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Forum: "Bin ich ein Snob?"
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| Irgendwann | | von: ysnp
erstellt: 13.01.2010 20:51:02 geändert: 13.01.2010 21:52:35 |
wird der Genitiv ganz aus der Sprache verschwunden sein - in der gesprochenen Sprache ist er so gut wie nicht mehr vorhanden, trotz des viel zitierten Buches.
Wir Lehrer sind die letzten Bastionen Sprache zu bewahren - ich erinnere z.B. an die Begriffe anscheinend - scheinbar, deren Unterschied wir nur verstehen, wenn wir ihn eingebleut bekommen.
Sprache ist etwas Lebendiges, Altes verschwindet, Neues kommt dazu. Die Sprache bleibt dann gewählt, wenn wir die Schüler dazu motivieren können, sprachlich "hochwertige" - und da gibt es schon bei den Kinderbuchautoren enorme Unterschiede - Bücher/Texte zu lesen. Allerdings müssen wir heute mehr denn je gegen den Zeitgeist arbeiten.
Mit der Rechtschreibung muss ich euch Recht geben: Gerade ein Lehrer sollte sich mit der korrekten Rechtschreibung befassen, wenn er es nicht tut, wer dann? Kaum einer beherrscht heutzutage - außer den Lehrern, die es ja wissen sollten - den souveränen Umgang mit ss, ß und s, dabei ist es so einfach, wenn man ein bisschen nachdenkt.
Zur Literatur:
Mal ganz naiv gefragt: Welchen Nutzen habe ich eigentlich vom Erlkönig? Ich musste das Gedicht früher auswendig lernen; es verleitete geradezu zum Umdichten während der Unterrichtsstunden (wahrscheinlich als Gegenreaktion zur düsteren Aussage). Ansonsten: Kann ich aus diesem Gedicht tolle Erkenntnisse ziehen? Spornt es mich an zu kreativem Tun? Wenn ich nicht weiß, von wem der Erlkönig geschrieben ist, kann ich es ja nachschlagen, macht mich das Wissen um den Autor glücklicher?
Fühlt euch bitte nicht angegriffen - ich stelle meine Gedanken einfach einmal neutral in den Raum. |
| Moooometn mal! | | von: rhauda
erstellt: 13.01.2010 22:11:50 |
Mal ganz naiv gefragt: Welchen Nutzen habe ich eigentlich vom Erlkönig? Ich musste das Gedicht früher auswendig lernen; es verleitete geradezu zum Umdichten während der Unterrichtsstunden (wahrscheinlich als Gegenreaktion zur düsteren Aussage). Ansonsten: Kann ich aus diesem Gedicht tolle Erkenntnisse ziehen? Spornt es mich an zu kreativem Tun?
Umdichten ist kein kreatives Tun?
Übrigens habe ich es als Schülerin geliebt, Gedichte zu lesen, besprechen und auswendig zu lernen.
Ich kann mich noch erinnern, wie wir den Erlkönig und Droste-Hülshoffs "Der Knabe im Moor" lernen mussten. Wir haben damals auch Bilder gemalt, alle Ton in Ton, nebelverhangene Fantasiegestalten geschaffen, über Ängste geredet, über Einbildungen.
Ich bin übrigens der Meinung, dass es einen Kanon an Lyrik geben sollte, den jeder Schüler auswendig kennen sollte. Rezitieren zu lernen, mit Sprache anderer umzugehen gibt auch ein Gefühl für die Schönheit und Reichhaltigkeit unserer Muttersprache.
Mal anders gefragt: Was sollen wir eigentlich noch alles nicht lernen, nur weil es keinem sofortigen Zweck dient im Sinne von "instant gratification"? |
| DDR-Erlkönig | | von: volleythomas
erstellt: 13.01.2010 22:44:52 |
Der Erlkönig wurde zu DDR-Zeiten übrigens gern in der folgenden Fassung verwendet - wohl als Form des (geistigen) Widerstandes und als Ausdruck der Unzufriedenheit (die ja heute oft geleugnet und verdrängt werden):
Wer kriecht so spät durch Kraut und Rüben?
Es ist der Honi, er will nach Drüben.
Er erreicht die Mauer mit Müh und Not,
Er tritt auf ne Mine - und Schwupps, isser tot...
Meine eigenen Erfahrungen mit dem Thema sind, dass es mich früher wenig interessiert hat, was ich auswendig lernen musste. Man hat es gemacht und gut. Heute erwische ich mich oft, wie ich über ein altes Gedicht nachdenke "Wie war das denn gleich nochmal...?". Ich würde es vermissen, wenn solche Gedichte verschinden würden, weil sie ja "keinen praktischen Nutzen" im Sinne der Berufsfindung haben, der sich ja an den Hauptschulen irgendwie alles beugen muss.
Ähnliches erzählen mir übrigens auch ehemalige Schüler, die später (nach der Schule) komischerweise gern die Gedichte wieder rauskramen und auch mal rezitieren - auch wenn man immer wieder hängen bleibt und man Hilfe der anderen braucht.
Th
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