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Forum: "Boa! Bin ich jetzt ganz daneben???"
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| Noch, emiliach, noch! | | von: lupenrein
erstellt: 13.08.2007 22:27:51 geändert: 13.08.2007 22:30:13 |
die Entwicklung in der Türkei ist nicht unbedingt so, wie du es beschriebst:
Da gab es mal den Vater der Türken, der den Laezismus (oder heißt es Laizismus? Egal!) in die Verfassung schrieb und das Militär zum Wächter darüber machte. Alle lieben Atta Türk, aber die muslimische Mehrheit in der Türkei, die überwiegend auf dem Land lebt, will den Glauben mehr nach vorn in die Politik bringen .- ein Widerspruch in sich - . Der Herr Erbakan war ein solcher Islamist, daß einem angst und bange wurde - und Erdogan ist einer seiner fleißigsten Schüler. Der ganze Kram mit Milli Görris etc hängt auch mit ihm bzw. anderen Erbakan-Jüngern zusammen
Hinzu kommt ein seit Jahrzehnten schwelender Konflikt zwischen den "europäischen" Türken in Istanbul und Umgebung, die in den letzten Jahrzehnten die wichtigsten Schaltstellen der Macht besetzten und dem erstarkten Selbstbewußtsein der Landbevölkerung.
Das Selbstbewußtsein der Landbevölkerung wird durch Erdogan repräsentiert.
Für mich ist er aber ein Wolf im Schafspelz: In die EU wollen, damit der Einfluß des verfassungsmäßigen Überwachungsrechtes der Armee eingeschränkt wird und damit das erste asiatische und vom Islam in der Politik dominierte Land in der EU wird.
Dann gibt es aber noch die Traditionalisten und die Kurden, die eigentlich ihren eigenen Staat wollen und wegen denen sowohl das Militär als auch Erdogan ziemkich aufgeregt zum Irak schielen... eine sehr explosive Gemengelage...
Kennst du den Spruch: "Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber!"?
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| Merkwürdig | | von: rhauda
erstellt: 19.08.2007 17:40:35 |
Die Positionen sind doch folgendermaßen:
a. Ein Kreuz oder ein Kruzifix in der Klasse bedrängt die Schüler/innen bezüglich ihrer religiösen Einstellung.
b. Wir sind ein Land mit christlicher Tradition und Werten und da muss es erlaubt sein, das auch an "offiziellen Wänden" zu dokumentieren.
(in Verbindung mit)
c. Es ist intolerant, den muslimischen Schülerinnen das Tragen des Kopftuches zu verwehren.
d. Das Kopftuch ist keine religiöses sondern ein politisches Statement und gehört nicht in die Schule.
All diese Dinge gehen doch am Grundproblem vorbei:
Ein Kruzifix an der Wand wird keinem nachhaltige psychische Probleme bereiten, ob mit Corpus oder ohne. Jede Vorabendsendung ist brutaler als eine geschnitzte Figur.
Ein Kruzifix wird auch keinem Moslem oder Hindu oder Atheisten schlaflose Nächte bereiten, es sei denn, es geht hier ums Prinzip, dann ist das schon wieder politisch.
Eine kopftuchtragende Muslima stört niemanden anders in seiner Entwicklung. Also sollte das Problem doch eigentlich keines sein. Oder?
Ist das wirklich so? Meiner Erfahrung nach wird das Kopftuch mehr und mehr zu psychologischen Druckmittel und zum Mittel der Ausgrenzung zwischen muslimischen Schülerinnen selbst. Vermehrt wenden sich muslimische Schülerinnen ohne Kopftuch an die Beratungslehrkraft, weil sie als Nutten und Huren beschimpft werden. Selbst muslimische Eltern, die früher nie auf die Idee gekommen wären, von ihren Töchtern das Tragen eines Kopftuches zu verlangen, meinen nun, es sei besser, weil sonst die Familie schief angeschaut wird.
Von einigen wenigen Schülerinnen wird immer mit ihrem Glauben argumentiert. Im persönlichen Gespräch geben sie jedoch häufig zu, das nur zu machen, "damit die anderen Türken mich nicht schief angucken". Mit Religion hbat das nichts mehr zu tun. Das Kopftuch schickt muslimische Mädchen in einen Teufelskreis von Ausgrenzung, Restriktion und in der Folge soziale Probleme und Bildungsabstieg.
Für mich ist und bleibt das Tragen den Kopftuches ein Mittel der sozialen Ausgrenzung und der Unterdrückung der Frau.
Es ist schon erstaunlich, dass viele unter dem Deckmantel der Toleranz hier unserer wichtigstes Grundrecht verkaufen: "Die Würde des Menschen ist unantastbar".Das geht für mich noch über die Religionsfreiheit (die ja durch das Nichttragen eines Kopftuches nicht wirklich verletzt wird).
