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Forum: "Wo sind die wichtigen Themen?"
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| . | | von: elceng_th
erstellt: 02.09.2008 20:04:56 geändert: 02.09.2008 20:06:40 |
Den Begriff Kompetenz als "Gedalfer" abzutun, halte ich für unpassend.
Ich nicht. Das Tamtam um "Kompetenzen" hat zur Auflösung des klassischen Instruments Lehrplan geführt. Statt den wohlfeinen Vorgaben, was wann wie so und so lange weswegen gelehrt werden soll, verirrt man in prosaischem Gewäsch ohne Anhaltspunkte, was exakt unter den Pseudovorgaben zu verstehen ist.
Das ist für den Stand unserer gesellschaftlichen Bedürfnisse der völlig falsche Weg.
Schule hat klar die Aufgabe der Lehre - Lehrer lehren den Schülern Wissen, Werkzeuge und Methoden. Andernfalls können die kontinuierlich steigenden Anforderungen nicht bewältigt werden; es muß wieder mehr in weniger Zeit gelernt werden.
Statt also unverständlichen Kauderwelsch zu verbreiten, sollten die Lehrplankommissionen zurück zum detaillierten Lehrplanwerk mit Gesetzescharakter kommen.
Andernfalls kann eine möglichst einheitliche, hohe, umfassende Bildung für alle unabhängig von der sozialen und regionalen Herkunft überhaupt nicht erreicht werden.
Lernen lernen
Ein didaktisch hervorragender Professor von mir meint zu der Phrase gerne: "Geht nicht. Zirkelschluß, der gut klingt, aber völliger Schwachsinn ist.".
Er spielt darauf an, daß das Lernen eine komplexe Leistung des Gehirns ist, die nicht durch das gleiche Schema selbst erzeugt werden kann, sondern sich aus unterschiedlichen Quellen speist.
Je mehr Wissen, Kenntnisse und Fähigkeiten ein Kind gelehrt bekommt, desto einfacher und schneller wird es lernen.
Das Gehirn erzeugt Lernen autonom als Überlagerung seines eigenen Wissens.
Lernen braucht deswegen nicht gelernt zu werden;
das beherrschen wir von Anfang an.
Auch dürfen offene Unterrichtsformen nicht früh sondern erst spät einsetzen. Je älter ein Kind, desto geringer kann die Lenkung erfolgen, und desto mehr Verantwortung kann verlangt werden, denn das Gehirn fängt von ganz alleine an, eigenständig zu lernen. Voraussetzung dafür ist aber ein hohes, vielseitiges, anwendungsbereites Wissen. Die Verknüpfung der verschiedenen Erkenntnisquellen kann unser Kopf alleine.
Außerdem wehre ich mich auch dagegen, dass Schulen konsequent atheistisch werden.
Religion hat nichts in einer modernen, der Neutralität verpflichteten Staatsschule zu suchen.
Wer an irgendwelche absonderlichen Greise mit schneeweißem Rauschebart im Himmel glauben möchte, soll das gefälligst an einer Klosterschule oder dergleichen tun, aber bitte den atheistischen Normalbürger in Ruhe lassen.
Wir leben in einem säkularen System. Punkt.
Übrigens sprichst du kurz vorher von Moral. Wenn du aber keine Religion willst, musst du von Ethik sprechen!
Falsch.
Ich sprach nicht von Moral sondern von moralischem Unterricht; selbstverständlich ist damit Ethikunterricht gemeint.
Allerspätestens seit Nietzsche ist Moral als Eckpfeiler religiöser Rhetorik Geschichte, eigentlich sogar ganz passé.
(Nietzsche argumentierte ja, Moral existiere überhaupt nicht, sondern sei "jenseits von Gut und Böse".)
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| . | | von: manuelisa
erstellt: 02.09.2008 23:45:48 geändert: 02.09.2008 23:47:15 |
Wer an irgendwelche absonderlichen Greise mit schneeweißem Rauschebart im Himmel glauben möchte, soll das gefälligst an einer Klosterschule oder dergleichen tun, aber bitte den atheistischen Normalbürger in Ruhe lassen.
Wir leben in einem säkularen System. Punkt
Naja, unser Grundgesetz/unsere Verfassung (BW) sieht das etwas differenzierter und das scheint mir auch gut so.
Ich denke polemische Äußerungen über Religion (übrigens egal welche Religion) helfen in diesem Zusammenhang in keinster Weise weiter. Und was heißt schon "atheistischer Normalbürger"????? Seien wir vorsichtig damit, definieren zu wollen, was normal ist und was nicht!! |
| @sopaed | | von: missmarpel93
erstellt: 06.09.2008 14:45:03 |
Zustimmung. Die Politik sagt in der Öffentlichkeit, dass keiner sitzen bleiben darf und alle gefördert werden müssen. Die Politik hat nicht einmal die Zeit feststellen zu lassen, was diese Forderung kostet. Sie weiß allerdings welche Kosten ein Schüler verursacht, der die Schullaaufbahn um ein Jahr verlängert. Das zur Verfügung gestellt Instrumentarium zur individuellen Förderung heißt Förderplan.
