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Forum: "Das Land der Bekloppten und Durchgeknallten"
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| Da du mich persönlich | | von: janne60
erstellt: 05.06.2011 22:23:24 |
angeschrieben hast, will ich mich auch persönlich bedanken.
In jedem Forum hier, das das Thema Inklusion aufgreift, habe ich, wenn überhaupt, mich kritisch insofern geäußert, dass es mir nie um die Ablehnung der Inklusion ging, sondern lediglich um deren Umsetzung zu unmöglichen Bedingungen. Hierin sind sicherlich die meisten KollegInnen mit mir einer Meinung.
Schön wär's, man würde mal die Frontkämpfer, also uns, befragen, ob unsere Bedingungen gut sind, was wir brauchen könnten, um unsere Arbeit gut und immer noch besser zu machen. Stattdessen hecheln wir ständig den neuen und neuesten Ideen hinterher, wohl wissend, dass die Qualität unserer Arbeit leiden WIRD. In echt heißt das:
Gern nehme ich ein lernbehindertes Kind in meine Klasse auf! Wenn ich eine geschulte Lehrkraft zur Seite bekomme, die sich mit dem nötigen Zeitaufwand um dieses Kind kümmert!
Gern nehme ich ein E-Kind in meiner Klasse auf! Wenn jemand da ist, der es jede Stunde unterm Tisch hervorlockt!
Ich nehme weiterhin auch hör-, seh- und körperbehinderte Kinder auf, wenn.....
Denn neben all diesen zu inkludierenden Kindern sitzen noch 22 "normale", die von mir etwas lernen wollen und sollen.
Und immer kommt dann hier jemand, der mir unterstellt, ich WOLLE wohl nicht
Aufruf: Verratet mir euer Geheimnis!! Aber es müssen dann schon meine Bedingungen sein (wie schon erwähnt: 27 Kinder, kein Zusatzpersonal)
Denn ich will sehr wohl. Ich will den Kindern gerecht werden. Ich will, dass sich alle wohlfühlen. Ich will, dass alle nach ihren Möglichkeiten gefördert werden usw.
Die Obrigkeiten aufzurütteln, scheint mir sinnlos, wir haben als Schule schon verschiedentlich Briefe an den Minister verfasst; die werden wohl sehr gelacht haben. Antwort kriegste jedenfalls keine. Die Gewerkschaften sind ein Thema für sich, davon fang ich jetzt nicht auch noch an.
Dein Bericht war wirklich sehr interessant, wenngleich dadurch das Ganze noch bitterer wird, wenn man sieht, dass es tatsächlich funktionieren kann.
Nun denn, wie heißt es so schön: Und ist die Lage noch so trüb, immer hoch die gelle Rüb'!
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| . | | von: briefoeffner
erstellt: 06.06.2011 10:33:11 geändert: 06.06.2011 10:41:19 |
es ist doch weltfremd in der Schule, die ohnehin schon eine Parallelwelt ist, immer weiter zu versuchen, jegliche Unterschiede zwischen den Schulpflichtigen aufzulösen.
Die Schule IST der Wirtschaft verpflichtet. Aber auch dem Sozialen Lernen, der Teamfähigkeit und der persönlichen Entwicklung aller schulpflichtigen jungen Menschen. Dies kann sie aber nur bis zu einem gewissen Grad leisten, weil sie einen Bildungsauftrag hat und differenzieren und bewerten muss.
Wenn hier so getan wird, als stünde der Bildungsauftrag (und damit meine ich Kernfächer wie Mathe, Deutsch und Englisch) auf gleicher Höhe wie das "soziale Lernen", dann stimmt das einfach nicht. Das kann Schule nicht leisten. Wofür gibt es die zahlreichen anderen kostspieligen Institutionen wie Sozialpädagogen, Familienhilfe, Bildungspaket, Sportvereine, Kirchen, Moscheen, Mädchenhäuser, Wohlfahrtsverbände, Psychologen, Ärzte: alles staatlich bezahlt und gefördert).
Was ist so schlimm, wenn ein behindertes Kind (ich spreche ausschließlich von mental retardierten und verhaltensgestörten Kindern) in seiner Schulpflicht nicht in der Regelschule betreut wird? Es kann sich doch nachmittags mit den anderen Schülern verabreden. Es wird hier gerade so getan, als seien die paar Stunden am Morgen DAS Leben der Kinder schlechthin.
Auch ein Abschluss an der Sonderschule (oder ein Hauptschulabschluss) befähigt zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
Und schließlich: Ein Lehrer kann in der Regelschule diesen Kindern gar nicht gerecht werden. Sie werden dort billig aufbewahrt, das ist alles.
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| @sufrepape | | von: rhauda
erstellt: 06.06.2011 14:23:44 geändert: 06.06.2011 16:12:35 |
Das "Nicht-Wollen" einiger KollegInnen auch mit veränderten Rahmenbedingungen der Inklusion keine Chance geben zu wollen, ist hier im Forum deutlich zum Ausdruck gekommen. Ich sehe bei vielen keine Bereitschaft, den Gedanken, dass das Einsortieren von Kindern nach Leistung (gesellschaftlich normiert, von der Wirtschaft gefordert) nicht das non plus ultra ist, auch nur zuzulassen.
