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Forum: "Geschichte zum Weiterschreiben (bitte höchstens 10 Sätze)"
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| 12 - 7. | | von: aloevera
erstellt: 17.05.2006 06:37:19 geändert: 17.05.2006 06:50:26 |
Marion war das kurzzeitige Entgleisen von Jacks Gesichtszügen nicht entgangen und sie fuhr euphorisch fort. "Wir haben noch soviel Zeit und können uns auf alles vorbereiten, was zu einer perfekten Babyerziehung gehört. Es gibt so viele Kurse, die wir gemeinsam besuchen können. Ach Jack, du glaubst gar nicht, welch unvergessliches Erlebnis es ist, bei einer Geburt dabei zu sein. Du wirst staunen!"
Dabei sein? Bei einer Geburt? Er, der kein Blut sehen konnte? Er musste sie in ihren Höhenflügen erst mal bremsen.
"Schatz, das alles hört sich ja prima an. Du bist Beamtin auf Lebenszeit. Ich kann froh sein, wenn ich hin und wieder eine Vertretungsstelle bekomme. Aber unser Kind soll es ja gut haben, ein Kind kostet Geld. Deshalb werde ich versuchen, eine andere Arbeit zu finden und mitzuverdienen, damit es unserem Kind an nichts fehlt". So, nun war es heraus.
Marion hatte erst mal erreicht, was sie beabsichtigte. Jack war in seinen Grundfesten erschüttert. Sie hatte ihm genau das unterjubeln wollen, was er mit Sicherheit nicht machen würde, den Haushalt führen, einkaufen, kochen ... In all der Zeit, in der sie zusammen waren, hatte Jack ihr all das überlassen. Wenn sie ihn um etwas bat, hatte er garantiert noch Wasser vom Duschen in den Ohren und stellte sich entweder taub oder so unbeholfen an, dass sie die Dinge selbst in die Hand nahm.
Die frisch geputzte Wohnung! "Wie konnte deine Mutter denn mit ihrer Verletzung hier auch noch alles auf Vordermann bringen?" fragte sie in die plötzlich eingetretene Stille. "Welche Verletzung? Wovon sprichst du? Ich habe meine Mutter seit Tagen nicht mehr gesehen und wußte gar nicht, dass sie schon abgereist ist."
Marion bekam große Augen. "Wie bitte? Das heißt, du warst in den letzten Tagen nicht zu Hause oder deine Mutter hat die Zeit bis zu ihrer Abreise im Hotel gewohnt, was ich mir bei ihrem Geiz nicht vorstellen kann. Würdest du mir das bitte erklären???"
Das war der Zünder, der nächste Streit lag wie ein langsam heranziehendes Gewitter bereits in der Luft. |
| 12 - 8 | | von: aloevera
erstellt: 17.05.2006 15:52:09 geändert: 17.05.2006 15:55:07 |
"Meine Mutter ging mir so fürchterlich auf die Nerven, dass ich es hier nicht mehr ausgehalten habe. Ich wohne zur Zeit bei Frank, meinem alten Studienfreund." "Könnte es sein, dass Frank eigentlich Simone heißt?" konterte Marion giftig zurück. "Red nicht so einen Blödsinn. Ich rede von Frank, überhaupt , wie kommst du auf Simone?"
"Nachdem du Händchen haltend mit ihr durch die Gegend gezogen bist, würde mich nichts mehr wundern." Jack stutzte. Wo hatte Marion ihn mit Simone sehen können?
"Keine Sorge, mein Mitbewohner ist männlich und schwul. Aber wenn du möchtest, komme ich noch heute wieder nach Hause."
"Schwul? Das sind ja ganz neue Perspektiven. Das hätte ich dir ja als allerletztes zugetraut. Du kannst gerne wieder nach Hause kommen, mit dem schwulen Frank oder mit der ewig lächelnden Simone. Ich wohne seit meinem Krankenhausaufenthalt nämlich auch woanders.
Überlege dir bitte, was du von meinem Vorschlag zum Erziehungsurlaub hälst und ruf mich an."
Sie stand auf, nahm ihre Handtasche, ging zur Eingangstür und ließ sie geräuschvoll ins Schloss fallen. |
| 12 - 9 | | von: oblong
erstellt: 17.05.2006 16:46:50 geändert: 17.05.2006 17:10:13 |
Inzwischen war Jacks Gedankenmaschine in Gang geraten.
