Liebe Nora,
ich sags mal so: ich bin auch eher ein "grenzenloser" Typ - auch ich neige zu emotionalen Spontanausbrüchen gegenüber den Mentees und sehe es als Teil meines Jobs, auch auf einer emotionalen Ebene ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Ehe das Ganze jetzt unreflektiert wirkt: ich arbeite deswegen meist mit dem anderen Mentor eng zusammen und wir teilen uns die Betreuung in der Regel bewusst nach den zu uns passenden Rollen...
Dennoch ist es zuweilen so, dass sich aus der emotionalen Bindung heraus eine vor allem für den Mentee schwer zu differenzierende (weil als solches unbekannte) Beziehung ergibt, die unterbewusst mit Hoffnungen und Ansprüchen einher geht. Dann ist spätestens der Zeitpunkt, ein wenig (!) auf Distanz zu gehen. Und zwar selbst dann, wenn man als Mentor auch nur das Gefühl hat, es könne so sein. Diese auf eineinhalb Jahre angelegte, sehr künstliche Beziehung ist einfach eine stete Gratwanderung. Einerseits möchte man jungen Kollegen und Kolleginnen, mit denen man sich sehr gut identifizieren und in die man sich noch sehr gut einfühlen kann, Halt und Mut geben - andererseits ist klar, dass man sie bewerten muss und zur Selbsttätigkeit befähigen soll. Schwierig! Insbesondere, weil eineinhalb JAhre sehr kurz sind . und in denen soll sich der/ die Mentee persönlich, fachlich und methodisch-didaktisch entwickeln... da bleibt kaum Zeit für eine "authentische Beziehungsentwicklung" - muss ja auch gar nicht, es sei denn (und dann ist es alles umso schwieriger), der Mentee kommt noch dazu neu in die Stadt/ Kreis und hat auch privat keine Ansprechpartner - das ist dann echt eklig....
Am besten aber KLÄRT man das Ganze als Mentor/in - nämlich dahingehend, dass man signalisiert und ausspricht, dass man der Ansicht ist, jetzt sei der Zeitpunkt, an dem der/ die Refi zunehmend "alleine schwimmen" kann.
Möglicherweise spürte Deine Mentorin dies alles - aber war sich dessen nicht bewusst. Insofern kann ein Gespräch in meinen Augen nur förderlich sein.
Ich wünsch Dir auf jeden Fall viel Glück....