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Forum: "III. Geschichte zum Weiterschreiben"
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| 14.6 | | von: siebengscheit
erstellt: 29.08.2007 14:17:28 geändert: 29.08.2007 15:14:21 |
„...ach, das kann ich gar nicht mit einem Wort beschreiben!“ Florian holte tief Luft.
„Tagein, tagaus – jahrein, jahraus, morgens um sieben Uhr Frühstück mit Schrippen und Erdbeermarmelade. Punkt acht Uhr - Lektüre der Morgenzeitung, danach – erstaunlich, erstaunlich – zur freien Verfügung bis Punkt zwölf Uhr ... dann hat nämlich das Mittagessen auf dem Tisch zu stehen, zwei Stunden später – Nachmittagskaffee mit staubtrockenen englischen Keksen und schließlich Punkt achtzehn Uhr Abendessen – zwei Scheiben Schwarzbrot und einen Apfel – der Figur zuliebe, ... pünktlich zwanzig Uhr Tagesschau, danach vielleicht noch einen Film mit Erdnüsschen und einem Glas Wein ... und zweiundzwanzig Uhr – Bettruhe!“
Florian hatte sich in Rage geredet und alle Versuche seiner Mutter, ihn zu unterbrechen und zu widersprechen, einfach ignoriert.
„Lebt ihr eigentlich noch – oder seid ihr schon Inventar eurer eigenen Villa geworden?“ So, das musste raus!
Seine Mutter schaute ihn verständnislos an – so hatte sie ihren Sohn noch nie erlebt. „Junge, ... Flori, das hat du aber jetzt nicht so gemeint?“
Florian blickte seine Mutter an, als hätte ihn erneut eine Wespe gestochen. Er hasste es, wenn sie ihn ‚Junge’ oder ‚Flori’ nannte. Er war schließlich erwachsen, aber in diesen Situationen kam er sich vor, als wäre die Zeit einfach stehen geblieben und er immer noch ein kleines Kind.
„Ja, ich habe es ernst gemeint ... und nenn’ mich nicht immer ‚Flori’. Florian war wütend und überlegte , wie er seiner Mutter klar machen könnte, dass er ihren überraschenden Besuch heute für ziemlich unangebracht hielt.
Beim Versuch, dem bekümmerten Blick seiner Mutter auszuweichen, bemerkte er, dass bei seinen Fenstern dringend eine gründliche Putzbehandlung notwendig war.
„Wenn du schon hier bist, meine Fenster müssten dringend geputzt werden!“, stellte er mit einem innerlichen, hämischen Grinsen fest. Er wusste genau, wie seine Mutter das Fensterputzen hasste.
„Ich bin doch nicht zum Fensterputzen gekommen“, ihre Stimme bebte vor Entrüstung. „Eigentlich habe ich mir nur Sorgen gemacht, mein Junge ... äh, ... Florian. Du hast dich seit deinem Urlaub nicht einmal bei uns gemeldet!“ Das klang ziemlich vorwurfsvoll und sie hatte sogar ein bisschen Recht, musste Florian zugeben.
Also würde es sich – wohl oder übel – ein paar Stunden seiner Mutter widmen, damit er für die nächste Zeit vor ihren Überraschungsbesuchen verschont blieb.
„Also – wie wär’s mit Schrippen und Erdbeermarmelade?“, versuchte er einzulenken und sah ein freudiges Aufblitzen von Zustimmung in den Augen seiner Mutter.
Doch die nun zusehens entspannter werdende Atmosphäre zwischen Mutter und Sohn wurde jäh durch gleichzeitiges Telefon- und Türklingeln gestört.
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| 14.7 | | von: aloevera
erstellt: 29.08.2007 22:50:17 geändert: 29.08.2007 22:58:12 |
Florian legte den Zeigefinger an die Lippen und warf seiner Mutter einen eindringlichen Blick zu, der bedeutete ‚nicht bewegen und still sein.’ Das Telefon klingelte erbarmungslos weiter und auch an der Tür dauerte es eine Weile, bis sich die Schritte entfernten und immer leiser wurden.
„Würdest du mir bitte erklären, was das zu bedeuten hat?“ flüsterte die Stimme der Mutter.
„In einem Zeitungsinserat wurde fälschlicherweise meine Nummer abgedruckt und nun steht das Telefon nicht still. Wir wollen uns doch dadurch nicht stören lassen, oder?“ erwiderte Florian. „Was für ein Inserat ist das denn?“ fragte seine Mutter neugierig. „Ach, eigentlich nichts Besonderes, da verkauft jemand einen alten Ford Fiesta für wenig Geld. So etwas ist natürlich gefragt,“ beantwortete Florian die Frage seiner Mutter, die sich mit der Antwort zufriedengab.
