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Forum: "Korrekturzeiten"
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| Arbeitsschutz Betrieb Schule | | von: zac93
erstellt: 17.03.2013 17:10:00 |
Es kann bei einer so komplexen und komplizierten Tätigkeit, wie der der LehrerIn nicht gelingen, die Tätigkeit im Detail mit detaillierter Zeitzuordnung zu erfassen. Missmarple hat natürlich recht, bei keiner mir bekannten Bürotätigkeit muss ein Angestellter erst zur Zeiterfassung gehen, um sich für den Klogang auszuchecken. Gespräche zwischen Kollegen werden nicht erfasst, sondern der Arbeitgeber kauft die nach Zeit definierte Leistung nach definierten Qualitätsmerkmalen ein und der Beschäftigte arbeitet nach seinen Möglichkeiten. Das alles wollen und können wir nicht thematisieren und auf den LehrerInnenberuf übertragen. Wir wollen auch keine Arbeitszeitkampagne initiieren - das ist der Job der GEW. Wir wollen nur die Tätigkeiten erfassen, die der Dienstherr in vielen Vorschriften selbst definiert, zentrale Punkte plausibel mit Zeitbudgets versehen und so nachweisen, dass dass die geforderten Leistungen in den zur Verfügung stehenden Zeitspannen nicht zu erbringen sind. Wenn dem so ist - zweifelt außer sonpaed in diesem Forum etwa jemand ernsthaft daran?- dann haben wir eine kontinuierliche strukturelle Überforderung des/der Beschäftigten nachgewiesen, woraus sich wiederum eine latente Gesundheitsgefährdung belegen lässt. Das ist nach Arbeitsschutzgesetz auch für den Betrieb Schule nicht statthaft. Zur Plausibilität gehört dann eben auch, dass wir keine willkürlichen Maßstäbe anlegen. Deswegen haben wir die Tabelle des Bundesinnenministerium für die Berechnung der Jahresarbeitszeit zugrunde gelegt. Daraus ergibt sich, wieviel Zeit Beamte für die Erledigung ihrer Aufgaben zur Verfügung haben. Und LehrerInnen sind überwiegend Beamte. Und da sind dann solche Verrenkungen, wie sonpaed sie hier aufführt, völlig überflüssig, weil wir als Quelle den Maßstab eines wesentlichen Arbeitgebers unseres Bereichs zugrunde legen. Wenn es uns gelingt, die Selbstverständlichkeit des Arbeitsschutzes und die fatalen langfristigen Folgen im Falle seiner Missachtung in die Köpfe der LehrerInnen und der Entscheidungsträger zu platzieren, dann kann man z.B. daran gehen, Gefährdungsbeurteilungen zu erarbeiten, die lt. Arbeitsschutzgesetz für alle Arbeitsplätze vorgesehen sind. Dann kann man möglicherweise Prozesse initiieren, die organisationsbedingte Doppelarbeiten bereinigen, dann kann man den Schulen viel mehr Verantwortung übertragen, wie sie ihre Aufgaben im Rahmen der zu knappen Arbeitszeit hierarchisieren, organisieren und die dafür zur Verfügung stehende Arbeitszeit verteilen. Wenn das alles nicht passiert und die Prozesse so weiterlaufen wie bisher - jetzt noch bundesweit die Inklusion- dann wird in Zeiten des Generationenwechsels an den Schulen der engagierte Teil der LehrerInnen zu einem großen Teil nach 5 Jahren ausgebrannt sein.
Soweit zu unseren Überlegungen. So, kommende Woche sind wir im Urlaub, danach können wir weitermachen.
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| verrenkungen | | von: sonpaed
erstellt: 17.03.2013 22:55:29 |
ok
anscheinend muss ich akzeptieren, dass ihr nicht gewillt seid, eure harten
daten, welche zu einer berechneten jahresarbeitszeit von 1622 std. führen,
offen zu legen. in eurer argumentation dreht ihr euch im kreise, wenn ihr
immer nur das bmi anführt.
ganz großes kino ist es, jemanden, der diese grundannahme anzweifelt, zu
unterstellen, dass er sich damit auch schon über arbeitsinhalte,
arbeitspensum etc. geäußert habe. weiter oben habe ich ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass überlegungen hierzu für mich ein nächster schritt wären,
zu dem ich mich noch nicht ausführlich geäußert habe.
