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Forum: "Geschichte zum Weiterschreiben (bitte höchstens 10 Sätze)"
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| 13 - 11. | | von: aloevera
erstellt: 20.05.2006 16:30:57 geändert: 21.05.2006 01:56:49 |
Max „Leiche“ hieß Helen. Als er das Foto von vor über zwanzig Jahren erkannte, erstand Helen vor seinem geistigen Auge und alles, was er als Vergangenheitsbewältigung bis dahin unternommen hatte, fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Helen war seine große Liebe, die er nie vergessen hatte. Sie waren beide im zweiten Semester und studierten Mathematik. Prof. Richardson, Professor für Mathematik und gebürtig aus England, war der Vater von Helen. Helens Mutter war an Krebs gestorben, als Helen zwölf Jahre alt war. Damals hatte das Leben für Prof. Richardson jeglichen Sinn verloren. Er wollte mit Helen nach England zurückkehren, brachte es aber nicht übers Herz, seiner Tochter, die sehr unter dem Verlust der Mutter litt, auch noch alle anderen Wurzeln zu entziehen. Helen war in Deutschland geboren und groß geworden. Er konnte seiner Tochter keinen Wunsch abschlagen und so konnte Helen ein freies, ungebundenes und fiananziell unabhängiges Leben führen. Max, der ebenfalls aus gutem Hause stammte, war in der Villa Richardson gern gesehen und als zukünftiger Schwiegersohn bereits erwünscht.
Hin und wieder musste Prof. Richardson Max und Helen daran erinnern, dass beide erfolgreich ein Studium absolvieren wollten und das bei aller Turtelei und Verliebtheit nicht vergessen sollten.
An den Wochenenden und in den Semesterferien reisten Max und Helen durch Europa, mal in diese Stadt, mal in jene. Sie schmiedeten Zukunftspläne, suchten Vorbilder für das Haus, das sie einst bauen wollten und in dem sie mit ihrer Kinderschar glücklich bis an ihr Lebensende wohnen wollten. Sie waren jung , unkonventionell, lebensdurstig und liebeshungrig und genossen das Leben in vollen Zügen. So entstanden die besagten Fotos, mit denen Max von der eigenen Vergangenheit eingeholt wurde. Mit dem Geld, das sie damals für die Fotos bekommen hatten, waren sie für ein paar Tage nach Venedig gefahren.
Es war ein heißer Tag gewesen. Max und Helen saßen nackt auf dem geschützten Balkon vor ihrem Hotelzimmer im La Fenice, hoch über den Dächern Venedigs. Sie waren ausgelassen, hatte gut gegessen und bereits eine Flasche feurigen Rotwein getrunken. Venedig, die Stadt der Verliebten, das traf auch auf Max und Helen zu. Max wollte gerade eine weitere Flasche Rotwein öffnen und beobachtete Helen, die an der Balkonbrüstung stand und den Himmel und die Sterne umarmen wollte. Sie war umwerfend. Er trat hinter sie, legte die Arme um ihren nackten Körper und küsste sie. Mit aller Leidenschaft erwiderte Helen seine Zärtlichkeiten und begann mit den für sie typischen akrobatischen Liebesstellungen. Max konnte ihr nicht widerstehen, vergaß alles um sich herum, auch jegliche Vorsicht an der Balkonbrüstung.
Und dann geschah das Unglück – Helen verlor das Gleichgewicht, rutschte aus Max Armen, die sofort ins Leere griffen und stürzte drei Stockwerke in die Tiefe. Max warf den Bademantel über, schnappte sich eine Decke, rannte die drei Stockwerke herunter, schrie an der Rezeption nach der Ambulanza und stürze hinaus in den Hotelgarten. Helen lag auf dem Rücken, aber sie lebte. „Max, ich kann mich nicht mehr bewegen. Ich spüre meinen Rücken und meine Beine nicht mehr.“ flüsterte sie. „Sprich nicht, die Ambulanza ist unterwegs. Bleib ganz still liegen, ich bin bei dir.“ Behutsam bedeckte er sie mit einer Decke und betete inständig, dass die Ambulanza bald käme.
