|
Forum: "inklusion"
Bitte beachte die Netiquette! Doppeleinträge werden von der Redaktion gelöscht.
|
| ich fürchte | | von: sonpaed
erstellt: 19.10.2012 18:30:49 |
jetzt kommt die grosse enttäuschung. ich habe kein einheitliches konzept. ich
arbeite mit dem gewalttraumatisierten jungen, der in der jugendeinrichtung
wohnt, ganz anders, als mit dem mädchen, welches innerfamiliär vergewaltigt
wurde. und den jungen, der mit seiner alkoholkranken mutter lebt, muss ich
nur bei dem kollegen, der auch alkoholiker ist, regelmäßig aus dem unterricht
holen. denn er führt den kollegen als spezialist für alkoholiker immer übelst
vor, so dass es mindestens verbal ordentlich kracht...
und mit dem kollegen, der klassenlehrer des lernschwachen kindes ist, übe
ich fleissig, nicht nur den rotstift über das kind auszukübeln, sondern echtes
loben zu trainieren. und ihm macht dies spaß wie bolle, da er sich "befreit
fühlt".
und mit der kollegin, welches das mädchen in der klasse hat, welches
momentan unter dem trennungskrieg ihrer eltern leidet, muss ich auch wieder
anders arbeiten. denn die kollegin befindet sich ausgerechnet selber in einer
identischen familiären situation. das mädchen ist übrigens kein gu-kind. ich
bin / fühle mich für alle kinder in den klassen zuständig.
und manchmal bin ich für ein kind der kurzzeitnachhilfelehrer.
ach ja - der vermittler zwischen schule und eltern, noch so eine aufgabe.
dies alles funktioniert besonders dann sehr gut, wenn ich mit möglichst
ganzer stelle an einer schule bin. als kofferpädagoge kann mensch so nicht
arbeiten.
und dann gibt es keine "stunden pro kind". die zeit wird situativ flexibel
eingesetzt. manchmal halt auch für vertretungsunterricht in völlig fremden
klassen...
diese flexibilität setzt natürlich ein breit gefächertes methodenrepertoire
voraus. welches ich mir über jahre insbesondere in externen fortbildungen
angeeignet habe. damit ich und die kinder was von meiner arbeit haben.
mfg
sopaed |
| ... | | von: ninniach
erstellt: 19.10.2012 19:54:31 |
dies alles funktioniert besonders dann sehr gut, wenn ich mit möglichst ganzer stelle an einer schule bin. als kofferpädagoge kann mensch so nicht arbeiten.
Und ich glaube, dass da der Knackpunkt steckt: Du sagst damit selbst, dass es Bedingungen gibt, die für Inklusion und die Beteiligten ungünstig und unmenschlich sind. Leider sind das die Bedingungen, die vielerorts vorgegeben werden. Da war meine Kollegin, mit der ich im Team schon ähnlich zusammenarbeitete, wie du es beschreibst, noch glücklich damit, ganze 12 Stunden an unserer Schule zu sein. Aber das waren die Bedingungen vor Inklusion, als wir noch eine der wenigen Schulen mit GU waren. Inzwischen werden alle Stunden hessenweit gleichmäßig verteilt, was für die Stundenzahl einen unfassbaren Rückgang bei gleichzeitig mehr Inklusionsschülern bedeutet hätte, wären wir (Schulleitung, Kollegium, Eltern, Kinder, Schulträger) nicht auf die Barrikaden gegangen. Das hat uns jetzt so gestellt, dass wir nur einige wenige Stunden verloren haben - für dieses Schuljahr, niemand weiß, wie es im nächsten wird.
DAS ist das, was ich ablehne. Das und dass uns als Inklusion verkauft wird, was wir die ganze Zeit schon im Rahmen des GUs sowieso gemacht haben.
Was mir für wirkliche Inklusion fehlt, ist die Möglichkeit, Kinder tatsächlich individuell sehen und bewerten zu dürfen, ohne am Ende bei der Schulinspektion zu hören, wie schlimm es doch ist, dass wir nicht in allen Jahrgängen immer die gleichen Klassenarbeiten mit dem gleichen Bewertungsschlüssel schreiben. Inklusion würde für mich heißen, dass es gar nicht mehr um Bewertung geht, sondern darum, jedes Kind bestmöglich zu fördern und damit so zu akzeptieren, wie es ist. Aber in einem dreigliedrigen oder meinetwegen zweigliedrigem Schulsystem, in dem ich am Ende auch den Kindern einen Gymnasium/Realschule/Hauptschule-Stempel verpassen muss, die zur Gesamtschule gehen, finde ich es lächerlich, über Inklusion zu sprechen.
Und nein, wir jammern nicht nur. Wir arbeiten an einem Konzept für einen Schulversuch mit der Förderschule. Und wir inkludieren, so gut es uns unter den gegebenen Bedingungen gelingt. Aber gleichzeitig muss es erlaubt sein, die Inklusionspolitik der KuMis zu kritisieren. |
| Kontrapunkt? | | von: ishaa
erstellt: 19.10.2012 23:11:36 geändert: 20.10.2012 00:09:57 |
sonpaeds Link zum Anklicken: http://www.inkoe.de/information/information_detail.php?thema_id=10&eintrag_id=283#information_inhalt
Ja, ein paar unfähige RegelschullehrerInnen werden dort abgewatscht, die FörderpädagogInnen könnten das natürlich besser.
Ansonsten findet sich dort sehr viel von dem, was viele hier im Forum vertreten.
Im übrigen denke ich, dass sich die Klientel an einigen Hauptschulen im Lande (NRW, nicht Bayern) so verändert hat, dass tatsächlich Sonder- oder Förderpädagogen mehr ausrichten könnten, da sie dafür ausgebildet wurden.
Und (Selbstbeweihräucherung an) gleichzeitig bilde ich mir ein, mit meiner Gymnasialausbildung (überwiegend Sek II) nach langen Jahren an der HS so flexibel geworden zu sein, dass ich auch an einer Förderschule (Lernen, ES) unterrichten könnte.(Selbstbeweihräucherung aus) Es gibt eben solche und solche. Ich haue meinen Hausarzt nicht, weil er keine Zähne ziehen kann. |
Beitrag (nur Mitglieder) |
|
|