interessante art der auseinandersetzung.
nochmals:
wenn ihr die grundlage dermaßen fehlberechnet, wird euch die gegenseite
hier auch alle berechtigten aussagen nicht mehr abnehmen.
aber macht mal schön. mit interesse werde ich die entwicklung und
ergebnisse verfolgen...
schönen urlaub
wünscht
sopaed |
| Korrekturzeiten | | von: schoe001
erstellt: 21.04.2013 20:20:24 |
Hallo sonpaed,
vielleicht füllen wir Begriffe wie „Arbeitszeit“ usw. mit unterschiedlichen Inhalten und reden deshalb aneinander vorbei. Ich unternehme hiermit nochmals den Versuch einer Klärung, weil ich kritische Einwände erstens ernst nehme und zweitens mich auch gerne im Dialog mit ihnen auseinandersetzen möchte.
1. Die Zeit, die ein Arbeitnehmer (Angestellter oder Beamter) seinem Arbeitgeber als Arbeitszeit zur Verfügung stellen muss, richtet sich unter anderem nach der wöchentlichen Arbeitszeit (39,5 Std. oder 40 Std. o. ä.) und den vereinbarten/festgelegten Urlaubstagen (z. B. 30 Tage Jahresurlaub). Außerdem muss berücksichtigt werden, dass auch Sonn- und Feiertage nicht zu den Arbeitstagen zählen.
2. Das von uns verwendete Berechnungsschema des BMI ist ein anerkanntes Verfahren zur Ermittlung des erforderlichen Personalbedarfs für vorgegebene Aufgaben. Es wird unter anderem vom Bundesrechnungshof empfohlen.
3. Von den 365 Jahrestagen müssen 52 Samstage und 52 Sonntage abgezogen werden. Es verbleiben dann noch 261 Tage. Davon werden noch die Feiertage abgezogen: Für 2012 sind das (z. B. in Niedersachsen) 4 Feiertage, die immer auf einen Wochentag fallen sowie 6 Feiertage bzw. arbeitsfreie Tage, die auch auf einen Wochentag fallen können. Im Berechnungsschema werden also unter 5.2.1 vier Tage, unter 5.2.2 ebenfalls vier Tage und unter 5.2.3 zwei Tage eingetragen. In der Summe sind das lt. Berechnungsverfahren 8,29 Tage, so dass von den 261 Tagen noch 252,71 Tage übrig bleiben.
4. Subtrahiert man nun noch 30 Tage Jahresurlaub, verbleiben 222,71 Jahresarbeitstage. Das entspricht bei einer 40-Std-Woche 1782 Jahresarbeitsstunden.
5. Den Statistiken ist jedoch zu entnehmen, dass Arbeitnehmer dem Arbeitgeber durchschnittlich weniger Stunden zur Verfügung stehen. Diese Tatsache wird im Berechnungsschema des BMI mit berücksichtigt. So wird davon ausgegangen, dass Arbeitnehmer ca. 16,76 Ausfalltage durch Krankheit usw. (Berechnungsschema unter 7.1) und zusätzlich zum Urlaub noch 3,23 weitere Ausfalltage im Jahr haben.
6. Diese Annahme auch auf Lehrkräfte zu übertragen ist sinnvoll, da u. a. Erkrankungen in den Schulferien i. d. R. keinen zusätzlichen Urlaubsanspruch begründen. Aber auch für Lehrkräfte sind Krankheitstage keine Arbeitstage!
7. Somit stehen Lehrkräften für die Erledigung ihrer Arbeitsaufgaben durchschnittlich (!) nur ca. 202,72 Arbeitstage zur Verfügung. Das sind ca. 1622 Jahresarbeitsstunden.
8. Wenn der Arbeitgeber also will, dass die von ihm vorgegebenen Aufgaben von einer Vollzeitlehrkraft erledigt werden sollen, dann stehen dafür durchschnittlich (!) nur 1622 Jahresarbeitsstunden zur Verfügung.
9. Unser Ansatz ist es nun zu zeigen, dass die vorgegebenen Aufgaben in dieser Zeit grundsätzlich nicht zu schaffen sind. Es handelt sich dabei um eine strukturelle Unmöglichkeit! Es liegt kein persönliches Versagen der Lehrkräfte vor!