"Wer hat mich bei Marion verpetzt?" Wie so oft kam er nicht auf das Offensichtliche. In Gedanken ging Hans-Rüdiger alle Halbfreunde, Saufkumpane und Intimfeinde in Gedanken durch, doch auch dieser Denkprozess brachte kein nennenswertes Ergebnis.
Noch größere Sorgen bereitete ihm der Familienvorstoß von Marion. Seine Arbeitssuche, das wusste er, würde nicht lange als Vorwand herhalten, um Marion von ihren beruflichen Plänen abzubringen.
An diesem Punkt setzten bei ihm erneut starke Zweifel ein, ob Marion überhaupt noch die richtige Option für die Zukunftsplanung war; irgendwie war sie nur noch sperrig und schlecht berechenbar; ob das die Schwangerschaft mit sich brachte?
Inzwischen war Jack so weit, dass er sich im Innersten beglückwünschte, damals nur standesamtlich zu heiraten; der "ganze Klimbim mit Pfarrer und so", wie er sich damals ausdrückte, hatte ihm so großes Unbehagen bereitet, dass Marion nach einem längeren Schweigen nur gesagt hatte: "Wenn es dich so sehr stört, dann können wir später noch einmal darüber reden."
Jack hatte das natürlich dann schon abgehakt und nie wieder von der Sache gesprochen, und Marion fand sich dann einfach mit der schlichten Zeremonie im Rathaus ab.
Es gab ja noch so viel andere Dinge zu organisieren wie Wohnungssuche, Behördenkram und so weiter.
Wohnen - da fiel Jack wieder die giftige Bemerkung Marions ein zu seiner jetzigen Unterkunft.
Eigentlich war das Wohnen bei Frank recht easy und bequem, trotz der für Jack unkalkulierbaren Neigung Franks - daran konnten auch dessen Friedhofsbesuche und die spürbare Trauer nichts grundliegend ändern. Und jetzt musste ihn Marion auch noch damit aufziehen!
"Na ja, immer noch besser als Eifersuchtsszenen wegen Simone", dachte er. |
| 12 - 11. | | von: aloevera
erstellt: 17.05.2006 22:07:51 geändert: 17.05.2006 22:21:48 |
Ein oder zwei Bier sollten es werden, mehr nicht. Frank hatte sich mittlerweile zum Antialkoholiker und Nichtraucher entwickelt und war nicht besonders erfreut, wenn Jack nach seinen Zechtouren wie eine halbe Eckkneipe roch. Jack wollte die Freundschaft mit Frank nicht unnötig strapazieren. Aber Jack und seine guten Vorsätze…
Er traf meist die gleichen Kumpels in der Kneipe und das Gesprächsthema Nummer eins war die bevorstehende Fußballweltmeisterschaft.
Es ging auf Mitternacht zu, als Jack sich daran erinnerte, dass er am Hauptbahnhof unbedingt eine Zeitung kaufen wollte. Er zahlte und machte sich auf den Weg. Die kühle Nachtluft tat ihm gut, in seinem Kopf hämmerte es wie auf einer Baustelle.
Er hatte Glück, die Zeitung lag schon zum Verkauf bereit. In dem Moment , als er mit seiner Zeitung unter dem Arm den Heimweg antreten wollte, wurde er von kräftigen Armen nach hinten gestoßen. "He, Alter, haste mal zehn Euro?" fragte ihn einer von drei Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren. "Steht auf meinem T-Shirt Sozialamt? Lasst mich durch!" antwortete er ärgerlich.
Er wusste hinterher nicht mehr genau, wie alles passiert war. Ehe er sich versah, war er ins Zentrum einer handfesten Prügelei geraten. Wer weiß, was noch passiert wäre, wenn nicht die Besatzung einer vorbeifahrenden Funkstreife eingegriffen hätte.
Jack merkte, wie etwas warm von seiner rechten Schläfe die Wange hinunter rann. Dazu verspürte er einen ekelhaften Geschmack, Bier vermischt mit Blut.