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| 13.13 | | von: ines
erstellt: 20.05.2006 17:31:27 geändert: 20.05.2006 18:01:57 |
Die Tür zu Eingangshalle stand weit offen und gab den Blick auf ein einzigartiges Jugendstilfresko frei. Am Ende des hohen verspiegelten Ganges erhellte sich der Raum. Warme Luft strömte ihm entgegen als er sein feuchtes Gesicht dem sonnenerleuchtetend Wintergarten zuwandte. Jeder Schritt hallte nach, selbst als er schon innehielt klopfen sie wild in seinem Inneren nach - viel zu schnell für einfache Schritte. Sie wurden lauter und drohender, als sein Blick auf die Umrisse einer sitzenden Gestalt trafen. Laut pochten sie in seinem Ohr, rythmisch und eindringlich, dann schluckte er hart und atmete tief durch.
"Wieso jetzt?", das lange Haar lag unbewegt auf den schmalen Schultern. Die ihm einst so vertraute Stimme wirkte weit weg, aus einer längst verdrängten Zeit. Er schwieg, was sollte er auch sagen? Nichts. Es gab nichts zu sagen. Er hätte aufpassen sollen. Er hätte es verhindern müssen. Seine Schuld. Nichts konnte er ändern, als einzig das zuzugeben.
Langsam richtete sich sein gesenkter Blick wieder auf und traf auf die klaren stillen Augen einer hellwachen Frau, die er so sehr geliebt hatte.
Ihr Bild verschwomm, schmerzvoll drückte der Kloß in seinem Hals.
"Es tut mir so leid, Helen!", flüsterte er die brenenden Augen fest geschlossen.
Sie rollte leise auf ihn zu und griff sachte nach seinen kalten Fingern. "Ist schon gut, Max." Langsam kroch die tröstende Wärme ihrer Worte seinen Körper entlang und löste die letzten Steine seiner schützenden Mauer aus ihren Fundamenten und verwandelte sie in einen befreienden Strom der jahrelange ungeweinten Tränen. |
| 14.2 | | von: ines
erstellt: 20.05.2006 20:11:24 geändert: 20.05.2006 20:38:11 |
Endlich -raus aus den Highheels. Erschöpf ließ sie sich auf ihr Sofa fallen. "Na, was ist denn mit dir los?", fragte Marion und setzte sich auf den gemütlichen Ohrensessel.
"Das willst du eigentlich nicht wirklich wissen!"
"Na, komm schon. Schieß los!", der Rharbarbersaft tropfte vom Löffel auf den hellen Stoff. Schuldbewusst äugte sie zu ihrer Freundin, doch diese winkte ab. Marion beobachtete interessiert den rosafarbenen Fleck der sich gemächlich auf der Armlehne ausbreitete und lauschte gespannt Sylvias Schilderungen.
"Also gewundert hat es mich ja nicht wirklich, dass der einemal zusammenklappt. Aufregen kann er sich ja über alles.", sie rieb sich die Augen und verschmierte unachtsam die sonst so perfekte Wimperntusche.
"Was war es diesmal", Marion langweilten diese ständigen Tiraden wegen erboster Eltern oder sonstiger Belanglosigkeiten im Schulaufsichtsbereich.
"Fotos. Es waren Fotos. Er hat sie gesehen, geschwitzt, gehechelt und ist zusammengeklappt!", Marion lachte laut auf, denn Sylvias trockene Bemerkungen über ihren gemeinsamen Chef konnten so zielsicher den Kern treffen.
Doch diesmal wartete sie vergeblich auf das einstimmende Kichern ihrer Kollegin. Sylvia saß nur da und betrachtete sie ernst, während sie sich eine Zeigarette anzündete.
"Marion, so lustig ist das diesmal aber nicht. Es waren ähm...wie soll ich..sagen..", so wortkarg kannte sie ihre Freundin nicht, "Nacktfotos von.." Erneut kichernd unterbrach Marion, "seiner Frau?" Nun schmunzelte auch Sylvia. nachdenklich zog sie an ihrer Zigarette und bließ den Rauch in Richtung Fenster, denn erhob sie sich und lehnte sich an den Rahmen der offenen Balkontür.
"Nein. Es waren Bilder von Max."
Marion verschluckte sich an dem letzten Rahrbarberstück und und hustete wild. Der restliche Saft in der kleinen Schüssel ergoss sich über den hellen Sessel. "Wie bitte?", es war mehr ein Krächzen.
"Ja, du hast richtig gehört. Der noble und sonst so moralisch erhabene Gentleman, der dir so gekonnt den Kopf verdreht hat ist ein heimlicher Playboy inklusive Fotos!", die Asche wackelte gefährlich lose und Sylvia dämpfte im Aschenbecher ab, "Ansprechen würde ich ihn aber nicht, das wäre ihm sicher unangenehm!" Die Geschichte die sie vom Arzt erfahren hatte behielt sie vorsichtshalber für sich. Marion saß völlig baff in einem beklekerten Ohrensessel, als Sylvia langsam zu ihrer Tasche schlurfte. Ein gezielter Griff hinein und dann das gewohnte schelmische Grinsen. "Willst sehen?"
