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Forum: "Adventskalender"
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| *klingling* das 9. Türchen | | von: palim
erstellt: 09.12.2005 14:49:35 |
9 Der Jüngling war durch das steinerne Tor geschritten. Hier war alles ebenso wie vorher, dachte er zunächst, doch dann merkte er doch, dass etwas anders war. Es war nicht der Weg. Dieser führte leicht bergauf und führte ihn immer näher an die Berge heran, die er am Horizont erblicken konnte. Es waren auch nicht die Tiere, die immer noch sehr zutraulich waren. Es war weder besonders still, noch besonders trüb. Nichts wies wirklich auf eine Veränderung hin und doch meinte der Jüngling, dass auch hier nicht alles normal war. Sein Unbehagen wuchs, als er es nicht ergründen konnte und so schickte er sich an, möglichst schnell seinen Weg fortzusetzen und aus dieser Gegend heraus zu gelangen. Doch nun kam er nicht mehr recht voran. Zunächst dachte er, es sei nur seine Ungeduld, die ihn täusche, je mehr er sich aber beeilte, desto langsamer kamen die Berge näher. Da kam ihm eine Idee. Er setzte nun den einen Fuß kaum vor den anderen und hatte im nächsten Moment einen riesigen Satz gemacht. Er hob sich kaum vom Boden ab und sprang sogleich einige Meter weit. Er schlich und raste dennoch den Felsen entgegen. Das Land, in dem er sich nun befand, war offensichtlich eine umgekehrte Welt, die ihn lockte, verschiedenes auszuprobieren. Er rannte und kam doch kaum von der Stelle. Er sprang so hoch er konnte und blieb doch auf dem Boden stehen. Er schrie aus Leibeskräften, doch kaum ein Ton kam ihm über die Lippen. Nachdem er eine Weile sein Spiel in dieser umgekehrten Welt getrieben hatte, schlenderte er nun rasch auf die Felsen zu, die den Horizont begrenzten. Gemächlich eilte er voran, eilte trödelnd weiter und stand nach einer kurzen Ewigkeit vor der Felswand. Diese stieg steil empor als sei sie direkt aus dem Boden geschossen. Der Weg fand durch sie ein jähes Ende und auch die Wiesen und Felder waren durch sie begrenzt. Neugierig untersuchte der Jüngling die Steinwand, ob sich nicht doch ein Loch oder eine kleine Nische finden würde. Doch er konnte nichts entdecken. Er lehnte sich gegen die kalten Steine, weil er meinte, sie könnten wie der Spiegel nachgeben. Es tat sich aber nichts. Er rannte mit Wucht gegen die Wand – und stieß sich nur sie Knochen dabei. Der Weg und vor allem sein Weg schien hier ein Ende zu nehmen, da kein Weiterkommen möglich war. Sollte er während seiner Spielereien einen anderen Weg übersehen haben? Was, wenn er in seiner Eile einen entscheidenden Hinweis übergangen hatte? Zweifelnd trat er einige kleine Schritte zurück und bekam dadurch einen beachtlichen Abstand von der Wand. Da entdeckte er hoch oben in der Wand, so hoch, dass man es wirklich nur erahnen konnte, einen Torbogen. Wie sollte er dort hingelangen? War es wirklich ein Tor oder nur eine Nische? Was würde ihn dort erwarten?
Der Jüngling zweifelte an seinem Weg, aber dann entschied er sich, zu versuchen, das Tor zu erklimmen. Und da er ja in einer umgekehrten Welt war, stellte er sich dicht vor die Wand, wippte sacht nach oben und stand tatsächlich im nächsten Moment oben im Tor der Felswand, das der Eingang zu einem Höhlengang zu sein schien. Ohne sich umzudrehen ging er einige Schritte hinein. Dann drehte er sich noch einmal um und übersah aus schwindelerregender Höhe seinen bisherigen Weg.
