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Forum: "Dürfen Noten vor der Klasse bekannt gegeben werden?"
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| . | | von: ing_08
erstellt: 09.06.2008 10:29:14 geändert: 09.06.2008 10:31:17 |
warum muss das laut und öffentlich vor der Klasse besprochen werden?
Leistungsprinzip, Gleichheitsprinzip, Konkurrenz, Erziehung, Offenheit, u.a. .
Alles wichtige Punkte einer modernen Schule.
Zur Schule ohne Noten fällt mir nur "Schweden" ein, und siehe da
- es geht.
Falsch.
Schweden kennt natürlich Zensuren, zumindest ab Klasse 8; "Bestanden", "Gut bestanden", "Sehr gut bestanden"
Zudem ist die dortige Gemeinschaftsschule nicht vergleichbar, die Arbeitsatmosphäre ist eine andere als hier; einschließlich der Mentalität, wie Schule in der Gesellschaft steht, auf welcher Tradition Schule beruht und wie Schule gerade dort funktionieren soll.
Könnte sich allerdings bald erledigt haben, denn Schweden ist drauf und dran, das gesamte Bildungssystem zu privatisieren.
Davon abgesehen: Es ist wie immer amüsant, daß die strukturellen Konzepte gerne vom Tisch gewischt werden à la "Sowas kann man nicht einfach auf Deutschland übertragen." oder "Die gehen ihren eigenen Weg.", während sich freudig auf den hanebüchenden Quatsch der antiautoritären Linken gestürzt wird.
Zensuren haben in Deutschland eine wunderbare Tradition, und entfalten vernünftig angewendet deutliche Zuwächse in punkto Arbeitsqualität.
Deswegen: keine deutsche Schule ohne strenge Zensierung.
Auch Unterströmungen der Reformpädagogik sahen das nicht anders.
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| ...nochmals Noten | | von: elefant1
erstellt: 09.06.2008 11:56:29 geändert: 09.06.2008 12:03:40 |
...während sich freudig auf den hanebüchenden Quatsch der antiautoritären Linken gestürzt wird.
Bin weder anitautoritär noch Linke (was immer das heute sein mag), trotzdem bleibe ich dabei
1) dass Notenbekanntgabe vor der Klasse
a) datenschutzrechtlich bedenklich
b) meistens pädagogisch nicht begründbar
c) für manche Schüler ein Alptraum
ist.
2) dass Begriffe wie "hanebüchener Quatsch" nicht dazu geeignet sind eine sachliche Diskussion zu führen und nur der Abqualifizierung des Andersdenkenden dienen
3) die Fragwürdigkeit der Notengebung durch viele Untersuchungen immer wieder bestätigt wird
vgl. z.b. hier
http://www.4teachers.de/url/2859
4) es bei vielen Schulpsychologen unstrittig ist, dass Schulangst und Notengebung in direktem Zusammenhang stehen
elefant1
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| . | | von: ing_08
erstellt: 09.06.2008 12:34:07 geändert: 09.06.2008 12:37:20 |
Bin weder anitautoritär noch Linke
Aber die Idee der Notenabschaffung hat ihren Ursprung bei den antiautoritären Linken.
Gewisse Unterströmungen der Reformpädagogik griffen das auf, und die Idee brach sich erneut bahn während der bildungspolitischen Debatten Ende der 60er/ Anfang der 70er in Westdeutschland -
und wurde neuerlich von den antiautoritären Linken propagiert.
War doch nicht so schwer, oder?
[...] dass Notenbekanntgabe vor der Klasse
[...] meistens pädagogisch nicht begründbar ist
Tja, meistens.
Wie gesagt, Zensierung muß gut gemacht sein.
Weiter oben habe ich ja eine pädagogische Begründung gebracht,
die ich sogar selber erlebte.
dass Begriffe wie "hanebüchener Quatsch" nicht dazu geeignet sind eine sachliche Diskussion zu führen und nur der Abqualifizierung des Andersdenkenden dienen
Man könnte dem spielend leicht entgegenhalten und das ganze treffender formulieren, nämlich, daß es den Sachverhalt exakt auf den Punkt bringt.
Abschaffung von Zensuren ist gemessen an fundamentalen deutschen Schulprinzipien nichts anderes als hanebüchender Quatsch.
(Gleiches gilt für das Sitzenbleiben.)
die Fragwürdigkeit der Notengebung durch viele Untersuchungen immer wieder bestätigt wird
Statistische Untersuchungen, die stets nur das Jetzt, und damit die Innenarchitektur eines Schulsystems, quantifizieren.
Ich war eben an Schulen, wo das anders gewesen ist, was mir auch heute noch zeigt: Es geht. Es kann gehen.
es bei vielen Schulpsychologen unstrittig ist, dass Schulangst und Notengebung in direktem Zusammenhang stehen
Siehe oben - Innenarchitektur des gegliederten Schulsystems.