Den Tatbeweis hatte der Herr Kollege in seiner Panik in der Direktion vergessen, aber ihr war er nicht entgangen.
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| 14.3 | | von: keinelehrerin
erstellt: 20.05.2006 20:42:15 geändert: 20.05.2006 21:03:12 |
Ja, das war Max. Eindeutig. Zwar ohne diese wahnsinnig interessanten Schläfen, aber er war es.
Aber wer war diese Frau neben ihm? Einfach nur ein anderes Fotomodell? Oder seine Freundin? Eine Komilitonin? Oder seine Geliebte? "Sylvia, hat er was gesagt, wer die Frau ist?" Sylvia konnte mit ruhigem Gewissen den Kopf schütteln, E R hatte es ihr ja nicht gesagt. Vorsichtshalber zündete sie sich aber eine neue Zigarette an und nahm einen tiefen Zug um ja nicht antworten zu müssen. Marion klaubte ihr Kompottschälchen vom Sessel auf. In der Küche war noch und bei emotionalem Stress brauchte sie immer was Süßes. "Aber ich hab Max doch heute bei Dr.Sperling getroffen. Da hat er gar nichts gesagt, bloß dass er müde sei." Sylvia machte eine vage Handbewegung und statt zu antworten, machte sie den nächsten Lungenzug. Hoffentlich war das ganze bald rum, sie würde ja noch Lungenkrebs bekommen! Marion hielt das Kompottschälchen in der Linken, den Löffel in der Rechten und begann eine Wanderung um den Esszimmertisch. "Warum hat er nichts gesagt? Wenns doch nur ein dummer Studentenstreich war, hätt ers doch sagen können. Aber den Chef hätt ich gern gesehen. So stotternd und entrüstet. Seine Frau hat mit ihm auch einen Fang gemacht. Aber das hätt er mir doch wirklich sagen können. Statt dessen will er heut abend anrufen. Da stimmt doch was nicht. Wer ist denn die Frau da?" Marion erwartete auch keine Antwort auf ihre Fragen. Aber Sylvia machte sich langsam ernsthaft Sorgen um ihren Teppich. Wenn Marion so weiter so aktiv wandernd nachdachte, hatte sie bald eine Carrera-Bahn in den Teppich geschliffen. "Sag mal, was hat denn Dr. Sperling zu dir gesagt? Bist du wieder dienstfähig?", lenkte sie ihre Freundin ab. "Ja. Ab Montag darf ich wieder kommen, aber etwas langsam soll ich noch machen. Gut, dass dus ansprichst. Ich muss noch zwei, drei Sachen in die Wohnung holen gehen. Und meinen Schleppi," grinste sie. Ohne ihr Lap-Top war sie schon aufgeschmissen, da hatte sie sämtliche Arbeitsmaterialien abgespeichert. "Dann nutz doch die Zeit", ermunterte Sylvia Marion. Sie hatte Angst sich doch noch zu verplaudern. Aber diese Sache aufzuklären, war nun definitiv Max´s Sache. "Außerdem musst du auch mal nach deine Grünlilie gießen", erinnerte sie Marion mit einem schiefen Lächeln.
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| 14.4 | | von: ines
erstellt: 20.05.2006 21:49:58 geändert: 21.05.2006 23:19:40 |
Die Luft in Helens Wintergarten roch angenehm und fühlte sich warm an. Eine riesige Yukapalme lehnte sich an der Wand an, umringt von unzähligen kleineren Töpfen. Der grüne Daumen hatte Helen nicht verlassen. Max hatte sich wieder gefangen und fühlte sich angenehm erleichtert. Langsam lies er sich auf die Knie, "Ich habe mich nicht getraut. Ich hatte Angst vor den Vorwürfen.", endlich konnte er es aussprechen. Helen hielt seinem Blick ruhig stand ihre sanften Hände ruhten auf den dünnen unbewegten Beinen. "Meine oder deine eigenen?", dann schmunzelte sie verzeihlich. Schließlich löste sie ihre Arme. Mit einem kräftigen Ruck schob sie sich zurück zu dem kleinen Tisch vor dem Kakteenfenster. Einen Finger an den spitzen Stachel gelegt sah sie gedankenverloren auf den schönen englischen Garten hinaus. "Es war nicht deine Schuld Max. Du hättest es auch nicht verhindern können. Die Idee war allein die meine und somit trage ich auch die Konsequenzen alleine." Sie verstummte für einen Moment, dann lächelte sie ihn ehrlich an. "Sie mögen dir schlimm erscheinen, denn du siehst nur den Rollstuhl und was er mir alles nimmt, aber eigentlich hast du keine Ahnung." Max setzte sich auf den Stuhl neben ihr. Er war verwirrt, was war an einem Leben in der Unbeweglichkeit denn nichtschlimm?
