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Forum: "Unaufmerksamkeit"
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| Aber es ist problematisch, | | von: ninniach
erstellt: 13.09.2004 19:11:17 |
wenn man diese Einstellung unter allen in der Klasse unterrichtenden Kolleginnen als einzige vertritt. Zwei Stunden pro Woche sind schrecklich wenig und führen zu ungefähr gar keiner Entwicklung. Ich stelle es mir für die Kinder auch sehr verwirrend vor, wenn ich da reinkomme (übrigens werde ich auch regelmäßig von der Klassenlehrerin vor den Kindern als Anfängerin in meiner Autorität und meiner Kompetenz untergraben), sie zu etwas verpflichte, was sie ziemlich (über-)fordert und danach die nächste Lehrerin ihnen wieder die komplette Verantwortung abnimmt.
Es ist wirklich eine ziemlich krasse Situation, denn auch mir hat diese Kollegin gar nicht erst erklärt, wo ich vielleicht eine Blumenvase finden könnte, sondern lieber gleich die Blumenvase geholt. Wenn sie schon mit mir so umgeht, dann wird das in ihrem Unterricht noch viel stärker so sein. Das kriege ich halt irgendwie dann einfach nicht komplett weg in meinen Stunden. Die Klasse ist übrigens sehr zufrieden, wenn wir gemeinsam an der Tafel neue Vokabeln erarbeiten oder wenn sie ein Arbeitsblatt bearbeiten können.
Ich glaube bei allem Idealismus wirklich nicht, dass ich große Chancen habe, mit meinem Unterrichtsstil diese Klasse zu verändern. Dazu sind die Muster viel zu festgefahren. Deshalb habe ich mich auf die Suche nach einem Kompromiss gemacht, mit dem sowohl ich, als auch die Klasse leben kann. So schade das wirklich im Englischunterricht ist, aber ich plane inzwischen häufig für diese Klasse eher geschlossene Situationen. Es kann ja auch nicht sein, dass Stunde um Stunde vergeht, ohne dass die Schüler etwas lernen können, sei es jetzt der Stoff oder der Umgang mit der Selbstverantwortung; ich möchte den Schülern wenn beides nicht geht, dann doch zumindest eins von beiden anbieten. Wirklich zufrieden bin ich damit selbst nicht. Natürlich ist mir sehr wohl bewusst, dass das Problem weniger die Klasse, als die Klassenlehrerin ist. ;)
Im Übrigen ist die Klasse an der Schule, die die meisten Freiheiten geniest und am wenigsten streng geführt wird, meines Erachtens eine der leistungsstärksten. Wenn man Kindern einfach ein Angebot macht und sie arbeiten lässt, ist es ganz erstaunlich, wie begeistert und wie viel sie arbeiten. Im Englischunterricht ist das leider auch nur sehr eingeschränkt möglich, denn nicht in jeder Schule stehen ausreichend Computer/Kassettenrekorder zur Verfügung, so dass immer dann, wenn neuer Wortschatz eingeführt wird, eben doch alles am Lehrer hängt. |
| Ich weiß nicht, | | von: helmesberger
erstellt: 13.09.2004 22:10:26 |
ob die Frage von kfmaas an mich gerichtet war, aber ich habe 17 Kinder in der Klasse (11 Jungen und 6 Mädchen). Ich kann alles nutzen, was in der Schule zur Verfügung steht: Schulhaus, ein leerer Klassenraum, Schulhof etc. (Leider keine Turnhalle). Habe ich auch alles schon genutzt mit mäßigem Erfolg. Die Kinder folgen selten dem Spielverlauf oder den Aktionen, die gerade geplant waren.
Ein paar Fragen an Rolf: wie verhalten sich deine Kinder, wenn sie auf einmal mit einengenden Situationen konfrontiert werden? Bietest du Material und Anregungen für alle Fächer gleichzeitig an? D. h. machen die Kinder in einem Raum gleichzeitig Mathe, Musik, Deutsch etc. Wie stellst du sicher, dass jedes Kind wirklich alles das auswählt, was es auch braucht. Wie kommen deine Kinder an den weiterführenden Schulen klar? Wenn ich den Kindern in einem ersten Schritt mehrere verschiedene "Arbeitsecken" zur Verfügung stellen würde kann ich mir nicht richtig vorstellen, dass sie wirklich von alleine und verantwortungsbewusst an die Arbeit gehen. Wie kann man die Kinder da heran führen? Heute ist mir wieder aufgefallen, dass sie eigentlich schon ziemlich abgestumpft sind, wenn mit ihnen geschimpft wird (was von der Klassenleiterin sehr häufig vorkommt). Mir geht es aus diesem Grund wie meiner Vorgängerin (ninninach?), ich komme mit ihnen nur klar, wenn ich mit gewissem Druck Aufgaben verteile und durchziehe. Hat heute sehr gut geklappt und war gut für meine Nerven aber schlecht für mein gutes Gefühl, einen vernünftigen Englischunterricht abzuhalten. Erklärst du überhaupt irgendwelche Sachen oder wartest du immer, bis die Kinder mit Fragen zu dir kommen? Ich hätte sicher auch noch tausend Fragen, aber ich beschränke mich mit diesen hier. Gruß, Helmesberger |
| @ helmesberger | | von: kfmaas
erstellt: 13.09.2004 23:17:00 geändert: 13.09.2004 23:32:38 |
hast du schon mal was von "Lernen durch Lehren" gehört? Google mal mit dem Stichwort "Jean-Pol Martin" oder "Ldl". Bringe mal den Stoff einer kleinen Gruppe bei, die ihn dann den anderen beibringen müssen.
