|
Forum: "Wie "überlebe" ich das Referendariat gut?"
Bitte beachte die Netiquette! Doppeleinträge werden von der Redaktion gelöscht.
|
| Offener Brief an das Referendariat | | von: stumpelrilzchen
erstellt: 26.04.2008 09:58:47 |
Als ich noch im Ref war, hab ich mal einen fiktiven Brief an das Referendariat geschrieben und hier in einem Forum veröffentlicht.
Ich kopier ihn nochmals hierher:
Liebes Referendariat. Nun begleitest du mich schon über ein Jahr und es gibt einige Fragen, die ich dir schon lange stellen wollte:
1) Warum fühle ich mich so klein und ausgeliefert, seit ich dich kenne? Warum grinse und schleime ich die ganze Zeit, warum sage ich so selten meine Meinung?
2) Warum ertrinke ich und die Kinder im Methodenwahn?
Muss ich alles toll und "supi" finden, was mir tagtäglich im Seminar verklippert und verhilbert wird?
Unterrichten diese Karikatursammler in ihren Elfenbeintürmen eigentlich selber, oder schreiben sie nur teure Bücher darüber.
3) Gibt es ernst zu nehmende Studien, dass offene Unterrichtsformen tatsächlich bessere Ergebnisse erzielen, als gut gemachter Frontalunterricht? Liebes Referendariat, ich meine allerdings nicht so Studien von 2 Pädagogen mit 25 Kindern der fröhlichen Tigerentengeneration an einer Vorortschule. Nein, ich meine mit 2000 Kindern landesweit.
4) Warum können sich Ausbilder nicht auf einen gemeinsamen Konsens einigen? Warum soll ich mich beim einen im Unterricht zurücknehmen, beim anderen aber als zentrale Figur im Unterrichtsgeschehen stehen? Darf ich mich nun auf den Tisch setzen oder nicht?
5) Müssen die Kinder immer ein Problem finden, an dem sie sich im Unterricht orientieren können, oder lassen sie sich nicht auch mal gerne mit Wissen berieseln?
6) Warum haben weibliche Mitbewerber durchschnittlich bessere Noten, als männliche? Ich weiss, diese Frage mag dich ärgern, aber bitte frag doch mal herum. Schon während des ersten Staatsexamens ist das mir und anderen Studenten aufgefallen.
7) Was können Referendare/innen, die nach dem Abi gleich studieren und dann zurück gehen an die Schule, eigentlich den Kindern vom Leben erzählen.
8) Warum musste ich dir, liebes Referendariat, gerade in einer Zeit des Umbruchs begegnen, in der jeder mit aller Macht etwas ändern will, aber keiner weiss wie?
9) Wie lange dauert es noch, bis ich im Unterricht eine Kuh ausnehmen muss, damit die Kinder überhaupt noch aufpassen? Rennen die Lehrer nicht mit dem Methoden und Medienwahn nicht der schnelllebigen Fernsehwelt hinterher? Fördern nicht methodische Vulkanausbrüche die Überfütterung der Kinder mit Eindrücken?
10) Was denken sich eigentliche die Pädagogen, die so hervorragend komplizierte Schemata ihrer einfachen Theorien verfassen. Was wollen sie damit erreichen?
11) Warum ist mein Opa nicht dumm, obwohl er im Unterricht keine Methoden und Freiarbeit gelernt hat?
12) Wenn ich in zehn Jahren ein Kind auf der Strasse frage, wo der Bahnhof ist, muss es dann erst 5 andere Kinder suchen, darunter einen Gruppensprecher, einen Zeitmanager etc. wählen, um mir den Weg dann mit einem Standbild oder Plakat darzulegen?
13) Warum macht mir der Lehreralltag so Spass, aber ich habe keine Lust diesen Beruf auszuüben?
14) Züchten wir mit unserer modernen Methodik nicht nur Individuen heran, die möglichst gut in unsere Leistungsgesellschaft hineinpassen?
Liebes Referendariat, einige Fragen mögen dir sehr überzeichnet vorkommen, aber denke darüber nach und antworte mir.
Gruß,
Stumpelrilzchen |
Beitrag (nur Mitglieder) |
|
|