|
Forum: "6 Jahre Grundschule"
Bitte beachte die Netiquette! Doppeleinträge werden von der Redaktion gelöscht.
|
| @ing_08 | | von: curie
erstellt: 23.04.2008 09:33:44 geändert: 23.04.2008 09:39:16 |
Um deine Ausführungen besser einordnen zu können wären für mich folgende Informationen wichtig:
Strebst du selbst an, Lehrer zu werden und hältst du dich für geeignet, ein solcher von dir beschriebener "Hybrid-Lehrer" zu sein? Falls ja, wie passt die von dir zu Recht angesprochene didaktisch-pädagogische Begleitung zu deinem auch in Forenbeiträgen verwendeten Motto, das jeglichem pädagogischen Grundgedanken widerspricht?
(Nachtrag: "An die dumme Stirne gehört als Argument von Rechts wegen die geballte Faust. (Friedrich Nietzsche)")
Da du noch kein Lehramtsstudium absolviert hast, kann ich bislang nicht einschätzen, in wie weit du dich wissenschaftlich mit Pädagogik und Didaktik auseinander gesetzt hast. Falls dies bislang nicht der Fall ist, ziehe ich die letzte Frage zurück, da mir eine vertiefte Diskussion bei fehlendem fachlichen Hintergrund nicht sinnvoll erscheint.
Ein Austausch von eigenen Erfahrungen als Schüler, Nachhilfelehrer etc. ist davon unabhängig natürlich immer interessant und nicht weniger wert!
Mich würde einfach interessieren, ob deine Beschreibungen eine Aufforderung an ANDERE sein sollen, Untericht so zu gestalten, wie du ihn für sinnvoll hältst, (also eher eine Theoriedebatte) oder ob du anstrebst, selbst daran mitzuwirken.
In einem anderen Forum konnte ich lesen, dass du erst prüfen willst "ob das System zu dir passt" (sinngemäß), bist du bei dieser Frage weitergekommen? Prüfst du auch, ob du zum "System" passt (um bei deinem Sprachgebrauch zu bleiben)?
Freue mich auf eine Antwort, aber bitte ohne Ferndiagnosen meiner Intelligenz, kognitiven Fähigkeiten, geistiger Ausstattung etc. |
| egal... | | von: rhauda
erstellt: 23.04.2008 15:36:58 geändert: 23.04.2008 15:38:00 |
was mir das breite Lesen der verschiedensten Statistiken, Untersuchungen und Aufsätze zeigt, ist:
# Längeres gemeinsames Lernen bis Klasse 6 in der derzeitigen Form benachteiligt die Lernstarken und bringt den Schwachen keine Verbesserung, ist insgesamt also ein Minusgeschäft für alle.
# Längeres gemeinsames Lernen könnte erst etwas bringen, wenn die Bildung mit signifikant mehr Mitteln arbeiten kann, um die nötige individuelle Förderung zu gewährleisten.
# Ob unter diesen Voraussetzungen alle Schüler in gleichem Maße davon profitieren, ist erst einmal eine reine Annahme und muss abgewartet werden.
# Wenn alle davon profitieren, ist die Frage zu stellen, ob bei gleichen erhöhten Mitteln die verschiedenen Gruppen vielleicht getrennt insgesamt noch viel mehr profitieren, wenn sie NICHT bis Klasse 6 zusammenlernen.
# Die Hauptschule hat ein Imageproblem und ist ein Schmelztiegel für die verschiedensten sozialen Probleme. Wir schaffen die sozialen Probleme nicht aus der Welt, indem wir sie aufgehen lassen in einer gemischten Gruppe. Die sozialen Probleme sind nur weniger auffällig, weil sie zugekleistert werden durch die höhere Anzahl von unauffälligen Schülern.
Für mich das Fazit: es kann nicht die vornehmliche Aufgabe von Schule sein, die sozialen Probleme, die jahrelang vorher angelegt wurden, auszugleichen.
Schule darf nicht gezwungen werden, sich zwischen Bildungsauftrag und sozialer Verantwortung zu entscheiden.
Wenn Schule soziale Unterschiede ausgleichen soll (d.h. ihrer ureigene Aufgabe der Erziehung und Bildung noch Sozailarbeit und Gesellschaftveränderung hinzuzufügen), dann muss sie dazu in die Lage versetzt werden.
Ich bin allerdings überzeugt davon, dass Schule auch das schaffen kann. Lehrer könne alles (ohne Ironie). Nur nicht alles allein.
|
| OS Basel | | von: kla1234
erstellt: 23.04.2008 16:54:18 |
http://www.4teachers.de/url/2747
Ja, ja die Mittel.
Orientierungsstufe in Basel:
keine Noten, Freiarbeit, jedoch höchst differenzierte Berichte, 3 Jahre kein Sitzenbleiben.
viele kleine Räume, die Kinder können zu zweit losziehen um Dialoge zu üben.
Die Sprachschwächsten sprechen um viele, viele Stufen besser als ein begabter 5.Klässler hier. "LRS-Kinder" haben nicht die üblichen Bewertungsprobleme, Sprache wird in verschiedensten Bereichen bewusst getrennt gefördert, Rechtschreibung ist nur einer von 5.
Eine Gymlehrerin von hier war mal dort und restlos begeistert ...
Die Kantone wollen vereinheitlichen und jetzt Primarschule 6 Jahre auch in Basel einführen.......
kla |
| @ing_08 | | von: ysnp
erstellt: 23.04.2008 17:55:21 geändert: 23.04.2008 17:57:41 |
Zu deinen Ausführungen zum offenen Unterricht:
Reformpädagoik hat, wie du beschrieben hast, viel mit selbstorganisiertem Lernen zu tun. Allerdings ist das eine historische Strömung.
