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Forum: "Wie läuft's eigentlich bei euch so mit der Inklusion?"
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| Inklusion als Selbstverständlichkeit | | von: mykene
erstellt: 26.07.2012 17:42:42 |
@lolliolli: Du bist noch Student, jedoch für´s Gymnasium (so ersehe ich das aus deinem Profil).
Gott erhalte dir deinen Glauben an das Gute - sowohl im Leben als auch besonders in der Schule!
Für mich und mein Kollegium einer Kooperativen /Additiven Gesamtschule (Kl. 5-13)ist "Inklusion" eine Selbstverständlichkeit. Doch wo findet sie statt? Ja, im H- und R-Bereich! Damit wirst du als angehende/r Gymnasialkollege/in nie in Berührung kommen...
Als alter Hase sage ich dir: Die perfekte Inklusion gibt es nicht!
An der Regelschule haben wir tatsächlich inzwischen Förderlehrer (auf Rädern, sie rasen von einer Schule zur nächsten), die uns viel Integrationsarbeit abnehmen und uns unterstützen. Doch für die Kinder ist es IMMER ein Nachteil, wenn sie in großen Regelklassen sitzen, zum Beispiel den Hauptschulabschluss nur unter denselben Bedingungen erreichen können wie der Hauptschüler. Während der Woche hat der Klassen-, Fachlehrer null Hilfe und Zeit, einem Kind mit Förderbedarf zu helfen.
Es gibt Kollegen - je nach Fächerkombination , die haben 12 verschiedene Lerngruppen. Ist da ein Integrationskind dabei, wissen sie es nur vielleicht, doch es ist halt dabei. Hilfe und Anregung gibt es normalerweise keine.
Ich möchte betonen, dass wir außerordentlich gut besetzt sind mit Förderstunden durch spezielle Förderlehrer. Doch das alles reicht nicht.
Alle meine Kollegen geben sich richtig viel Mühe - und dennoch: Ich persönlich würde mein Kind, wenn es speziellen Förderbedarf hätte, niemals einem Betrieb der Regelschule (Fachlehrerprinzip) aussetzen. Dafür wäre mir das Glück meines Kindes zu wichtig - und das Gerede der Nachbarn egal!
"Inklusion" ist in der Theorie ein wunderbares Thema und Ziel, aber in der Praxis unter den gegebenen Umständen und der Unterrichtsrealität einfach eine Fiktion.
Leider!!! |
| Inklusion ist keine Illusion | | von: lolliolli
erstellt: 26.07.2012 19:14:32 |
Hallo mykene,
es stimmt, ich bin noch Studentin, aber ich habe bereits Einiges gesehen und selbst schon mitgearbeitet, und ich denke, ich kann mir in diesem Zusammenhang ein Bild erlauben, ohne dass mir Blauäugigkeit aufgrund meines Alters vorgeworfen wird.
Inklusion ist keine Illusion. Da widerspreche ich ganz entschieden, weil Inklusion einfach normal sein sollte. Wenn Förderlehrer nur auf Rädern unterwegs sind, um von einer Integration zur nächsten zu rennen, ist das bedauerlich und natürlich kein Zustand! Das meinte ich auch nicht mit multiprofessionellen Teams. Und das ist es auch nicht, was Inklusion meint. Das Regelschulsystem, so wie es derzeit in Deutschland ist, kann nicht inklusionsfähig sein. Da muss ich dir zustimmen, aber so zu tun, als gäbe es nirgendwo gute Beispiele ist eben der falsche Weg. Wenn sich am System nichts ändert, wird Inklusion tatsächlich weitestgehend Illusion bleiben.
Wir müssen doch nur den Blick nach Kanada oder Skandinavien richten. Die Schulsysteme dort sind seit Jahrzehnten inklusiv. Es gibt dort keine Sonderschulen. Die PISA-Ergebnisse dieser Länder sind hinreichend bekannt...
Wie gesagt, Inklusion fängt im Kopf an, und solange niemand bereit ist, am deutschen 3-gliedrigen, selektiven Schulsystem etwas zu verändern tut es mir für Deutschland sehr leid.
Es darf nicht sein, dass Inklusion von allen gefordert wird, ohne dass die Verhältnisse angepasst werden. Es kann nicht sein, dass in ohnehin schon vollen Klassen auch noch ein Kind mit besonderem Förderbedarf hineingesteckt wird, nur um irgendwelchen Statistiken genüge zu tun. Damit ist niemandem geholfen. Dem Kind nicht, dem Lehrer nicht, den anderen Schülern nicht.
