterricht mit einer Fibel generell RS-Fehler oder -Schwächen vermeidet. Ebenso kann die Arbeit mit Anlauttabellen oder Freien Texten Schüler beflügeln und so stark motivieren, dass sie gerne, viel und inhaltlich interessant schreiben und, quasi wie nebenbei, ihre Rechtschreibung schulen.

Meine Erfahrung ist, dass SuS, die in Fibel-Klassen extreme Probleme mit der Rechtschreibung entwickeln, in Klasse 3 oder 4 die Schule wechseln und dann mit einer Schreibblockade im Unterricht sitzen. Sie schreiben: NICHTS. Manchmal nur das Allerallernötigste, schneckenlangsam, winzig, kaum zu entziffern, damit man bloß die RS-Fehler gar nicht mehr erkennt oder in 45 min nur 5 Wörter zu Papier bringt.

Gerade bei diesen Kindern kann es sinnvoll sein, sie erst einmal schreiben zu lassen, ohne dass überhaupt ein Rechtschreibfehler berichtigt wird:

a) um die Schreibweise zu sehen und Fehleranalyse betreiben zu können

Dabei wird manchmal deutlich, dass es nur um wenige Fehlerschwerpunkte geht, die in diesem Alter schon recht gut besprochen und geübt werden können. Andernfalls weiß man spätestens dann, wie weit unten man ansetzen muss oder welche anderen Schwerpunkte man setzen sollte (Raum-Lage, Lautdiskriminierung, Wortgrenzen...)

b) um dem SuS die Ausdrucksfähigkeit zurückzugeben

... denn bei Aufsätzen zählt der Inhalt und vorerst nicht die Rechtschreibung. Schreibt das Kind aus Angst vor Fehlern oder Korrektur gar nicht, ist der Aufsatz in jedem Fall auch schlecht benotet. Zudem kann ein Kind, das nichts zu Papier bringt, auch seine Rechtschreibung nicht verbessern.

c) um am Geschriebenen z.B. inhaltlich einen positiven Anhaltspunkt zu finden und dem Kind zu zeigen: das, WAS du schreibst ist gut, das WIE du schreibst, bedarf noch Übung ... aber es ist keine Lösung, gar nicht mehr zu schreiben.

Ansonsten ist meine Erfahrung, dass Kinder mit kaum ausgebildeter phonologischer Bewusstheit u.a. schwachen Grundkompetenzen sich generell sehr schwer mit der Rechtschreibung tun. Natürlich muss geübt werden, wird es auch, aber manch ein Kind benötigt so viel Zeit zum Erlernen der einfachsten Dinge, dass es trotz vielfacher und vielfältiger Übung keine besseren Fähigkeiten bis zum Ende des 4. SJ erlangt.

Als Grundschullehrkraft sieht man eine Entwicklung, die man als Lehrkraft zu Beginn der 5. Klasse nicht miterlebt hat. Auch dadurch kommt es womöglich zu anderen Bewertungen.



@unverzagteneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: halb27 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 19:50:37

Den Adlern scheint das Fliegen von der Geburt her mitgegeben zu sein. Sie brauchen es nicht zu lernen.

Gilt das auch für unsere Kinder, insbesondere was die Rechtschreibung angeht?



@palimneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: unverzagte Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 20:09:56

ein im wahrsten sinne des wortes beflügelnder beitrag, dankeschön!



Der Mensch ist eine biologische Frühgeburtneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: marie-sophie2 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 20:21:12 geändert: 01.11.2017 20:44:46

Schon richtig, Adler steigen keine Treppen. Sie erlernen das Fliegen durch fliegen. Im Gegensatz zu Adlern handelt es sich beim Menschen jedoch um eine biologische Frühgeburt. 

Was die Treppe angeht: Ich gehe davon aus, dass die Kinder zunächst sicher laufen lernen mussten, bevor man ihnen die Benutzung einer Treppe zutraute. Vorher wurden sie gewiss sicher getragen. Oder mit Absperrvorrichtungen dafür gesorgt, dass noch wacklig laufende Kinder nicht die Treppe herunterstürzten. Was für eine Katastrophe wäre es, wenn Erwachsene sich hier in Antiautorität geübt hätten!

 

Hier noch ein Link zum Thema. Die Kommentare zeigen, dass die Eltern hier große Probleme feststellten. Auch wenn diese wirklich nicht alle freundlich klingen, finde ich die Empörung berechtigt.

https://www.schmoekerkinder.de/10-plauderecke-f%C3%BCr-eltern/29-schreiben-nach-geh%C3%B6r-die-richtigen-fehler.html

 

 



ja, völliger Unsinn!neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 21:55:01

Manchmal habe ich das Gefühl, es ginge weder um die Kinder noch um die Rechtschreibung, nicht um die Auseinandersetzung mit Schrift, mit Fehlern, mit dem Üben, mit Schwierigkeiten...

Das Kind gehört stets an die Hand genommen, überall hingetragen, vor Regen bewahrt, dauerkontrolliert und wehe, es bewegt sich aus dem Blickfeld.

