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Forum: "Wo sind die wichtigen Themen?"
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| . | | von: elceng_th
erstellt: 01.09.2008 22:29:02 |
Es geht mir darum, endlich zu vernetzen; d.h. klarzumachen, daß Brüche, Dezimalbrüche, Prozentrechnung, proportionale und antiproportionale Zuordnungen und Dreisatz nur unterschiedliche Darstellungsformen derselben mathematischen Zusammenhänge sind.
Da fragt man sich natürlich, was gegenwärtig so gelehrt wird.
Normalerweise ist das alles völlig klar und völlig logisch, denn die genannten Dinge werden wohlfein aus der Mengenlehre abgeleitet; genauer gesagt von der hohen Kunst der Algebra.
Gruppe, Ringe, Verbände, Körper, Algebren - Fachbegriffe die die Schüler nicht kennen, deren naive Schulung jedoch in Klasse 1 (und davor!) einsetzt.
Wenn ein Schüler Zahlenmengen, Relationen und Abbildungen sowie Rechenoperationen (die Spezies) und die affin linearen Funktionen nur isoliert sieht, hat der gesamte schulisch-mathematisch Apparat seit spätestens (!!) Klasse 5 versagt.
Das Zeug baut zwingend logisch aufeinander auf, ist auf Schülerniveau eigentlich gar nicht anders vermittelbar. Peu à peu von der Mengenlehre zu den komplexen Zahlen und über die Geometrie zurück zu den Funktionen und Reihen.
Wie kann da der Schüler einen Tunnelblick ausbilden?
Ansonsten zu einem wie ich finde lächerlichen Aufhänger mancher hier: Es ist das zu lehren, was eine permanent in Rückkopplung mit den Lehrern stehende Lehrplankommission über ein idealerweise streng verbindliches, detailliertes Lehrplanwerk anweist. Jene Plankommission sollte dabei von ausgewogenen, höchstidealistischen Ansichten zur Bildung getrieben werden.
Mögliche Anforderungen könnten lauten:
- Allgemeinbildung
- starker mathematisch-naturwissenschaftlicher Schwerpunkt
- Muttersprache
- dezidiertes polytechnisches Wissen
- Geschichte als kulturelles Tragwerk
- ästhetische Erziehung
- Fremsprachenunterricht
- Körpererziehung
- ergänzender moralischer Unterricht
- Verdrängung von Religionsunterricht und klarer atheistischer Charakter staatlicher Schulen
Methodisch muß sich besser am Anspruch "Faktenwissen: sowenig als möglich, soviel wie nötig" orientiert werden; gute Lösungen sehe ich hier in Sachsen bspw. am beruflichen Gymnasium, welches weitaus weniger die Auswendigpauker begünstigt denn das normale Gymnasium.
Ebenso heißt die Zauberformel "Üben, üben, üben" (bspw. händisches Rechnenlönnen in Mathe) und stark auf Anwendung abhebendes Denken in Zusammenhängen, anstatt schwammiges Gedalfer à la "Kompetenzen" zu lancieren.
Mit einer solchen Marschroute wäre man schon hervorragend unterwegs, ohne an nervigen Details und sinnlosen Fragen "Wer sagt, was gelernt werden soll?" Zeit zu vergeuden.
"Wer sagt, was gelernt werden soll?" ist genauso eine dumme Frage wie "Wofür brauchen wir das denn überhaupt?" oder gar als Aussagesatz "Das brauchen wir sowieso nie wieder.".
Aus einem solchen Blickwinkel kann man das zentrale Problem des Niveauverfalls nicht lösen.
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| . | | von: elceng_th
erstellt: 01.09.2008 23:08:44 |
Wo wir gerade beim Thema sind:
umfangreiches Zurückdrängen von "Trends" aus dem Mathematikunterricht und starke Drosselung der wie Unkraut wachsenden Textaufgaben.
- Die Stochastik sollte bis auf einige wenige Grundzüge der Kombinatorik und Wahrscheinlichkeitsrechnung umfassend gestrichen werden.
Wer Stochastik, speziell Statistik, später benötigt, dem wird das erforderliche Wissen zum passenden Zeitpunkt gelehrt. Bestes Beispiel ist die Hochschule, oder jede mathematiklastige Lehre.