Die Schule sprich der Lehrer tritt auf den Plan. Er listet die Schwächen seiner Schüler auf und übrlegt zusammen mit Kollegen im Rahmen einer Konferenz, wie dem Einzeknen zu helfen sei. Es gibt eine Menge guter Vorschläge, es gibt sogar die Möglichkeit Schüler mit gleichen Defiziten in Gruppen zusammen zu fassen, um die Förderung zu optimieren. Zusätzliche Lehrer stellt das Ministrium nicht zur Verfügung. Schule löst auch dieses Problem durch verlängerung des Schultages und legt die Förderstunden in den Randbereich, da ja ansonsten auch noch die nicht förderwürdigen SuS betreut werden müssen. Der eintretende Aufschrei der Elternschaft ist gewaltig, lässt sich doch mit einem Mal keine verlässliche Schule mehr gestalten. Letzteres war aber Forderung der Politik und der Eltern gewesen.
Und so wollen alle den Kuchen essen, ohne ihn hergeben zu wollen. Aber die Unauflösbarkeit des Dilemmas nicht erkennen wollen sind sich alle einig, dass das nur so ist, weil die Lehrer Beamte sind und sich einfach stur stellen. Weil würden die Lehrer sich nicht querstellen, wäre die Quadratur des Kreises selbstverständlich kein Problem und zusätzliche Mottel würden darüber hinaus noch frei. |
| . | | von: palim
erstellt: 06.09.2008 17:03:09 |
Wenn man selbst zur Schule gegangen ist, weiß man natürlich, was man dort gelernt hat.
Meine Schulzeit ist ein wenig her... und ich bin froh, dass neue Richtlinien gegeben wurden, da ich die SchülerInnen heute nicht nach den damaligen Richtlinien unterrichten möchte.
Gut, etliches bleibt – gerade in der Grundschule – nach wie vor Bestandteil, aber vieles ist eben doch anders ... und so umstritten die Lehrpläne auch sind, einiges ist m.E. wirklich gut umgesetzt.
Wer seine eigene Schulzeit als Lebenswirklichkeit auf die heutige Zeit überträgt, verkennt, dass sich sehr vieles im Lebensbereich der Schüler verändert hat. Zudem ist es offensichtlich, dass Grundvoraussetzungen insgesamt stark differieren. Allein aus diesem Grund ist es nicht möglich, auf vorschulische Kenntnisse aufzubauen.
Natürlich wäre es gut, die SchülerInnen schon VOR der 1. Klasse oder auch während der ersten Schuljahre zu fördern ... es gibt aber keinerlei Möglichkeiten, dies außerhalb der Klasse zu tun. Da reicht es nun nicht, die Ansprüche höher zu stellen. Das gleicht einem Rollstuhlfahrer, dem man die Hochsprunglatte noch ein wenig höher legt, damit er sich endlich anstrengt, die Hürde zu nehmen. (Wenn sie hoch genug liegt, fährt er dann bequem unten durch!) ... so geschieht es mit den Schülern auch.
Natürlich müssen Schüler in ihren Möglichkeiten dennoch gefördert werden ... aber das geht nach wie vor von dem aus, was sie mitbringen und muss daran anknüpfen, ohne eine sofortige Überforderung oder Unterforderung darzustellen. Das erfordert großes Fingerspitzengefühl und Können ... und wurde auch schon vor den sog. Förderplänen durchgeführt. Heute ist es aber so, dass die Bürokratie noch ein kleinschrittiges Dokumentieren einfordert, weil Lehrer vor Langeweile sonst nachmittags Tennis spielen gehen.
Auch in vielen anderen Bereichen (Leistungsbewertung, Anforderungen etc.) bin ich der Meinung, dass Kinder Hilfe und Zeit benötigen. Das Lernen zu lehren bedeutet, dass Kinder erklärt bekommen, WIE man etwas üben und lernen kann. Natürlich können viele Kinder lernen, sie tun dies vor der Schule und in der Schule. Es gibt aber auch nicht wenige, die das Lernen in den ersten Lebensjahren schon verlernt haben, weil ihnen alles fertig vorgesetzt wird oder weil das tägliche Überleben ganz andere Herausforderungen an sie stellt. Diese müssen an einzelne Bereiche herangeführt werden, sie brauchen Möglichkeiten und Umgebungen, in denen sie das Lernen neu entdecken können.