Es ist auch erstaunlich, dass die meisten aufgeklärten Muslime in Deutschland uns Deutsche händeringend anflehen, der zunehmenden Islamisierung Einhalt zu gebieten und uns auffordern, unsere hart erkaufte demokratische sekulare Gesellschaft und die Gleichberechtigung der Frau nicht auf dem Altar der Toleranz um jeden Preis zu opfern. Intoleranz verdient kein Tolerieren.
Wenn dann jemand argumentiert, dann dürfe es auch kein Kruzifix geben, dann kann man durchaus sagen, dass das Kruzifix ja niemanden in irgendeiner Weise einschränkt, aber sei's drum.
Wenn die Entfernung von Kruzifixen aus den Klassen der Preis dafür ist, dass Mädchen nicht mehr verschleiert zu Unterricht kommen dürfen, dann kann ich damit sehr gut leben.
Im Übrigen brauche ich persönlich das Kreuz an der Wand nicht. Ich bin Christin, ob mit Kreuz an der Wand oder ohne. |
| Ich kann mich dem inhaltlich voll anschließen. | | von: lupenrein
erstellt: 19.08.2007 19:22:15 |
Und:
Die Gesetze unseres Landes gelten für alle, ob sie nun Atheisten, Mono-Theisten (welcher Art auch immer)oder Anhänger ganzer Götterscharen sind.
Aber auch:
Dieses Land hat seine kulturellen und philosophischen Wurzeln in der Vermischung vieler germanischer und christlicher - europäischer - Traditionen seit der frühen Christianisierung Germaniens.
Unsere Kultur ist geprägt von griechischen und römischen Einflüssen, von der viele Jahrhunderte dauernden Macht der Kirche, der Aufklärung und von der nach langer Zeit endlich erreichten Trennung von Kirche und Staat.
Einen "Gottesstaat" hatten wir schon mal - vor eintausend Jahren - er hieß. glaube ich, heiliges Römisches Reich Deutscher Nation und war wichtig für Europa.
Das Kreuz ist auch ein Sinnbild für die Rolle, die der christliche Glaube und die Kirche in der Werte-Entwicklung Deutschlands und Europas gespielt haben.
So hat für mich das Kreuz als Symbol in diesem Land schon eine ganz andere Wertigkeit als andere Symbole, die nicht mit unserer eigenen Geschichte verbunden sind.
Auch zu dieser Geschichte darf man sich als Deutscher ruhig bekennen.
Wenn ich ein Kruzifix sehe, dehnke ich an die Bergpredigt.
Sehe ich ein Kopftuch auf dem Kopf einer jungen Schülerin, kommen mir Zweifel, ob dieses Mädchen sich der vollen Tragweite dieses
- möglicherweise als persönliches Zeichen zur eigenen Identitätsfindung getragenen -
Symbols der Ab- und Ausgrenzung von der deutschen Gesellschaft und den mit hoher Wahrscheinlichkeit möglichen negativen Auswirkungen auf ihre eigene Zukunft wirklich bewußt ist.
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| indifferente Wertevorstellungen | | von: rhauda
erstellt: 19.08.2007 20:18:17 |
Natürlich ist das Kreuz Symbol unserer kulturellen Wurzeln. Aber auch der Davidstern würde dazugehören. Unsere westliche Gesellschaft ist nicht nur christlich, sie ist auch in großem Maße jüdisch geprägt.
Allerdings wird man mit diesen Argumenten kaum einen religionsindifferenten Menschen hinterm Ofen vorlocken. Der "Untergang des Abendlandes" findet längst nicht mehr im Verlust einer Christlichen Tradition statt. Den würden die meisten nicht einmal merken, wenn er ihnen in den Hintern beißen und laut HALLO rufen würde.
Nun ja, der Söder propagiert mal wieder eine "Leitkultur". Ich finde diesen Typen ja auch unsäglich, allerdings sind wir auch selbst schuld, wenn wir mit unserer Generaltoleranz das Thema der Entdemokratisierung unserer Gesellschaft immer denen überlassen, die rechts punkten.
Leitkultur ist doch klasse! Ich wünschte mir eine Leitkultur, die die Menschenrechte über alles stellt, das Grundgesetz achtet und begreift, dass eine Gesellschaft auch die Summe ihrer Subkulturen ist. Das heißt, dass - unabhängig von einzelnen antidemokratischen religiösen Überzeugungen - unser Deutschland ein demokratischer Rechtsstaat ist und dass diese Grundrechte über allem stehen. Darin finden sich doch die heutigen christlichen Kirchen prächtig wieder. Wer braucht da noch ein Kreuz an der Wand? |
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