- Die Analysis, vor allem in der Abiturstufe, muß wieder als Einführungsveranstaltung in die Höhere Mathematik gesehen werden. Statt tiefes Verständnis für das Gebiet - was ja erst im Laufe eines Studiums komm - soll ruhig der Umfang des Lehrganges gesteigert werden und gleichzeitig eine Rückbesinnung auf das methodische Rechnen einsetzen.
Eine Kurvendiskussion abstakt an einer reinen mathematischen Funktion ungefähr gepeilt zu haben, ist besser, als den Schülern diesen unerträglichen Quark von Sachaufgaben vorzulegen.
Besonders spreche ich hier die Abiturprüfungen an;
an der Uni lacht man schon darüber.
Anwendungsaufgaben ja, aber mit Augenmaß und vernünftigem naturwissenschaftlich-technischen Hintergrund. Ergänzend eventuell auch die eine oder andere wirtschaftswissenschaftliche Anwendung als Blick über den Tellerrand.
- Die Lehre von Werkzeugen, Methodiken und Verfahren sowie des Rechnenkönnens muß unangefochten in den Vordergrund treten, so daß Schüler mit Schulabschluß Kraft eigenständigen, logischen Denkens auf die Menschheit losgelassen werden können.
- Der Mathematikunterricht muß stringent an Anforderungen der naturwissenschaftlichen Fächer Physik, Astronomie, Chemie, Biologie und Geographie sowie auf den Technikunterricht angepaßt sein.
(Ebenso sollten genannte Fächer miteinander eng verwoben werden.)
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| @elceng_th. | | von: lupenrein
erstellt: 01.09.2008 23:16:37 geändert: 01.09.2008 23:19:12 |
Häng´das doch bitte nicht sooo hoch auf!
Du kommst sehr schön von der Mathematik-theoretischen Seite - hier haben wir es aber mit jungen Menschen zu tun, bei denen höchstens 10% sich diese Seite erschließt - und das auch noch später, viel, viel später!!! -
Der "schäbige Rest" von 90% arbeitet später als Handwerker, Industriekaufmann, Ingenieur, Marketingfachmann/Frau etc. und denen ist das auch später sowas von Brause...
Und jetzt spiegle deinen Anspruch bitte mal am Niveau des normalen E-Kurs-Schülers an einer Hauptschule/einer Realschule/einer Gesamtschule und du wirst wahrscheinlich erkennen, daß die Jungs und Mädels von der Neurobiologie wohl recht haben mit ihrer Auffassung, daß jeder Mensch nur das lernt und behält, was er als sinnvoll im Sinne der Konstruktion seiner Wirklichkeit ansieht.
Und da müssen wir bei dem ansetzen, was aus der Lebenswirklichkeit unserer Kinder kommt.
Wir sind Lehrer und sollten unsere Kids mit unserer Arbeit zur Bewältigung ihres Lebens befähigen.
Der Mathematiker kann sich mit den Dingen gern beschäftigen - der Lehrer muß es in einen sinnvollen Kontext mit seiner Lehrer- Aufgabe bringen - meine ich -.
@rodlerhof:
Aus der Nummer kommst du raus, wenn du neben den ganz normalen Hausaufgaben eine Wochenplanarbeit machst. Damit kannst du sowas doch steuern. Die SuS müssen ja nicht an den bewußten Tagen diesen Wochenplan bearbeiten - am Ende der Woche haben sie trotzdem das nötige Pensum geübt
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| . | | von: elceng_th
erstellt: 02.09.2008 02:11:55 geändert: 02.09.2008 02:14:05 |
Du kommst sehr schön von der mathematik-theoretischen Seite
Unter der Verkleidung bin ich Ingenieur.
- hier haben wir es aber mit jungen Menschen zu tun, bei denen höchstens 10% sich diese Seite erschließt
Ich sprach nicht davon, daß die Kinder plötzlich "die Welt" verstehen.
Doch ein Gefühl, wie die Dinge zusammenhängen, liefert bereits die mathematikdidaktische Behandlung der Themen.
Der "schäbige Rest" von 90% arbeitet später als Handwerker
Dort braucht man Mathematik.
Spontan fiele mir das Gewerk des Dachdeckers ein.
Ingenieur
Einer der mathematischsten Berufe überhaupt.
Und denen ist das auch später sowas von Brause...
Das bildest Du Dir vielleicht wegen Deines Alters ein.
