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Forum: "III. Geschichte zum Weiterschreiben"
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| 16.7 | | von: ines
erstellt: 29.09.2007 18:53:41 geändert: 30.09.2007 01:39:29 |
„Am Montag schon?", seufzte Florian, als er nun schon die vierte Stunde hinter seinem Schreibtisch hockend versuchte Ordnung in seine Vorbereitungen zu bringen. Er würde wieder einmal die „Frischlinge im Haus“ absahnen, das war klar. Die quatschende Meute, der man erst einmal klar machen musste, dass man nicht mit „Du“ angesprochen wird und man es nicht gewohnt ist „Du, Flori“ gerufen zu werden, sondern wie es sich gehört respektvoll „Herr Brenner“ genannt werden will. Die zweite Lektion würde sein, und das wird wie immer Wochen dauern, ihnen klar zu machen, dass mit dem Eintritt ins Gymnasium die hübsche Tafelschrift der Lehrerinnen abgeschafft sei und dass sie nur einmal pro Stunde fragen dürften was das denn da heiße was er auf die Oh-Folie gekritzelt hatte.
Schweißperlen standen ihm auf der Stirn wenn er daran dachte. Ach wie sehr liebte er seine „Großen“, auch wenn sie vom ordentlichen Sitzen keine Ahnung mehr hatten, sondern irgendwie in den Stühlen hingen. Die wussten wenigstens was Integral war und klappten nicht schon bei dem Wort „Variable“ panisch die Kinnlade herunter und in Turnen und Sport waren die Oberstufler alle so angenehm leise. Nein, sie bewegten sich nur auf ausdrücklichen Befehl und Androhung absoluter Einzelhaft in einer pädagogisch schärfer geführten Erziehungsanstalt, aber das war alles besser als die ausgelassene Horde pubertierender 12 Jähriger mit denen er vier Stunden in der Woche im Turnsaal eingesperrt sein würde- ohne Fluchtmöglichkeit!
Und dann erst die Mamas, Florian lehnte sich seufzend zurück und wippte mit der Lehne seines Schreibtischsessels.
Hatte er zu Beginn seiner Laufbahn noch geglaubt, dass die wöchentliche Sprechstunde eine wunderbare Aufreißzone sei, so hatte er im Laufe der Dienstjahre seinen Enthusiasmus gezügelt und die Realität erkannt. Das Einzige was er dort aufreißen durfte waren schriftliche Beschwerden aufgebrachter Halbzeitpädagoginnen mit autodidaktischer Wohnzimmer- und "Das haben die anderen auch so gesagt" -ausbildung, die einen wieder einmal über seine Unfähigkeit mit Kindern den richtigen Umgang zu pflegen aufklärten und im allgemeinen MÜTTER genannt wurden.
Aber wenigsten Joe würde dort sein, auf den war immer Verlass. Eigentlich völlig überraschend bei seiner Fächerkombi, war Joe das, was die Kinder „einen coolen Socken“ nennen würden und Florian grinste. Ja, auf ihn freute er sich schon und den Rest würde er auch auf die Reihe bringen.
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| 17.1 | | von: dzenata5
erstellt: 30.09.2007 18:49:13 |
Carolin musste sich beeilen! Immer wieder das Gleiche, wenn mans eilig hat! Sie verstaute die letzten Patientenakten zurück in dem Hängeschrank, überflog, mit ihren Gedanken nicht bei der Sache, noch einmal ihre letzten Übergabenotizen für die nächste Schicht, schnappte sich ihre Handtasche und hetzte nach Hause.
„Es wäre schön, wenn wir uns zuvor mal treffen könnten“ … „es haben sehr viele Frauen auf die Anzeige meines Sohnes geantwortet“…
„Was zieh ich bloß an? Was zieht man zu so was überhaupt an?“ Unsicher starrte sie ihren prall gefüllten Kleiderschrank an und es wurde ihr wieder einmal klar: nur Müll! Nichts Brauchbares dabei!
Sie setzte sich auf ihr Bett, blickte weiter in die Tiefen des Schrankes, ohne jedoch wirklich die Kleidungsstücke zu sehen und dachte nach. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Auf eine derartige Kleinanzeige eines wildfremden Mannes zu antworten! Sie schüttelte den Kopf und es wurde ihr immer klarer: „Das kann er nicht sein! Er kann nicht mich damit gemeint haben. Den sympathischen Mann, den ich da auf der Pritsche liegen hatte…“ Entschlossen klappte sie die Flügel des Schrankes wieder zu, ohne etwas herausgenommen zu haben und ging in ihre Küche. Gedankenverloren nahm sie am sündhaft teuren „Teakholzesstisch mit 4 Stühlen“, ihrer einzigen neuen Anschaffung für ihre sonst noch sehr spärlich eingerichteten, neu renovierten Altbauwohnung Platz.
