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Forum: "Ist das Präteritum ein Auslaufmodell?"
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| Dein Eingangsbeispiel, liebe sahara14 | | von: bernstein
erstellt: 21.04.2014 11:18:36 |
zeigt ja die Verwechslung des Präsens mit dem Präteritum.
Geht man konsequent vor, kann man durchaus ein Ereignis, das in der Vergangenheit stattfand, im Präsens beschreiben, um z. B. die Beschreibung besonders spannend und nacherlebbar zu machen, aber man muss dabei auch konsequent sein und darf nicht zwischendurch mal ins Präteritum fallen. Damit verdirbt man alles. Das ist nichts anderes als ein STILMKITTEL (wie gesagt: wenn es konsequent angewendet wird).
Das Präteritum hat nach meinen lebenslangen Beobachtungen auch noch in anderer Hinsicht einen schweren Stand:
Da viele deutsche Verben unregelmäig sind und etliche Menschen nicht immer sofort die unregelmäßige Präteritumform präsent haben, verfallen sie in die ihnen leichter erscheinende zusammengesetzte Zeit des Perfekt (als Volksschülerin lernte ich noch die deutsche Bedeutung dieses Tempus: "vollendete Gegenwart"). Beispiel: "Gestern habe ich ein Buch gelesen." statt "Gestern las ich ein Buch.".
Ein netter alter Witz zu diesem Thema:
Lehrerin: "Klein-Fritzchen, lies mal deinen Aufsatz über den Sündenfall vor."
Klein-Fritzchen: "Und Eva esste den Apfel."
Lehrerin: "Klein-Fritzchen, das heißt 'aß'."
Klein-Fritzchen: "Also gut: Und Eva, das Aas, esste den Apfel."
Als Anglistin habe ich mich selbst so sehr auf die Bedeutung und richtige Verwendung der Zeiten "Present Perfect" und "Past Simple" gedrillt, dass auch in meiner Muttersprache der inkonsequente bzw. falsche Gebrauch von Perfekt und Präteritum mir geradezu körperliche Schmerzen verursacht.
Ich kann mich noch gut an das Buch "Die dumme Augustine" des von mir hochgeschätzten Kinderbuchautoren Otfried Preußler erinnern, das ich meinen Kindern vorlas. Während des Vorlesens bemerkte ich, dass Präteritum und Perfekt wild und unmotiviert durcheinander verwendet wurden und ich korrigierte den Text beim Vorlesen.
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| Welches Deutsch wollt ihr? | | von: amann
erstellt: 21.04.2014 14:44:26 geändert: 21.04.2014 14:45:18 |
Jeder von uns entscheidet mit, wie das künftige Deutsch aussieht und was die Kinder vom früheren Deutsch noch (passiv) kennen oder (aktiv) können. Einerseits durch bewusste oder nachlässige eigene Sprache, andererseits durch die Art, wie wir im Unterricht agieren, sprechen und Texte einsetzen.
Wer vor allem neu angekommene Migranten oder Lernschwache als Schüler hat, muss da natürlich die Komplexität beschränken.
Aber wie ist es mit den Kindern in leistungsstarken Lerngruppen? Ich fände es traurig, wenn wir sie von ihrem oder unserem sprachlichen Erbe abschneiden, ihnen den Zugang zur Poesie vergangener Jahrhunderte, zur inneren Struktur des Deutschen verweigern würden und sie nur eine "Gassensprache" lernen ließen. Auch ich habe früher z.B. den Konjunktiv erst in der Schule gelernt. Wenn heute auch das Präteritum gelernt werden muss, dann lasst es uns halt lehren.
Übrigens noch eins zum Stichwort Migranten: sehr viele Sprachen, z.B. die slawischen, haben eine deutlich komplexere Grammatik als Deutsch. |
| trennung | | von: missmarpel93
erstellt: 21.04.2014 15:23:41 |
Das eine ist deutsch-, das andere literaturunterricht. Wenn es gelingt, diese beiden Seiten des Fachs Deutsch zu trennen, wären wir schon weiter.
Deutsch umfasst nichts anderes als Lesen und Schreiben (Orthographie) und ist sowohl für Muttersprachler als auch Migranten bis Klasse 10 einschließlich Pflichtfach. Weniger ist hier mehr.
Alles, was darüber hinausgeht, das Beschäftigen mit Lyrik, mit Literatur, Literaturgeschichte, Quellenanalyse und Interpretationen ist Sache des Fachs Literatur, was meinetwegen ab Klasse 8 als Ergänzungsstunde im Bereich der neigungsdifferenzierung abgehalten werden kann. Dann kann man sich auch mit Interessierten über feinheiten unterhalten wie gesagt auf freiwilliger Basis.
Für die Gruppe 1 reicht die Kenntnis des einschlägigen, allgemein bekannten Zitats aus "Götz von Berlichingen", Gruppe 2 kann das Zitat gerne nach ausführlicher Lektüre in den Kontext stellen. |
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