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Forum: "Geschichte zum Weiterschreiben (bitte höchstens 10 Sätze)"
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| 8 - 1. | | von: aloevera
erstellt: 08.05.2006 10:27:53 geändert: 08.05.2006 16:43:40 |
Es war Freitag mittag. Marion fehlte nun schon drei Tage in der Schule, und Max hielt es vor Sehnsucht kaum aus. Er hatte Nadines Rat, sie erst mal in Ruhe zu lassen, befolgt. Mehrmals am Tag rief er Nadine an um zu erfahren, wie es Marion geht.
Max hatte im Kollegium Geld für einen großen Blumenstrauß gesammelt, hatte auch einige Gute-Besserung-Briefe von Schülern aus Marions Klasse bekommen und konnte heute ganz offiziell einen Krankenbesuch bei ihr machen.
Er duschte ausgiebig, zog sich um und machte sich auf den Weg zum Krankenhaus. Er wußte, dass Marion schon aufstehen konnte und hatte vor, sie zu einem großen Eisbecher in die Cafeteria einzuladen.
Marion lief unterdessen den Flur vor ihrem Krankenzimmer langsam auf und ab, um ihren Kreislauf in Schwung zu bringen. Das ewige Liegen ließ ihre Rückenmuskulatur jubeln, der Bauch tat ihr weh und ihr Aussehen beim Blick in den Spiegel gab ihr den Rest.
Ihr Gesicht hatte die Blässe der Krankenhauswände angenommen, ihr Haar hing strähnig, formlos und wirr herum. Als sie an sich herunterschaute und die weißen Stützstrümpfe betrachtete, die sie wegen der Thrombosegefahr immer noch tragen musste, kämpfte sie mit den Tränen. Jeder Mann, der mich so sieht, würde sofort wegrennen, so unerotisch wirke ich, fluchte sie innerlich.
Nadine hatte Marion so oft es ging besucht. Die zwei mochten sich und hatten immer ein Gesprächsthema. Ein Thema war allerdings tabu: Männer und Marions Schwangerschaft.
Abgesehen davon, dass Nadine Marion sehr mochte, waren ihre Besuche auch sehr eigennützig. Sie wollte wissen, wer die Frau war, in die sich ihr Bruder verliebt hatte.
Nadine hatte nämlich vor, Europa nach Abschluss ihrer Fachausbildung zur Chirurgin zu verlassen. Sie hatte genug von Diskussionen über Gesundheitsreformen, Praxisgebühr, Streichung von Krankenhausbetten, Ärzte-Streik und deutscher Bürokratie. Sie wollte da arbeiten, wo der Patient an erster Stelle stand, dafür wurde sie Ärztin.
Schon lange erkundigte sie sich nach Möglichkeiten in Afrika, Asien und Südamerika. Und bis es soweit war, wollte sie Max im sicheren Hafen der Ehe wissen.
Sie selbst hatte für sich keine Familienpläne. Kinder kamen für sie nicht in Betracht, höchstens ein gelegentlicher Lebensabschnittspartner. Ihre Zukunft war ihre Arbeit. |
| 8 -3. | | von: aloevera
erstellt: 08.05.2006 17:03:52 geändert: 08.05.2006 20:30:56 |
Der Warnschuss kam leider zu spät. Marion rutschte auf dem glitschigen Gemisch von Kernseife und Wasser aus, fiel auf den Po und rutschte auf ihrem terrakottafarbenen Microfaserbademantel noch ein ganzes Stück den Flur entlang. Ihre weißen Stützstrümpfe waren nun in ihrer ganzen Hässlichkeit gut für jedermann sichtbar, genau wie ihr mit bunten Frühlingsblumen bedrucktes Nachthemd. "Autsch, verdammt", entfuhr es ihr. Vorsichtig tastend, welcher Knochen nun gebrochen sein mag, blieb sie wie ein Häufchen Elend mitten auf dem Flur hocken. Das Steißbein tat ihr höllisch weh und machte sie für ein paar Momente bewegungsunfähig.