Hinzu kommt – und das ist ebenfalls bedeutend – das den Schülern unterschiedlichste Fächer und Bereiche nahegebracht werden, Interesse geweckt wird und Erfolgserlebnisse (seien sie auch noch so klein) erbracht und auch bewusst dargestellt werden, um den Schülern Selbstbewusstsein und ein positives Selbstkonzept zu vermitteln. Dies erfolgt auch in Gebieten, die früher nicht schulrelevant waren, heutzutage aber in Schulen aufgegriffen werden müssen, weil sie für die Schüler notwendig sind.
Froh bin ich, dass in vielen Schulen nach wie vor LehrerInnen arbeiten, die Experten der Pädagogik, Psychologie und auch ihrer Fächer sind. Sie können ihr Wissen verknüpfen, die Schüler einschätzen und sie mit ihrem Unterricht ansprechen, ihnen Hilfen geben und deren Lernen unterstützen.
Während es in anderen Ländern zusätzliche Spezialisten gibt, ist es in Deutschland zudem so, dass LehrerInnen gleichsam auch noch diese Aufgaben übernehmen und Schülern wie Eltern in unterschiedlichsten Lebensbereichen gute Berater sind – auch das ein Teil der Quadratur des Kreises.
Bei aller Politikverdrossenheit habe ich auch LehrerInnen in meiner Umgebung, mit denen man diese Themen diskutieren kann, die hellhörig werden, wenn man ihnen manches zeigt und sagt.
LehrerInnen sind vielleicht durch die ständigen Umstellungen müde, dennoch kann man vielen Neuerungen nahe bringen. Es wird fleißig an Änderungen gearbeitet – so fleißig, dass eben doch der Eindruck entsteht, wir würden beschäftigt, damit wir die weiteren Änderungen der Ministerien nicht so sehr beachten.
Gleichzeitig finde ich, dass die Neuerungen auch viele Lücken auftun, durch die die Möglichkeiten vielfältig werden ... im Austausch mit Lehrkräften erhalte ich hier bei 4t Anregungen und kann eigene Ideen weitergeben, die die Lücken füllen und neue Möglichkeiten in die Schule bringen.
Die Idee, rhaudas Beiträge ins Lehrerzimmer zu hängen, finde ich super. Da werde ich gleich manches Ausdrucken.
Manchmal ist man erschöpft von dem alltäglichen Pensum und braucht mal eine Aufmunterung, eine Unterstützung oder einen Fingerzeig ... und dazu die Gewissheit, dass viele andere am gleichen Strang ziehen. Auch dafür ist 4t eine wunderbare Community, in der man viel Hilfe erfährt.
Palim |
| missmarpel 93 | | von: rodlerhof
erstellt: 06.09.2008 21:30:25 |
"die Politik sagt, dass möglichst keiner mehr sitzen bleien darf und das alle gefördert werden2.....so weit, so gut, ist ja vollkommen o.k.
Und jetzt in NRW der neue Erlass: Hat ein Schüler noch eine 7. Stunde, so darf er an diesem Tag keine Hausaufgabe bekommen, wenn er dieses Fach direkt am anderen Tag wieder hat.- Da spricht der Politiker für die Schüler und meint, na ja, sie brauchen dann doch nicht so viel arbeiten und üben.
So einen Erlass in Klasse 9 und 10 umzusetzen, ist gar nicht so einfach, durch verschiedenste Förderschienen und AGs haben jeden Tag irgendwelche Schüler noch eine 7. Stunde. Einiges m kann man durch Wochenpläne hinbekommen, dass auch nachmittags der eine oder andere Stoff vertieft wird.
Aer mal im Ernst. Für jüngere Schüler ist das ja ok, an einem langem Schultag keine Hausaufgaben mehr zu machen.
Aber für 9. und 10. Klässler? wenn sie auch noch 9. Stunde haben, ist das in Ordnung . Aber bei 7 Stunden?
Sollte man da nicht die älteren Schüler so allmählich an das Arbeitspensum eines Oerstufenschülers oder Azubis heranführen . Und wie war das mit dem "Mehr üben, damit man nicht wiederholen" muss?
Ich finde das ja lustig, dass ein Lehrer die Sache it dem faulen und sturen Beamten ernst nimmt!!!
Aber so redet doch ein Großteil der Öffentlichkeit. Viele sehen, dass der Lehrer um 2 nach Hause geht, in den Taschen, die er mitschleppt, hat er wahrscheinlich nur Wackersteine, viele sehen die 6 Wochen Ferien....wenn ich mal wieder neidvoll auf die freien Nachmittage und die Ferien angesprochen werde, frage ich nur noch: Warum bist du denn kein Lehrer geworden?
Da kommen dann doch einige Leutchen mit den Antworten ins Schleudern!!! |
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