Nachdem er den Höhenunterschied überwunden und noch einmal zurück geblickt hatte, ging der Jüngling erleichtert über den zurückgelegten Weg weiter, hinein in das Innere des Höhlenganges. Je weiter er voran kam, desto dunkler wurde es. Bald schon konnte er kaum noch die Hand vor Augen sehen und nach einer Wegbiegung war auch hinter ihm das helle Tor verschwunden. Nun konnte er sich nur noch voran tasten durch den düsteren, steinernen Gang. Langsam wagte er sich immer weiter ins Dunkle vor. Nach einer erneuten Biegung sah er dann aber am Ende des Ganges einen Lichtschimmer, auf den er zuhielt. Er war aber noch gar nicht ganz ins Licht vorgedrungen, als er mit einem Mal...
Palim |
| *kzrrzzzrrrr* das 10. Türchen | | von: palim
erstellt: 10.12.2005 16:06:11 |
10 Erleichtert hielt der Jüngling im Inneren der Höhle auf den Lichtschimmer am Ende des Ganges zu. Wie viel leichter man sich doch einen Weg bahnen konnte bei Licht, selbst wenn es nur ein spärlicher Lichtschimmer war. Zudem drang eine angenehme Wärme in den sonst sehr klammen Höhlengang. Mit einem Mal aber dröhnte ein entsetzliches Brüllen durch den Gang, so schrecklich, laut und furchterregend, dass es dem Jüngling in alle Glieder fuhr und er sich im Gang niederkauerte. Das Brüllen rollte über ihn hinweg und ließ den Gang, ja anscheinend sogar den ganzen Felsen erzittern. Eine ganze Weile dauerte es, bis der Jüngling neuen Mut fasste. Offensichtlich war außer dem Brüllen nichts Schlimmes geschehen. Vorsichtig und auf allen Vieren wagte er sich weiter vor, bis er am Rande des Ganges war. Der Gang endete an einer Öffnung im Felsen, die das Fenster zu einer großen, hell erleuchteten Höhle zu sein schien. Mutig spähte er hinunter in die Höhle und erschrak. Einige Meter unter ihm saß ein grauenvoller, großer, grimmig dreinschauender, grün-brauner Drache. Auf seinem Rücken trug er rote, scharfe Zacken und zwei kümmerliche, lila Flügel, an deren Enden Dornen saßen. Unter dem gewaltigen Körper konnte der Jüngling kräftige Pranken erahnen. Der Kopf, der ebenfalls mit Dornen übersät war, wendete sich eben in seine Richtung und leuchtende, giftgrüne Augen funkelten ihm entgegen. Im selben Augenblick hob der Drache wieder an zu brüllen und dem Jüngling blieb kaum länger als ein Augenzwinkern Zeit, um sich vor dem Gebrüll zu ducken, als auch schon der Fels erzitterte. Wieder kauerte sich der Jüngling eng an den Felsen und wartete, bis das Donnergebrüll über ihn hinweg rollte und allmählich erstarb. Dieses Mal hielt es aber erheblich länger an. Offensichtlich hatte der Drache ihn erblickt und daraufhin wutentbrannt losgebrüllt. Noch nie hatte der Jüngling von einem solch fürchterlichen Wesen gehört, geschweige denn etwas Ähnliches gesehen. Sicher, der König hatte gesagt, dass die geraubten, königlichen Diamanten von einem gefährlichen Drachen bewacht werden würden, doch mit einem solch abscheulichen Ungetüm hatte der Jüngling nicht gerechnet. Wie sollte er jemals an die Diamanten kommen, wenn er zunächst den Drachen besiegen müsse? Immer noch dicht an den Felsen gedrängt, erkannte er seine Lage als schier ausweglos. Er wollte den gesicherten Rückweg antreten und würde sicher auch den Weg zurück durch den Felsen finden. Dann aber würde er oben an der Felsenwand stehen und müsste in die umgekehrte Welt springen, ohne zu wissen, ob er dort sanft landen oder dieser Sprung für ihn der sichere Tod sein würde. Es gab also weder ein Vor noch ein Zurück.
Palim |
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