Plötzlich erblickte sie auf dem Boden ein paar blauweiße Turnschuhe, in der strahlend weiße Tennissocken steckten, die in hellblaue Jeans übergingen.
Marion Blick glitt langsam nach oben, als hätte sie gerade eine Sternschnuppe entdeckt. Die Jeans verlängerten sich in ein blau-gemusterts Polohemd.
Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als ihr Blick am vermeintlichen Himmel angekommen war.
Vor ihr stand - Max! |
| 8 - 5. | | von: aloevera
erstellt: 08.05.2006 20:37:09 geändert: 08.05.2006 20:53:12 |
Das ließ Max sich natürlich nicht zweimal sagen. Behutsam half er Marion auf, legte den Arm um sie und führte sie zu ihrem Zimmer.
Siedendheiß fiel ihr ein, dass die nächste Katastrophe
vorprogrammiert war, wenn ihr nicht schnell was einfiele. "Max, gehst du bitte mal zum Schwesternzimmer und fragst nach einer Blumenvase?" hauchte sie mit hochroten Wangen. "Ich ziehe mich schnell um, ja?"
Max machte sich auf den Weg, und Marion stürzte ins Zimmer. Auf dem Nachttisch lag das Buch von Schwiegermutter Hildegunde. Der Untertitel in knallroter Farbe - Stimmungsschwankungen in der Schwangerschaft - leuchtete ihr schon von weitem entgegen. Nicht dass sie das Buch schon einmal in der Hand gehabt hätte. Hildegunde hatte die Angewohnheit, spontan hereinzuplatzen und somit lag wenigstens das Buch alibimäßig bereit.
Max wußte nichts von ihrer Schwangerschaft und auf diese Art und Weise sollte er es auch nicht erfahren.
Er hätte sich vielleicht sogar gewundert, wie sie in ihrem derzeit unerotischen Outfit zu einer Schwangerschaft gekommen war. Sie nahm das Buch, verstaute es im Kleiderschrank zwischen Schuhen und Slips, nahm einen Freizeitanzug heraus und tauschte ihn gegen ihr feuchtes Nachthemd aus. Langsam bekam sie wieder Ähnlichkeit mit sich selbst und war gerade mit dem Bürsten ihrer Haare fertig, als Max hereinkam. |
| 8 - 6 | | von: oblong
erstellt: 08.05.2006 22:43:46 geändert: 08.05.2006 23:06:01 |
Wenn Marion gewusst hätte, was sich inzwischen in ihrem nicht mehr so trauten Heim abspielt, dann hätte sie schallend gelacht oder ungläubig den Kopf geschüttelt - oder beides zugleich.
Gerade als sich Hildegunde so richtig breit gemacht hatte (Hotelzimmer seien ja sooo teuer, und jetzt, wo Marion ja verhindert sei, fehle die Frau im Haus...), da nahm Jack seinen restlichen Mut zusammen und versuchte mit seiner Mutter Klartext zu reden:
"Muttilein, hör mal..."
Doch Hildegund, die ihre Farbvorlieben offensichtlich auch auf weitere Behältnisse in ihrem Reisegepäck ausgedehnt hatte, denn sie öffnete gerade ein burgunderrotes Necessaire, ließ sich so schnell nicht das Redekonzept aus der Hand nehmen:
"Hans-Rüdiger, steh hier nicht so nutzlos rum; trag schon einmal den Trolley ins Schlafzimmer, dann kannst du dein Bettzeug ins Wohnzimmer tragen, denn dort schläfst du die nächsten Tage, gell?"
Jack aber hatte schon tief Luft geholt, und dies wollte er nicht umsonst getan haben:
"Mutti, jetzt hör mir doch zu! Marion und ich, wir machen im Moment eine schwere Krise durch ..."
"Das weiß ich doch, Bub! Wenn man einen Buben bekommt, dann sind die Stimmungsschwankungen ganz enorm, sag ich dir. Und deshalb habe ich ihr doch auch dieses fabelhafte Buch gekauft; ihr zwei lest euch schön daraus vor, und du wirst sehn..."
