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Forum: "Lernmethode 'Lesen durch Schreiben':"Das ist völliger Unsinn!""
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| Schreiben nach Gehör | | von: marie-sophie2
erstellt: 08.04.2018 18:37:34 |
https://www.morgenpost.de/berlin/article213487455/FDP-will-Schreiben-nach-Gehoer-an-Berlins-Schulen-beenden.html Mich erstaunt oft auch, dass selbst bei Viertklässlern oft nur inhaltliche Fehler verbessert werden - jedoch nicht rechtschreibtechnische. Aus meiner Schulzeit kenne ich es so, dass selbst in Religions - und Sachkundeaufgaben Rechtschreibfehler korrigiert wurden. Heute sehe ich oft Klassenarbeiten von Fünftklässlern, wo die Korrektur der Rechtschreibung in Aufsätzen sich nur auf die ersten hundert Wörter bezieht. Kürzlich habe ich eine Schülerin kennengelernt, die immer mit der Note "Eins" in Deutsch geglänzt hat. An ihrer neuen Schule wird sie nun anders bewertet. Nun besteht die Gefahr, dass sie wegen einer Fünf im Zeugnis (in ihrem einstigen "Glanzfach") die Klasse wiederholen muss. Gerecht kann ich dieses System nicht finden. Vor allem nicht, wenn die Lehrer so frei entscheiden können, ob und wie sehr sie sich nach der umstrittenen Methode richten. So weit ich gehört habe, sind jedoch zahlreiche Schulen dabei, "Lesen durch Schreiben" bzw. "Schreiben nach Gehör" abzuschaffen. |
| Wäre | | von: hesse
erstellt: 11.04.2018 06:54:16 |
m.E. auch an der Zeit - weil es totaler Unsinn und eine völlige pädagogische Verirrung ist. Sogenannte "Bildungsexperten" scheinen häufig nicht von dieser Welt zu sein; sie sitzen scheinbar in ihrem Elfenbeinturm und merken gar nicht, was sie den Kindern mit einer solchen (kuschel?)pädagogischen "Erleichterung" antun... LG Hesse |
| unreflektiert | | von: palim
erstellt: 11.04.2018 18:40:44 |
Die sog. "Bildungsexperten" sind tatsächlich studierte Grundschullehrkräfte, die seit Jahrzehnten in Grundschulen arbeiten und vielfach SuS im Erstunterricht begleiten und ihnen Lesen und Schreiben vermitteln - auf vielfältige Weise. Ich verstehe nicht, warum andere Menschen, die keinen solchen Unterricht übernehmen, ihre Vorurteile und Behauptungen verbreiten, dies dann auch von Studierten unreflektiert als Wahrheit übernommen wird und mehr Gewicht erhält, als die Expertise der KollegInnen, die sich von Berufswegen mit diesen Inhalten auseinandergesetzt haben. Sehr deutlich wird aber in allen Diskussionen ums Lesenlernen und Schreibenlernen immer wieder, dass einseitige Wahrnehmung von LdS und extreme Beispiele verglichen werden mit einem optimalen Verlauf unter optimalen Voraussetzungen und Bedingungen anderer methodischer Möglichkeiten. Über verbesserte Bedingungen in Grundschulen muss man angesichts dieser Scheindebatte dann nicht mehr nachdenken, schließlich hat man ja in dieser Methode einen Schwarzen Peter gefunden. |
| einmal mehr danke, palim | | von: unverzagte
erstellt: 11.04.2018 18:48:18 |
deinen beitrag möchte ich fett unterstreichen und bewundere deine geduld auch mit diesem thema... |
| Die | | von: rosagestreift
erstellt: 11.04.2018 19:58:20 |
Methode hat Vor - und Nachteile, wie alle anderen auch. Vorteil: Sie kommt dem sehr unterschiedlichen Leistungstand der SuS entgegen. Jemand, der schon lesen kann, muss sich nicht an langweiligen Buchstabeneinführungen aufhalten, was aber sowieso heuzutage niemand mehr machen würde, nämlich ein Kind, das schon lesen kann genauso zu unterrichten wie die anderen. Ein anderer Vorteil: Die Kinder gehen unbefangener damit um, wenn sie selbst Geschichten schreiben sollen. Das Ganze setzt natürlich voraus, dass die Kinder keinen Dialekt sprechen und anständig deutsch können. Sonst macht es wenig Sinn. Für schwache Kinder ist die Methode auch nicht so geeignet wie für starke. Der größte Nachteil ist für mich das Akzeptieren falsch geschriebener Wörter und das Lesenüben, das meiner Meinung nach zu kurz kommt. Die Kinder sollen ja durch das Schreiben zum Lesen kommen, so dass jeder woanders steht und es bei manchen ziemlich lange dauern kann. |
| Im | | von: rosagestreift
erstellt: 11.04.2018 20:00:21 geändert: 11.04.2018 20:05:55 |
Übrigen heißt es nicht "Schreiben nach Gehör." Die Methode heißt "Lesen durch Schreiben." |
| apropos "kuschelpädagogik" | | von: unverzagte
erstellt: 11.04.2018 20:09:05 |
der umgang mit diesem begriff nervt mich ebenso wie die abwertung von sog. "gutmenschen". möglicherweise stehen die anwender dieser begriffe auf schlechte menschen und unfreundliche, kalte autoritär orientierte "pädagogen" - ich finde kuscheln toll und in der grundschule würde es ohne gar nicht gehen... |
| Interessante Diskussion! | | von: julia17
erstellt: 12.04.2018 07:41:45 |