Wieso machst du dir Sorgen um den Lernfortschritt, du musst sie zuerst mal ans Lernen bringen, dann geht alles andere von selbst (oder fast )
Wenn du instruktiv arbeiten willst, dann musst du inszenieren - mit Requisiten, Klappe, Klingeln, Kostüme etc., oder du läßt konstruktivistisch arbeiten, d.h. die Schüler konstruieren ihr Lernen selbst und du gibst die Hilfsmittel. Hast du mal gefragt, wieviele Schüler einen Walkman haben? Ob die den auch in der Schule benutzen würden? Ob es einen Vater gibt, der die Kassettte für alle überspielen kann? Ob ihr selbst eine Tonaufnahme machen könnt, die besser ist als die kommerzielle Kassette, ob ihr Jeopardy spielen könnt, das ihr selbst erfindet mit den Wörter, die gelernt werden sollen, oder einen Camcorder, irgend etwas, das die Kids auch wollen. Wenn du sie dann mal hast, einen Elternabend als Präsentation festgelegt hast, dann dürfte die Sache laufen.
Bisher scheint mir die Verantwortung falsch verteilt zu sein: Du hast die Verantwortung und die Schüler haben Spaß. Das musst du rumdrehen - zuerst im Kopf (Hast du Spaß beim Unterricht? - die Kids merken sowas!), dann im Umgang (Hast du mal deinen Fokus nur darauf gelenkt, was gut, effektiv, gelungen etc. ist? - während du diejenigen, die sich in unerwünschten Bahnen betätigen durch Nichtbeachtung frustrierst, statt sie laufend durch besondere Beachtung zu bestärken!) und dann durch die Methode (aber die verliert dann meist ihre Wichtigkeit, wenn der Rest stimmt).
Und was die Überprüfung des Lernfortschritts angeht:
Mach mal eine Casting Show - aber halte dich selbst zurück - lasse Gütekriterien entwickeln und anwenden - und dann lasse alle antreten - jeder ist mal Jury oder Gecasteter (komisches Wort)
LG kfmaas
p.s. Jetzt ist mein Beitrag auch so lang geworden - scheint an diesem Forum zu liegen |
| hallo helmesberger, hallo kfmaas | | von: rolf_robischon
erstellt: 14.09.2004 09:13:21 |
erst die vielen fragen: vieles davon ist eigentlich auf meiner website gezeigt. ja ich hab alles gleichzeitig im zimmer gehabt. ja die kinder konnten sich darauf einstellen, dass sie eingeengt wurden. eine kollegin, die über meine arbeitsweise nur ihre theorien hatte, bat mich vor vertretungsstunden, den kindern zu sagen, dass sie das sagen habe. lernfortschritte hab ich gesehen beim zuschauen und zuhören und zur beruhigung der eltern gab es außerdem komplett ausgewertete (rechensicherheit oder rechtschreibsicherheit in prozent) arbeiten. diktate z.b. in drei verschiedenen "ligen": wendediktat, laufdiktat, "richtiges" diktat. das war auch in der auswertung so zu lesen. kinder haben sich ihre liga selber ausgesucht.
vielen dank kfmaas, du stellst die ganze geschichte auch aus einem anderen blickwinkel dar. zur mathematik bin ich übrigens beteiligt an einem LdL-Forum.
ich bin gespannt wie es hier weiter geht. wie man sieht, bin ich zwar jetzt den zweiten tag völlig ohne "eigene" schule, dafür immer noch voll mit schule gefasst. |
| nur mal so als kleine anmerkung | | von: jamjam
erstellt: 14.09.2004 11:12:44 geändert: 14.09.2004 11:18:56 |
ich unterrichte nun überhaupt nicht an grundschulen, habe aber einen sohn in dem alter, den ich immer möglichst viel selbständigkeit gewährt habe. der beschwert sich über die kinder die immer dazwischen quatschen und nicht im unterricht mitmachen.
vielleicht ist es einfach so, dass einige/viele kinder nie gelernt haben, für sich verantwortung zu übernehmen. ich würde versuchen, ihnen die möglichkeit zu geben, auch wenn dann der stoff eine weile zu kurz kommt. lass ihnen zeit. eigentlich wollen die kinder lernen, wenn ihnen aber ständig durch verbote ihr eigener lernweg verbaut, wird suchen sie sich nicht immer einen anderen, sondern geben auf.
ich weiss so etwas ist leicht gesagt. ich habe erschreckenderweise ziemlich ähnliche probleme mit einigen klassen, wie die die hier geschildert wurden: nur sind meine schüler über 16!
Es macht mich wütend auf die erziehung, die diese schüler erfahren haben. Und darum meine ich, es ist jeden Versuch wert, daran etwas zu ändern.
Natürlich ist das Referendariat eine Ausnahmesituation, in der es kaum möglich ist so radikale änderungen (und rolf, in unserem schulsystem ist dein guter unterricht leider noch radikal) in eigeninitiative durchzuziehen. mein tipp versuche einfach so viele elemente wie möglich davon einzusetzen, und finde einen anerkannten didaktiker, den du bei kritik zitieren kannst.
bedenke. niemand erwartet von einem referendar, dass er "genauso effektiv" (meint inhaltlich gehaltvoll) arbeitet wie ein gestandener lehrer. am wichtigsten ist doch deine gewissheit, dass dein weg zu mehr freiheit und selbstverantwortung der richtige und effektivste ist.
und zum schluss:
messe deine leistung nicht an vokabeln!!! sondern an der entwicklung, die die kinder über einen langen zeitraum machen. ein erfolg ist es, wenn sie dich von selber nach vokabeln fragen, nicht, wenn sie diese auswendiglernen, damit du zufrieden bist.
widerstand, lärm und kindliches spielen ist ein zeichen von vertrauen in deine person nicht von missachtung und respektlosigkeit!!!
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