„Wir bringen Sie zum Krankenhaus. Die Wunde muss genäht werden“ hörte er die Stimme des Polizisten. Auf der Fahrt ins Krankenhaus erfolgte die Vernehmung, die Aufnahme seiner Personalien und als Jack weit entfernt etwas von einer Strafanzeige hörte, hielt der Funkwagen bereits vor der Rettungsstelle an.
Die drei Jugendlichen hatten sich beim Eintreffen der Polizei schleunigst vom Acker gemacht. Zurück blieb Jack, am Kopf blutend, mit einem Ansatz von Veilchen am rechten Auge und einem recht locker sitzenden Schneidezahn.
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| 12.12 | | von: janneke
erstellt: 17.05.2006 22:24:45 geändert: 17.05.2006 22:34:53 |
Der diensthabende Pfleger Nils hatte seine gute Laune kurz nach der Mittagspause verloren und bisher nicht wiedergefunden. Schön, ja, er konnte verstehen, dass der Assistenzarzt, der eigentlich in der Notaufnahme Dienst hatte, sich am Streik beteiligen wollte. Aber musste er dafür die unfähigste Ärztin im Praktikum in die Notaufnahme schicken, die je auf Gottes schöner Erde gewandelt war? Mit einem tiefen Seufzer schnappte er sich ein Klemmbrett und machte sich auf den Weg zur Kopfplatzwunde, um deren Personalien aufzunehmen. Immer das Gleiche mit den Angetrunkenen, die die Polizei herbrachte: Nie ließen sie den Durchschlag mit den Notizen da, er konnte also alles noch einmal von vorne abfragen. Dass das nicht zur Beliebtheit bei den Patienten beitrug, verstand sich wohl von allein.
Nils nahm Jack mit in einen Untersuchungsraum, säuberte die Wunde und tastete den Kopf behutsam ab. Jack zuckte und jammerte an etlichen Stellen erheblich. Resignierend erhob sich Nils, bat Jack zu warten und ging auf die Suche nach der Ärztin.
Er fand Delia schließlich im Medikamentenlager und wurde den Eindruck nicht los, dass sie sich dort versteckt hatte. "Alkoholisierte Kopfplatzwunde in der 2. Guck mal nach, ob ich nur nähen soll oder ob wir röntgen müssen." Ein verzweifelter Blick traf Nils, doch Mitleid war heute nicht mehr von ihm zu erwarten. So strich Delia sich einige eigenwillige blonde Strähnen hinter die Ohren, straffte die Schultern und marschierte los. |
| 12 - 13 | | von: oblong
erstellt: 17.05.2006 22:51:55 geändert: 17.05.2006 23:07:46 |
"Grmpf, immer ich!" Delias Lippen formten für Sekunden einen Schmollmund, der Brigitte Bardot hätte von Neid erblassen können - wenn Delia es geschafft hätte, mehr als drei Sekunden ihre Mimik zu beherrschen.
Eigentlich war sie nicht wirklich sauer, dass Nils sie in ihrer Ruhenische entdeckt und daraus vertrieben hatte.
Schon lange sehnte sie sich danach, es endlich dem frechen Gerd, der sie nur "Ärztin im Papierkorb" statt "Ärztin im Praktikum" titulierte, zu zeigen, dass sie sehr wohl schon für den Krankenhausbetrieb geeignet war.
Ihre Absätze schlugen auf den Fliesen in schnellem Stakkato auf, als sie an Nils vorbeiwedelte. Als sie Jack mit seiner leichten Platzwunde sah, wurde ihr zwar ein wenig mulmig; dennoch ging sie forsch auf ihn zu und fragte in üblicher Anmaßung: "Na, wie geht's uns denn?"
Jack hatte nur aus den Augenwinkeln das Herannahen eines Wesens in Weiß bemerkt und hatte schon die Antwort auf den Lippen: "Prima, dass wir per Du sind!" - doch als er den Kopf mühsam zur Geräuschquelle drehte, war er doch von der Blondine im Gegenlicht so überrascht und geblendet, dass ihm nur ein nicht gerade intelligenter Ausdruck von den Lippen ging: |
| 12 -15. | | von: aloevera
erstellt: 18.05.2006 14:44:01 geändert: 18.05.2006 15:12:42 |
Pfleger Nils stand in sicherer Entfernung und beobachtete kopfschüttelnd Delias unsicheres Vorgehen. Wie kann man so etwas Unbeholfenes auf die Menschheit loslassen. Sie wußte gar nicht, was sie tun sollte.