Ein lautes Poltern und Quietschen unterbrach seine Gedanken. Dann klirrte Glas und eine schrille Frauenstimme schallte durchs Haus: "Mamma mia! Stefano - siehe was e'hate' bambino wieder angestelte. Stai attento! Un ragazzo così inetto. Vai fuori della mia cucina. Quante volte devo dirti di non toccare i miei spaghetti? " Ein lauter Redeschwall ergoss sich über den pubertierenden Buben und er flüchtete mit fliegenden Beine vor dem mit Flüchen beladenen Gezetere der rundlichen Italienerin. Dicht gefolgt von einer schimpfenden Köchin flitzte der dunkelhaarige Junge an dem Wintergarten vorbei, warf Helen ein Kusshändchen zu und verschwand hurtig im Garten. Den Kochlöffel drohend in der Hand schwingend blieb Senora Sandrelli vor Helen stehen: "Questo ragazzaccio, signora! Di nuovo ha mangiato degli spaghetti...mille pezzi di vetro adesso sul pavimento... così non posso mai preparare la cena per stasera!. Nachdem sie ihrem Ärger bei der Hausherrin Luft gemacht hatte machte sie am Absatz kehrt und verzog sich noch immer laut murrend zu ihren Spaghetti zurück.
Helen lachte, dann wandte sie sich Max zu. "Siehst du, ich habe einen sehr temperamentvollen Sohn, den es ohne diesem Ding", ihre Finger klopften auf die Räder des Rollstuhls, "niemals gegeben hätte!" |
| 14.5 | | von: ricca
erstellt: 20.05.2006 23:58:42 geändert: 21.05.2006 20:55:41 |
Derweil musste sich Delia im Uniklinikum stark beherrschen, dass sie nicht zu hyperventilieren begann.
Was machte ihr verantwortungsloser Herr Vater hier? Er hatte es doch auch sonst nicht nötig gehabt sich zu melden!!! Jedenfalls nicht seit ihrem Abitur, seit er diese Regina geheiratet hatte...
Sie sah jedoch auch, dass er käsebleich war und kalte Schweißperlen auf seiner Stirn standen.
Glücklicherweise konnte sie seine Behandlung auf einen Kollegen mit dem Hinweis abschieben, Herr Poltz gehöre zu ihrer Familie, da sehe sie sich außerstande, die Behandlung durchzuführen. Familie und so...
Sie nickte ihrem Vater noch einmal knapp zu und stolzierte an ihm vorbei in Richtung der Wäschekammer, wo sie sich hinter dem großen Schmutzwäschebehälter zu Boden sinken ließ...und die vergangenen Jahre Revue passieren ließ.
Sie erinnerte sich an ihre leibliche Mutter, die bei einem Bankraub schrecklicherweise in der Schusslinie des Bankräubers gestanden hatte. Damals war ihr Vater noch ein lebenslustiger Mann gewesen - ja, das waren Zeiten gewesen! Doch der Tod seiner Frau hatte ihn vollkommen verändert. Er war schrecklich pedantisch geworden und vor der Zeit gealtert. Damals war Delia zwölf gewesen.
Nach zwei Jahren lernte der Vater Regina kennen, die ihn aus seinem Tief zurück in das Leben holte. Ihr einziger Fehler war gewesen, dass sie versucht hatte die Erinnerungen Delias an ihre Mutter auszulöschen und dann ihren Platz einzunehmen. So hatte zumindest Delia das damals gesehen. Ihr Vater, der sie sonst vergöttert und ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen hatte, - ja der hatte nichts gemerkt. Sie hatten sich Schritt für Schritt voneinander entfernt.
Leise begann Delia zu weinen.