Der Arbeitgeber zwingt Lehrkräfte somit dazu, einige Aufgaben entweder gar nicht zu erledigen oder aber nur mit verminderter Qualität. Eine weitere Möglichkeit ist die Selbstausbeutung: Es werden sämtliche Aufgaben erledig und dabei die Jahresarbeitszeit deutlich überschritten! Krankheitsbedingte Ausfälle sind dadurch i. d. R. vorprogrammiert.
10. Das von uns verwendete Berechnungsschema zur Ermittlung der Jahresarbeitszeit kann diskutiert und kritisiert werden. Es sollte dann aber auch eine in der Praxis akzeptierte Alternative genannt werden.
11. Zum Abschluss wünsche ich mir noch, dass die Diskussion in diesem Forum wieder sachlicher geführt wird. Uns allen kann nur geholfen werden, wenn wir argumentativ gegen die strukturelle Überlastung etwas vorbringen können, das dann hoffentlich auch von den Berufsverbänden politisch umgesetzt werden kann.
Und nicht vergessen: Weitere Fragebögen ausfüllen!
Viele Grüße
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| hallo schoe | | von: sonpaed
erstellt: 23.04.2013 17:30:41 |
vielen dank für die beantwortung meiner frage.
bis punkt 4 sind wir uns vollkommen einig, mit dem zusatz, dass ich (nrw,
beamtin, vollzeit) bei einer 41 stundenwoche 1822 std/jahr habe.
ab punkt 5 liegen die probleme.
nochmals: das berechnungsschema des bmi dient der ungefähren
personalBEDARFSberechnung. hierzu muss eine annäherung an die
NETTOarbeitszeit eines arbeiters vorgenommen werden, um den
arbeitskraftpuffer zu bestimmen. für die fragestellung hier ist dies aber
erstmal völlig unerheblich. hier zählt die BRUTTOarbeitszeit. diese
überschreite ich erst bei 1822,00000..1 std..
um die problematik noch deutlicher zu machen:
in der (annährenden) berechnung der nettoarbeitszeit wird die statistische
größe der zusätzlichen fehlzeiten eingerechnet. jetzt saß ich heute im
kollegium und wir haben festgestellt, dass 95% meines kollegiums bei weitem
unter der zahl 20 fehltage zusätzlich liegt. für das letzte jahr stellt ein kollege
mit 12 fehltagen den spitzenreiter. was sagt ihr uns nun? haben wir jetzt zu
viel gearbeitet? müssen wir in zukunft darauf achten, dass wir 20 tage mit
sonderurlaub und krankheit füllen, damit wir nicht mehr als eure berechneten
1622 std/jahr arbeiten?
vielleicht erhellen diese fragen die grundsätzliche problematik eurer
berechnungsgrundlage.
eine alternative möchte ich natürlich nicht schuldig bleiben:
es muss darum gehen -a: die jahresarbeitszeit deutlich zu reduzieren
-b: die arbeitsaufträge eindeutig zu definieren und
zu erfassen
-c: die arbeit transparent zu machen.
ideen und lösungen hierzu existieren bereits.
dies ist m.m.n. originäre aufgabe von lehrerinteressensvertretungen. mir ist
klar, ihr habt dies weiter oben auch schon gesagt, dass ihr dies nicht als
euren auftrag anseht.
mfg
sopaed
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| Korrekturzeiten | | von: schoe001
erstellt: 24.04.2013 18:24:42 |
Hallo sonpaed,
um unseren Ansatz weiter zu konkretisieren, hier noch einige Ergänzungen:
1. Der Dienstherr muss (bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Std.) bei seiner Bedarfsermittlung davon ausgehen, dass eine Vollzeitlehrkraft durchschnittlich nur 1622 Std. im Kalenderjahr zur Verfügung steht. Die Differenz zu 1782 Jahresarbeitsstunden (= 160 Std.) müsste also durch zusätzliche Einstellungen aufgefangen werden. Dies geschieht z. Zt. jedoch nicht. Daher kann auch der geforderte Unterricht nach Stundentafel nicht voll erfüllt werden! (Aber das ist ein anderes Thema!)