"Nichts werde ich sehen! Lass mich doch endlich ausreden!"
Diesen letzten Satz hatte Jack herausgeschrien, und verblüfft setzte sich Hildegund auf den Stuhl und stammelte nur: "Aber Hans-Rüdiger..."
"Nichts ist in Ordnung, gar nichts! Marion will sich eine Auszeit in unserer Beziehung nehmen. Sie möchte unsere Beziehung neu überdenken, weißt du..."
Jetzt war er doch noch ins Stottern gekommen, gerade, als er schon so schön in Fahrt war.
Doch er brauchte sich weiter keine Sorgen um die Fortführung des Gesprächs zu machen.
Völlig überraschend und in einem ihm unbekannten Ton sagte seine Mutter in die entstandene Stille hinein nur den einen Satz:
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| 8.8 | | von: keinelehrerin
erstellt: 09.05.2006 12:19:57 |
Ja, es gab einen anderen Mann in dem Leben von Marion. Und der war auch auf dem Weg zu ihr hin.
In der Schule hatte Freddy erfahren, dass Marion im Krankenschein war.
Augenblicklich verrauchte seine Wut über den erhaltenen Korb und die treue Seele machte sich auf den Weg.
Einen Krankenbesuch macht man nicht ohne ein hübsches Genesungsgeschenk und so besorgte Freddy statt langweiliger Blumen, die sowieso oft Allergien auslösen können, lieber etwas Humorvolles, denn Lachen macht bekanntlich Gesund.
Mit seinem hübsch verpackten Geschenkchen hüpfte Freddy nun die Stufen zu Marions Wohnung hoch. Während er klingelte überfiel ihn der Schalk und als sich die Tür öffnete, posaunte er: "Wegen einer läppischen Erkältung lässt du also unser Date saußen? Schämst du dich nicht, meine Liebe, mich zu versetzen?" "Junger Mann, ich bin nicht ihre Liebe, ich habe sie noch nie gesehen. Ich glaube, sie haben sich in der Tür geirrt." Grinsend stand eine burgunderrote gewandete ältere Dame in der Tür und lächelte gütig. "Ääh...Glaub ich nicht, oder doch?.... Entschuldigung. Ich wollte zu Frau Schäfer. Marion Schäfer." Augenblicklich gefror das noch mitleidig mit dem Feuer der Jugend lächelnde Gesicht in jenen Eisberg, der die Titianic versenkte. Die Stimmlage näherte sich dem Nullpunkt, dafür zogen sich aber die Augenbrauen zum Haaransatz zurück. "Doch. Sie sind hier richtig bei Schäfer. Aber ihre Unverschämtheit ist wohl kaum zu überbieten! Hier noch aufzutauchen und Hans-Rüdiger zum Hahnrei zu machen! Sie Ehebrecher! Sie .. .sie.....sie...."
Hildegundes Stimme kollerte, ihr Kehlkopf pulsierte und auch ihr Gesicht wurde allmählich burgunderrot. "Liebe, verehrte gnädige Frau. Nichts liegt mir ..... Aber so hören sie doch. Nein!...."Freddys zugebenermaßen unverständliches Gestammel konnte nicht dazubeitragen, sein Gegenüber zu beruhigen. Und auch er konnte sich keinen schlüssigen Reim auf die Vorwürfe dieser Frau machen. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb und um einen Herzanfall zu vermeiden, knallte Hildegunde diesem unmöglichen Menschen, diesem impertinenten Hans-Wurst, diesem ..... ihr fehlten nun wirklich selten die Worte, aber jetzt war es der Fall, also diesem Individuum knallte sie die Tür vor der Nase zu.
Rummms!!!
Und Freddy stand mit seinem Päckchen unterm Arm und einem irritiert-dümmlichen Ausdruck im Gesicht im Treppenhaus.
Jetzt brauch ich einen Kaffee, dachte er sich und machte sich auf den Weg. |
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