Die bisherige landläufige Meinung war: Bakterien sind unsterblich, sie können sich unbeschränkt durch Teilung vermehren, wenn genügend Nährstoffe zur Verfügung stehen. Forscher um Urs Jenal am Biozentrum der Universität Basel, die mit
Caulobacter crescentus arbeiten, sowie Eric J. Stewart und Coautoren von der Uni Paris und zweier anderer französicher Forschungsinstitutionen, die
Escherichia coli untersuchen, zeigen das Gegenteil:
Die "Elternzellen" dieser Bakterien altern, und die neuen "Tocherzellen werden ebenfalls zu alternden "Elternzellen", ihre Vermehrungsleistungen lassen nach
Caulobacter crescentus
...ist ein weit verbeitetes Bakterium, das man in Kahmhäuten auf Laborwasserbädern antrifft. Caulobacter macht einen Lebenszyklus durch: polar begeißelte stäbchenförmige Schwärmerzellen setzen sich mit ihrem Geißelpol an feste Oberflächen fest, werfen ihre Geißeln ab und bilden stattdessen einen stielartigen Fortsatz aus, mit dem sie sich dauerhaft anheften. Die Zelle teilt sich, und die Tochterzelle am freien Pol bildet wieder Geißeln aus, mit denen sie als neue Schwärmerzelle davonschwimmt (1)
Urs Jenal und Mitarbeiter finden nun (2):
1)
Caulobacter crescentus zeigt ein signifikantes Nachlassen in Wachstum und Zellteilung im Laufe der Generationen
2) Stämme von Caulobacter crescentus, die man wegen ihrer besonders schnellen Vermehrung ausgesucht hatte, zeigten viele Generationen später ein viel schnelleres Nachlassen der Vermehrung als die Stämme, die sich mit normaler Geschwindigkeit vermehrt hatten
Fazit der Forscher: Erhöhte Leistung früh im Leben hat einen negativen Effekt auf die Leistungen im späteren Leben. Dieses Ergebnis bietet eine mögliche Erklärung für die Evolution des Alterns an.
Eschericha coli
Stewart und Coautoren (3) beschäftigen sich mit dem allseits bekannten Escherichia coli (4), Diese Autoren betonen, dass ihre Arbeit noch über die von Jenal et al. hinausgeht, da
E. coli anders als
Caulobacter eine symmetrische Zellteilung durchführt, sodass die beiden neuen Zellen äußerlich nicht unterschieden werden können. Durch geschickte Markierungen der Zellenden können sie trotzdem zwischen Zellen mit altem Zellpol und Zellen mit neuem Zellpol unterscheiden. Sie finden, dass die Zelle, die den alten Zellpol erbt, langsamer wächst, sich weniger teilt und anfälliger für Zelltod ist. Die Schlussfolgerung der Autoren: Unsterblichkeit unter Lebewesen ist entweder zu kostspielig oder mechanistisch unmöglich.
Tod der Unsterblichen
"Conditional senescence in bacteria: death of the immortals" heißt folgerichtig ein Übersichtsartikel von Thomas Nystrom in Molecular Microbiology. 2003 Apr;48(1):17-23.
Literatur und Links
(1)
http://www.genomenewsnetwork.org/articles/03_01/Caulobacter_crescentus_image.shtml
Das elektronenmikroskopische Bild zeigt Schwärmerzellen und gestielte Zellen von
Caulobacter crescentus. Die gestielten Zellen kleben sich mit ihrem Stiel an Steine oder andere feste Oberflächen, die Schwärmerzellen schwimmen frei umher.
http://devbio1.stanford.edu/Caulo/Caulobacter_Home.htm
Schematische Zeichung von
Caulobacter und seinem Zellzyklus
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15262933&itool=iconpmc&query_hl=5
Dort ist auch eine Abbildung mit dem Zellzyklus zu sehen
(2)
Über die Arbeiten von Urs Jenal und Mitarbeitern
http://www.biozentrum.unibas.ch/Dokumente/Altern_nzz.pdf
http://www.biozentrum.unibas.ch/report0203/jenal.html
(3)
http://biology.plosjournals.org/perlserv/?request=get-document&doi=10.1371/journal.pbio.0030045
Diese Originalarbeit der Franzosen ist frei zugänglich
http://www.wissenschaft-online.de/abo/ticker/771898
Ein deutscher Bericht über die Arbeit
(4)
http://www.surrey.ac.uk/SBMS/ACADEMICS_homepage/mcfadden_johnjoe/img/Ecoli_flagella_em.jpg
Die elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt eine
Escherichia coli Zelle mit Geißeln und Pili
http://biology.plosjournals.org/archive/1545-7885/3/2/supinfo/10.1371_journal.pbio.0030045.sv001.wmv
Mikroskop-Videoaufnahme im Zeitraffer, zeigt die Vermehrung von
E. coli. 305 Minuten zusammengezogen auf 7 Sekunden. Aus (3), Originalarbeit (s.o.)