Ich muss Lehrerfan in einigen seiner Kommentare wirklich zustimmen.
Ich kann mir kaum einen anderen Beruf denken, in dem Menschen es sich so lange gut gehen lassen, so weing leisten, so viel als "faules Ei" rumgeschoben werden von Jahr zu Jahr, von Klasse zu Klasse, ohne dass die geringsten spürbaren Konsequenzen geschehen.
Ich beobachte es bei meinen Kollegen und bei den Lehrern, die an anderen Schulen meine Kinder unterrichten.
Da sind viele dabei, die schon vor 20 Jahren nichts getaugt und nichts geleistet haben, und die das heute auch noch nicht tun.
Die ganze Schulgemeinde weiß: Kollege X in Mathe heißt : ein Jahr lang kann man Mathe vergessen. Man lernt nichts, und es ist ihm egal. Kollege Y in Klasse 12 und 13 in Deutsch heißt, das Zentralabitur kann der Kurs knicken, mehr als in den Lektürebegleitheften steht, bringt der auch nicht. Kollegin Z in Französisch heißt: nach einem halben Jahr hat die halbe Klasse Nachhilfe, oder aber nach einem Jahr muss der nachfolgende Kollege wieder bei A anfangen mit der Klasse und das erste Vierteljahr Aufbauarbeit leisten.
Und so weiter.
Schlimstenfalls gibt es eine Eltern-Beschwerde beim Schulleiter und einen Anpfiff desselben, aber eine darüber hinausgehene Sanktion, die einen Lehrer mit einigermaßen dickem Fell irgendwie tangieren würde, habe ich noch nie erlebt.
Dazu kommt, dass wir sehr wenig rechtfertigen und nachweisen müssen, was wir für unser Geld tun. Keiner schaut uns auf die Finger und in den Klassenraum. Aufzeichnungen in Klassenbüchern sind spärlich. Erfolgskontrollen selten. Wenn die Kinder nichts lernen und schlechte NOten schreiben, können wir sagen, die seien doof oder faul oder für unsere Schulform nicht geeignet. Wir können ihnen aber auch einfach gute NOten hinterherschmeißen, ohne dass uns jemand belangt.
Wir sind anders als viele Berufsgruppen wenig auf Kooperation angewiesen. Ich komme vom gymnasialen Zweig, da kooperieren Lehrer nur in Einzelfällen, jeder arbeitet sonst so vor sich hin. Der Andere wird nicht als Korrektiv erlebt, sondern eben häufig auch als Jammerpartner.
All diesen Punkten kann ich voll zustimmen.
Dennoch gibt es viele, viele Lehrer, die ganz große Mehrheit, die sich unglaublich einsezten und aufreiben für diesen Beruf, in dem nachweislich der Stress-Level eines Formel-1-Piloten erreicht wird. Die in unzähligen Elterngesprächen nicht auf die Uhr schauen, die abends noch eine Stunde dran hängen für neue Arbeitsblätter, die sie dann auch noch laminieren, auf eigene Kosten natürlich. Die es im Laufe eines Schulvormittags manchmal kaum auf die Toilette schaffen (ohne Witz), weil dauernd jemand was von ihnen will, und ihr Pausenbrot in der Klausuraufsicht essen müssen oder gar nicht. Die in der einzigen Freistunde am Tag zur Vertretung vor eine Herde Rabauken geschickt werden, die sich eine nette laute Zeit machen wollen, wo der Mathelehrer doch krank ist. Die auch abends um halb zehn noch am Telefon zur Verfügung stehen, wenn Eltern sich scheiden lassen und die Kinder versinken, wenn ein Kind gemobbt wird und so weiter.
Die Anforderung des Lehrerberufs besteht darin, permanent auf andere Menschen, Altergruppen, Bedürfnisse, Stimmungen, ... eingehen zu müssen, sich von jetzt auf gleich in die verschiedensten Formen von Beziehungen hineinzugeben.
Sie besteht zunehmend darin, alles das, was Elternhaus und Gesellschaft versäumen und was die Kinder als Defizite mitbringen, aufzuarbeiten. Seien es rudimentäre Umgangsformen, Medienkonsum, Drogenprävention, Gewaltprophylaxe, sei es grundlegende Bildung die über das Elternhaus stattfinden müsste, - bei allem ertönt der Ruf, das Schule das (acuh noch) leisten muss
Die Anforderung besteht zunehmend auch darin,
die träge und lern-unwillige Masse "Schüler" durch
Einsatz von Motivationskunst und durch massiven
Einsatz des eigenen Willens und der eigenen Kraft
dazu zu bringen, das träge, selbstzufriedene,
mediengestillte Gleichgewicht der befriedigten
Bedürfnisse, der Nabelschau zu verlassen, sich zu
interessieren, sich einzusetzen, einzubringen und so
etwas wie einen Horizont aufzubauen und ein
Denkniveau.
Und DAS, lieber Lehrerfan, lässt sich mit Controlling nicht erfassen.
Übrigens hat die Studie von Kienbaum und Partner schon vor über 10 Jahren dem Irrglauben ein Ende gesetzt, Lehrer erreichten keine 38-Stunden-Woche. Bereits damals war sie deutlich überschritten, unter kleinlicher Berechnung des 45-Stunden-Takts und der Einbeziehung von Ferien (die ich übrigens außer im Sommer NIE ohne Mengen von Klassenarbeiten und Klausuren antrete.)