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| 14 - 6. | | von: aloevera
erstellt: 21.05.2006 01:47:03 geändert: 21.05.2006 10:32:46 |
Max konnte den Blick nicht von Helen abwenden. Er sah dir Bilder wieder vor sich, tage- und nächtelanges Wachen an ihrem Bett, ob und wann sie aus dem Koma erwachen würde. Dann die niederschmetternde Diagnose der Ärzte – Querschnittslähmung. Aus der Traum von einem glücklichen Leben zu zweit, Kinder, eine unbeschwerte Zukunft. Und zu all dem Unglück die Auseinandersetzung mit Prof. Richardson, der umgehend nach Venedig gekommen war und weinend am Bett seiner Tochter saß.
Es war nicht so, dass Max Helen verlassen wollte. Er liebte sie viel zu sehr, als dass er sie allein gelassen hätte. Schließlich fühlte er sich schuldig an allem, was passiert war . Prof. Richardson bat ihn, nachdem die Diagnose klar und für Helen ein Leben im Rollstuhl unausweichlich sein würde, zu gehen und nie wieder in Helens und in seinem Leben aufzutauchen. Max wollte Helen so viel sagen, aber er fügte sich dem Wunsch des Professors und verließ Venedig, noch bevor Helen aus dem Koma erwacht war.
Die folgende Zeit konnte er irgendwie mit Psychopharmaka überstehen. Seine Familie war rührend um ihn besorgt, aber das trieb ihn nur noch mehr in die Enge. Er brauchte Abstand, musste weg, um mit sich und seiner Welt wieder ins reine zu kommen. Er ging nicht mehr zur Uni, zog sich immer mehr in sich selbst zurück und hatte alle Lebensfreude verloren.
Max erinnerte sich seines Patenonkels, der Abt in einem österreichischen Benediktinerkloster war. Er nahm Kontakt zu seinem Onkel auf und überraschte die Familie damit, dass er für unbestimmte Zeit in ein Kloster ginge.
Abt Gregor freute sich, sein Patenkind nach langer Zeit wieder zu sehen. Max wurde herzlich in die Gemeinschaft der Brüder aufgenommen und hatte sich schon nach wenigen Tagen an das für ihn völlig neue Leben gewöhnt. Einen großen Teil des Tages verbrachte er mit schwerer körperlicher Arbeit in den Klostergärten und auf den Feldern, die Zeiten der Stille und des Gebetes nahmen einen weiteren Teil des Tages ein. Abt Gregor ließ sein Patenkind nicht aus den Augen und gab Max alle geistige und seelische Unterstützung, die dessen kranke Seele brauchte. Mehrmals hatte Max darüber nachgedacht, in den Benediktinerorden einzutreten, um auf diese Weise seine große Schuld zu sühnen. Aber nach einigen Monaten brach die Lebensfreude wie eine zarte kleine Knospe in ihm auf und er konnte das Kloster verlassen, innerlich gefestigt mit dem Blick nach vorn, in eine neue Zukunft.
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| 14 - 7. | | von: aloevera
erstellt: 21.05.2006 12:31:31 geändert: 21.05.2006 12:33:15 |
„Wieso jetzt?“ wiederholte Helen ihre eingangs gestellte Frage. „Wieso nicht damals, als ich an der Grenze vom Leben zum Tod stand? Als ich aus dem Koma erwachte und du nicht da warst? Ich hätte dich damals gebraucht, bei den vielen Operationen, die ich über mich ergehen lassen musste und die mir nur den Erfolg brachten, dass ich nicht von der Halswirbelsäule sondern nur vom Becken an gelähmt blieb. Du hast keine Schuld, Max, versteh mich nicht falsch, ich selbst trage die alleinige Verantwortung, aber mit dir an meiner Seite hätte ich sicher keine Suizidversuche unternommen“ fügte sie kaum hörbar hinzu.
„Dein Vater..“ setzte Max an. „Ich weiß“ fiel Helen ihm ins Wort „Fünf Jahre nach diesem Unglück hat er mir auf dem Sterbebett erzählt, dass er dich damals weggeschickt hat. Er wollte nicht, dass du aus Mitleid bei mir bleibst. Und ich … ich hätte das auch nicht gewollt. Als mein Vater die Augen für immer schloss, konnte ich dir verzeihen. Erst da habe ich wirklich verstanden, warum du dich nie gemeldet hast. Und ich wusste tief in meinem Inneren, auch du hattest Höllenqualen gelitten.“
Max trat auf Helen zu und umarmte sie wortlos. Keiner von beiden bemerkte, dass eine weitere Person lautlos den Wintergarten betreten hatte.
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