Das wird den Leuten hier nicht gerecht. Ich bin nun seit 20 jahren im Dienst - einige hier bestimmt auch schon länger - und ich habe in dieser Zeit nicht eine einzige Veränderung erlebt, "Reform" wage ich es gar nicht zu nennen, die nicht mit Verschlechterung der Lern- und Arbeitsbedingungen für alle einhergegangen ist.
Ich weigere mich schlichtweg, das übliche Procedere über mich ergehen zu lassen, das da heißt: "Versuchen wir's doch erst mal, dann können wir immer noch die Bedingungen anpassen. Machen wir uns doch erst einmal auf den Weg."
Die Bedingungen sind nämlich NIE noch angepasst worden, der Weg wurde nie geräumt und das Ziel war in den seltensten Fällen wirklich klar definiert. Alles, was passierte war, einen neuen Status Quo zu schaffen, der dann bei der nächsten "Reform" wiederum verschlechtert wurde.
Ein wunderbares Beispiel ist doch "Abschlussquoten erhöhen durch individuelle Förderung".
Super-Sache! Bin ich sofort dafür. Was dann allerdings kam war ein scheinobjektiver Vergleichbarkeitswahn mit grober Niveausenkung und NULL Zusatzstunden für individuelle Förderung. Und das Schönste ist dann ja: Wenn es das Ding dann nicht klappt sind immer wir Lehrer schuld - und wir lassen uns das auch so einreden. (Haben wir eben nicht genügend Förderpläne geschrieben und unsere 32 Leutchen pro Klasse nicht genügen binnendifferenziert!)
Tut doch nicht so, als stünde im Bereich Inklusion dieses Verfahren noch aus und man müsste erst mal abwarten. Schaut Euch die Versorgung mit Förderlehrern an. Schaut auf die Klassenhöchstgrenzen in Inklusionsklassen. Lest die entsprechenden Erlasse zur Lehrerversorgung!
Der Skandal ist doch bereits Wirklichkeit und wird in vielen Ländern in den Schulen bereits praktiziert!
Den Leuten hier generell Veweigerungshaltung vorzuwerfen finde ich gelinde gesagt eine Frechheit. |
| Niveausenkung | | von: janne60
erstellt: 06.06.2011 15:45:36 |
ist ein schönes Stichwort. Die Jugend ist laut Wirtschaft, heute schon nicht mehr ausbildungsfähig. Sie wird es morgen und übermorgen noch weniger sein, denn was zur Zeit angebahnt wird, ist die Überflutung der Schulen mit Aufgaben, die sie nicht leisten kann (und immer wieder: nicht mit den gegebenen Bedingungen). Das kann nur bedeuten, dass das Unterrichtsniveau sinkt und damit wiederum das Leistungsniveau. Was soll da bitteschön hinten bei rauskommen?
Was ich übrigens noch nie verstanden habe: Seitens der Politik wird immer so getan, als sei Förderschule bäh-pfui, und ein Integrationsantrag (mit dem die Schüler in der Regelschule verbleiben und mit 3 Wstd. gefördert werden) sei der FS auf jeden Fall vorzuziehen. Nun hat man aber doch gerade dort hervorragende Bedingungen und speziell geschultes Personal. Wie glücklich müsste sich ein Kind schätzen, es DÜRFTE auf die Förderschule.
Ach nee, jetzt fällt's mir wieder ein: Kostet ja auch zu viel, das mit den Förderschulen. Und überhaupt jetzt, wo wir diese tolle Ausrede mit den UN-Menschenrechten haben, super Sache, da kann einem ja noch nicht mal einer Sparzwang vorwerfen, alles aus reiner Nächstenliebe! |
| Menschenrechte | | von: janne60
erstellt: 06.06.2011 17:55:42 |
sind echt was Feines. Ich mag nur nicht, dass man sie dazu gebraucht, das Missmanagement an den Schulen damit zu kaschieren.
Niemand soll wegen irgendwas benachteiligt werden. Schön. Nun sitze ich vielleicht als 1/28 in einer Klasse, bin normal begabt, mache brav meine Arbeit, störe nicht, falle nicht auf, und nun hab ich da mal ne Frage oder ein Problem, oder beides. Der Lehrer hat aber jetzt echt keine Zeit für mich, denn er muss gerade das E-Kind davon abhalten, auf die Fensterbank zu klettern, dem L-Kind das AB nochmal erklären, dem K-Kind was am Laptop einstellen, gleichzeitig 5 andere vom Schwätzen abhalten, Mäxchen loben..... und wenn er endlich sieht, dass ich mich melde (und zwar seit 10 Minuten), dann steht der Rektor in der Tür und nimmt den Lehrer für eine wichtige Mitteilung kurz beiseite.
Ich, das 1/28, bin mit einigen anderen Kindern der Grund dafür, dass der Lehrer seinen Tag überhaupt überlebt. Spaß macht mir das aber nicht. Freude am Lernen kommt dabei auch nicht auf. Irgendwie fühle ich mich benachteiligt. Vielleicht sollte ich auch mal auf die Fensterbank klettern, damit sich einer um mich kümmert? |
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