„Peinlich!" Der Kerl, der die Anzeige aufgegeben hat, hat sich ja gar nicht selbst gemeldet! Seine Mutter war dran, als sie anrief. „Seine Mutter“, dachte sie spöttisch und überlegte, was für ein Typ das sein muss, dessen Mutter ihr dann auch noch anbot, ihr die Stadt zu zeigen! Wieso macht eine Mutter sowas? Muttersöhnchen? Wieso will sie sich vorher mit mir treffen? Will sie rauskriegen, ob ich gut genug für ihren verwöhnten Sohnemann bin? Das ist ja wohl das allerletzte!“
Hm! Ein kurzer Blick auf ihre Armbanduhr!
„Was solls! Ich kann immer noch einen Notfall im Krankenhaus vorschieben, wenn es mir zu blöd wird! Aber der Mutter würde ich schon mal ein paar Takte sagen wollen.“
Carolin schnappte sich ihre Tasche, kontrollierte, ob sie die Haustürschlüssel eingepackt hatte und zog die Tür mit dem Türschild „hier wohnt Dr. C. Walk“ fest hinter sich zu.
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| 17.2 | | von: keinelehrerin
erstellt: 06.10.2007 20:59:13 |
Heidrun war wie gewöhnlich fünf Minuten vor der verabredeten Zeit erschienen. Das war für sie ein reiner Akt der Höflichkeit, ein Zeichen von Anerkennung dem Anderen gegenüber. So wartete sie auf die Annoncen-Bekanntschaft vom Telefon. Waren das Zeiten, fuhr es ihr durch den Kopf, in denen sich junge, gutaussehende Staatsbedienstete Kontakte mittels einer Zeitungsanzeige suchen mussten! Ihr Junge war doch kein ausrangierter Wohnzimmerschrank, für den man in der neuen Wohnung leider keinen Platz mehr hatte. Ihr Mutterherz zog sich krampfhaft zusammen. Und wie sämtliche Mütter des Erdenrunds suchte sie die Fehler in ihrer Erziehung: Hatte sie ihn zu sehr verzärtelt? Ihn nicht lebenstauglich erzogen? Hatte er zuwenig Liebe im Elternhaus erfahren? Oder zuviel? Waren sie nicht genug auf seine Sorgen eingegangen? Musste er das Gefühl haben, dass seine Freunde nicht willkommen seien? ...... Dieses und noch mehr schwirrte durch Heidruns Kopf. So bemerkte sie die junge, attraktive Frau erst als diese sie höflich ansprach: „Entschuldiung, sind Sie Frau Brenner?“ „Ja,“ schaute Heidrun auf, „das bin ich. Und Sie sind....?“ „Carolin Walk. Wir haben miteinander telefoniert.“ Heidrun wies auf den zweiten freien Stuhl am Tisch: „Nehmen Sie doch bitte Platz.“ Beiden Frauen wars ein wenig unbehaglich zumute. Heidrun fasste es als Erste in Worte. „Es mag Ihnen sehr ungewöhnlich vorkommen und es ist auch das erste Mal, dass ich eine solche Verabredung habe.“ Um die nächsten Worte ringend knetete sie ihre Taschentuch in den Händen. „Frau Brenner, ich kann Ihnen versichern, auch für mich ist diese Situation alles andere als gewohnt. Normalerweise antworte ich auch nicht auf irgendwelche Kontaktanzeigen.“ Hier verstummte nun auch Caroline. Wie sollte sie dieser Fremden erklären, dass sie sich wie magnetisch zum Telefon hingezogen gefühlte hatte als sie die Anzeige gelesen hatte? Was ja an sich schon untypisch für sie war. „Ich kann mir auch nicht erklären, was in meinen Sohn gefahren ist....“ Carolin sah ihrem Gegenüber fest in die Augen: „Lassen wir doch mal die ganzen Entschuldigungen. Ich lese normalerweise keine Kontaktanzeigen, ihr Sohn liest keine, und trotzdem haben wir beide so Kontakt miteinander bekommen. Nennen wir es doch einfach ‚Schicksal‘ und genießen wir beide diesen Sonnentag. Was wollen Sie mir als Erstes zeigen?“ Heidrun war dankbar für die unkonventionnelle Art von Carolin und machte mehrere Vorschläge.
Im Laufe des Nachmittags kamen beide Damen unabhängig – und auch ohne dass sie es ausdrückten – zu dem Ergebnis, dass sie den Tag und die Gesellschaft der Anderen genossen hatten.