Aber gar nicht erst anzufangen und den Kopf resigniert in den Kopf zu stecken, ist nunmal auch keine Lösung. |
| Anspruch versus Realität | | von: palim
erstellt: 26.07.2012 22:14:11 geändert: 26.07.2012 22:52:01 |
Ich glaube, viele, die hier schimpfen oder Kritik äußern, sind von deiner Vorstellung von Inklusion gar nicht so weit entfernt.
Wenn aber die Frage lautet "Wie läuft es denn eigentlich..." , dann kommen auch die Sachen zur Sprache, die in der Realität nicht laufen, obwohl wir uns alle etwas ganz anderes wünschen.
Multiprofessionelle Teams sind prima... aber DAS ist die Illusion!
In Niedersachsen ist die Integration noch nicht umgesetzt, die Inklusion auch nicht. Es gibt ein verabschiedetes Gesetz. Für die untergeordneten Bestimmungen läuft die Anhörung bis zum 1. August.
Die nächste Wahl steht im Januar an.
In einer Veranstaltung (der zur Zeit regierenden CDU) wurde nun folgendes deutlich:
Statt der festen Zuteilung von 2 Stunden pro Klasse pro Woche für jede Schule soll es einen Pool geben. Diese Stunden werden in einer Verteilkonferenz unter den Schulen aufgeteilt. Richtlinien dafür werden aber keine genannt und vermutlich auch nicht festgelegt.
Hintergrund: Wenn es so verabschiedet wird, ist die Hintertür schon offen, dass die Schulen NICHT MAL 2 STUNDEN bekommen. Schulen, die diese Zuweisung bereits haben, können nicht sicher sein, dass sie die Stunden behalten.
Und Schulen, die mit der Integration beginnen, können nicht sicher sein, ob sie überhaupt auch nur eine Stunde bekommen.
Also ist dann Integration oder Inklusion: Alle Kinder in die normalen Klassen und dann macht die Lehrkraft das schon.
Die breit angelegte Fortbildung ist eine Farce - zumindest in dem Seminar, in dem ich gesessen habe.
Es wird angedeutet, dass Lehrerinnen am Förderschulseminar teilnehmen dürfen (18 Monate) und anschließend noch zur Uni gehen, um die Qualifikation für das Förderschullehramt zu erhalten.
In dieser Zeit fehlen sie aber in den Schulen bzw. die pädagogischen MitarbeiterInnen übernehmen dann ihre (integrativ zusammengesetzten) Klassen und führen den Unterricht durch, den die Lehrkraft vorab ausgearbeitet hat.
Zu diesen Bedingungen habe selbst ich so gar keine Lust mehr auf Integration oder Inklusion,
obwohl ich es generell für eine sehr gute Sache halte.
Aber das, was da geplant ist, ist ein reines Verheizen der Lehrkräfte und eine dicke Mogelpackung.
Palim |
| Ja ja, das liebe Geld, oder?? | | von: klexel
erstellt: 26.07.2012 22:20:31 geändert: 26.07.2012 23:18:18 |
http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Eltern-von-gehoerloser-Schuelerin-wollen-Dolmetscher-einklagen-id21155696.html
Und ich behaupte noch immer, dass viele SuS aufgrund ihrer Einschränkungen / Behinderungen an einer speziellen Schule mit speziell dafür ausgebildeten Lehrern, die kontinuierlich für sie da sind, besser aufgehoben sind und viel besser und gezielter gefördert werden können.
Alles andere ist Flickwerk, so sehr ...
Schulbegleiter, die ab und zu mal da sind..
Förderlehrer, die ein paar Stunden zusätzlich da sind..
"normale" Lehrer, die dafür nicht oder kaum ausgebildet sind..
Schulen, die nicht entsprechend umgebaut und eingerichtet sind (nein, nicht nur Fahrstühle sondern auch Maßnahmen für Hörbehinderte, Sehbehinderte etc. )
..sich bemühen, aber nicht eingestellt, finanziert und realisiert werden können.
Viele Hörbehinderte benötigen besondere Schallschutzmaßnahmen, spezielle Computer, Gebärdendolmetscher etc. etc. (siehe Artikel oben)
Das wird ein Jahrhundertbauwerk und ist auch 10 Jahren nicht zu wuppen. |
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