Offener Unterricht ist eine Methode, die u.a. aus dieser Strömung hervorgegangen ist und hat viel mit selbstorganisiertem Lernen zu tun. Federführend war allerdings für die Regelgrundschulen eher die Montessoripädagogik.
Gruppenarbeit ist nur eine Methode, wie Lernen selbstorganisiert werden kann.
Ich glaube, du meinst offener Unterricht wäre etwas Chaotisches bzw. dass Schüler ihr Lernen frei bestimmen. Das wird in den Regelschulen kaum praktiziert - das würde auch dem Lehrplan widersprechen. An freien Schulen findet man so etwas öfter.
Wir verstehen in den Grundschulen unter offenem Unterricht die gemäßigtere Form. Ein offener Unterricht ist organisiert und hat seine Ziele, die allerdings stark im Weg des Lernens vom Frontalunterricht abweichen.
Methoden: Wochenplan, Freie Arbeit, Stationenbetrieb, Lernwerkstätten, Lerntheken, Projektunterricht usw.
und als Organisationsformen Gruppen, Partner- und Einzelarbeit.
Aus den Kinderschuhen des offenen Unterrichts sind wir schon längst heraus und diese Form hat sich in den letzten Jahren professionell weiterentwickelt.
Gerade das, was du einforderst, das wird durch die verschiedenen Methoden des offenen Unterrichts erreicht.
Ein offener Unterricht, gut organisiert, fördert die Selbstständigkeit der Schüler, sei es durch eine gewisse Auswahlmöglichkeit der Aufgaben oder durch Angebote (Infomationsmaterial z.B. oder Versuche), mit denen der Schüler zu seinem Wissen kommt. Da wird Wissen nicht vermittelt, sondern der Schüler entdeckt es durch die zurückhaltende Leitung des Lehrers selbst.
Eine Kontrolle der Ergebnisse und das Fixieren oder Besprechen der Ergebnisse ist sogar dort sehr wichtig.
Fazit: Ein offener Unterricht, wie er in der Grundschulen praktiziert wird, folgt bestimmten Regeln.
P.S.: Es überrascht mich immer wieder, wie von "außen" unsere Unterrichtsmethoden "beurteilt" werden. Offener Unterricht ist ein sehr komplexes System und nicht so leicht zu fassen wie Frontalunterricht. (Wahrscheinlich habe ich selbst in meinen Ausführungen nur einen Teil davon geschildert, was offener Unterricht ausmacht.) Das muss ich denjenigen, die sich fachfremd darüber äußern, noch zugute halten.
Offener Unterricht muss man durchführen oder erleben um zu sehen, was das ist.
Alles andere sind Vermutungen. |
| @elefant | | von: rhauda
erstellt: 23.04.2008 18:47:36 geändert: 23.04.2008 18:51:45 |
LESEN!
Mein Beitrag sagt, dass der Anteil der Gewalttaten an Gesamtschulen höher ist als in vergleichbare dreigliedrige Schulsysteme zusammengesetzt.
Bevor jetzt wieder das Argument mit der niedrigen Anzahl von Gymnasiasten in Gesamtschulen kommt:
Das gilt AUCH für Bereiche, in denen kein Gymnasium als Ausweichmöglichkeit zur Verfügung steht.
Die Aussage, dass das in der GS alles kein Problem ist, ist doch auch nicht wahr. Die Leistungsunterschiede werden doch doch mit jedem Jahr größer, soll heißen, dass im ersten Jahr der Unterschied zwischen den besten und den schwächsten Schülern vielleicht noch 20 Punkte beträgt, im zweiten Jahr aber schon 30 , im dritten Jahr schon 40 usw. Die Anzahl der Gewalttaten und abweichendes Verhalten steigern sich ebenfalls mit dem Alter der Schüler. Da bildet die GS keine Ausnahme.
Unsere regelmäßigen Zusammenkünfte mit den GS-Lehrerinnen des Einzugsbereiches können deine Behauptungen auch nicht bestätigen. Auch die verzweifeln doch schon in Klassen 3 und 4 an den mangelnden Möglichkeiten zur Differenzierung.
Dass in der GS alle bis zur 4.Klasse noch so wunderbar gemeinsam voneinander lernen, ist auch nach deren Aussage Augenwischerei!
Allerdings: die Empfehlungspraxis spiegelt das nicht wider. Von allen Schülern des letzten Jahrgangs 4 in unserem Einzugsbereich haben lediglich 9% die Empfehlung für die Hauptschule bekommen.
Darauf angesprochen, warum denn die Empfehlungen so wenig einhergingen mit den GS-Beschwerden über die große Heterogenität und die Menge an wirklich gefährdeten Schülern, die auch nach 4 Jahren kaum Lesen und Schreiben können, war:
"Die gehen doch sowieso hin, wo sie wollen. Warum sollen wir uns da mit den Eltern anlegen?"
Ich verstehe die Einstellung. Allerdings erklärt sie auch so einiges, was die Klientel an den verschiedenen Schulformen betrifft.
Einen weiteren Vorwurf muss man auch den Lehrkräften der Realschule machen. Solange ich schon im Dienst bin (20 Jahre), versuchte man, auch die schlechtesten Realschüler zu halten mit dem Argument: "Der ÄRMSTE! Er ist total überfordert. Aber an der Hauptschule würde er ja völlig untergehen. Er ist so zart besaitet!"
Im Umkehrschluss heißt das:
#1 "Wir halten die HS-Kollegen für unfähig, angemessen für diesen Schüler zu sorgen"
#2 "Indiskutable Leistungen an der RS reichen nicht für die HS.Es muss schonmindestens eine Strafakte sein."
Beides ist anmaßend und hat zum Niedergang der HS beigetragen.
|
Beitrag (nur Mitglieder) |
|
|