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Forum: "inklusion"
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| @sonpead | | von: reichundschoen
erstellt: 03.11.2012 23:19:56 |
" frage ... nach qualität und güte. dabei schwingt für mich implizit die behauptung mit, dass diese qualität in den sonderschulen gegeben wäre. ist dem wirklich so?":
Wie erklärst du dir (m.E. nach begründete) Erkenntnisse von Kollegen der allgemeinen Schule, dass in ihren Klassen aufgenommene SuS mit soPäd Förderbedarf aus ihren (aufgelösten) Förderzentren bessere Lernstrategien mitbrächten als "einige" Kinder ohne Förderbedarf.
PS: Hier findet man die Regeln zur Groß- und Kleinschreibung: http://www.udoklinger.de/Deutsch/Grammatik/G_schreibung.htm |
| Qualität | | von: ishaa
erstellt: 04.11.2012 01:56:52 |
Natürlich mag es Förderschulen geben, die qualitativ nicht ganz das sind, was sie seien könnten.
In meinem begrenzten Ausschnitt der Schulwelt habe ich bisher aber auch über Lernstrategien von Schülern aus Förderschulen, die zu uns in die HS "rückgeschult" wurden, gestaunt.
Die Qualität ist aber ganz oft auch eine zwischenmenschliche, vor allem zwischen Schülern und Lehrern. Ich arbeite an einer HS, Tür an Tür mit einer Förderschule. Wir arbeiten viel zusammen, schicken auf dem kleinen Dienstweg Schüler schon einmal zur Probe von einem in das andere System und beraten gemeinsam, was besser passt.
Was mir immer wieder auffällt ist, dass das Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern "nebenan" viel besser ist als bei uns. Und in meinen Augen hängt das ganz stark mit der Schüler-Lehrer-Relation zusammen. Ein Teil unserer Klientel ist deckungsgleich, das heißt die entsprechenden Schüler haben die gleichen Probleme und Bedürfnisse. Ganz oft sind das soziale Bedürfnisse. Dass einem einfach mal jemand zuhört, wenn das ganze Leben zu Hause aus den Fugen gerät und ähnliches. In einer Klasse mit ca. 12 Schülern und Doppelbesetzung finden sich da natürlich sehr viel mehr Raum und Zeit für solche Bedürfnisse als bei uns an der HS mit bis zu 30 Schülern und nur einer Lehrperson. Wenn ich mit einem Schüler vor der Tür spreche, bricht in der Klasse das Chaos aus. Also kommen alle permanent zu kurz.
Wenn ich Gast bei Aktionen und Projekten an der Förderschule bin, denke ich oft, wie schön etwas Entsprechendes für meine Schüler wäre. Und dann schaue ich, wie viele Erwachsenen das jeweilige Projekt begleiten können und weiß, warum es bei uns nicht geht.
Stimmung und Motivation im Kollegium gehen damit Hand in Hand. Das ständige Gefühl, den Schülern nicht das geben zu können, was sie brauchen und worauf sie einen Anspruch haben, frustriert ungemein. Die KollegInnen an der Förderschule können diesem Anspruch mehr gerecht werden.
Ein Teil meiner ehemaligen Schüler ist mittlerweile nebenan und dort aufgeblüht. Ich bin mit 31 Schülern im 5. Schuljahr gestartet, darunter sehr viele, bei denen der Förderbedarf im 4. Schuljahr der GS aufgehoben wurde. Und ich weiß ganz genau, dass bei 15 Schülern und hin und wieder einer Doppelbesetzung fast alle an der "Regelschule" hätten bleiben können. Das macht mir sehr zu schaffen. Aber wenn ich mir die ehemaligen heute nebenan betrachte, dann weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war. Und ich betone noch einmal: Für diese Schüler, zum gegebenen Zeitpunkt, unter Berücksichtigung der aktuellen Möglichkeiten.
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| @ishaa | | von: missmarpel93
erstellt: 04.11.2012 07:53:38 |
Das ist bei mir an einer Gesa doch nicht anders. Hinzukommt dass bei uns - anders als an der HS - das Fachlehrerprinzip gilt. In 5 und 6 haben die SuS wenigstens gemeinsamen Fachunterricht, aber bei lediglich zwei Klassenlehrerstunden je Woche in der Erprobungsstufe, die doppelt gesteckt sind (beide Klassenlehrer; die stunde wird mit 75% gewertet), wird man den Kindern bei Klassenstärken von 30 Kindern nicht gerecht.
Das ist Sozialdarwimismus erster Güte, die Starken werden sich schon unbeschadet durchsetzen ...
Und die emotional weniger Starken können kaum aufgefangen werden. Die rutschen leistungsmäßig ab und bekommen Förderunterricht. Nur der geht an den eigentlichen Problemen vorbei,; wir kurieren nämlich die Symptome.
Schüler XY hat Defizite in Mathe, folglich braucht er fachliche Unterstützung.
Ein "Schüler XY kann derzeit dem Unterricht im allgemeinen nicht folgen, welche Gründe stecken dahinter" wäre besser.
