das ist als Lehrer ja so leicht, sich darauf zu versteifen. Denn natürlich kommen alle Kinder aus schlechten Familien, die Eltern sind gar nicht in der Lage, die Kinder zu erziehen und eine schlechte Schrift liegt an mangelnder Intelligenz der Schüler und Nicht-Stringenz des Elternhauses....
bla bla bla...
Ihr macht euch das zu leicht. Wo seid ihr bitte pädagogisch ausgebildet worden? An Baumschulen? Ihr betreibt da Küchenpsychologie, mehr nicht.
SuS mit Schriftproblemen sind in der Regel Knaben - zu 87%. Das liegt daran, dass die Jungs das machen, was ihnen gesagt wird: Sie formen ein Auf und Ab der Schrift. Darunter leiden aber die Querverbindungen, die Schrift sieht aus wie ein Zickzack, sie ist nicht rund. Jungs sind auch die, die innerhalb der Wörter immer wieder absetzen und im Aufwärtsstrich neu ansetzen müssen. Von flüssigem Schreiben kann dabei keine Rede sein.
Die Mädchen sind oft unabhängiger und suchen sich eigene Wege, um durch die Schreibschrift durchzukommen.
Das bedeutet: Kollegen der Primarstufe müssen besser ausgebildet werden, um den Schrifterwerb begleiten zu können. Der erste Schritt wäre, nur etwas zu verlangen, was man selber ausprobiert hat. Wenn ich nach den Regeln der Lehrerinnen meiner Kinder geschrieben habe, wurde ich langsam und es sah gruselig aus.
Wenn dann noch das Tempo hinzukommt - von ca. 45 Buchstaben p. Min. zu 60 Buchstaben p. Min innerhalb des fünften Schuljahres, bleibt die Lesbarkeit auf der Strecke.
Hier mit Heftnoten und Schönschrift zu reagieren, ist für Schlechtschreiber der besonders blanke Horror! Es reicht in der Vielzahl der Fälle eben nicht, zu sagen: "Streng dich mal an, schreib mal schön." Das kann nur jemand meinen, der mit dem Schreiberwerb keine Probleme hatte. Höchstwahrscheinlich ein ehemaliges Mädchen....? Aber man hat ja etwas Pädagogisches unternommen, nicht wahr?
Hat man nicht.
Man macht den Familien und insbesondere den Kindern das Leben schwer und korrigiert die Noten künstlich nach unten.
Ich bin eine Lehrkraft und habe zwei schrecklich schreibende Söhne. Beide haben übrigens Gebiete, auf denen sie feinmotorisch sehr geschickt sind, sie können übrigens auch stricken und Erbsen pulen, der Kleine hat sogar ein echtes Zeichentalent.
Und trotzdem ... die Schriften sind grausam und werden immer schlechter. Beide besuchen das Gymnasium, beide schreiben meist gute Ausfsätze (und ich würde abkotzen, wenn man die geistige Leistung mit der Feststellung "Nicht schön" mindern würde.)
Wir arbeiten hart an den Schriften, in der GS habe ich beiden oft die HA durchgestrichen und es hieß "noch mal". Erfolgreich war ich nicht, ich und die Lehrerinnen der GS haben nur dafür gesorgt, dass beide Jungs das Schreiben hassen.
Jetzt versuche ich die Kinder zu bestärken, eine eigene Schrift zu entwickeln, die eben nicht stringent verbunden ist. Es sind ganz kleine Veränderungen sichtbar.
Mikroskopisch kleine.
Aber daran bin bestimmt ich als Mutter schuld - bestimmt, weil ich zu streng war? Oder doch zu lasch?