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Forum: "Schülerin schlägt Lehrerin"
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| Tränen im Lehrerzimmer | | von: 95i
erstellt: 24.01.2004 17:12:16 |
Drei- oder viermal in meinem Lehrerdasein habe ich es bis jetzt erlebt, dass Lehrer und -innen im Lehrerzimmer sitzen und weinen, nachdem sie aus dem Unterricht gekommen sind. So ähnlich war es auch bei besagter junger Kollegin, die mit viel Elan an unsere HS gekommen ist. Bei den WTs, wo ich dieses Problem auch gepostet habe, wurde Kritik geäußert an meinem Begriff der verletzten Menschenwürde des Lehrers, der Lehrerin. Ich sehe da ganz klare Zusammenhänge. Die Schüler testen Grenzen aus, ist uns allen bekannt. Hier wurde dem Mädchen eine Grenze gesetzt (@Rolf sie war nicht am Ertrinken, sie wollte nur lieber mit dem aufgeblasenen Kondom und dann mit ihrem Handy spielen statt Klimadiagramme zu zeichnen). Sie sollte den Unterricht für die anderen Schüler ermöglichen und die Klasse verlassen. Sie hat den Ausweg nicht genommen, sondern wollte ihre Macht zeigen, hat die Lehrerin geschlagen und gedemütigt, in ihrer Menschenwürde beschädigt. Die KOllegin sagt, dass sie dieses Mädchen nichtr mehr unterrichten könne und möchte. Für die nächsten Stunden (bis nach der Klassenkonferenz) wird das Kind in den Erdkundestunden anderweitig beschäftigt, um die Lehrerin zu schützen.
Ich spreche immer von Mädchen.
Eigentlich ist das nicht richtig, denn sie ist schon eine junge Frau mit einer ganz netten Karriere, natürlich mit vielen Problemen. Zerrüttete Familie, verwahrloste Wohnung, vergewaltigt vom eigenen Schwager, Drogen- und Alkoholprobleme. Sie war schon in einer 4-wöchigen Therapie in einer heilpädagogischen Anstalt. In der letzten Zeit schnitzt sie sich selber die Arme auf. Wie das Krankheitsbild heißt, weiß ich nicht. Ist noch in dieser Drogentherapie, hat aber wohl auch nicht die Kraft, das durchzuhalten. Sie sagt selbst, dass könne ja nur erfolgreich sein, wenn man selbst wolle. Sie will aber nicht. Im übrigen ist sie in meinem Unterricht eher still, beteiligt sich schon mal. Aber ich weiß, dass es kein Problem wäre, einen Angriff zu provozieren. Wenn das Handy mal wieder "aus Versehen" klingelt, was tue ich dann. Hole ich es mir mit Gewalt? Schicke ich sie raus? Was, wenn sie sich widersetzt? Ach , ich weiß nicht. Das Elternhaus (nur noch Mutter) ist sowas von hilflos, selbst alkoholabhängig, wenn nicht mehr.
Im sechsten Schuljahr (vor zwei Jahren - danach erst ist sie hängen geblieben und in meine Klasse gekommen) hat es bereits einmal einen ählichen Vorfall gegeben, wo sie einen Lehrer mehr weggeschubst hat. So hat der es zumindest im Nachhinein dargestellt, vielleicht weil er den ganzen Aufwand mit Konferenz oder so scheute.
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| Sooo viele Beiträge | | von: rooster
erstellt: 24.01.2004 17:40:37 |
Zeigt das nicht, dass es uns tief berührt? Ich muss 95i noch einmal unterstützen: Die junge Kollegin muss in ihrer Menschenwürde beschützt werden - ein professioneller Lehrer sollte Wege finden, sich klarzumachen, dass ein Kind sie in der Rolle als Lehrerin angegriffen hat - nicht als 'Mensch'. Dann wird ihre Verletzheit wahrscheinlich kleiner. Ich habe dich so verstanden, dass sie Berufsanfängerin ist. Gerdae dann ist man zunächst nicht der Profi, sondern geht häufig wie ein Privatmensch zum Kaffeetrinken in den Unterricht: ungeschützt.
Sie konnte nicht antizipieren, was in dem Kind vorging - du schilderst, wie du solche konfrontativen Situationen vermeidest - umschiffst. Wer sich auf die Macht-Wippe mit Schülern begibt, wird von der Schaukel fallen - irgendwann. Aber es muss ein Schulkonzept her, wie eine Schule umgeht mit Problemen.
Ich seh es wie balule: dieses Mädchen braucht mehr als eine Fachlehrerin in der Regelschule unter den 'normalen' Bedingungen leisten kann. Sie sollte besser begleitet werden al ses euch möglich ist.
Aber ich sehe es wie sopaed und einige andere: Null Toleranz gegen Tätlichkeiten - wie soll ich erwarten, dass die vielen anderen Grenzgänger in der Hauptschule, die andere Gewalterfahrungen haben als wir uns das manchmal vorstellen möchten, nicht auch zu Tätern werden. Sobald sie sehen, dass die Schule darüber hinwegsieht und zur Tagesordnung übergeht, wird die Hemmschwelle mit jeder gewalterfahrung in der Schule niedriger. Also: Deutliche Zeichen setzen und Unterstützung organisieren.
Im Zusammenhang mit der Burn-out- Diskussion: Wer sich vorstellt, alle Probleme lösen und bearbeiten zu müssen und zu können, ist stärker gefährdet als jemand, der aich abgrenzen kann.
Puh, das war wieder lang - aber es ist ein sooo schwieriges Thema für rooster |
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