Häufig kommt man ja hinter die "wahren Gründe", meist ist es die trennung der Eltern, die den leistungsabfall nach sich ziehen. Aber ich bin lehrer und ggf. ein mitfühlender mensch, aber darüber hinaus fehlen mir die Mittel.
Es fehlt an allgemeinbildenden schulen an Ressourcen, die wichtigste ist Z E I T. |
| absolute zustimmung, ishaa | | von: sonpaed
erstellt: 04.11.2012 08:39:10 geändert: 04.11.2012 08:40:20 |
wenn du schreibst:
"Qualität ist aber ganz oft auch eine zwischenmenschliche, vor allem zwischen
Schülern und Lehrern."
dies ist der springende punkt. wobei ich eltern und peergroup als genauso
wichtig mit hinzunehme. hierzu gibt es auch viele wissenschaftliche
untersuchungen, die zu dem ergebnis kommen, dass der hauptfaktor für
gelingendes lernen in der fähigkeit der lehrperson begründet liegt, eine
emotional gut, tragfähige beziehung zum lernenden aufzubauen.
gleichzeitig bedeutet dies auch, dass die gruppengröße nicht so entscheidend
ist. eine schlechte lehrerIn im obigen sinne wird auch in 1zu1 lehrsituationen
eine schlechte lehrerIn bleiben.
natürlich bedeutet dies nicht, dass sich die qualität nicht durch zusätzliches
gutes personal steigern ließe. ABER dies ist nicht der ENTSCHEIDENDE faktor.
über die qualität der arbeit an sonderschulen gibt es untersuchungen bzgl.
der LE-schulen. diese fallen vernichtend aus.
ich persönlich sage, in den sonderschulen bildet sich in der lehrerschaft das
selbe bild wie in den allgemeinen schulen ab. es gibt solche und solche. mit
den gleichen ergebnissen.
und in allgemeinen schulen gibt es viele lehrerInnen, denen (bewusst oder
vorbewusst) die gute beziehung oberstes anliegen ist. die für mich gute
lehrerInnen sind!
mfg
sopaed
nachtrag für reichundschön
danke für den link. hast du vielleicht auch einen wo erklärt wird, wie ich in
verschiedenen schreibprogrammen die lästige autokorrekturfunktion
überwinden kann? |
| Zwischenmenschlichkeit | | von: missmarpel93
erstellt: 04.11.2012 10:19:03 |
Das ist aber für mich als Fachlehrer aber keine Kernkompetenz. Selbst als Klassenlehrer brauche ich eigentlich nicht mehr Fürsorge den SuS gegnüber an den Tag legen als es ein Vorgesetzter seinen Mitarbeitern gegnüber tun muss.
Für das, was hier gedanklich zugrunde gelegt wird, gibt es keinen passus in meinem Arbeitsvertrag. Warum soll ich also eine leistung erbringen, für die ich ausdrücklich nicht bezahlt werde. Wenn ich diese leistung erbringen würde, nämlich mich um die sozialen Belange meiner SuS zu kümmern, dann könnte ich die dafür erforderliche Zeit ja nur dadurch gewinnen, dass ich den fachuntericht zurückstelle. Dieses wiederuum ist dann ein verstoß gegen meine vertraglich festgelegten Pflichten.
Mein vertrag besagt, dass ich SuS zu unterrichten habe. wenn einer das ändern will, soll er nicht mit mir reden, sondern mit meinem Arbeitgeber. Aber nicht wie bei der Inklusion, wo mein AG sagt: "Super, machen wir!" Und die Schulen anweist: "Seht zu wie ihr klarkommt, Euer Problem!" Hier kommt das Schulministerium nämlich seiner verpflichtung als Arbeitgeber nicht nach und verstößt gegen das Gebote der Fürsorgepflicht.
Den rechten der Inklusionskinder stehen nämlich auch die arbeitnehmerrechte gleichberechtigt gegenüber. Und so lange versucht wird, die rechte der einen zulasten der anderen durchzusetzen, stößt Inklusion schulintern auf Widerstand - teils offen, teils verdeckt. |
| Fazit für mich | | von: kleinekinder
erstellt: 06.11.2012 17:33:16 |
Hm, ich glaube, jetzt kann ich wirklich nichts mehr Neues zur Diskussion beitragen.
Meine "Restgedanken" sind:
Natürlich ist nicht garantiert, dass auf Förderschulen automatisch die Qualität höher ist. Ich glaube aber, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass wesentlich näher am Bedarf der Schüler gearbeitet werden kann und wird, aus den mittlerweile hinlänglich diskutierten Gründen. Daher ist die Chance auf höhere Unterrichtsqualität meiner Ansicht nach höher.