Heidrun schätze die offene Art und die lockere Unterhaltung von Caroline. Diese wiederum bewunderte das große Wissen und die Herzlichkeit ihrer Begleitung.
Beim Abschiednehmen tauschten beide die Telefonnummern aus.
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| 17.3 | | von: dzenata5
erstellt: 09.10.2007 16:48:59 geändert: 20.10.2007 19:15:25 |
Erschöpft, mit einem Glas Rotwein bewaffnet, ließ Carolin ihre müden Beine auf den Hocker fallen und machte es sich auf dem ausgesessenen Sofa, das sie von ihrer ersten Wohnung, bei jedem Umzug wieder mitgenommen hatte, weil sie sich davon nicht trennen mochte, obwohl sich die Gebrauchsspuren wirklich mehr als eindeutig nicht mehr verdecken lassen konnten, nieder.
Damit hatte sie am allerwenigsten gerechnet! Eigentlich wollte sie der Frau mal richtig die Meinung sagen, was sie von ihrem verzogenen Herrn Sohn hält, und dann war es doch einer der schönsten Nachmittage seit langem geworden. „Und Heidrun ist echt sympathisch“, dachte sie, während sie an ihrem Glas nippte.
„…. Wir sollten so was wiederholen! Es gibt hier wirklich noch sehr lohnenswerte Ziele, die ich ihnen gern zeigen möchte….“
„Ja, das sollten wir!“
Sie setzte sich aufrecht und besah sich ihr Wohnzimmer. „Also hier darf ich auch nicht wirklich Besuch empfangen! Sie wusste nicht warum, aber plötzlich wirkte ihr, gestern noch gemütliches großes Zimmer eher „zusammengestoppelt“. Als könne sie sich nichts Besseres leisten!
„Ich glaub es wird Zeit, dass ich mal was verändere, und dieses Wohnzimmer müsste wohl der Anfang sein!“ Mit neuer Energie betankt, wühlte sie in der Altpapiertonne herum. „Da waren doch Angebote von Möbelhäusern drin. Vielleicht….“
Sie hatte die Werbeangebote gefunden und breitete sie auf dem kleinen Beistelltisch, der bei ihr als Wohnzimmertisch fungieren musste, aus, als plötzlich das Telefon klingelte…..
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| 17,4 | | von: keinelehrerin
erstellt: 09.10.2007 19:20:45 geändert: 13.10.2007 07:59:46 |
„Hier Walk,“ meldete sich Caroline. „Caro, kannst du vorbeikommen. Dr. Sebastian hat sich übergeben und muss nach Hause, Frederike hat ihre Migräneanfälle bekommen – wie passend, mal wieder! – und Dr. Helm ist kurz vor Nervenzusammenbruch. Ich weis, du.....“ Hier unterbrach Caroline ihre Kollegin: „Alles klar, Martina, ich komme. Allerdings brauch ich noch eine halbe Stunde zum Duschen. Halt bis dahin die Ohren steif.“ „Ach, Caro, wie lieb von dir und...“ Den Rest hörte Caroline nicht mehr, denn sie hatte schon aufgelegt und war auf dem Weg ins Bad. Sie hoffte, dass die Wechselduschen sie für eine lange Nachtschicht fit machen würden.
So stand sie unter dem Wasserstrahl als wiederum das Telefon klingelte. Nun hatte sie keine Lust mit triefenden Haaren Wasserflecken auf dem Linoleum zu hinterlassen. ‚Der AB wird schon anspringen,‘ überlegte sie. Damit schrubbte sie sich weiter ab und verteilte etwas von der Duschcreme auf dem Körper, von der der Hersteller versprach, dass sie energetisierend und anregend wirken würde.
Als sie vor dem Spiegel stand und sich mit links fönte und mit der rechten Hand versuchte die Wimperntusche zu öffnen, hatte sie den letzten Anruf schon längst vergessen.
Erst als sie unten auf der Straße in ihren Wagen stieg, dachte sie daran, dass sie das Band nicht abgehört hatte. ‚Ach seis drum,‘ und startete das Auto.
In knapp acht Stunden würde sie es arg bedauern, die Nachricht nicht schon vorher gehört zu haben. Denn ihr Lieblingscousin Constantin kündigte an, dass er sein „Cousinchen“ mal vollkommen „unproblematisch und ohne Aufwand“ für ein „paar Stündchen oder mehr“ besuchen wolle.
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| 18.1 | | von: siebengscheit
erstellt: 15.10.2007 11:29:09 geändert: 20.10.2007 15:41:29 |
„Berlin – Hauptbahnhof“, tönte es aus vielen Lautsprechern. Constantin blickte sich um.
Menschen wuselten durcheinander wie Ameisen, doch jeder mit einem konkreten Ziel vor Augen.