"Wie sollten den Kopf röntgen, ob ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine beginnende Gehirnblutung vorliegt" meinte Delia unsicher. "Klar, und ich informiere umgehend den Pathologen, damit er seine Arbeit aufnimmt, falls der Patient beim Röntgen einen Exitus erleidet" antwortete Nils sarkastisch.
Jack wußte nicht genau, was da abging, aber er hatte eher das Gefühl, beim Schlachter, als in der Rettungsstelle zu sein. Seine Augen wanderten hilflos zwischen der Ärztin und dem Pfleger hin und her.
"Hallöchen, habt ihr viel zu tun? Ich wollte nur mal nach dem neusten Dienstplänen schauen. War gerade in der Gegend und wollte gleich weiter" ertönte Nadines fröhliche Stimme und kurz darauf erschien ihr dunkler Lockenkopf. Nils atmete hörbar auf, warf Nadine einen verzweifelten Blick zu und deutete mit einem unmerklichen Kopfnicken auf Delia. Nadine hatte die prekäre Situation sofort erfasst und begann zu handeln. "Ich mach das schon, Delia, Sie können mir zur Hand gehen." Mit wenigen Handgriffen hatte Nadine die Wunde gesäubert, geklammert und verbunden. Mit routinierten Fragen konnte sie eine Gehirnerschütterung ausschließen und freundlich forderte sie Jack auf, sich ein Taxi zu bestellen, nach Hause zu fahren und sich erst mal auszuschlafen.
"Wollen wir den Patienten nicht zwei oder drei Tage zur Beobachtung hier behalten?" fragte Delia ungläubig.
"Wozu? In seinem eigenen Bett schläft er sicher besser, oder nicht Herr ..., wie war doch gleich ihr Name?"
fragte Nadine freundlich. "Schäfer, Hans-Rüdiger Schäfer" antwortete Jack sichtlich erleichtert, in kompetente Hände gefallen und damit dem sicheren Kunstfehler oder Tod entkommen zu sein.
Schäfer..., Nadine überlegte, könnte der etwa mit Marion zu tun haben? Nadine war auch sicher, ihn schon mal irgendwo gesehen zu haben.
Jack verabschiedete sich, bedankte sich artig bei Nadine und Nils und hatte für Delia nur ein kurzes Nicken übrig. Die sieht ja ganz niedlich aus, aber sie sollte sich in Zukunft doch lieber an leblosen Objekten austoben, dachte er und verschwand in Richtung Ausgang.
Nadine beschloss, die Nacht im Bereitschaftzimmer zu verbringen und bat Nils, sie beim nächsten Notfall zu wecken. Einen Skandal wollte sie in der Klinik nicht riskieren und dachte für einen kurzen Moment wehmütig an ihren verstorbenen Vater, Prof. Dr. Wegener.
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| 12 - 16. | | von: aloevera
erstellt: 18.05.2006 17:12:40 |
Jack hatte das Krankenhaus verlassen. Im Eifer des Gefechtes hatte er die Zeitung irgendwo verloren. Er würde am nächsten Tag früh aufstehen, eine neue Zeitung kaufen und sich umgehend für einen Job bewerben. Er hoffte, dass er seiner ganzen Misere wenigstens für drei Wochen entfliehen konnte. Leise schlich er in Franks Wohnung, legte sich ins Bett und fiel in einen tiefen Schlaf.
Marion und Sylvia hatten das Gespräch zwischen Marion und Jack bei einer Flasche Rotwein und einer Flasche Mineralwasser intensiv ausgewertet und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass einer endgültigen Trennung bald nichts mehr im Wege stand.
Nadine hingegen schmiedete weitere Verkuppelungspläne für ihren Bruder Max. Sie hatte die Personalien von Jack genau studiert und hatte ihn eindeutig als Marions Noch-Gatten identifiziert. Was hat Marion nur an dem gefunden, fragte sie sich, nachdem sie Jack live und in Farbe erlebt hatte.
Sabine hatte vergebens darauf gewartet, Freddy noch einmal wieder zu sehen, bevor sie mit Kaspar das Krankenhaus verließ. Sie nahm es aber gelassen, er war nicht der erste Mann in ihrem Leben, der unter dem Symptom „Kalte Füße“ litt.
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