Mit Interesse habe ich hier einige Seiten der Diskussion gelesen. Als Laie weiß man ja gar nicht, was so alles dahinter steckt... Im Grundschulwiki und bei Wikipedia habe ich ein bisschen gestöbert - dass der Schriftspracherwerb keine einfache Sache ist, habe ich mir schon vorher gedacht, aber dass es so viele Ansätze dazu gab und gibt, wusste ich nicht. Dass "Schreiben nach Gehör" in den meisten Sprachen keine gute Idee ist, ist wohl jedem klar; das bräuchte man eigentlich gar nicht zu erwähnen. Aber darum geht es bei LdS ja auch nicht. Wenn ich es richtig verstanden habe, sollen die Kinder hierbei in gewisser Weise die Erfindung des Schreibens selber nachempfinden. Man gibt ihnen die Bausteine an die Hand (die Buchstaben bzw. Laute in der Anlauttabelle), erklärt ihnen die Idee dahinter und lässt sie dann machen. Das ist genau die Art, wie Kinder lernen! Oder nicht? Und das Lesenkönnen ergibt sich dann "nebenbei", weil die Kinder dafür ja nur den Weg in die andere Richtung gehen müssen: Sie sehen den geschriebenen Buchstaben und erinnern sich an den Laut. (Etwas verkürzt dargestellt. ) So erscheint mir das "Lesen durch Schreiben" ganz logisch und sinnvoll. Die Schreibanfänger können selbst was tun (nämlich schreiben ) und dürfen sich mit Themen befassen, die sie selbst interessieren, statt mit in der Fibel vorgegebenen Texten. Ich selbst hatte eine Fibel mit Ifix und Ifine... das war nicht besonders spannend... aber ich war sehr stolz, nun endlich schreiben und lesen zu lernen! Allerdings müssen die Kinder für LdS einigermaßen gutes Hochdeutsch sprechen und verstehen, sonst sind die Wörter natürlich nie richtig geschrieben. Das ist z.B. bei zweisprachig aufwachsenden Schulanfängern sicher nicht immer gegeben! Ich denke, da liegt ein Teil des Problems: 1970, als Reichen seine Methode entwickelt hat, war die Schülerschaft in Deutschland eine andere. Wobei es damals ja ziemlich viele Gastarbeiterkinder gegeben haben dürfte. Nach welcher Methode wurden die unterrichtet? Weiß das hier jemand? Gibt es Studien zu den Erfolgen bzw. Problemen bei dieser Schülerschaft? Ein anderer Teil des Problems ist vermutlich, dass die Schreibanfänger ziemlich schnell viele korrekt geschriebene Wörter als Vorbilder und die Regeln der Rechtschreibung kennenlernen müssen, damit sich nicht zu viele Fehler einschleifen. Wer also nicht viel liest, hat vielleicht einen Nachteil. Und wenn jedes Kind andere Wörter schreibt, ist es nicht einfach für die Lehrer, für jedes zur richtigen Zeit die passende Regel oder ein passendes Vorbild anzubieten. (Abhilfe: Kleine Klassen, mehr Personal, allgemeine Entlastung der LuL usw. usf. - das ist eine andere Diskussion.) Mein Sohn ist vor etwa 12 Jahren in die Schule gekommen und hat mit Hilfe einer Anlauttabelle und Listen "lautgetreuer Wörter" schreiben (und lesen?) gelernt. Ist das die Reichen-Methode gewesen? |
| @julia 17 | | von: unverzagte
erstellt: 12.04.2018 10:59:39 |
schön, dich mal wieder zu lesen! ja, die anlauttabelle basiert auf der reichen-methode. |
| Ich unterrichte weder Deutsch, noch bin ich Lehrer an einer Grundschule, | | von: lupenrein
erstellt: 12.04.2018 12:13:11 geändert: 12.04.2018 12:15:22 |
was mir aber in der SEK I (ich komme als Rentner - Vertretungslehrer - ganz schön rum) -und zwar an der Realschule, der Gesamtschule, der Sekundarschule und an der Hauptschule - seit Jahren auffällt: Die Kids können selbst im 10. Schuljahr zum überwiegenden Teil nicht stotterfrei bzw. ohne bei Wörten des Grundwortschatzes zu stocken, lesen. Sie ergänzen nach meiner Beobachtung während des Vorlesens regelmäßig das, was im Text steht, durch irgendetwas, was sie meinen, gelesen zu haben, hangeln sich zu über 50% von Wort zu Wort ( flüssig ist etwas anderes) und sind in den meisten Fällen nicht in der Lage (!!!), den Inhalt des selbst Gelesenen wiederzugeben. Die Gründe für solch kollektives Versagen sind sicher vielfältig. Ich vermute aber, wie immer im Leben hat man Probleme, wenn die fachlichen Grundlagen nicht systematisch durch ständiges Üben (hier. von vornherein richtiges und ständig "on the fly" korrigiertes Lesen) gelegt werden. Das sind meine Beobachtungen und Vermutungen. Wenn ich meine Erfahrungen mit meiner 7-jährigen Enkelin hinzunehme, die schon ziemlich "unfallfrei" liest, weil sie gerne liest, von ihren Eltern und Großeltern schon als Kleinkind regelmäßig vorgelesen bekam, gerne Hörspiele hört, die kein Handy und keine Spielekonsolen hat und nur mit Papa, Mama oder Opa ausgewählte Sendungen sieht, die dann auch besprochen werden, und die, weil sie schon viel lesen konnte, in der Schule "erlaubt bekam", sofort richtig zu lesen, bin ich (Achtung! Vorurteil!!!) froh, daß der Kelch "Lesen durch Schreiben" an ihr vorüberging, ohne ihr Schaden zuzufügen. |
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