Es ist schön, wenn viele der Meinung sind, sie hätten das ja schließlich auch gelernt. Mag ja sein. Meine Erfahrung zeigt, dass die meisten sich an ihre eigene Grundschulzeit kaum noch erinnern und auch keine Hefte von damals aufgespart haben.

Und: Wie viele haben viel zu früh aufgegeben und nichts gelernt, weil sie nach den ersten Versuchen aufgegeben haben? Wie vielen wurde gedroht ... und nicht nur das ... wenn sie mit schlechten Noten nach Hause kommen würden?

Es geht allein um eine Wettern gegen eine Methode, mit der sich die meisten gar nicht wirklich beschäftigt haben, die es in Reinkultur nicht gibt und die ohnehin kaum verbreitet ist. Argumente werden an den Haaren herbei gezogen, Aussagen getroffen, die diese eine ... und auch andere Methoden gar nicht abbilden. Da vermischen sich Vorurteile mit Behauptungen und man pflichtet sich gegenseitig bei, wie schrecklich doch alles sei. Schlechte Ergebnisse werden auf LdS zurück geführt, obwohl viele Kinder gar nicht nach dieser Methode unterrichtet werden oder wurden.

Dass Voraussetzungen von Lernanfängern, Bedingungen in Schule und Gesellschaft heute andere sind, zählt nicht. Dass Schrift, Schriftkultur und auch Pädagogik sich entwickeln, ist uninteressant.

Wer sich darauf versteift, nur das Schlechte in einer einzelnen Methode sehen zu wollen, und denkt, wenn diese vom Tisch sei, sei die Welt wieder in Ordnung, hat offenbar noch nicht bemerkt, dass es in der Regel weitaus komplizierter ist.

Kinder sind nicht gradlinig (zum Glück!), sie lernen auch nicht alle gleich, nicht das Gleiche zur gleichen Zeit, sie sind nicht gleich in Stärken und Schwächen, nicht in der Wahrnehmung, nicht in der Motivation. Die Kunst ist, ihnen Möglichkeiten zu eröffnen und sie dabei zu fördern und zu unterstützen, ihnen aber eben auch mal Freiraum zu geben, etwas auszuprobieren, SICH auszuprobieren.

Laufen ist nicht immer nur Marathon, Schwimmen nicht nur Rückenschwimmen, Basteln muss nicht daraus bestehen, eine Bastelpackung nach Anleitung abzuarbeiten, Spiele können sich entwickeln und Musizieren ist mehr als das Abspielen von Noten. - Schreiben ist nicht allein Rechtschreiben, sondern Ausdruck, Mitteilen, Kommunikation, Erzählen, Kreativität, Überraschung ... ja, und AUCH Rechtschreibung.

Natürlich braucht es Übung, aber wer sich nicht mit den Inhalten beschäftigt, wird weder mit der einen noch mit anderen Methode Erfolg haben, schon gar nicht, wenn die Kinder nicht in den Blick genommen werden, die Aufgaben an den Kindern und ihren Bedürfnissen vorbei gehen und Lernausgangslagen oder Wahrnehmungsstörungen u.a. nicht ernst genommen werden.

Was wäre es schön, wenn alle sich genauso intensiv für bessere Bedingungen für ihre Kinder in Schulen einsetzen würden, statt sich an einer Methode aufzureiben, bei der nahezu alle Lehrkräfte, die ich kenne, müde mit der Schulter zucken, weil LdS bei weitem nicht das Gewicht hat, das ihm durch diese Debatten scheinbar zugesprochen wird.



@marie-sophie2neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: halb27 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.11.2017 22:23:51 geändert: 01.11.2017 23:17:28

Ich habe mir deinen Link angesehen.

Der Denkfehler in den einleitenden Worten ist: es funktioniert nicht, wenn die Kinder die Schreibweisen von Wörtern quasi vollständig auswendig lernen - jedenfalls nicht, wenn man möglichst viele Kinder erreichen will. Die Kinder brauchen für das nachhaltige Wörter-Lernen Sprachstrukturen als Eselsbrücke, und nur die leistungsstarken erkennen diese von selbst. Nach meiner Überzeugung ist die Struktur der deutschen Zweisilber bestens geeignet, schon früh (bereits im 1., vor allem aber im 2. Schuljahr Schuljahr) dies zu vermitteln. Und das ist auch in einem LdS-basierten Unterricht möglich, wenn ich auch glaube, dass es das de facto dort weniger gibt.

Der entscheidende Punkt ist, wie früh und wie effektiv die wichtigsten Sprachstrukturen vermittelt werden. Das ist nach meinem Empfinden die Haupt-Crux, und die lässt sich nicht an LdS oder nicht LdS festmachen. Ein hervorragender Rechtschreib-Unterricht auf LdS-Basis ist möglich, und auch ein erbärmlicher Unterricht mit der Fibel-Methode.

Ich selbst zähle mich eher zu den LdS-Gegnern, aber weniger aus grundsätzlichen als aus pragmatischen Erwägungen heraus. Ich halte schlicht die Wahrscheinlichkeit für höher, dass auf LdS-Basis schlechter Unterricht stattfindet.



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