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Forum: "Buchstabeneinführung F"
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| ... | | von: ninniach
erstellt: 05.02.2006 21:54:17 |
wamabi, du widersprichst dir aber gewaltig. Entweder ich erwarte überall normgerechte Rechtschreibung oder ich mache Abstriche. Entweder in der Gesellschaft gibt es eine Grundhaltung, die Wert auf normgerechte Rechtschreibung legt oder die gibt es nicht. Vielleicht legst du darauf Wert, in verschiedenen Bereichen (warum nicht auch in den Bereichen, die für Kinder authentische Schreibanlässe sind, bei denen man sofort verstehen kann, warum es wichtig ist, richtig zu schreiben?), vielleicht lege ich Wert darauf, dass Kinder jeweils ihrer Entwicklung gemäß normgerecht schreiben, aber ich glaube nicht, dass wir die Mehrheit sind.
Die Mehrheit widersetzt sich der Norm, indem sie eine nicht mehr gültige Norm benutzt, fahre ich ein gewisses Stück durch Deutschland, gilt auch noch die alte Norm, viele Erwachsene äußern immer wieder, dass ihnen inzwischen egal ist, ob sie normgerecht schreiben, weil inzwischen eh niemand mehr Überblick hat. Als Lehrer deckt man immer nur einen kleinen Teil der Lebenswelt von Schülern ab und ich glaube, dass der Einfluss des anderen Teils wesentlich größer ist.
Übrigens glaube ich auch, dass viele Schüler sehr wohl wissen, dass für die Bewerbung normgerechte Rechtschreibung erwartet wird und das auch schaffen - mit welcher Strategie auch immer.
Das mit der chaotischen Rechtschreibreform ist in meinen Augen tatsächlich ein Motivationsproblem für Schüler und deshalb ist es mir besonders wichtig, dass die Schüler nicht einfach nur richtig schreiben, weil ich das will, sondern dass sie das entwickeln, was mein Rahmenplan "selbstverantwortliche Rechtschreibhaltung" nennt. Dazu gehe ich andere Wege, als man früher ging, aber früher hat ja auch noch jeder erwartet, dass im Brief an die Oma kein Fehler ist und dass der Spruch auch ja ohne Fehler ins Poesiealbum geschrieben wurde.
Mit Weltfremdheit hat das in meinen Augen nichts zu tun, eher mit Realismus. |
| @wabami | | von: brigitte62
erstellt: 05.02.2006 22:34:07 |
Um den, der schon vor dem Rest der Klasse so weit ist, das ich ihm sagen könnte, Fogel ist nicht "amtlich korrekt", muss ich mir im ersten Schuljahr überhaupt keine Sorgen machen. Derjenige kriegt es nämlich irgendwann (und zwar meist sehr schnell) mit.
Er sieht es in einem Buch, bei einem Leseangebot wo auch immer - die Oma hat es ihm bei den Hausaufgaben gesagt... und er wird das Gehörte und Gesehene aufsaugen. Lernen findet nicht nur in der Schule statt! Damit meine ich jetzt nicht, dass ich mich getrost zurücklehnen kann, nach dem Motto, irgendwie wird er es schon erfahren. Aber es wäre vermessen von mir zu behaupten, ich könnte bei 30 Schülern jedem zu jeder Zeit das genau auf ihn zugeschnittene Lernangebot präsentieren. Was mich aber unglaublich entlastet: Ich zeig ihm die Welt. Und ich zeig ihm wie er aus dieser Welt das für ihn passende rausholen kann. Und da wird er zwangsläufig auf den Vogel stoßen. Entweder, weil ich es ihm, wenn ich es sehe, dass er soweit ist, sage, oder schon vorher. Vielleicht auch erst nachher.
Sorgen mache ich mir um diejenigen, die wodurch auch immer gehindert sind, das für sie passende zu lernen. Hier liegt ein hartes Stück Arbeit vor mir. Die die gehindert sind, sind übrigens nicht immer nur die, die es von ihrer Intelligenz her schwerer haben. Es können auch die hochbegabten sein, oder die wo Mama und Papa viel besser wissen, was ihr Kind jetzt braucht, oder die die Angst in der neuen Situation Schule haben .... |
| wie kommt es zu so vielen rechtschreibfehlern? | | von: rolf_robischon
erstellt: 06.02.2006 14:35:30 |
lieber kunoschlonz ich nehme mal an, dass fehlerhafte rechtschreibung vor allem mit unsicherheit zu tun hat.
kinder schreiben etwas und müssen dann abwarten, ob die lehrperson fehler im text findet.
im training für den text oder für rechtschreibprobleme setzen lehrerinnen und lehrer hemmungslos gegenüberstellungen ein, sie lassen auf einer heftseite, auf einem arbeitsblatt üben: ie-ei, f-v, cks-x, k-ck, d-t, e-ä usw...
im kindergarten lernen kinder in einer woche, welches ihre linke hand ist. und eventuell mehrere wochen später, dass die andere hand rechts ist. nur an der linken hand ist einfarbtupfer. wenn kindern am gleichen tag erklärt würde, dass die eine hand links und die andere hand rechts sei, werden sie verwirrt und bleiben unter umständen seitenunsicher. ich bin seitenunsicher, weil man mit der rechten hand schreibt und ich hab es halt immer mit der linken getan. jetzt, wo ich reiten lerne, sagt (nach meinem hinweis) die reitlehrerin "außen- innen".
kinder die nicht sicher sind, wie ein wort geschrieben wird, sind möglicherweise durch "unterricht", natürlich gutgemeint, unsicher gemacht worden. würde man ihnen in den ersten beiden schuljahren abzählen wieviele von ihren wörtern richtig geschrieben sind, dann könnten sie erheblich sicherer werden. ich hab das so erlebt bei meiner arbeit. unsicher waren nur noch kinder, bei denen zu hause eltern die fehler angestrichen haben und die "verbesserungen" schreiben ließen. ich darf ja nicht sagen, was solche eltern oft von beruf waren. |
| Motivation | | von: ninniach
erstellt: 06.02.2006 20:13:46 |
Ich habe kein Problem damit, Rechtschreibung zu vermitteln. Ich tue das aber zuallererst auf dem Weg, den mir mein Rahmenplan als den besten vorschlägt und den ich selbst mit dem Wissen, dass ich über den Schriftspracherwerb habe, für den richtigen Weg halte.
Wenn euch die Rechtschreibfehler eurer Schüler so stören, dann ist es doch eurer Meinung nach total einfach: Ihr streicht die Fehler an, lasst verbessern und dann müssten sie doch verschwinden?
Wieso geben euch die Schüler Facharbeiten mit so vielen Fehlern ab?
Wieso müsst ihr so viel über Rechtschreibfehler klagen?
Wie motiviert ihr eure Schüler, diese Fehler zu vermeiden?
Ich habe Schüler, die seit dem dritten Schuljahr an sich immer bemühen, möglichst wenige Fehler zu machen. Dazu gehört für sie, dass sie Wörter, bei denen sie sich nicht sicher sind erkennen, nachschlagen und wenn sie das Wort in ihrem Wörterbuch nicht finden, fragen. Meine Schüler sammeln immer mehr Wörter, die sie richtig schreiben können, an und machen immer weniger Fehler in ihre Texte. Meine Schüler bemühen sich, meine Schüler *wollen* richtig schreiben - von sich aus.
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