Ein Stimmengewirr der unterschiedlichsten Sprachen klang in seinen Ohren.
Ein wenig verloren stand Constantin in der großen Halle des Berliner Hauptbahnhofs und sehnte sich im Stillen in sein kleines österreichisches Dorf zurück, wo der Bahnhofsleiter den Abreisenden zwar auch nicht mehr selbst zuwinkte, ihm die Reisenden völlig egal waren und kein freundliches „Servus“ mit auf die Reise bekamen, aber dennoch mehr Ruhe und Beschaulichkeit herrschte.
„Na!“, machte er sich selbst Mut, er wollte endlich einmal die richtige Großstadt erleben. Da seine Cousine Carolin seit einiger Zeit hier lebte, bot sich ihm die einmalige Chance, kostengünstig die für ihn schon ‚weite Welt’ zu erleben.
Constantin war mit seinen Gedanken und den vielen Eindrücken so beschäftigt, dass er nicht merkte, wie sich ein kleines Grüppchen Jugendlicher in seiner Nähe aufgebaut hatte und sich offensichtlich über ihn belustigt unterhielt.
Für eine Großstadt bot er wahrlich ein ungewöhnliches Bild: Lederhosen mit dicken Wollkniestrümpfen, die in derben Bergschuhen steckten, ein Filzhut auf dem Kopf und einen vollgepackten Rucksack auf dem Rücken.
Constantin blickte auf den Stadtplan, den er seit Stunden schon in der Hand hielt. Irgendwie sahen die Wanderrouten hier anders aus, aber egal: Er würde den Weg zur Wohnung seiner Cousine schon finden. Mit einem fröhlichen, aber leisem Lied auf den Lippen machte er sich auf den Weg und verließ die Bahnhofshalle.
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| 18.2 | | von: aloevera
erstellt: 15.10.2007 23:40:30 geändert: 15.10.2007 23:43:01 |
So einfach, wie er geglaubt hatte, war es nicht, sich in der Hauptstadt mit Bussen, U- und S – bahnen sowie mit Straßenbahnen auf den Weg nach Pankow zu begeben. Constantin stand vor dem großen Fahrplan und versuchte, seinen Stadtplan mit dem Plan der öffentlichen Berliner Verkehrsbetriebe zu koordinieren.
„Wat suchen se denn? Kann ick Ihnen helfen?“ ertönte eine rauchige Frauenstimme hinter ihm. Verwundert sah er sich um. „Ja, ich möchte nach Pankow, meine Cousine besuchen. Aber ich weiß nicht so recht, wie ich am schnellsten dorthin komme.“ „Rucksacktourist wa? Und zum ersten Mal in der großen weiten Welt? Na, dann woll´n wa mal. Wo wohnt denn Ihre Cousine?“ „In Pankow, sagte ich Ihnen doch schon.“ „ Ham wa vielleicht ooch ne Straße?“ Umständlich fingerte Constantin in seiner vorderen Rucksacktasche herum. Er suchte den Briefumschlag, auf dem Carolins neue Adresse stand. Den Brief hatte er kurz nach ihrem Umzug bekommen. Constantin suchte – und wurde aschfahl im Gesicht. „Ich glaub, ich habe die Adresse zu Hause vergessen. „Na, dufte. Wenn se janz Pankow zu Fuß abklappern wollen, ist Ihr Urlaub ratz fatz jeloofen.“
Constantins Gesicht hellte sich auf. „ Ich habe aber die Telefonnummer vom Krankenhaus.“ „Wieso, sind se jetzt ooch noch krank?“ Die hilfsbereite Dame schaute Constantin ungläubig an. Eigentlich wollte sie längst in der S-Bahn sitzen, aber der junge, etwas unbeholfene Mann tat ihr Leid. „Nein, meine Cousine ist Ärztin und arbeitet im Krankenhaus.“
Er reichte der Dame den Zettel mit der Nummer. „Hat Ihre Cousine denn jetzt Dienst?“
Das war die nächste Tücke. Ohne eine Antwort abzuwarten, griff sie nach ihrem Handy und wählte die Nummer des Krankenhauses, nachdem sie sich den Namen der Ärztin notiert hatte.
„Humboldt-Krankenhaus“, meldete sich die freundliche Stimme . „Tach auch. Peters mein Name. Ick hab hier einen Notfall und muss dringend Frau Doktoe Walk sprechen. Können se mich mal bitte verbinden?“ Es dauerte nicht lange, bis Frau Doktor Walk am Apparat war.
In wenigen Sätzen erklärte ihr die resolute Dame, welcher Notfall neben ihr stand. Am anderen Ende blieb es erst einmal still. Carolin Walk hatte sich auf den nächstbesten Stuhl gesetzt.
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