Das ist allerdings wesentlich verknüpft mit dem, was man von Schule erwartet. Für mich ist Schule selbstverständlich auch eine Begegnungsstätte, die dadurch herausfordert und erzieht, dass die Schüler mit anderen Menschen in Berührung kommen. Das reicht aber noch nicht. In jeder Schule sollen - neben, unter oder über, das entscheide jeder für sich - sozialen und emotionalen auch fachliche und methodische Kompetenzen erlangt werden. Und da Menschen halt nun nicht alle gleich sind und auch nicht gleich gemacht werden sollen, kann die Erlangung dieser Kompetenzen in unterschiedlichen Bereichen und, ja, durchaus in unterschiedlichen Maßen gelingen. Dabei kann es passieren, dass sich verschiedene Bereiche und verschiedene Maße gegenseitig behindern, heißt: Wenn Kind x die Kompetenz im für es erreichbaren Bereich und Maße denn auch erreichen können soll, wird es durch das Bemühen von Kind y behindert, das ebenfalls die Kompetenz in seinem erreichbaren Bereich und Maße anstrebt. (Man bemerke: Ich habe nicht definiert, welches Kind "mehr kann").
Und das halte ich für einen wichtigen Auftrag unserer Schulen: Jedem Kind die Möglichkeit zu bieten, seine für es erreichbaren Kompetenzen tatsächlich zu erreichen. Das ist für mich wichtiger als das Teilnehmen an pluralistischer Gesellschaft, denn je mehr Kompetenzen ich erworben habe, desto mehr kann ich an Gesellschaft teilhaben und nicht nur teilnehmen. Das wiederum gelingt meiner Meinung nach besser in verschiedenen Schulen.
Wohlgemerkt: Das ist meine persönliche Ansicht. Wenn andere Lehrer anderer Ansicht sind, dann ist das nicht notwendigerweise falsch. Und ob diese Lehrer "gute" oder "schlechte" Lehrer sind, entscheidet sich in meinen Augen nicht in ihrer Ansicht zu Inklusion, sondern im täglichen Umgang mit ihren Schülern. Da gehört so viel mehr dazu und ist sowieso noch nicht an eindeutigen Parametern zu belegen. Das ist aber eine andere Baustelle.
Randbemerkung: Ja, auch Lehrer, die Inklusion im allumfassenden Sinne hinterfragen, können durchaus im täglichen Leben sehr fruchtbar und verantwortungsvoll auch mit den "inkludierten" Kindern umgehen.
Inra |
| Wie fühlen sich die "schwachen Kinder"? | | von: indidi
erstellt: 06.11.2012 22:05:46 |
Was ich mich bei den ganzen Diskussionen zur Inklusion immer öfter frage:
"Wie fühlen sich eignetlich die schwächeren Kinder?"
Ein Kind hat mindestens 5-6 Schulstunden mit Kindern zu tun, die ihm ständig leistungsmäßig überlegen sind.
Egal ob Lesen oder Mathe oder Schreiben:
Immer bekommt das "inkludierte" Kind mit, dass andere besser sind.
Wie fühlt sich das inkludierte Kind in so einer Sitaution?
Wie kann ein Kind dieses Gefühl (ich bin immer schlechter als die anderen) jahrelang aushalten?
Wie würdet ihr euch als Erwachsene fühlen, wenn man euch in eine Gruppe steckt, in der alle anderen immer besser als ihr seit?
Wenn ihr in einer Gruppe seit, in die ihr zwangweise reinsteckt wurdet und in der euch von Jahr zu Jahr jeden Tag mindestens 6 Stunden lang klar wird, dass ihr immer der "Looser" seit?
Und---ihr auch niemlas die Chance haben werdet "aufzuholen".
Gibt es "dazu" eigentlich Untersuchungen?
Die Frage beschäftigt mich immer öfter,
vor allem wenn ich sehe, dass Kinder aus der Regelschule, die jahrelang nur immer die "Looser" waren bei uns an der Förderschule (Lernen) innerhalb kürzester Zeit regelrecht aufblühen.
Endlich gibt es da Kinder, die "ähnlich" wie sie sind.
Endlich gehören sie mal zu den "Guten" in einer Klasse.
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| Danke indidi, | | von: klexel
erstellt: 06.11.2012 22:21:52 geändert: 07.11.2012 20:10:13 |
dass du auch diese Frage mal aufwirfst.Genau das habe ich mich auch schon oft gefragt, obwohl ich weder mit Förderschulen noch mit Inklusion Erfahrung habe.
Ich habe mich schon oft gefragt, warum Eltern unbedingt wollen, dass ihr Kind an eine Regelschule kommt, wenn ich doch weiß, dass viele Kinder an Förderschulen viel individueller gefördert werden könne, viel mehr umsorgt sind, in kleineren Gruppen arbeiten, bessere Materialien und Bedingungen haben.
Warum sollte ich als Mutter auf Biegen und Brechen wollen, dass mein Kind auf die Regelschule geht und dort die Erfahrungen macht, die du oben schilderst??
Ich sehe das an Schülern, die eigentlich max. eine HS-Empfehlung haben, sich bei uns aber an der RS quälen und (oft viel zu spät, weil die Eltern uneinsichtig sind) dann letztendlich doch zur HS gehen und dort aufblühen.
Ist diese Inklusion wirklich IMMER zum Wohle des Kindes?? Oder verbirgt sich oft auch der Ehrgeiz der Eltern dahinter, die eine Förderschule als Makel sehen?? |
Beitrag (nur Mitglieder) |
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