Da haben sich im Laufe der Zeit schon viele die Zähne ausgebissen. Da ich ja schon lange "im Geschäft" bin, habe ich mich immer wieder mit der Rechtschreibung und den verschiedenen Ansätzen befasst in der Hoffnung den ökomomisch besten Ansatz zu finden. Wenn ich nicht immer wieder Rechtschreibmaterialien aussortiert hätte, würden die bei mir eine ganze Menge Platz im Regal einnehmen.
Ich kann leider nach vielen Jahren Erfahrung nicht behaupten, dass ich den optimalen Ansatz gefunden habe.
Was mir jedoch auffällt (ab dem 3. Schuljahr) ist:
- Schüler, die bis dahin relativ fehlerfrei schreiben, schreiben auch weiterhin fehlerfrei, haben aber teilweise Probleme, die richtige Schreibweise auf Regeln zurückzuführen. Oft sind es Vielleser oder gute Lautleser und mindestens insgesamt gute Schüler. Das ist der Hinweis, dass sie die Rechtschreibung über ein gut ausgeprägtes bildhaftes Gedächtnis erlernt haben.
- Schüler, die große Probleme mit der Rechtschreibung haben, lesen fast alle schlecht und wenig. Einige neigen zum Fantasieren (Vermeidungstechnik). Außerdem können sie oft nicht richtig abschreiben und haben meistens isolierte feinmotorische Probleme (sogar auch einmal gute Sportler) in Richtung Abschreibflüssigkeit. Das heißt, diese Schüler sind mehrfach belastet. Es ist für sie zu anstrengend, ein Wort richtig anzuschauen und "im Kopf" mitzusprechen, während sie schreiben. Deswegen neigen sie zur oberflächlichen Arbeitsweise. Ebenso haben fast alle dieser Schüler kein Rhythmusgefühl. Das beobachte ich in Musik. Leider sind da meine Möglichkeiten als Lehrkraft begrenzt; hätte ich Einzelförderung würde ich an diesen Punkten ansetzen, sofern sie bei dem Schüler beobachtbar sind.
- Ca. 40 - 50 Prozent können lange und kurze Vokale relativ sicher unterscheiden. Hier greift wiederum das Rhythmusgefühl: Wer kein Rhythmusgefühl hat, kann auch keine langen und kurzen Vokale unterscheiden. Die Zeit in der Schule reicht nicht aus, dieses einzutrainieren.
- Die Wörter Arzt (Artzt) und Heizung (Heitzung) werden über Schülergenerationen trotz vieler Erklärungsansätze oft falsch geschrieben. das weist auf das Merken über das Wortbild hin.
- In Lerntypentests, die ich bei den Schülern durchführe, kommt im Schnitt heraus, dass ca. 70 Prozent der Schüler Wörter am besten über das bildhafte Gedächtnis speichern. D.h., es gibt durchaus auch Schüler, die über das Hören arbeiten, doch das ist die geringere Anzahl. Die unterschiedlichen Lerntypen kann man nicht außer Acht lassen.
- Die Wortbildkästchen, die früher üblich waren und als das Nonplusultra angesehen wurden, sollten das bildhafte Merken unterstützen, haben aber nichts gebracht.
- "kam" (kamm) wird häufig falsch geschrieben, da helfen Erklärungen nichts, weil die Schüler von der Wortfamilie ableiten.
- Den "mittelguten" Rechtschreibern helfen tatsächlich Rechtschreibregeln bzw. das Reflektieren über die Regeln. Allerdings müssen die Regeln dann schnell abrufbar sein.
- Die sehr guten bis mittelguten Rechtschreiber finden aus Fehlertexten (geübtes Wortmaterial) ziemlich gut falsch geschriebene Wörter, finden auch bei Wortangeboten von ca. 3 Wörtern das richtig geschriebene heraus.
- Bei Rechtschreibarbeiten, wo man vielfältige Aufgaben erledigen muss, aber nicht den Stress von Diktaten hat, schnell zu reagieren, da kommen doch viele Schüler durch Überlegen auf die richtige Lösung, eher als bei den Diktaten.
- Automatisierungstechniken ohne über die Regelhaftigkeit von Wörter nachzudenken birgen Fehler, vor allem wenn Wörter außer den Substantiven am Anfang eines Satzes groß geschrieben werden.
Zu den vorherigen Beiträgen und weiterführend:
- Bei uns in Bayern zählten die Wörter mit dem stummen h, das man niemals hört, auch bei der verlängerten Form nicht, zu den zu merkenden Wörtern, sie werden ohne Regeln gelernt.
- Wörter in Richtung Zusammensetzung zu lernen, das sollte selbstverständlich sein; ich bin der Meinung, dass diese Rechtschreibreform schon etwas gebracht hat. Wenn man darauf eingeht, wie halb berichtet, gibt es auch keine Schwierigkeiten.
- Rechtschreibleistungen kann man unterschiedlich abprüfen. Beim Abschreiben wird die kurzfristige Übertragungsfähigkeit eines Wortes abgesprüft, beim Rechtschreibtests/arbeiten kann man die inneren Wortbilder und das Regelbewusstsein abrufen, man nimmt die Aufgabe durch den Sehsinn wahr. Deim Diktat muss man über das Hören Wortbilder abrufen oder nofalls durch Regeln herleiten, die Merkfähigkeit und Konzentration sind stark gefordert. Das Diktat ist daher am Anspruchsvollsten und wenn schnell diktiert wird, kann man nur noch automatisierte Wörter aufschreiben.
-----------------
Letztendlich hilft nur das Automatisieren, um eine der Mehrfachbelastungen zu nehmen. Denn eine Rechtschreibung und eine lesbare Schrift sind nur Mittel zum Zweck, also Grundlagen, andere Aufgaben gut zu machen.
Am Allerwichtigsten der Kuluturtechniken halte ich das Lesen, das braucht man immer, doch das hat jetzt nur bedingt etwas mit der Rechtschreibung zu tun.