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Forum: "zwei jungs, neunte klasse, null bock haltung"
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| arrogante schmusepädagogik | | von: lisebise
erstellt: 23.11.2004 22:02:22 |
habe heute abend eure beiträge gelesen und mich nach und nach immer mehr über rolfs reichlich arrogante art geärgert. auch dir, cvalda, scheint es sehr klar zu sein, dass nicht nur du mit den schülern probleme hast sondern die schüler auch welche (zuhause, mit schule, mit dir als lehrerin, mit unterricht?) haben. grundsätzlich sind wir aber auch auf die akzeptanz der schüler angewiesen - die sind einfach nicht in der schule, um dort in erster linie zu zeigen, was sie "sonst noch" oder überhaupt "am besten" können und sich auf diese weise zu profilieren. ich würde die klasse einmal einbeziehen, nicht um die störenfriede klein zu machen sondern damit den jungs deutlich wird, dass sich solche störungen auf das gesamte klassenklima auswirken. wie sollen sich die anderen beteiligen, untereinander verständigen, sich zuhören, wenn einige den unterricht zerfetzen, weil sie schule gerade nicht so wichtig finden? wie reagieren denn die anderen klassenmitglieder?
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| hallo lisebise und rolf, | | von: cvalda78
erstellt: 24.11.2004 10:24:44 |
eine sehr engagierte Kollegin und ich sind im moment dabei, ein klassengespräch in angriff zu nehmen, um zu erreichen, dass die klasse einmal offen miteinander spricht und alle sich äußern können zur momentanen situation.
der mobbing-fall in dieser klasse, die jungs, die permanent nach aufmerksamkeit suchen und deshalb den unterricht stören - das alles passiert ja nicht im lufleeren raum, sondern viele aus der klasse, die nicht so lautstark ihre meinung kundtun, werden nicht gehört. also wollen wir versuchen, eine situation zu schaffen, in der jeder, der reden möchte, das auch tun kann und vielleicht dadurch die spannungen ein wenig rauszunehmen.
wir müssen noch einen termin finden. das ist gar nicht so einfach.
ich werde über den fortgang berichten.
@lisebise:
ich glaube nicht, dass rolfs pädagogik eine schmusepädagogik ist. ich finde im gegensatz seinen ansatz sehr interessant und würde gern mehr davon umsetzen und leben.
es scheitert an meiner eigenen angst, an rahmenbedingungen, an unsicherheit. aber ich glaube nicht, dass man so darüber urteilen kann, wie du es tust.
ganz unrecht hast du natürlich auch nicht. ich möchte auch von den schülern akzeptiert werden. aber ich glaube schon, dass wir in der pflicht sind, erst mal ihnen akzeptanz entgegenzubringen. ansonsten werden sie es uns gegenüber auch nicht tun. nicht alle kinder haben familiäre verhältnisse, in denen sie akzeptanz erfahren.
cvalda |
| hallo rolf, hallo cvalda | | von: lisebise
erstellt: 24.11.2004 15:06:02 |
lieber rolf, mir kam dein "an mir kannst du sehen, dass es immerhin möglich ist" schon sehr überheblich vor. tatsächlich habe ich deine beiträge sicherlich nicht aufmerksam genug gelesen, das aber heute noch einmal versucht. nein, grundsätzlich bin ich nicht gegen deine einstellung, was selbstverantwortliches lernen betrifft, ich meine nur, dass die praxis uns grenzen aufzeigt. neuntklässler, das sind pubertierende! Die suchen Reibungsflächen, zu Hause, in der Schule, überall. Die kannst du nicht einfach als "selbstverantwortlich" betrachten und sie sich selbst überlassen. Sie nehmen nicht "lernangebote wahr" sondern reagieren ihren frust an mitschülern und lehrern ab, vor allem, wenn sie schwierige biografien haben. sie sind immerhin wer, wenn sie "bad boys" spielen. wenn du nicht rechtzeitig richtig reagierst, ziehen die alle anderen mit und in ein paar wochen breitet sich die null-bock-haltung wie ein steppenfeuer aus und keiner traut sich mehr interesse an wasauchimmer zu zeigen. du bist als lehrer niemals nur einer, der lernangebote und informationen bereitstellt. du bist als person da, als erwachsener, als orientierungspunkt. sie wollen mit dir streiten, sich auseinandersetzen, manchmal wollen sie auch hilfe und manchmal ist es gut, wenn du ihnen den kopf wäschst. sie lernen in der schule nicht in erster linie unterrichtsinhalte und lernmethoden sondern wie man sich in gruppen verhält. und ich meine nicht, dass wir uns da ausklinken können und es der klasse überlassen, wie sie mit störenfrieden verfährt. ich finde, wir sollten uns einmischen und ich finde auch, dass wir verantwortung für die schüler übernehmen müssen. das, meine ich, gehört mit dazu, wenn wir sie ernst nehmen und auch von ihnen ernst genommen werden wollen. man muss nicht das schulsystem revolutionieren, um das zu tun sondern unsere umgangsformen miteinander.
liebe grüße (und nichts für ungut, das geht an rolf ), lisebise
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| latest news - leider nix gutes | | von: cvalda78
erstellt: 26.11.2004 16:47:36 |
zu berichten.
erst mal die guten nachrichten: nächsten donnerstag werden eine kollegin und ich ein gespräch mit mobbingopfer und täter führen und wir hoffen, dass sich die fronten dadurch beruhigen.