„Mach es dir doch bequem, ich hole schnell beim Bäcker Schrippen und Erdbeermarmelade und bin gleich wieder da.“
Florians Mutter machte es sich auf der Wohnzimmercouch gemütlich, blätterte in einem Magazin und blieb an dem Angebot der Volkshochschule hängen. Seltsam, was heute so alles angeboten wird: Aufruf an alle Männer zur Weiterbildung: ‚Loslassen – oder wie Sie es schaffen, Ihrer Frau die Fernbedienung auszuleihen’ oder ‚Umweltfragen – Wachsen Toilettenpapierrollen auf dem Halter nach?’ - ‚Selbständigkeit – ab heute finde ich meine Socken alleine’.
Ob Florian sich für einen dieser Kurse angemeldet hatte?
Unterdessen war Florian in der Bäckerei angekommen, in der Hoffnung, dass der Besuch seiner Mutter sich nicht über den ganzen Tag erstrecken würde. Am Montag fing die Schule an und er musste langsam anfangen, sich auf das neue Schuljahr vorzubereiten.
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| 14.8 | | von: siebengscheit
erstellt: 31.08.2007 16:21:00 geändert: 31.08.2007 16:43:41 |
Florian betrachtete gedankenverloren die verschiedenen Backwaren, nahm dabei aber nicht die anderen Kunden in der Bäckerei wahr.
Um so erschrockener war er, als ihm plötzlich jemand seine Schulter tätschelte.
„Du kennst wohl auch niemand mehr?“, säuselte ihm Simon ins Ohr, der bereits eine große Tüte mit frischem Backwerk in der Hand hielt.
„Ich habe dich gar nicht gesehen ... bin wohl noch nicht ganz munter ..., erklärte Florian verlegen.
„Aber was machst du hier? So weit ich weiß, wollte Tobias doch Pfannenkuchen backen!“ fuhr er fort.
„Tobias und ich reden nicht mehr miteinander seit...“, Simons Blick senkte sich und seine Stimme klang betreten.
„Was hätten Sie denn nun gern?“, unterbrach die Verkäuferin ungeduldig das Gespräch zwischen Florian und Simon.
„Ja, ... ähm ... vier Schrippen! Das ist alles. Danke!“, Florian wandte sich wieder Simon zu.
„Wie jetzt?... Warum?“
„Einszwanzig, bitte!“ quengelte die Verkäuferin erneut.
Während Florian ihr das Geld abgezählt über den Verkaufstresen reichte, drehte er sich wieder zu Simon um.
„Hast du Zeit für einen Kaffee? Das musst du mir erzählen!“ Ein Lächeln der Zustimmung huschte über Simons Gesicht.
„Einverstanden, geh’n wir!“
Beide verließen die Bäckerei.
Vergessen waren die Mutter, das ständig klingelnde Telefon, köstlich duftende Pfannenkuchen aus geborgten Eiern und ein schweigender Tobias.
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| 14.9. | | von: keinelehrerin
erstellt: 01.09.2007 17:00:23 |
Frau Brenner konnte nun nicht mehr stillsitzen. Das Programm der VHS wollte sie ja nicht auswendig lernen. ‚Dieses Telefon‘, dachte sie entnervt. Der schrille Ton raubte einem die Ruhe. ‚Warum hatte es Florian nur nicht ausgestellt?‘, fragte sie sich leicht verzweifelt. Aber da ihr Sohn nicht daran gedacht hatte, tat sie das was die Mütter auf der ganzen Welt für ihre vergesslichen Söhne machen: - es schnell selber erledigen.- Sie stand also auf und wollte das Teil zum Schweigen bringen, aber diese Modellvariante war ihr nicht so ganz geläufig und so kam sie mit der linken Hand auf den Anrufannahme-Knopf. „Huch“, entfuhr es ihr. Und da die Frau eines Richters wusste, was sich schickt, und einfach auflegen ohne sich gemeldet zu haben gehörte nicht dazu, hob sie das Telefon ans Ohr und meldete sich: „Brenner hier. Sie haben leider eine falsche ......“ Weiter kam Frau Brenner nicht. Auf der anderen Leitungsseite lachte eine unangehme Stimme: „Ach, kalte Füße bekommen, Macht jetzt einen auf alte Dame. Pass mal auf, Schätzken. Wenn man so’ne Anzeige aufgibt, steht man auch dazu. Das nennt sich Ehrenkodex.“ „Halt, hören Sie. Die Nummern wurden vertauscht. Mein Sohn hat kein Auto zu verkaufen,“ wandte Heidrun Brenner ein. „Auto verkaufen? So, so.“ „Ja, bei der Anzeigenaufnahme ist ein Versehen passiert. Mein Sohn hat keinen Fiesta zu verkaufen.“ „Ich will ja auch kein Auto kaufen. Aber sagen Sie mal: Sind sind wirklich die Mutti?“ Heidrun wurde nun das Gespräch zu dumm: „Natürlich bin ich die Mutter meines Sohnes. Auf Wiederhören.“ ‚Die Leute wurden immer wunderlicher‘, schüttelte sie ihren Kopf. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass Florian schon seit zwanzig Minuten unterwegs war. ‚Wollte er die Schrippen selber backen?‘ Und schon wieder klingelte das Telefon. „Brenner hier. Wir verkaufen kein....“ Weiter kam Heidrun nicht. Die Stimme von vorhin meldete sich wieder: „Muttchen, es dürfte Sie interessieren, welche Anzeige Ihr Sohn aufgegeben hat. Da geht es um keinen Autoverkauf. Er hat eine versteckte Kontaktanzeige aufgegeben. Nur dass Sie Bescheid wissen.“ Die Verbindung wurde unterbrochen. Heidrun starrte das Teil an. ‚Warum sollte Florian eine Kontaktanzeige aufgeben? Das hatte er nicht nötig! Und wenn, warum log er sie dann an?‘ Fragen über Fragen schwirrten in Heidruns Kopf herum und dass Florian sie warten lies, trug nicht dazu bei, ihre Stimmung zu heben. |
| 15.3. | | von: siebengscheit
erstellt: 03.09.2007 11:08:00 geändert: 03.09.2007 11:23:36 |
„Frau Cravellioni, Sie müssen ...“, mit diesen Worten trat Oberschwester Waltraud in Zimmer.