2. Gehen wir von der „Durchschnittslehrkraft“ als abstrakter Größe weg und betrachten eine konkrete Lehrerin A, die z. B. in Niedersachsen als Vollzeitlehrkraft tätig ist und im Kalenderjahr 3 Tage krank war, dann ergibt sich (für das Kalenderjahr 2012) folgende Jahresarbeitszeit: 365 Jahrestage abzügl. 104 Samstage und Sonntage, abzügl. 8,29 Tage für Feiertage bzw. arbeitsfreie Tage (siehe meine Berechnung weiter oben unter Pkt. 3). Weiterhin werden 30 Tage Urlaub und 3 Krankheitstage berücksichtigt: 365 – 104 – 8,29 – 30 – 3 = 219,71. Das entspricht 1758 Jahresarbeitsstunden. Ist die Lehrerin nicht krank, muss sie 1782 Stunden arbeiten.
3. Gehen wir dagegen von einer Vollzeitlehrkraft in einem anderen Bundesland aus, in dem die wöchentliche Arbeitszeit 41 Std. beträgt, gilt folgende Jahresarbeitszeit (ebenfalls bei 3 Krankheitstagen): 1802 Jahresarbeitsstunden.
4. Es sollte deutlich geworden sein, dass eine Lehrkraft durchschnittlich (!) bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Std. dem Arbeitgeber nur 1622 Std. zur Verfügung steht. Individuell kann dies natürlich anders aussehen, wie die Berechnungen oben gezeigt haben.
5. Uns geht es bei unserem derzeitigen Projekt nicht um die Höhe der Jahresarbeitszeit, sondern um eine zeitliche Gewichtung der vorgegebenen Aufgaben, die Lehrkräfte zu erledigen haben. Eine dieser Aufgaben ist das Korrigieren von schriftlichen Schülerarbeiten. Daher unsere Fragebogenaktion.
6. Nach unseren derzeitigen Kenntnissen liegt eine strukturelle Überforderung auch dann noch vor, wenn wir statt der durch Ansatz fiktiver Krankheitstage ermittelten 1622 Stunden 1782 Jahresarbeitsstunden zugrunde legen. Für eine einzelne Lehrkraft ist der Unterschied natürlich erheblich, für unsere Überlegungen spielt er z. Zt. allerdings keine große Rolle.
Kurz zusammengefasst: Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden müssen Lehrkräfte 1782 Stunden im Jahr arbeiten. Sie arbeiten allerdings durchschnittlich (!) nur 1622 Stunden. Bezogen auf die angenommenen Krankheitstage bedeutet das entsprechend der Definition des Durchschnitts, dass es Menschen gibt, die mehr Krankheitstage haben, es gibt aber auch welche, die weniger haben (wie z. B. in deinem Kollegium).
Viele Grüße
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| hallo schoe001 | | von: sonpaed
erstellt: 26.04.2013 18:29:09 |
nachdem wir in unseren berechnungen nun als doch noch auf einen nenner
zu kommen scheinen, möchte ich nochmals meine kritik, die ich hier geäußert
habe, konkretisieren.
ich habe in meinem letzen beitrag von transparenz bzgl. der arbeit von
lehrerInnen gesprochen. wenn ihr in einem öffentlichen forum suggeriert, die
jahresarbeitszeit eines L. würde 1622 std. betragen, und selbst viele
foristInnen hier glauben/glaubten dies (wie mensch so manchen beiträgen
entnehemn konnte), ist dies fatal für das bild in der öffentlichkeit. pauschal
20 und mehr tage, also einen ganzen monat weniger arbeitszeit pro jahr sind
in einer zeit, wo in der wirtschaft urlaubstage zurückgefahren und
arbeitszeiten erhöht werden, eine mehr als "erhebliche" belastung im bild von
lehrerInnen.
keine sorge, ich habe euren ansatz verstanden. ich finde diesen auch wichtig
und erhoffe mir im sinne von transparenz eine detaillierte, sprich
fächerbezogene auflistung der arbeitszeitkontingente. aber wie gesagt, die
form bzw. die missverständliche diskussion der arbeitszeit bringt mich
persönlich zu der erkenntnis:
oftmals ist das gegenteil von gut getan gut gemeint.
ich möchte nicht enden ohne auf einen anderen ansatz zur untersuchung der
lehrergesundheit aufmerksam zu machen:
befragung der lehrkräfte zur psychosozialen faktoren am arbeitsplatz
www.nrw.schule.copsoq.de
mfg
sopaed |
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