Dafür gab es heute in meiner Deutschstunde eine äußerst brenzlige Situation.
ich schildere mal: Gruppenarbeit. alle arbeiten. einer der schüler, über die wir hier die ganze zeit debattieren, musste mit einem zusammenarbeiten, mit dem er nicht so gut kann. sie waren nicht allein, noch ein dritter schüler war mit in der gruppe.
ich hörte immer schon, wie sie über andere dinge reden, als über den arbeitsauftrag und es klang auch nicht entspannt. aber ich mischte mich nicht ein.
als ich gerade einer mädchengruppe half und eine bank neben ihnen stand, holt s. plötzlich aus und gibt f. eine ohrfeige!!!
ich dachte, ich sehe nicht richtig. vor allem war er auch noch fuchsteufelswild und ich bin mir sicher, wäre ich nicht eingeschritten, hätte sich die zwei geschlagen.
also habe ich s. aus dem zimmer geschickt zum direktor und f. wurde kurz darauf auch geholt.
der direktor hat mit ihnen geredet, aber wie das in so einer situation ist - keiner redete außer ihm.
jetzt muss ich beiden jungs einen verweis ausstellen. f. weil er s. provoziert hat - auf wirklich unglaublich gemeine weise, von der er genau wusste, dass sie s. ausrasten lässt. und s. für die ohrfeige und dafür auch einen verschärften verweis. als ich den heute in seine schülerakte eintragen wollte, sah ich, dass er in diesem monat!!! mit meinem verweis drei !!!!stück bekommen wollte. irgendjemand wollte wissen, dass er auf die art von der schule fliegen will. er habe wohl keinen bock mehr hier zu sein.
dazu muss man wissen, dass ich an einer privatschule unterrichte und schüler, die den schulvertrag missachten wirklich gegangen werden können, was ja an staatlichen schulen nicht so einfach geht.
ich kann also davon ausgehen, dass mein verweis nichts bringt. außer größeren frust.
auf der anderen seite hab eich auch langsam keine lust mehr. ich bin so erschöpft. immer führe ich gespräche. immer wird sowas an mich herangetragen und ich rede und setze mich ein und rede und kaum hat man den einen konflikt beigelegt, gibt es schon den nächsten.
es gibt so viele kollegen, die sich einfach nur raushalten und sich auf die art ein einfaches leben machen. die ignorieren die probleme und warten, dass sie sich von selbst regeln.
ich weiß inzwischen gar nicht mehr, was ich falsch und was richtig mache.
zusätzlich zu den problemen in dieser klasse kriselt es seit geraumer zeit auch gewaltig in meiner eigenen klasse und ich muss dort nächste woche auch ein (hoffentlich) klärendes klassengespräch führen.
hat jemand von euch für solche situationen eine gute idee für das vorgehen? ich bin dankbar für tipps. die situation ist im moment so angespannt in der klasse, dass ich davon ausgehen muss, dass keiner seine meinung offen sagt, aus angst davor, was nach dem gespräch passiert.
es werden federtaschen weggenommen und versteckt. tennisschläger durchs klassenzimmer geworfen. ranzen und klamotten mit kreide bemalt. heute habe ich erfahren, dass auch hakenkreuze dabei waren - bei den schmierereien. sobald der lehrer sich umdreht, um an die tafel zu schreiben, werden bestimmte schüler mit papierkügelchen oder mit radiergummistücken beworfen. jede ermahnung des lehrers wird kommentiert. ermahnt man den kommentierenden wird das auch wieder kommentiert und es wird gelacht bzw. gegrinst.
und all das nciht von einem festen kreis von schülern, die man sich einzeln rausziehen könnte, um mit ihnen zu reden, sondern von wechselnden schülern, die ansonsten ganz vernünftig sind. es hat viel mit gruppendynamik zu tun und sicher auch damit, dass in meiner klasse 23 jungs und nur 4 mädchen sind. sie müssen so cool sein, dass sie gar keine zeit mehr für anderes haben.
inzwischen ist es so weit, dass ich anonyme (!!!) zettel in meinem fach habe von schülern aus meiner klasse, die darum bitten, dass ich was unternehme, aber ihren namen wegschneiden, damit niemand erfährt wer das gesagt hat. es kommen eltern in meine sprechstunde und erzählen mir, wie bedrückt ihr kind nach hause kommt und dass es zu hause erzählt, dass es nicht mehr so in der klasse ist wie letztes jahr und das schule jetzt keinen spaß mehr macht.
ich weiß nicht so recht wie ich diese gruppendynamik verändern kann. und ich mich macht diese sache auch persönlich so betroffen und traurig, dass ich das schlecht trennen und objektiv sehen kann.
vielleicht habt ihr ideen?
ich bitte um überlegte antworten, da ich sehr dünnhäutig bin im moment.
habt dank. fürs lesen und für euer verständnis.
lg
cvalda |
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