Die Welt im Jetzt ist eine mathematische Welt.
Ich erlebe tagtäglich genügend Schüler, die altklug der Meinung sind, was so alles überflüssig sei im Matheunterricht.
Dann kommt der Berufsberater und die vorlaute Kinnlade klappt auf den Fußboden runter.
"Wie - da braucht man Mathe? UND Physik? Oh, neeeee."
Und jetzt spiegle deinen Anspruch bitte mal am Niveau des normalen E-Kurs-Schülers an einer Hauptschule/einer Realschule/einer Gesamtschule
Als gelernter DDR-Schüler mit Schulkarriere in der Zehnklassenschule, später Realschule, weiß ich, was man verlangen kann und was ein Realschüler zu bringen hat. Schließlich ist normalerweise die Realschule DIE Hauptform aller Schulausbildung.
Von dieser Argumentation "Kinder dort abholen, wo sie sind" halte ich überhaupt nichts.
Leistung wird erzeugt mittels ständiger, hoher Anforderungen, intensiver Didaktik, und einem straffen Leistungsprinzip in der Schule.
Die Erziehung, Gehörtes auch einfach einmal zu akzeptieren und abzuwarten, was später noch kommt, spielt dort hinein.
Und da müssen wir bei dem ansetzen, was aus der Lebenswirklichkeit unserer Kinder kommt.
Nein, wir müssen die Kinder frühzeitig an das Leistungsprinzip, an scharfe Leistungsbewertung (Zensierung) und an anspruchsvollen Fachunterricht heranführen.
Das heißt, Kinder formen, Kinder zur Verbesserung anhalten, Kinder fordern und nicht den Fachunterricht über die Jahre sukzessive nach unten nivellieren.
Hauptschüler werden zu Hauptschülern gemacht,
nicht zuletzt aufgrund zuwenig eingeforderter Leistung.
ysnp kritisierte mich erst jüngst, Grundschulen würden keine "Kuschelpädagogik" betreiben;
wir reden aber gerade von genau diesem Punkt, der es in der Realität eben doch existiert:
zu geringes Niveau an den Grundschulen, intellektuell wie sozial, wodurch gleich große Gruppen von Kindern leiden: nämlich das Mittelfeld und die schlechten Schüler.
Die bräuchten eigenlich die Förderung aber eben auch den Leistungsdruck, um nach und nach ein hohes, vielfältiges, anwendungsbereites Wissen für später aufzubauen, so daß mit steigenden Ansprüchen mitgehalten werden kann.
Bummelunterricht schadet dagegen den wenigen guten Schülern kaum, denn diese verfügen normalerweise über die Anlagen, eigenständig zu lernen und so Lücken wieder zu schließen.
Das Problem irgendwelcher Hauptschul-E-Kurse - ich weiß nicht einmal, was das genau ist, vermutlich irgendwas total Unterirdisches?! - hätte sich mit der Abschaffung des gegliederten Schulsystems sofort erledigt.
Die Gemeinschaftsschule kann zwangsläufig nur mit einem Unterricht funktionieren, in dem die Meßlatte eher nach oben verschoben ist.
Kids
Die heißen in Deutschland Kinder.
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| @elceng_th | | von: silberfleck
erstellt: 02.09.2008 17:08:14 |
Den Begriff Kompetenz als "Gedalfer" abzutun, halte ich für unpassend. Wenn man oder frau sich mit der Bedeutung auseinander setzt, gibt es durchaus Vorzüge gegenüber anderen.
Dann auch noch das üben in Gegensatz dazu zu bringen, schlägt dem Fass den Boden aus!
Ich halte Kompetenztraining für äußerst sinnvoll, vor allem wenn die einzelne Inhalte (z.B Das Lernen lernen, Methoden, Kommunikation) im Spiral-Curriculum immer wieder vorkommen und die Kompetenzen in den einzelnen Unterrichtsfächern konsequent angewendet werden.
Außerdem wehre ich mich auch dagegen, dass Schulen konsequent atheistisch werden. Übrigens sprichst du kurz vorher von Moral. Wenn du aber keine Religion willst, musst du von Ethik sprechen!
Die Ethik kennt zwar: Was du nicht willst, was man dir tut, das füg auch niemand anders zu., aber nur die Religion kennt auch die Feindesliebe! |
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