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Forum: "Hausaufgaben=Religiöse Diskriminierung?"
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| @kaejuu | | von: ysnp
erstellt: 29.06.2015 17:39:47 |
Vielen Dank für deine ausführlichen Beschreibungen. Ich kann nur sagen: Hut ab. Du hast dir sehr viele Gedanken gemacht und dich intensiv mit philosophischem Gedankengut auseinandergesetzt. (Da könnte sich so mancher eine Scheibe abschneiden.)
Irgenwoher stammt der Spruch: An ihren Taten werdet ihr sie erkennen." Egal, ob der Spruch jetzt aus der Bibel oder von einem Philosophen stammt, für mich ist wichtig, wie sich Menschen zueinander verhalten. Der geistige Überbau ist für mich zweitrangig.
Ich finde es allerdings wichtig, dass es in der Schule ein Fach gibt, wo man sich schwerpunktmäßig mit ethischen Werten auseinandersetzt. Wenn diese Fächer wegfallen, dann glaube ich, gehen solche Dinge noch mehr in unserer Gesellschaft verloren. Im Augenblick sind ja generell Gewissenlosigkeit, Rücksichtslosigkeit, Aggression und Egoismus weiterhin auf dem Vormarsch. Wir sind schon so weit gekommen, dass das Wort "Gutmensch" negativ besetzt ist. |
| @ysnp | | von: rojiblanco
erstellt: 29.06.2015 21:15:35 |
Empfindest Du das so (subjektiv)
oder ist es das, was der Mainstream uns immer runterbetet?!
Gewissenlosigkeit, Rücksichtslosigkeit, Aggression und Egoismus
Aus dem ersten Stammtisch Impuls heraus würde ich auch sofort JAAAAA rufen wollen, aber wenn ich es mir recht bedenke, zu mindestens in Mitteleuropa...
Dann würde ich Deiner These nicht folgen wollen und ich glaube es hat viel mit der Abkehr vom Christentum (Religion) zu tun! |
| @ysnp | | von: kaejuu
erstellt: 30.06.2015 20:14:35 geändert: 30.06.2015 20:35:28 |
Du sagst:
"Der geistige Überbau ist für mich zweitrangig."
Das sehe ich genauso. Wenn alle denken würden wie du hätte ich vermutlich keine Probleme.
Der von Religiösen oft geforderte Respekt kann keine Einbahnstraße sein. Die Behauptung ohne christliche Prägung bräche die Zivilgesellschaft zusammen ist eine schwere Beleidigung und Respektlosigkeit gegenüber Religionsfreien. Wir müssen laut auftreten, weil wir durch eine in den Köpfen tief verankerte Lehre von der Leere marginalisiert werden.
Im Wort zum Sonntag sagte Pfarrer Michael Broch man könne die Leere atheistischer Jugendlicher als Chance begreifen. Religion wird als Angebot verstanden Religionsfreiheit als Mangel. Dieses diskriminierende Denken führt zu allerlei Ignoranz gegenüber den Anliegen von Religionsfreien. Man stößt da auf viel Unverständnis. Wie kritisch der Religionsunterricht ist, vermag ich nicht zu sagen. Da ich meine Kinder nicht hinschicke ist das mein geringstes Problem. Was mich auf den Plan ruft ist wenn religiöser Inhalte außerhalb des Religionsunterrichts völlig unkritisch verbreitet werden. Das geschieht ohne jedes Unrechtsbewusstsein, auf der Basis der unbewussten Annahme ethisch leere Agnostiker könnten nichts dagegen haben, wenn man ihren Kindern ein ethisches Angebot macht. Aber wehe der Agnostiker bietet Freiheit von Religion an, dann ist er intolerant, weil er Menschen ihre Religion nehmen will.
Als Beispiel für diese Geisteshaltung möchte ich von einer eher unfreiwillig komischen Begebenheit berichten. Da sagt ein Elternvertreter ernsthaft und mit freundlichem lächeln zu mir: "Ich verstehe nicht, dass du dein Kind vom Religionsunterricht abmeldest, nur weil du Atheist bist." Bis zu diesem Zeitpunkt war ich davon ausgegangen, dass es keinen besseren Grund dafür geben könnte.
Ich kann deinen Wunsch nach einem Schulfach, dass sich schwerpunktmäßig mit ethischen Werten auseinandersetzt gut nachvollziehen. Meine Frau sagt allerdings, wenn man es nicht schafft die Werte im Unterricht zu leben, dann helfen 2 Schulstunden auch nicht. Das hat was. Ich selbst sitze da ein bisschen zwischen den Stühlen. Gegen einen gut gemachten Ethikunterricht habe ich nichts, aber ich kann mich des Verdachts nicht erwehren, dass man wieder mal signalisieren will: "Freizeit statt Religion" geht nicht. Wenn Ethik wertvoll gestaltet ist, warum brauchen Christen das nicht? Ich akzeptiere nicht so recht, dass Ethik ein Ersatz für Religion sein soll. Die Gotteshypothese selbst, die ich auf der Basis des wissenschaftlichen Sparsamkeitsprinzips (Ockhams Rasiermesser) unvernünftig finde, ist ja keine ethische Frage. Wenn meine These, dass die meisten Religionen auf unser gemeinsames evolutionäres Erbe zurückgehen wahr wäre, wäre es andererseits möglich Religion und Ethik als verschiedene Wege zur "Erleuchtung" zu betrachten.
Ob Gewissenlosigkeit, Rücksichtslosigkeit, Aggression und Egoismus tatsächlich auf dem Vormarsch sind kann ich nicht beurteilen. Ich bin da ähnlich skeptisch wie rojiblanco.
Unter einenm Gutmenschen verstehe ich keinen guten Menschen, sondern einen der sich einbildet das absolut Gute zu kennen und zu leben. Mir ist Sokrates sympathisch, der weiß, dass er nichts weiß. Elend wird in der Regel von Menschen über die Welt gebracht die glauben etwas zu wissen. Für den Frieden in der Welt brauchen wir weniger Menschen die alles zu wissen glauben, als selbstkritische Denker. Agnostizismus ist demütiger als Religiosität, denn der Religiöse meint ja einen Zugang zu einer Wahrheit zu haben den sich der Agnostiker nicht zutraut.
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