Ich kenne ja die Statistik nicht und weiß nicht, wer sie wie wann und wo erhoben hat.
Andererseits sehe ich die Schüler meiner Klassen vor mir und Kinder aus Elternhäusern, die "bildungsfern" sind, haben es ungleich schwerer, in der Schule zu lernen, weil ihnen so viele Erfahrungen fehlen, die Schule sehr oft voraussetzt.
Wenn Kinder in die 1. Klasse kommen, haben sie bereits 6 Jahre gelernt, Erfahrungen gesammelt, Fähigkeiten, Fertigkeiten und anderes geübt.
In einigen Elternhäusern kümmern sich die Eltern,
sie beschäftigen sich mit ihren Kindern,
sie zeigen den Kindern die Welt
und lassen die Kinder die Welt erforschen, entdecken etc.
In anderen Elternhäusern
ist alles egal,
es kümmert sich keiner,
die Kinder kennen keine Bücher, Zeitschriften, Zeitungen,
jegliches Interesse an irgendeiner kleinen Sache oder Fähigkeit wird zunichte gemacht,
die Kinder sind lästiger Klotz am Bein, werden vor den Fernseher gesetzt oder ins Kinderzimmer gesteckt - Ende.
Das diese Kinder einen erheblichen Nachteil gegenüber anderer Kinder haben, ist wohl offensichtlich. Sie müssen erheblich mehr lernen.
Schau die Vorschulkinder an. In Niedersachsen wird seit 3 Jahren eine Sprachüberprüfung durchgeführt. Während einige Kinder wie ein Wasserfall reden und in vernünftigen, langen, ganzen Sätzen artikulieren, was sie möchten, denken, träumen, können andere in knappen 1-Wort-Sätzen antworten. Der Unterschied ist wirklich riesengroß und ich glaube, dass es bei vielen Kindern auch daran liegt, dass im Elternhaus mit den Kindern so gut wie gar nicht gesprochen wird (Befehlston: Komm! Nimm! Hier her! Jetzt, essen!)
Da träume ich von einer Kindergarten-Pflicht. Von den Erzieherinnen weiß ich nämlich, dass Eltern, die zu oft zu Gesprächen gebeten werden, auch einfach ihre Kinder abmelden, um Ärger oder Bemühungen aus dem Wege zu gehen.
Hinzu kommt dann noch, dass auch in den weiteren Jahren die Kinder vom Elternhaus ungleich unterstützt werden und Schule kaum etwas davon auffangen kann.
Wenn Fehltage von Eltern unterstützt werden,
Familien alle 6 Monate umziehen, um den Jugendamtsbezirk zu wechseln,
Erstklässler den GANZEN Nachmittag vor dem Fernseher und PC verbringen und sich nicht bewegen (das ist nicht plakativ, das gibt es wirklich),
Eltern mehrfach 14 Tage verreisen und das 7jährige Kind in der Obhut unterschiedlicher Familien zurück lassen,
Mütter geschlagen werden, Alkoholiker-Eltern zu Hause sind ... (kommt alles vor),
dann ist es doch auch nicht verwunderlich, wenn solchen Kindern die Chance genommen wird, vernünftig zu lernen.
Hinzu kommt, dass es laut Studien so sein soll, dass Umgangsformen, auch sprachliche Ausdrucksweise etc. eliterer Schichten im Elternhaus weitergegeben werden. In Firmen und Unternehmen, die von ähnlich sozialisierten Menschen geführt werden, haben BewerberInnen aus eliteren Schichten allein durch ihr Auftreten und im Elternhaus erlerntes, eliteres Benehmen mehr Chancen. Für Menschen aus anderen Schichten, die von klein auf keine Chance haben, dieses Benehmen zu erlernen, ist es darum schwieriger.
Vielleicht beleuchten diese Sichtweisen die Statistik auf eine andere Weise.
Palim