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Forum: "inklusion"
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| Sorry, sehr langer Artikel, | | von: klexel
erstellt: 10.06.2012 23:59:05 geändert: 11.06.2012 00:30:36 |
den ich leider nicht verlinken konnte.
Ich habe alle Namen geändert bzw. unkenntlich gemacht. Der Artikel stammt aus meiner Tageszeitung.
Mich würde eure Meinung zu dieser Art von Inklusion interessieren.
Zur Info: In Niedersachsen gibt es erst wenige Versuchsschulen, die Inklusionsklassen in den weiterführenden Schulen anbieten. Per Gesetz wird die Inklusion aufsteigend erst ab 2013 schrittweise umgesetzt werden.
Melanies Weg
Melanie sitzt mitten in der Klasse an ihrem Tisch und legt Karten mit einer Tierfigur zusammen. Wenn sie das Bild richtig zusammenschiebt, kann sie den Namen des Tieres lesen. „Bär“ oder Maus“. „Melanie hat gerade ein Wort gelegt. Komm mal nach vorne und zeig es“, fordert Klassenlehrerin bbbbb die 13-Jährige auf. Doch Melanie schüttelt den Kopf und schaut vor sich auf die Tischplatte.
Mitschülerin Melissa springt ein und zeigt der Klasse die Tierkarte mit dem „Bär“. Tierkarten gehören sonst für Fünftklässler am Gymnasium nicht gerade zum gängigen Arbeitsmaterial.
Doch weil Melanie, das Mädchen mit Downsyndrom, in die Klasse 5 am zzzzzzzz-Gymnasium geht, verläuft der Deutschunterricht hier anders als üblich. Bbbbbb nimmt die Karte zum Ausgangspunkt, um mit den anderen Schülern über Vokale wie „e“ und „u“ und Umlaute wie „ä“ zu sprechen. Melanie dreht sich suchend um und strahlt, als ihr Blick auf den von mmmmmm trifft. Die junge Frau begleitet Melanie im Unterricht und ist ihre wichtigste Bezugsperson während des Schultags.
Manchmal setzt mmmmm sich neben das Mädchen, erklärt ihr die nächste Aufgabe und lässt sie nach einem freundlichen Streicheln über den Rücken wieder allein arbeiten. „Wir wollen, dass Melanie ein Teil dieser Klasse ist und ihren Teil dazugibt“, sagt bbbbb, die sich die Klassenleitung mit ihrem Kollegen cccccc teilt. Die beiden jungen Lehrer stehen voller Engagement hinter der Idee, behinderte Kinder in die Regelschule zu integrieren.
Auch wenn das alles andere als einfach ist. Melanie lernt weiter nach dem Lehrplan der Förderschule für geistige Entwicklung, ihre Mitschüler sollen – mit allem damit verbundenen Druck – das Abitur erreichen. „Es ist sicher ungewöhnlich, ein Mädchen mit geistiger Behinderung am Gymnasium aufzunehmen“, sagt Schulleiter dddddd. Schließlich stehe das Gymnasium in der allgemeinen Vorstellung für kognitives Lernen, also vor allem Wissenserwerb und abstraktes Denken.
Die Lehrer verfolgen dennoch den Ehrgeiz, beide Lehrpläne zu verschränken. Wenn bei Melanie das Thema Bauernhof ansteht, lernen die Gymnasiasten Flächenberechnung am Beispiel von Feldern und Zäunen. In Englisch, Musik, Erdkunde und Biologie beziehen die Lehrer die anstehenden Lerninhalte ebenfalls auf das konkrete Beispiel Bauernhof. „Davon profitieren alle Kinder. Für viele Schüler ist es wichtig zu wissen, warum sie überhaupt lernen“, sagt mmmmmm. Doch damit Melanies Aufgaben und die ihrer Mitschüler sich berühren, ist Vorarbeit erforderlich. „Ich mache mir für jede Stunde ein Konzept, weiche aber mindestens 15-mal davon ab“, bbbbb. Dafür sind erhebliche Konzentration und Flexibilität erforderlich. Denn manchmal will Melanie sich plötzlich mit einer anderen als der eingeplanten Aufgabe beschäftigen. Oder sie verweigert sich komplett und sitzt mit verschränkten Armen da. Genauso kann es passieren, dass Melanies Mitschüler in der Stunde schneller oder langsamer lernen als geplant.
Heute steht Melanie im Unterricht plötzlich auf und geht mit Brotdose und Trinkflasche ans Fenster. Doch die Pause gehört zum Konzept: Nach einer halben Stunde darf die 13-Jährige eine Unterbrechung einschieben. Sven, Melissa und die anderen arbeiten unverdrossen und offensichtlich mit Spaß weiter. Die Gruppe, die am besten abschneidet, darf ohne Hausaufgaben ins Wochenende gehen. Am Ende der Stunde hat Melanie noch einen Einsatz. Sie darf vorlesen, wie viele Wörter die Siegergruppe gefunden hat. „Zwei, sechs“, sagt sie. „Also 26“, ergänzt mmmmmm. Melanie hält strahlend das Arbeitsblatt hoch und bringt es den Mitschülern. Die beiden Klassenlehrer sind davon überzeugt, dass alle Schüler von der Situation profitieren. „Die Kinder sind sehr selbstständig und konzentrieren sich auch, wenn es unruhig ist.“ Und anders als von einigen Eltern befürchtet, seien die Noten ihrer Schüler mindestens so gut wie in den Nachbarklassen.
