ausgerechnet Roland Tichys "liberal konservative Meinungsseite".
Solche Leute haben Angst davor, dass sich ihre Welt, die irgendwann zwischen 1950 und 1965 stehengeblieben zu sein scheint, verändern könnte. Sie wollen nicht realisieren, dass wir nicht mit den Methoden von vorvorgestern auf die Probleme von heute reagieren können. Sie wollen nicht einsehen, dass unser extremer Wohlstand uns moralisch dazu verpflichtet, über das absolute Muss hinaus aktiv zu werden, um das Leid in der Welt zu mindern. Sie sind in ihrem Nationendenken aus Kaisers Zeiten so sehr verhaftet, dass sie nicht erkennen, dass die meisten Probleme heutzutage global existieren und daher nur global gelöst werden können.
Prof. Bayer macht dabei exakt den selben Fehler, den er "den Medien" vorwirft. Er schreibt extrem einseitig und lässt alles, was ihm nicht in den Kram passt, einfach weg. Flüchtlinge sind kriminell und sch... in die Küche, arme "besorgte Bürger" dürfen ihren rechtsradikalen Quark nicht offen verbreiten, eine Gemeinde von 8000 Bürgern wird von 200 Flüchtlingen überschwemmt, "mittlerweile soll es in dem Örtchen auch schon eine Moschee geben, – selbstverständlich betrieben von der AKP-gesteuerten DİTİB, mächtiger Arm eines weithin bekannten türkischen Spitzenpolitikers" (Zitat) ... aus Meinungen werden Fakten gebastelt und alles so lange verdreht, bis es ins eigene "liberal-konservative" Weltbild passt. Dabei geriert er sich als Widerstandskämpfer gegen "den Mainstream", wie es ja auch andere einschlägig durch ihre "Abendspaziergänge" bekannte Meinungsbildner tun.
Insofern: Unsinn bleibt Unsinn, und wenn der Schreiber noch so sehr Professor sein mag.
Hier eine satirische Kritik zur Webseite von Roland Tichy:
http://www.turi2.de/allgemein/blattkritik-tim-wolff-chefredakteur-titanic-ueber-tichys-einblick/
Zitat: "Eine Rubrik namens “Meinungen” auf einer Website zu führen, die aus nichts als Meinungsäußerungen besteht, spricht für einen gewissen Sinn für Humor"
Zum eigentlichen Thema möchte ich auch noch etwas beitragen:
Die Briten wurden hinters Licht geführt. Nicht umsonst gibt es schon jetzt eine Petition mit über drei Millionen Unterstützern, die eine Wiederholung des Referendums fordert, weil sich viele, die für den Brexit gestimmt haben, getäuscht fühlen (https://petition.parliament.uk/petitions/131215). Nigel Farage, Ober-Rassist des UK, hat ja auch sein Hauptwahlversprechen (320 Millionen wöchentlich für den NHS statt für die EU) bereits ca. 10min nach Bekanntgabe des Ergebnisses zurückgenommen.
Das Problem des ganzen Wahlkampfs war es, dass auf beiden Seiten fast ausschließlich mit negativen Emotionen gearbeitet wurde. Auf der einen Seite wurde eine rassistisch-isolationistisch-nationalistische Angst motiviert, auf der anderen Seite eine Angst vor dem persönlichen wirtschaftlichen Abstieg. Die Situation wurde dermaßen aufgeheizt, dass ein Wirrkopf sogar zu einem politischen Mord aufgestachelt wurde. Kerle wir Farage und Cameron "bedauern" so etwas dann zwar, aber sie spielen ganz bewusst mit dem Feuer.
Ich persönlich bedaure den Brexit sehr. Seine Folgen sind hart für die Briten, und zwar ganz egal was da kommen wird. Ihre Politiker haben es geschafft, das Land nachhaltig zu spalten. Ob dies je wieder zu kitten sein wird, bezweifle ich - zu tief sind die Gräben, die dort aufgerissen wurden. Selbst wenn Schottland und Nordirland dabei bleiben werden, selbst wenn ein privilegierter Status wie der von Norwegen verhandelt werden kann, wird es den Briten danach höchstwahrscheinlich deutlich schlechter gehen. Man kann GB auch nicht wirklich mit Norwegen oder der Schweiz vergleichen, dazu steht das Land wirtschaftlich viel zu wacklig da.
Noch schlimmer als der wirtschaftliche ist jedoch der politische Schaden. Der Brexit ist in etwa vergleichbar mit einem kleinen Kind, das sich darüber freut, wie es das gute Geschirr seiner Eltern zertrümmert, weil das so schön scheppert. Was hier allerdings zertrümmert wird, ist der europäische Gedanke. Der Gedanke, dass man die Nationalstaaterei in den Hintergrund treten lassen kann, um gemeinsam Frieden und Wohlstand zu schaffen. Von dieser Idee haben sich die Briten nachhaltig verabschiedet. Dass die EU nicht perfekt war und ist, und gelegentlich auch Unheil angerichtet hat, spielt dabei keine Rolle. Anstatt die EU konstruktiv zu verbessern (und dazu hatte man viele Chancen), hat man als UK lieber eine nationale Extrawurst nach der anderen verlangt, nur um es dann am Ende scheppern zu lassen.
Traurig. Und ganz besonders traurig für die vielen jungen europäisch denkenden und fühlenden Briten, die deutlich für den Verbleib in der EU gestimmt haben, und die jetzt von ihrer älteren Generation, die die meisten der Folgen kaum noch erleben wird, einen Scherbenhaufen hinterlassen bekommt.