„Wer sind Sie denn?“ Mit strengem Blick musterte sie Ronaldo von Kopf bis Fuß, aber als sie Mira und Stella entdeckte, wurde ihr Gesicht freundlicher.
„Oh, Ihr seid sicherlich die Töchter von Frau Cravellioni! ... Aber, ...“ – ein forschender Blick fiel auf das leere Bett, „wo ist denn Eure Mutter?“
„Wenn Sie das nicht wissen, Schwester!“, mischte sich nun Ronaldo ein. „Sie sollten doch wohl auf Ihre Patienten Acht geben!“ Seine Worte klangen spöttisch.
Schwester Waltrauds Miene verfinsterte sich wieder.
„Da machen Sie sich mal keine Sorgen, Herr...?“ „Cravellioni, ... Ronaldo Cravellioni. Ich bin der Ehemann!“
erklärte Ronaldo, wobei er das Wort ‚Ehemann’ besonders betonte.
„Wo ist denn nun meine Frau?“
Mira und Stella hatten dem Gespräch zwischen Oberschwester Waltraud und ihrem Vater ungeduldig zugehört.
„Wir wollen jetzt zu Mama!“, forderte Mira trotzig und Stella wischte sich verschämt eine Träne aus dem Gesicht. „Aber sofort!“, fügte sie in einem für sie völlig untypischen Ton hinzu. Ronaldo und Mira guckten sie deshalb auch völlig erstaunt an.
„Dann, ... bitte ... einen Moment!“ Oberschwester Waltraud machte auf dem Absatz kehrt und rauschte aus dem Zimmer.
Nachdem die Tür zugefallen war, setzte sich Ronaldo auf das Bett und atmete tief durch. Er konnte Lena fast körperlich spüren – obwohl sie nicht im Zimmer war, schien sie doch gegenwärtig zu sein.
Mira und Stella standen ein wenig hilflos daneben und beobachteten ihren Vater, der für einen Moment die Augen geschlossen hatte.
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| 15.5 | | von: cath1
erstellt: 08.09.2007 13:56:52 geändert: 08.09.2007 14:17:45 |
In ihren vielen Jahren, die sie in der Klinik arbeitete, gab es Tage, an denen es das Schicksal mit Waltraud Erbarmen hatte. So auch heute.
Die Zimmertür öffnete sich und ein blonder Wuschelkopf schaute herein. „Hallo, ich bin Tina. Damit euch Kindern während der Besuchszeit nicht langweilig wird und alle Muttis sowie Vatis auch einmal drei Sätze allein reden können, bin ich da. Ich habe euch vor ein paar Minuten kommen sehen – wie wäre es mit einer kleinen Führung? Am Ende sitzen wir alle gemeinsam in der Cafeteria und trinken einen Saft. Na?“
Tina sah die unschlüssigen Blicke von Stella und Mira. „Auf geht`s! Euren Vater trefft ihr nachher wieder hier oben, ich bringe euch zurück:“ Nun schoben sich noch zwei Kindergesichter in den Türrahmen. „Tina, gehen wir jetzt?“ Ronaldo blickte seine Töchter so aufmunternd zu, wie es nur ging. „Geht nur. Ich warte hier auf euch.“ Langsam, mit zögernden Schritten verließen die Mädchen das Zimmer. Auf dem Flur sahen sie einige Kinder in unterschiedlichem Alter, die Tina umlagerten und nur darauf warteten, mit ihr einen Rundgang machen zu können. Schüchtern fassten sich Mira und Stella an. In Gedanken waren sie bei ihrem Vater und Schwester Waltraud… und natürlich bei ihrer Mutter.
Im Zimmer herrschte Schweigen. Ronaldo – unsicher, was ihn jetzt erwartete – Waltraud, der es nicht leicht fiel. die richtigen Worte zu finden. Zum Glück gab es seit einigen Wochen Tina, die Kinder auffing, damit Gespräche mit den Eltern ungestört erfolgen konnten.
Waltraud holte tief Luft und begann: „ Ihre Frau, Herr …
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