Bevor das erste Schuljahr am Gymnasium losging, hatten auch die Kinder Angst, wie das wohl wird mit einer geistig behinderten Mitschülerin. Vielleicht würde Melanie beißen, spucken oder die anderen einfach hauen? So ist es nicht gekommen, aber Probleme gibt es durchaus. Am Vortag hat Melanie sich geärgert, weil sich gerade keiner der Erwachsenen mit ihr beschäftigte. Voller Wut malte sie mit einem Stift auf dem Rücken ihrer Mitschülerin herum. Das T-Shirt war bekrakelt, und Jenny weinte erschrocken und gekränkt. „Sie war umso enttäuschter, weil sie und Jenny sich besonders viel um Melanie kümmern“, sagt bbbbb. Am nächsten Tag entschuldigte sich Melanie mit einer Tüte Weingummi. Sie hatte sich selbst sehr über ihren Wutausbruch geärgert. „Wir versuchen, ihr Alternativen zu zeigen. Wenn sie sich zum Beispiel mehr Aufmerksamkeit wünscht, kann sie sich melden oder zu uns Erwachsenen kommen“, sagt Integrationsassistentin mmmmm.
Das Gymnasium ist für das geistig behinderte Mädchen eine Herausforderung. Sie geht mit 22 Kindern in eine Klasse statt mit sechs bis acht an der Förderschule. Doch xxxxx, Melanies Mutter, bereut die Entscheidung nicht. Auch vorher an der yyyyy-Schule hätten die Lehrer sich sehr engagiert. „Doch die Hälfte der Kinder in der Klasse konnte nicht sprechen.“ Jetzt erlebt xxxxx rasante Fortschritte bei ihrer Tochter. Zu Beginn des Schuljahres konnten Kinder und Lehrer kaum ein Wort Melanies verstehen.
Inzwischen macht die 13-Jährige auch außerhalb ihrer Klasse im Chor und in der Zirkus-AG mit. Für die Fortschritte ist auch Förderschullehrerin aaaaaa verantwortlich, die fünf Stunden pro Woche den Unterricht in der Klasse unterstützt. Ohne die Fachfrau hätten die Lehrer sich der neuen Aufgabe kaum stellen können. Entlastung für all ihr zusätzliches Engagement bekommen sie nicht. „Wir betreiben alle viel mehr Aufwand, als anerkannt wird“, sagt Integrationsassistentin mmmmm . Manche Lehrer im Kollegium verweisen deshalb darauf, dass sie für die Arbeit mit behinderten Schülern nicht ausgebildet sind.
Das zzzz-Gymnasium will dennoch zum Sommer noch zwei geistig behinderte Kinder in die Klasse aufnehmen. Damit kämen auch mehr Förderlehrer zur Unterstützung der Klassenlehrer. „Eltern aus der Klasse haben das gewünscht“, sagt Schulleiter ddddd. Nach einem knappen Jahr sehen die meisten die Vorteile des Unterrichts mit behinderten Schülern. Die Kinder zeigten ein besonders starkes gemeinschaftliches Verhalten. Leistungsdruck am Gymnasium ist aus bbbbb Sicht dabei kein Hindernis: „Auch Schüler am Gymnasium sollen lernen, mit anderen Menschen umzugehen.“
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| Nun ja, | | von: ishaa
erstellt: 11.06.2012 00:32:35 |
ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie ich das finde und kann nur einige Gedanken fomulieren:
- Als HS-Lehrerin finde ich es erst einmal gut, dass auch andere Schulformen sich auf den Weg machen.
- Ich lese aus dem Artikel heraus, dass die Schule und auch die Eltern es positiv bewerten, dass mehr als ein Erwachsener für die Schüler zuständig ist (Schulbegleitung, Förderlehrkraft).
- Wie wird dieses Mädchen mit seiner Sonderrolle in den folgenden Jahren zurecht kommen? Ist da nicht auch viel Frust dabei?
- Anscheinend ist der gemeinsame Unterricht für die Schülerin förderlich, vor allem im Hinblick auf sprachliche Entwicklung. Wie ist es im Hinblick auf Förderung in sogenannten lebenspraktischen Bereichen, die an den entsprechenden Förderschulen im Vordergrund stehen, am Gymnasium aber eher keine Rolle spielen (obwohl die SuS einiges davon sehr wohl gebrauchen könnten)?
- Aus der Sicht der Eltern meiner SuS: Warum darf dieses Kind ans Gymnasium und meines nicht?
Im Grunde zeigt die letzte Frage den ganzen Irrsinn, den man uns hier als Inklusion verkaufen will. Entweder gehen alle SuS auf eine Schule und jede/r bekommt dort die Förderung, die er/sie braucht. (Und dafür braucht man mehr als einen Erwachsenen pro 30 Kiddies!!) Oder wir sortieren wie gehabt. Diese Paradebeispiele von "wir sortieren jetzt ausnahmsweise mal nicht" haben für mich irgendwie einen seltsamen Beigeschmack...
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