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Forum: "Definitionen"
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| @ iines | | von: oblong
erstellt: 24.04.2006 16:15:09 |
Recht haste, iines. Dein Bekenntnis schreit nach Nachfolge.
Bitteschön, hier ist der nächste (autobiographisch angehauchte) Typ:
Der 4t-Ehrgeizling
Er ist erst seit vier Wochen bei 4t, hatt sich aber bereits bis zum Sekundaner hochgefleißkartet.
Seine halben Osterferien hat er damit verbracht, in Foren seine Meinung zu verkünden, eigene Foren anzulegen, erste Materialien hochzuladen und massenhaft Beurteilungen von Materialien zu verfassen.
Seine drei Kinder sehen seit Tagen nur seinen Hinterkopf vor dem PC, seine Frau muss brutal werden, wenn sie mit ihm reden will: Sie zwängt ihre Gestalt zwischen ihn und den PC, starrt ihm 15 Sekunden in die geröteten Augen und sagt mit hypnotischer Stimme: "Deine Frau spricht mit dir und hat dir etwas Wichtiges mitzuteilen". Dann erst bringt sie ihr Anliegen vor - weiß aber in ihrem Innersten, dass er in 20 Sekunden vergessen hat, den Müll rauszubringen, die Kinder abzuholen und Mineralwasser einzukaufen.
Sein Unterricht ist zwar jetzt um einige Materialien reicher, sein Meinungsspektrum bei Lehrerzimmerdiskussionen begrifflich und im Horizont erweitert, doch die Abende haben einen uniformen Verlauf angenommen, da seine Frau nun alleine im Wohnzimmer lesen muss; dafür kann sie jetzt ungehemmt Frauenfilme sehen ohne seine bissigen Kommentare.
Weil er viele Klagen von Referendaren und Lehramtsstudenten gelesen hat, geht er noch freundlicher als vor vier Wochen mit seinen Schützlingen um, die er als Mentor betreut.
Die Schüler profitieren doppelt: seine Methoden sind merkwürdigerweise etwas variabler geworden - außerdem ist er zu Powergesprächen und Streitereien oft wegen seiner mitternächtlichen PC-Orgien zu müde, was ihm zu Unrecht den Ruf eines friedfertigen Lehrers einbringt.
In seinem Innern spürt er aber weitaus stärker ein Unbehagen an seinem lückenhaften Können und Wissen, da er mit so vielen beeindruckenden Lehrerpersönlichkeiten in Berührung gekommen ist; auch seine Selbstsicherheit bezüglich der Überlegenheit seiner Schulart hat merkliche Kratzer abbekommen - ob ihm das aber wirklich schaden wird?
Viele Grüße,
oblong |
| Der Stundenplanbauer | | von: ines
erstellt: 08.09.2006 23:33:41 |
Er hockt die letzte Ferienwoche unermüdlich vor seinem Pc, oder althergebracht vor seinen Schiebekärtchen, und bastelt wild vor sich hin. Berrechnet Schülerzahlen, Gruppenteilungen, Klassenräume und Lehrerstunden. Er hebt Doppelbelegungen auf, zerbricht sich den Kopf über sinnvolle Fachverteilung, baut akrobatisch die vom Amt verlangte tägl Turnstunde (in den mit der 8 klassigen GS geteilten Turnsaal)ein und sieht zum Schluss nur noch Chaos. Am ersten Schultag wirft er alles über den Haufen; 3 neue Schüler in der 2a, dafür 4 weniger in der 4b, die Mathegruppe fällt zusammen, .....und beginnt von Neuem.
Endlich fertig, mit grauen Schläfen, eingefallenen Wangen präsentiert er sein Werk, woraufhin eine Kollegin ihren 7 wöchigen Krankenstand anmeldet, eine weitere plötzlich doch in Ruhestand geht und der Turnlehrer seine Vaterkrarenz übernimmt.
Nach diesen neuen Hiobsbotschaften brütet er unermüdlich weiter und 12 Schweißausbrüche, 24 Tassen Kaffee und 8 Tafeln Schokolade später hat er es soweit geschafft. Das Werk ist vollbracht, die Ausgabe beginnt.....und die Resonanz....lange Gesichter!
Es ist schon schwer es allen recht zu machen.
Daher an meine Kollegin ein virtuelles DANKE für den besten Stundenplan meiner Laufbahn. Dieses Jahr wird ein schulischer Spaziergang für mich, dank deiner Mühe!
ines |
| Die Anlaufstelle | | von: ines
erstellt: 26.09.2006 21:43:01 geändert: 26.09.2006 21:44:24 |
Man betritt den Raum auf Zehenspitzen, schleicht möglichst unauffällig an den Kollegen vorbei, geduckte Haltung ist Voraussetzung, greift lautlos zum Kaffeeheferl und streckt vorsichtig die Hand nach der Türklinke zu seinem kleinen Arbeitsraum aus.
"Geschafft!", Erleichterung breitet sich aus. Doch dann - einen Augenblick zu früh oder vielleicht zu auffällig ausgeatmet, sich zu schnell in Normalposition begeben??? - erschallt es im eigenen Rücken...
"Du Ines, hast du einen Moment?"
...und dahin sind all die Vorsätze und Planungen. Der Stapel Engl. Hefte wird unkorrigiert am Tisch liegen bleiben, der Kaffee in der Tasse erkalten, die Projektmappe verwaist im Kasten und die Jacke den ganzen Tag am Körper hängen bleiben.
"Ja, was gibts denn?", um einen freundlichen Ton bemüht dreht man sich leise um.
Dann füllt sich die Liste...unglaublich schnell...
...sie kennt sich beim Beamer nicht aus und braucht eine Erklärung...
...am Liebsten wäre es ihr ja, wenn man ihr das Gerät gleich funktionsfertig herrichten könnte...
..dann kann sie ja das nächste mal wieder fragen....
..ob man nicht -gelenkig wie man dem Kollegium erscheint- unter den Tisch kriechen könnte um die Maus am PC auszutauschen - denn die alte hätte kein Rädchen zum Scrollen...und das wäre ja so unpraktisch....
...das Mozartplakat in Kunst für den Musikkoll. fertigstellen....
..Fr. 2 Std supplieren für die Freitagsimmerkranke...
...den Pc (ich bin kein Informatiker und auch kein Informatikkustode)im Physiksaal so herrichten, dass er funktioniert....
..mal mit der Paralellklasse reden, denn die Kollegin dort hätte keinen Draht zu den 27 Kindern...
..soll ich weitermachen? - nein ...und genau dieses Wort laut auszusprechen muss ich offensichtlich noch lernen
lg ines |
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