Ich bin auf völlig natürliche Weise von Anfang an damit aufgewachsen,
daß schulisch "volle Kanne" das Leistungsprinzip gilt,
daß Zensuren ziemlich objektiv und fast zu jeder Gelegenheit die erbrachte Leistung realtistisch widerspiegeln,
daß Zensuren eine prägnante, auf das Relevante zusammeneschmolzene Aussage über die erbrachte Leistung bilden,
daß Zensuren durch die Befähigung des Menschen zum natürlichen Zahlenbegriff eine unglaublich hohe Anschaulichkeit besitzen,
daß Zensuren meine Leistung auch ganzheitlich erfassen,
daß Zensuren über eine erhebliche erzieherische Kraft verfügen und diese geltend machen können,
daß Zensuren zahlenmäßig ausgedrücktes Lob bzw.
ausgedrückter Tadel sind,
daß Zensuren etwas Endgültiges haben und das strenge irreversible Resulatat eines Prozesses darstellen,
daß Zensuren mich individuell im "Kollektiv" (so hieß das damals) positionieren und mich auch aus dem "Kollektiv" hervorheben können,
daß Zensuren hohe Anerkennung bedeuten, wenn sie gut ausfallen,
daß Zensuren hohe Hilfsbereitschaft meiner Mitschüler bedeuten, wenn sie schlecht ausfallen,
daß Zensuren, ob gut oder schlecht, nicht das Ende aller Weisheit sind, sondern nur Meilensteine auf dem weiteren Weg,
daß Zensuren hohe Vergleichbarkeit innerhalb der Klasse, innerhalb der Schule und innerhalb des Landes gewährleisten,
daß Zensuren immer etwas Positives sind,
daß Zensuren Ehrlichkeit und mehr noch Aufrichtigkeit heißen,
daß der Lehrer viel Geist in unsere Zensierung gesteckt hat, sich also auch dabei für uns engagiert,
usw. usw. usw. usf.
Wenn das bei euch nicht so funktioniert hat bzw. nicht so funktioniert, ist das euer Pech.
Der logische Schluß ist daraufhin jedoch nicht, Zensuren abzuschaffen, sondern die Zensierung einer Neuorientierung & Verschärfung zu unterwerfen.
Poetisch könnte man auch sagen, daß vernunftvoll erteilte Zensuren wie Antaios auf der Erde stehen.
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| @unverzagte | | von: ing_08
erstellt: 09.06.2008 12:54:31 geändert: 09.06.2008 12:57:22 |
in allen bildungstheoretischen diskussionen bezüglich der frage, was schülerInnen heute lernen sollen, erlangen die sog. "soft-skills" [...] einen wachsenden stellenwert.
Achso. Jetzt tut sich natürlich der Himmel auf;
das Licht der Erkenntnis stürzt auf mich ein --
wenn mir das nur jemand eher gesagt hätte!
Zum Thema bildungstheoretische Diskussion:
Das erinnert mich an ein Zitat von Bertrand Russell.
"Auch wenn alle einer Meinung sind,
können alle unrecht haben."
Gerade die Überbetonung der "soft-skills" auf Kosten der Allgemeinbildung, des Fachwissens und des Systemwissens wird zunehemend beklagt.
der unterricht MUSS kooperation fördern!
Zensuren bzw. aus dem Leistungsprinzip resultierende Konkurrenz steht dem überhaupt nicht im Wege.
Wir waren untereinander hilfsbereit, freundlich, aufgeschlossen - gerade WEIL jeder von jedem die Zensuren wußte, und WEIL streng benotet wurde.
Es war ein durchaus amibvalenter Umgang.
Selbstverständlich kochte auch hin und wieder Mißgunst hoch, doch erstens wurde sowas von der Klassenlehrerin rasch unterbunden und zweitens waren wir Kinder, die wieder zur Besinnung kamen und einzusehen vermochten, daß nicht immer alles nach dem Kopf des Kindes im Leben geht; es galt mit Versagen genauso umzugehen wie mit Triumph.
Über alles gesehen war es ein freundschaftlicher, das Wohl des anderen respektierender Umgang zwischen uns.
Das ist Erziehungssache -
wer Kinder auf die Ablehnung von Noten trimmt, braucht sich nicht wundern, wenn dann die Ablehnung auch auf dem Fuße folgt, mitsamt Spannungen, ausufernden Konflikten, Schulangst und weiß der Geier was.
Hausgemachte Probleme sind das, verursacht durch eine falsche Sichtweise auf Zensierung.
Daß Du Noten so bezweifelst, liegt also an Deinen einseitigen Erfahrungen bzw. an der einseitigen Deutung dieser Erfahrungen.
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| Soft Skills | | von: elefant1
erstellt: 09.06.2008 12:55:33 |
Anbei ein Link der des Links-Seins ziemlich unverdächtig ist:
http://www.4teachers.de/url/2860
Ich empfehle den Punkt "Einfühlungsvermögen";
Spitzennoten allein sind nicht mehr alles:
http://www.jobscout24.de/content/k0059.html
@ing
ich könnte deiner zweifellos für dich sehr positiv verlaufenen Schulzeit (Über-Identifikation) 27 Jahre Lehrkraft-Dasein entgegensetzen; trotzdem könnten wir keine objektive Diskussion führen, da persönliche Erfahrungen immer nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit spiegeln
du hast gute Erfahrungen mit Notengebung - na prima
ich kenne zig Gegenbeispiele - na und.
Das bringt nicht wirklich weiter.
elefant1
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